Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 08.11.1993, Az.: 3 U 9/93

Entschädigung für Schäden, die durch das Niederfressen von Winterrapspflanzen sowie das Herausreißen dieser Pflanzen an landwirtschaftlich genutzten Flächen entstanden sein sollen nach §§ 29 ff. BJagdG (Bundesjagdgesetz); Landesrechtliche Ausdehnung der Wildschadensersatzpflicht auf anderes Wild als Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasane; Sicherstellung der Regulierung der Schäden durch eine Wildschadensausgleichskasse; Amtshaftungsanspruch gegen die Stadt betreffend die Einrichtung des Feuchtgebietes wie den Bestand und Betrieb dieses Gebietes; Erfordernis einer hoheitlichen Verwaltungsmaßnahme; Schadensersatzansprüche nach allgemeinem Deliktsrecht; Zurechnung einem Grundstückseigentümer durch Naturereignisse ausgelöste Beeinträchtigungen; Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB; Entschädigungsanspruch nach § 50 Abs. 1 NNatG (Niedersächsisches Naturschutzgesetz)

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
08.11.1993
Aktenzeichen
3 U 9/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 17110
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1993:1108.3U9.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 15.09.1992 - AZ: 10 O 100/92

Fundstelle

  • NVwZ-RR 1994, 578-579 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

...
vertreten durch den Oberstadtdirektor,

Prozessgegner

Landwirt ...

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Das Wildschadensersatzrecht nach dem Bundesjagdgesetz erfasst nur Schäden durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasane.

  2. 2.

    Von der Möglichkeit des § 29 Abs. 4 Bundesjagdgesetz, die Wildschadensersatzpflicht auf anderes Wild auszudehnen, ist landesrechtlich kein Gebrauch gemacht worden.

In dem Rechtsstreit hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ...
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 18.10.1993
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts ... vom 15. September 1992 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger ist in Höhe von 10.997,30 DM beschwert.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt von der beklagten Stadt Entschädigung für Schäden, die durch das Niederfressen von Winterrapspflanzen sowie das Herausreißen dieser Pflanzen an landwirtschaftlich genutzten Flächen entstanden sein sollen.

2

Auf Antrag der beklagten Stadt stellte die Bezirksregierung ... mit Beschluß vom 19.4.1983 einen Plan zur Erweiterung und wesentlichen Änderung einer Abfallbeseitigungsanlage sowie einen Plan für die naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahme und den beabsichtigten Bodenabbau fest. Die Einzelheiten zur Ersatzmaßnahme wurden in der Ausführungsplanung vom März 1985 festgelegt.

3

1987 hob die beklagte Stadt auf einer Teilfläche des Feuchtgebiets ... das eine Gesamtgröße von etwa 90 ha hat, eine Kiesgrube aus, um den gewonnenen Kies als Filterschicht für die Mülldeponie zu verwenden. Dadurch entstand ein Tierwassersee. Für den Eingriff "Kiesabbau" wurden als Ausgleichsmaßnahme auf einer weiteren Teilfläche Flachwasserzonen und Röhricht angelegt. Auf der restlichen Fläche des Feuchtgebiets von ca. 68 ha wurden als Ersatzmaßnahme für den Eingriff "Erweiterung der Mülldeponie" Feuchtgrünland, Gehölzbestände, Seggenriede und Flachwasserteiche angelegt.

4

Das Feuchtgebiet, auf dem im Winter Wildgänse und Schwäne leben, grenzte zuletzt unmittelbar an die von dem Kläger bewirtschafteten Ackerflächen an.

5

Am 26. und 27. August 1990 säte der Kläger auf diesen von ihm gepachteten Flächen bei einer Saatstärke von 4 kg/ha Winterraps aus. Zwischen Oktober 1990 und April 1991 schädigten Wildtiere die Winterrapspflanzen. Der Kläger installierte später zur Abschreckung von Wildgänsen und Schwänen geräuscherzeugende Vorrichtungen. Im Februar 1992 stellte der Kläger fest, daß sich auf den Flachen des Feuchtgebietes bis zu 300 Gänse und einige Schwäne aufhielten. Für diesen Zeitpunkt ermittelte er, daß ca. 30 % seiner Getreidepflanzen abgefressen worden waren.

6

Der Kläger hat gehend gemacht, von dem Teich in dem Feuchtgebiet seien Wildgänse und Schwäne auf seine Ackerflächen eingebrochen und hätten erhebliche Flurschäden angerichtet. Vereinzelt seien die Bestände an Pflanzen bis auf 5 bis 10 Pflanzen/qm ausgelichtet worden, während bei einer ungeschädigten Fläche 60 bis 80 Pflanzen/qm zu verzeichnen seien. Verbliebene Einzelpflanzen seien ihrer Blattmasse beraubt worden und hätten so keinen Fruchtstand bilden können. Er hat sich für das Erntejahr 1990/91 einen Ertragsausfall von 10.997,30 DM errechnet und gehend gemacht, einsparbare Kosten seien nicht entstanden. Die Beklagte hat sich nicht für verpflichtet angesehen, dem Kläger Ersatz zu leisten.

7

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben, dabei hat es das Feuchtgebiet als ortsüblich angesehen, eine wesentliche, unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers für gegeben erachtet und ein Mitverschulden des Klägers verneint.

8

Mit der Berufung macht die beklagte Stadt weiterhin gehend, daß sie nicht passiv legitimiert sei Sie bestreitet, daß die gehend gemachten Beeinträchtigungen durch die auf dem Feuchtgebiet überwinternden Wildgänse und Schwäne zurückzuführen seien. Als Schadensverursacher kämen in erster Linie Saatkrähen in Frage, aber auch Zugvögelschwärme und Fasane. Darüber hinaus sei maßgebend, daß es sich um ein vorbelastetes Gebiet handele, in dem auch ohne die naturschutzrechtlich gebotenen Maßnahmen mit Schäden durch Vögel zu rechnen sei Zudem sei dem Kläger ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Er habe auf dem gefährdeten Acker statt der Herbstbestellung eine Frühjahrsbestellung vornehmen können, bei einer Herbstbestellung habe anderes Saatgut als Winterraps, der besonders fraßgefährdet sei, gewählt werden können. Schon 1989 seien Schäden entstanden, die allerdings nicht das Ausmaß des Jahres 1990/91 erreicht hätten.

9

Demgegenüber trägt der Kläger vor, daß erst im Winter 1990/91 die Schwäne und Wildgänse massiv aufgetreten seien, im Jahr zuvor habe er Winterweizen und Wintergerste angebaut, das Feld werde in dreijähriger Fruchtfolge bestellt Eine Bestellung sei nur zum Winter hin möglich, da es sich um Lehmboden handele.

10

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

11

Die Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Schadensersatz noch einen Entschädigungsanspruch.

12

Wildschadensersatzansprüche nach §§ 29 ff Bundesjagdgesetz stehen dem Kläger gegen die beklagte Stadt nicht zu. Das Wildschadensersatzrecht nach dem Bundesjagdgesetz erfaßt nur Schäden durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasane. Daß es sich um solche Schäden handelt, macht der Kläger nicht geltend. Soweit die Beklagte darauf hingewiesen hat, es könnten Fasane den Schaden (mit-)verursacht haben, wäre ein Ersatzanspruch gegen die Jagdgenossenschaft, den Jagdpächter oder den Eigentümer oder Nutznießer eines Eigenjagdbezirks zu richten, wenn nicht der Jagdausübungsberechtigte ersatzpflichtig ist. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich daraus nicht Zudem fehlt es an jeder Grundlage dafür, den Teil des Schadens zu bestimmen, der möglicherweise durch Fasane bedingt worden ist. § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB hilft dem Kläger insoweit nicht, § 287 ZPO erleichtet zwar Darlegungs- und Beweislasten, vermag aber ebenfalls den gehend gemachten Anspruch auch nur zum Teil nicht zu stützen.

13

Von der Möglichkeit des § 29 Abs. 4 Bundesjagdgesetz, die Wildschadensersatzpflicht auf anderes Wild auszudehnen, ist landesrechtlich kein Gebrauch gemacht worden. Es sind auch keine Bestimmungen getroffen worden, eine Regulierung durch eine Wildschadensausgleichskasse sicherzustellen.

14

Auch ein Amtshaftungsanspruch steht dem Kläger gegen die beklagte Stadt nicht zu. Dies betrifft die Einrichtung des Feuchtgebietes wie den Bestand, den Betrieb dieses Gebietes. Ein solcher Anspruch würde eine schlicht hoheitliche Verwaltungsmaßnahme voraussetzen. Daran fehlt es. Anders als bei dem Betrieb einer Mülldeponie als Einrichtung der Daseinsvorsorge ist der Zweck des Feuchtgebietes, der auf die Erhaltung und Sicherung des Naturschutzes ausgerichtet ist, nicht geeignet, die wesentliche Tätigkeit der beklagten Stadt öffentlich-rechtlich zu kennzeichnen. Die Nutzung der Grundflächen unterliegt im Verhältnis zu Dritten, wie dem Kläger, den allgemeinen Regeln des Privatrechts. Allein darum geht es hier. Daß in einem gewissen Umfang öffentliche, kommunale Interessen verfolgt werden, fuhrt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. auch BGH LM § 906 BGB Nr. 25 für einen Stadtpark).

15

Dem Kläger stehen zudem keine Schadensersatzansprüche nach allgemeinem Deliktsrecht zu. Das Verhalten des Federwildes stellt sich wie ein Naturereignis dar. Durch Naturereignisse ausgelöste Beeinträchtigungen sind einem Grundstückseigentümer nur zuzurechnen, wenn der Eigentümer solche Ereignisse durch eigene Handlungen ermöglicht oder diese durch pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat und der vom Eigentümer geschaffene bzw. geduldete Zustand eine konkrete Gefahr für das Nachbargrundstück bildet (vgl. BGHZ 90, 255, 266) [BGH 02.03.1984 - V ZR 54/83]. Die beklagte Stadt hat aber jedenfalls nicht pflichtwidrig gehandelt. Die Anlage des Feuchtgebietes als solche ist nicht pflichtwidrig gewesen, sondern war durch das Niedersächsische Naturschutzgesetz vorgegeben und veranlaßt worden. Das Feuchtgebiet hat an der konkreten Grundfläche eingerichtet werden dürfen und läßt sich aufgrund der Vorgaben durch das Niedersächsische Naturschutzgesetz und die Entscheidungen der Bezirksregierung nicht als rechtswidrig auffassen. Pflichten, die der beklagten Stadt zum Schutz der Nutzungsinteressen des Klägers an den landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgegeben sind, hat die beklagte Stadt nicht vernachlässigt. Es gibt keine Möglichkeiten, das Federwild, das gerade im Feuchtgebiet beherbergt werden soll, von dem Weiterflug auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche abzuhalten. Insoweit ist es deswegen bedeutungslos, inwieweit sich Anteile einer Mehrbelastung der von dem Kläger bewirtschafteten Fläche durch Wildgänse oder Schwäne von der vorgegebenen Belastung durch Federwild, Vogelschwärme, Saatkrähen abgrenzen lassen. Allerdings könnte von vornherein nur die zusätzliche Belastung der Nutzflächen zum Schadensausgleich gestellt werden.

16

Auch ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB scheidet aus. Wenn dem Kläger ein primärer Abwehranspruch zustünde und er Unterlassung verlangen könnte, hätte er nur diesen Abwehranspruch. Daneben könnte er keinen Ausgleich in Geld verlangen. Insoweit stellt sich dieser Fall nicht anders als der Fall des Nachbarn dar, der einen Gartenteich anlegt und unterhält, an dem sich Frösche ansiedeln, deren Beseitigung aber nach dem Bundesnaturschutzgesetz untersagt ist (vgl. BGH NJW 1993, 925, 928 [BGH 20.11.1992 - V ZR 82/91] und dazu Vieweg NJW 1993, 2570). Hätte der Kläger keinen Abwehranspruch, da das Feuchtgebiet naturschutzrechtlich geboten ist, stünde dem Kläger von vornherein kein Ausgleichsanspruch zu.

17

Eine entsprechende Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB käme an sich in Betracht, wenn der Kläger aus besonderen Gründen rechtlich oder tatsächlich gehindert wäre, einen ihm an sich zustehenden Primärrechtsschutz geltend zu machen. Wenn der Gestörte die Einwirkung dulden muß, es dem Störer aber unbenommen ist, die Störung zu unterlassen oder abzustellen, muß dem Störer ein Ausgleich auferlegt werden können. Kollidieren in einem Gebiet mehrere ortsübliche und an sich zulässige Nutzungen, drangt es sich auf, daß dem Störer zu Gunsten des Gestörten ein Ausgleich dafür auferlegt wird, daß ihm im eigenen Interesse gestattet wird, ein fremdes Grundstück für den Gestörten unzumutbar zu beeinträchtigen. Anders ist es aber, wenn der Störer selbst die Einwirkung überhaupt nicht unterlassen und nicht vermeiden kann, weil die Einwirkung aus Gründen des Allgemeinwohls erfolgt. Andernfalls hätte der Störer eine Entschädigung für die Folgen einer Regelung zu leisten, die allein im Allgemeininteresse für notwendig erachtet wird.

18

Darum geht es letztlich hier. Die allgemeinen Interessen an der Erhaltung und Sicherung des Naturschutzes stehen im Widerspruch zu den Nutzungsinteressen des Klägers. Der Kläger sieht sich angesichts des Feuchtgebietes, das unmittelbar an die landwirtschaftlichen Flächen herangerückt und nur durch eine Straße davon getrennt ist, einer erheblichen Einbuße ausgesetzt. Dies beruht (unmittelbar) darauf, daß das Federwild einerseits durch die Ausgleichsmaßnahme nach § 10 Niedersächsisches Naturschutzgesetz hinsichtlich des Eingriffe "Kiesabbau" und andererseits durch die Ersatzmaßnahme i.S. des § 12 Naturschutzgesetz hinsichtlich des Eingriffs "Erweiterung der Mülldeponie" verstärkt angezogen worden ist. § 10 Niedersächsisches Naturschutzgesetz verpflichtet den Verursacher einer Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können, die von dem Eingriff betroffenen Grundflächen so herzurichten, daß keine erhebliche Beeinträchtigung zurückbleibt. Eine etwaige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes kann durch eine landschaftsgerechte Neugestaltung ausgeglichen werden. § 12 Niedersächsisches Naturschutzgesetz zielt darauf, die durch einen Eingriff zerstörten Funktionen oder Werte des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dann, wenn ein Eingriff erhebliche Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes zur Folge hat, die nach § 10 Niedersächsisches Naturschutzgesetz nicht ausgeglichen werden können, an anderer Stelle des von dem Eingriff betroffenen Raumes in ähnlicher Art und Weise wiederherzustellen. Im Sinne dieser Regelungszusammenhänge ist die beklagte Stadt Verursacher. Die Lasten, die einen solchen Verursacher treffen, ergeben sich aus den genannten Vorschriften. Es geht jeweils um die Kosten der Maßnahmen, nicht aber um die Übernahme von Lasten, die Außenstehende treffen oder denen Nachbarn in Ausführung insbesondere auch einer Ersatzmaßnahme zwangsläufig ausgesetzt sind. Soweit sich Maßnahmen nur dann wirksam oder mit vertretbarem Aufwand durchführen lassen, wenn Nachbargrundstücke einbezogen werden, kann die Naturschutzbehörde gemäß § 16 Abs. 3 Niedersächsisches Naturschutzgesetz Nachbarn zur Duldung verpflichten. Nachbar ist insoweit nicht nur der Besitzer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks, sondern jeder, dessen Grundstück aufgrund seiner Lage zu dem von dem Eingriff betroffenen Grundstück in die Maßnahmen einbezogen werden muß. Es können mithin auch Grundstücke dazwischen liegen (vgl. Louis, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, § 16 Rdz. 6). Die Duldung von Maßnahmen formt insoweit die Sozialbindung aus. Die wirtschaftlichen Nachteile, die dem Nachbarn entstehen, sind nach der ausdrücklichen Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 Niedersächsisches Naturschutzgesetz nach Maßgabe des § 51 Niedersächsisches Naturschutzgesetz zu entschädigen.

19

Nach § 50 Abs. 1 Niedersächsisches Naturschutzgesetz hat ein Nutzungsberechtigter einen Entschädigungsanspruch, wenn er durch Maßnahmen i.S. des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes Beschränkungen seines Nutzungsrechts in einem Ausmaß ausgesetzt ist, das über die Sozialbindung hinausgeht. Die durch die entsprechenden Maßnahmen verursachten Vermögensnachteile sind angemessen auszugleichen. Insoweit dient § 50 Niedersächsisches Naturschutzgesetz als Ausgleichsregelung im Rahmen eines inhaltsbestimmenden Gesetzes dem Zweck, eine dem Eigentümer durch naturschutzrechtliche Maßnahmen im Einzelfall auferlegte besondere Belastung durch eine Geldleistung auf ein zumutbares Maß herabzumindern, um die anderenfalls eintretende Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit zu vermeiden. Übermäßige Belastungen sollen angemessen ausgeglichen werden. Dabei geht es in erster Linie um das unmittelbar betroffene Grundstück (vgl. dazu BGH NJW 1993, 2605 [BGH 16.07.1993 - III ZR 60/92] hinsichtlich eines Sandabbaurechts). § 50 Abs. 2 Niedersächsisches Naturschutzgesetz verdeutlicht die Regelung, indem einzelne besonders entschädigungswürdige Lagen herausgestellt werden. Da der Entschädigungsanspruch aber in Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG wurzelt, kann, wie auch die Gesamtschau mit der vorbezeichneten Regelung zu Gunsten von Nachbarn ergibt, der Geltungsrahmen des § 50 Niedersächsisches Naturschutzgesetz nicht auf Belastungen allein für den unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer begrenzt werden. Vielmehr ist darüber hinaus die Entschädigungsregelung auch auf Nachbarn zu erstrecken, wenn und soweit sie in einem Maße belastet werden, die über die Sozialbindung des Eigentums und Nutzungsrechts hinausgeht und auch trotz einer vorgegebenen Grundstückssituation die zusätzliche Belastung nicht hinzunehmen und hinnehmbar ist.

20

Entschädigungsverpflichtet ist dann jedoch allein das Land und nicht die Kommune (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Naturschutzgesetz). Um eine Satzung i.S. des § 51 Abs. 1 Satz 3 Niedersächsisches Naturschutzgesetz geht es hier nicht Nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Niedersächsisches Naturschutzgesetz sind Kommunen ggf. nur an dem Entschädigungsaufwand des Landes zu beteiligen. Eine solche Beteiligung bedeutet lediglich eine interne Kostenbeteiligung. Für den Kläger ergibt sich daraus kein Anspruch gegen die beklagte Stadt.

21

Nichts anderes würde sich im Ergebnis nach den Regeln für einen enteignenden Eingriff im herkömmlichen Begriffsverständnis ergeben. Wird dafür eine hoheitliche Maßnahme zugrunde gelegt, wäre auch die Unmittelbarkeit von Maßnahmen bzw. eines Angriffs anzunehmen. Die Einrichtung des Feuchtgebietes zielt darauf ab, einen Lebensraum für Vögel zu schaffen. Daß das Federwild angrenzende Geländeflächen mitbenutzt, ist für eine solche Maßnahme typisch und folgt aus deren Eigenart. Der Kläger würde als übermäßig belastet angesehen werden können, das ihm auferlegte Opfer wäre für ihn unzumutbar. Entschädigungsverpflichtet wäre aber nicht die eingreifende Körperschaft, sondern die durch den Eingriff unmittelbar begünstigte Körperschaft. Als unmittelbar begünstigt kann hier - vor dem Hintergrund der naturschutzrechtlichen Belange - nur das Land angesehen werden.

22

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91; 708 Nr. 10, 713; 546 Abs. 2 Sau 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Kläger ist in Höhe von 10.997,30 DM beschwert.