Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 27.06.1991, Az.: 13 U 183/90
„Erdgasbonus“

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.06.1991
Aktenzeichen
13 U 183/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 22254
Entscheidungsname
Erdgasbonus
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1991:0627.13U183.90.0A

Fundstelle

  • GRUR 1991, 924-926 (Volltext mit amtl. LS) "Erdgasbonus"

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Lüneburg vom 5. Juli 1990 teilweise geändert.

    Die Klage wird abgewiesen, soweit der Kläger über die Unterlassung der streitigen Werbeankündigung hinaus beantragt hat, die Beklagte zu der Unterlassung zu verurteilen, "und/oder Kunden eine auf die vorstehende Weise angekündigte Geldzuwendung tatsächlich zu gewähren."

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 21 % und die Beklagte 79 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens der Kläger 20 % und die Beklagte 80 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1. 400 DM, die Beklagte darf sie durch Sicherheitsleistung von 16. 000 DM abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erfolgen.

    Die Beschwer des Klägers wird auf 10. 000 DM, die der Beklagten auf 40. 000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

1

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagten Stadtwerke berechtigt sind, Kunden, die ihre Heizung von Öl- auf Erdgasfeuerung umstellen, einen Bonus von 1. 000 DM zu versprechen.

2

Die Beklagte veröffentlichte in dem . Anzeigenblatt "Sonntags Kurier" vom 14. Januar 1990 eine Werbeanzeige mit u. a. folgendem Text:

3

"1.000 Mark Erdgasbonus! Stellen Sie um auf Erdgas, denn jetzt lohnt es sich besonders. Die Stadtwerke gewähren ab Januar 1990 für jede Heizungsumstellung auf Erdgas einen Bonus von 1. 000 DM. Dieser Bonus wird je Gashausanschluß nur einmal gewährt und nach genehmigter Inbetriebnahme der Erdgas-Heizung ausgezahlt. Eine Erdgas-Heizung ist eine gute Lösung. Erdgas ist sparsam und umweltschonend!"

4

Eine ähnliche, mit dem Abbild eines 1. 000 DM-Scheins geschmückte Anzeige fügte sie als Beilage ihrem "Stadtwerke . Magazin" vom Januar 1990 bei. Sie teilte daran ergänzend mit, daß die Aktion vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1991 laufe und daß so lange auch der steuerliche Vorteil bestehe, daß die Einbaukosten für eine moderne, energiesparende Heizungsanlage abgeschrieben werden könnten.

5

Der Kläger, der die Ansicht vertreten hat, daß die Beklagte mit dem "Erdgas-Bonus" einen unzulässigen Rabatt gewähre und durch übermäßiges Anlocken des Kunden auch gegen das Verbot sittenwidriger Werbung in § 1 UWG verstoße, hat beantragt, die Beklagte zur Unterlassung der beanstandeten Werbung und der tatsächlichen Gewährung der versprochenen Prämie zu verurteilen.

6

Die Beklagte, welche die beanstandete Werbung für zulässig hält, hat Klageabweisung beantragt und insbesondere behauptet, daß die Umstellung einer Heizungsanlage auf einen anderen Energieträger mit so hohen Mühen und Kosten verbunden sei, daß der einzelne Hauseigentümer das Für und Wider sorgfältig abwägen und sich nicht etwa durch eine Geldzuwendung in Höhe von 1. 000 DM zur Umstellung hinreißen lassen werde.

7

Das Landgericht hat durch sein Urteil vom 5. Juli 1990 der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß die Werbung mit dem Erdgas-Bonus gemäß § 1 UWG aus dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens unzulässig sei. Die Erneuerung einer Heizungsanlage verursache bei Einfamilienhäusern unabhängig von der Beibehaltung oder dem Wechsel des Energieträgers Kosten bis zu 10. 000 DM. Bei der Umstellung von Öl auf Gas entstünden zwar zusätzliche Kosten für den Gasanschluß, denen aber eine Reihe von Vorteilen einer Gasheizung gegenüber stünden, nämlich das Freiwerden des Öllagerraumes, der Wegfall des lästigen Ölkaufs und die geringere Abgasbelastung. In dieser Situation werde es dem Hauseigentümer häufig schwerfallen, einem "Geschenk" von 1. 000 DM zu widerstehen; häufig würden die Hauseigentümer deshalb den eingehenden Leistungsvergleich zwischen den beiden Energieträgern unterlassen, um das Geld zu erhalten.

8

Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 16. Juli 1990 zugestellt worden ist, hat sie am 16. August 1990 Berufung eingelegt, die sie am 24. September 1990 begründet hat und mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.

9

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, daß der Erdgas-Bonus weder ein unzulässiger Rabatt noch eine unzulässige Zugabe noch eine sittenwidrige Werbung im Sinne des § 1 UWG darstelle, sondern lediglich dazu diene, die in den hohen Umstellungskosten bestehende Marktzutrittsschwelle zu beseitigen.

10

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

12

Hilfsweise beantragen beide Parteien,

13

ihnen die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

14

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft dabei seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er meint vor allem, daß die Zuwendung von 1. 000 DM nicht an dem Gesamtkostenaufwand für die Erneuerung der Heizungsanlage unter gleichzeitiger Umstellung auf Erdgas gemessen werden dürfe, sondern lediglich an den durch die Umstellung auf Gas hervorgerufenen Mehrkosten. Solche Mehrkosten bestünden aber gar nicht bzw. würden durch den Vorteil des frei werdenden Öllagerraumes aufgewogen. Deshalb stelle das Geschenk von 1. 000 DM eine unangemessen hohe Vorteilsgewährung dar.

Gründe

15

Die Berufung hat nur teilweisen Erfolg.

16

1.

Das Landgericht hat der Beklagten die Werbung mit einem Erdgas-Bonus von 1. 000 DM zu Recht untersagt.

17

1.1.

Der Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich allerdings nicht aus §§ 2, 1 Zugabe VO. Die Beklagte hat mit dem Erdgas-Bonus nicht gegen das Zugabeverbot des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO verstoßen, weil der Bonus eine gemäß § 1 Abs. 2 b erlaubte Geldzugabe darstellt. Wegen des strafrechtlichen Analogieverbots kann im vorliegenden Fall die Geldzuwendung auch nicht ausnahmsweise doch als verbotene Zugabe behandelt werden, ungeachtet dessen, daß der Sinn der ausnahmsweisen Zulassung von Geldzuwendungen, daß nämlich bei solchen der wahre Preis der Hauptleistung nicht verschleiert wird, hier unter Umständen nicht zutrifft, weil der Preis des . langfristigen Gasbezuges, den man als Hauptleistung der Beklagten ansehen könnte, für den Kunden nicht oder nur schwer berechenbar ist.

18

1.2.

Die Werbung mit dem Erdgas-Bonus stellt jedoch einen Verstoß gegen das Verbot der sittenwidrigen Werbung in § 1 UWG dar. Der Senat folgt der Ansicht des Landgerichts, daß ein Fall des übertriebenen und deshalb wettbewerbswidrigen Anlockens vorliegt, weil die Reizwirkung der Zuwendung von 1. 000 DM so stark ist, daß der Kunde unsachlich beeinflußt wird und seine Entscheidung nicht mehr nach den Kriterien des Leistungswettbewerbs, nämlich aufgrund eines Vergleichs der sachlichen Vor- und Nachteile der Heizungsenergieträger Öl und Gas trifft.

19

1.1.1.

Daß der Erdgas-Bonus als Geldzuwendung nach der Zugabe-VO erlaubt ist, steht seiner Unzulässigkeit nach dem UWG nicht entgegen. Gemäß § 2 Abs. 3 ZugabeVO bleiben Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben aufgrund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, unberührt.

20

Grundsätzlich sind zwar nach § 1 Abs. 2 ZugabeVO erlaubte Zugaben auch nicht wettbewerbswidrig im Sinne des UWG. Die ausnahmsweise Zulässigkeit von Geldzuwendungen nach § 1 Abs. 2 b ZugabeVO geht jedoch nur so weit, wie die Geldbeträge die in § 1 Abs. 2 a ZugabeVO niedergelegten Geringwertigkeitsgrenze nicht übersteigen (BGH GRUR 1974, 345/347 - Geballtes Bunt; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., vor § 1 ZugabeVO Rn. 16), 1. 000 DM sind keine geringwertige Zuwendung mehr.

21

1.1.2.

Einer Geldzuwendung von 1. 000 DM ist vielmehr schon wegen ihrer Höhe geeignet, den Kunden unsachlich zu beeinflussen.

22

Die Summe von 1. 000 DM bedeutet, für sich betrachtet, für einen nicht geringen Teil der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen insbesondere Einfamilienhausbesitzer gehören, einen beträchtlichen Geldbetrag, den man sich, wenn er angeboten wird, nicht leichtfertig entgehen lassen, den man nicht ohne Grund ausschlagen darf. Ein Geschäft, bei dem die runde Summe von 1. 000 DM als Gewinn winkt, erscheint für diesen Personenkreis von vornherein lohnend. Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Summe von 1. 000 DM zu den Kosten für die Erneuerung der Heizungsanlage einschließlich einer Umstellung von Öl auf Gas in Beziehung setzt, welche die Beklagte - einschließlich Gas-Hausanschluß und Entfernung der Öltanks - je nach Art. des gewählten Heizkessels mit 12. 100 DM, 13. 720 DM oder 12. 160 DM angegeben hat. Auch an diesem Beträgen gemessen erscheint die Vergünstigung von 1. 000 DM nicht etwa verschwindend gering, sondern, da sie eine Reduzierung der Kostenlast um immerhin 1/12 oder 1/13 bewirkt, durchaus verlockend und lohnend, und zwar in einem Maße, daß die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Kunden besteht. Gemessen an der Frage, die für die Abgrenzung zwischen noch zulässigen Wertreklamen und solchen, die ein unzulässiges übertriebenes Anlocken darstellen, entscheidend ist, ob nämlich der Kunde in seiner Konsumentscheidung von unsachlichen Entscheidungsfaktoren beeinflußt wird, erscheint daher der Erdgas-Bonus von 1. 000 DM schon wegen seiner Höhe wettbewerbswidrig.

23

1.2.

Die starke Anlockwirkung wird auch nicht durch verbleibende Mehrkosten der Umstellung abgeschwächt. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Umstellung der Heizung von Öl auf Gas für den Kunden ungeachtet der Zuwendung von 1. 000 DM immer noch einen erheblichen Mehraufwand mit sich bringe.

24

Wegen solcher Mehrkosten haben der BGH (NJW-RR 1987, 1447 = Bl. 131 ff d.A.) und ihm folgend das Landgericht Göttingen (Urteil vom 29. April 1988 - 7 O 38/88, Bl. 45 ff), das Landgericht Bonn (Urteil vom 24. Mai 1988 - 11 O 45/88, Bl. 62 ff) und das Landgericht Braunschweig (Urteil vom 19. Dezember 1989 - 9 O 125/89, Bl. 55 ff, bestätigt durch das OLG Braunschweig, Urteil vom 13. Juli 1990 - 2 U 14/90, Bl. 197 ff) in ähnlich gelagerten Fällen, wo ebenfalls ein Energieversorgungsunternehmen dem Verbraucher geldwerte Vergünstigungen für die Heizungsumstellung auf die von ihm gelieferte Energieart versprochen hatte, eine unsachliche oder übermäßige Beeinflussung der Verbraucher verneint. Der BGH hat hervorgehoben, daß die beanstandete Aktion bei den Umstellungskosten ansetze, welche die größte Hemmschwelle für einen Wechsel des Verbrauchers auf einen anderen Energieträger darstellten, und daß der Anlockeffekt dadurch abgeschwächt werde, daß die Umstellung auf eine leitungsgebundene Energie dennoch einen nicht unerheblichen Aufwand erfordere. Dementsprechend ist auch in den anderen genannten Urteilen darauf abgestellt worden, daß die Umstellungskosten eine Hemmschwelle für den Verbraucher bzw. ein Marktzutrittshemmnis für den Energielieferanten seien, welches dieser durch Vergünstigungen abbauen dürfe, um sich erst einmal den Marktzutritt zu verschaffen und überhaupt einen Leistungswettbewerb mit den Anbietern anderer Energiearten beginnen zu können.

25

Eine solche Hemmschwelle in Gestalt von Mehrkosten der Heizungsumstellung von Öl auf Gas ist hier aber nicht ersichtlich. Vorweg ist klarzustellen, daß der Erdgas-Bonus unstreitig nur bei solchen Verbrauchern werbewirksam ist, deren Heizungsanlage ohnehin veraltet und erneuerungsbedürftig ist und die vor der Entscheidung stehen, ob sie bei Heizöl bleiben oder in Zukunft mit Erdgas heizen sollen. Auf die in jedem Fall anfallenden Kosten der Erneuerung von Brenner und Kessel kommt es deshalb nicht an; diese sind "Sowieso-Kosten". Es geht nur darum, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe bei einer Heizungsmodernisierung Mehrkosten entstehen, wenn die Heizung von Heizöl auf Erdgas umgestellt wird. Diese Brennstoff Wechsel-Mehrkosten sind, wie der BGH ausgeführt hat, bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob die Zuwendung einer übermäßige Verlockung darstellt. Der starke Anreizeffekt der versprochenen Geldsumme wird abgeschwächt, wenn sie zur Deckung der Mehrkosten nicht ausreicht, sondern dem Kunden ein erheblicher Eigenaufwand zu tragen bleibt. Der Beklagten ist es jedoch nicht gelungen, der Auflage des Senats nachzukommen, solche hemmenden Mehrkosten substantiiert darzulegen. Die in Erfüllung der Auflage von der Beklagten vorgelegte Berechnung vom 3. April 1991 (Bl. 238) ergibt schon summenmäßig keinen erheblichen Mehraufwand. Die Investitionskosten betragen je nach Art. des gewählten Heizkessels (Spezialheizkessel, Heizkessel mit Gebläsebrenner, Umlaufwasserheizer) 12.100,00 DM, 13.720,00 DM oder 12.160,00 DM, während sie bei Einbau eines Heizkessels mit Ölbrenner 11.440,00 DM betragen. Die Mehrkosten einer Umstellung auf Gas belaufen sich also auf 660 DM, 2. 290 DM oder 1. 720 DM. In den erstgenannten Investitionskosten sind aber bereits 1.100,00 DM für die Entfernung des Öltanks enthalten. Ohne Entfernung des Öltanks wären die Investitionskosten für die drei Gasheizkessel nur 11.000,00 DM, 12.620,00 DM bzw. 11.060,00 DM hoch und damit 440,00 DM billiger bzw. 1.180,00 DM teurer bzw. 380,00 DM billiger als die Kosten eines neuen Ölheizkessels (in welche die Beklagte übrigens auch gleich die Kosten für einen neuen Öltank mit aufgenommen hat, obwohl dieser häufig noch weiter verwendet werden kann). Mehrkosten entstehen also nur bei Entfernung des Öltanks, und auch dann nur in der vorgenannten verhältnismäßig geringen Höhe. Diese Mehrkosten können jedoch nicht als Hemmschwelle für den Verbraucher angesehen werden. Meist wird es sich um einen oder mehrere Kellertanks handeln. Dann werden die Mehrkosten in den Augen eines vernünftigen Hausbesitzers durch den Raumgewinn mehr als aufgewogen, den er dadurch macht, daß er den bisher durch den Oeltank blockierten Kellerraum jetzt für andere Zwecke nutzen kann. Zusätzlicher Stauraum im Keller ist auch bei nur wenigen qm Größe allemal mehr wert als 1.100,00 DM. Aber auch bei einem Erdtank werden dem Grundstückseigentümer die Befreiung vom Haftungsrisiko der Ölundichtigkeit bzw. von der Notwendigkeit kostspieliger Beschichtungen die Mehrkosten für die Beseitigung des Tanks wert sein. Abschreckende Mehrkosten weist die Berechnung der Beklagten daher nur für den Fall auf, daß für die Gasheizung ein Brennwertkessel gewählt wird. Dann betragen die Investitionskosten 18.760,00 DM. Diese Summe läßt sich jedoch nicht mit den Kosten für einen Heizkessel mit Ölbrenner (11.440,00 DM) vergleichen, weil letzterer Ölheizkessel kein Brennwertkessel ist. Ein Brennwertkessel ist ein Heizkessel auf dem neuesten Stand der Technik, der den Energiebedarf und damit die Energiekosten deutlich senkt.

26

Solche Kessel gibt es auch für Ölheizungen, und sie sind dann ebenfalls erheblich teurer als ein normaler Kessel. Die Investitionskosten für eine neue Ölheizung mit Brennwertkessel würden also, wie in der Berufungsverhandlung erörtert worden ist, mehrere tausend DM höher liegen als die von der Beklagten angesetzte Summe von 11.440,00 DM. Die Beklagte hat nach alledem nicht schlüssig dargelegt, daß die Umstellung einer erneuerungsbedürftigen Heizungsanlage von Oel auf Gas Mehrkosten verursacht, die für den Verbraucher eine Hemmschwelle bilden. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die versprochene Geldzuwendung von 1. 000 DM auf den Verbraucher eine ungeschmälerte Anreizwirkung entfaltet.

27

1.1.3.

Es kommt hinzu, daß hier auch unabhängig von den nicht gegebenen hemmenden Umstellungsmehrkosten der Anlockeffekt der versprochenen Vergünstigung stärker geeignet ist, von einer sachorientierten Entscheidung abzulenken, als in dem vom BGH entschiedenen Fall. Denn in jenem Fall setzte die Vergünstigung, wie der BGH hervorgehoben hat, gezielt bei den Umstellungskosten an. Sie bestand nicht in Bargeld, sondern in einer Senkung der Anschlußkosten, einer zinsgünstigen Finanzierung der Anschluß- und Installationskosten und dem Ausbau des alten Öltanks zu günstigen Festpreisen und Vergütung der Restoelmengen. Durch den hier streitigen Erdgas-Bonus wird der Kunde nicht in gleichem Maße an die Kosten der Umstellung erinnert. Vielmehr ist das Geldversprechen besonders geeignet, den Kunden in seiner schwierigen Entscheidungslage davon abzuhalten, die Kosten der Modernisierung auf Erdölbasis oder auf Erdgasbasis miteinander zu vergleichen. Zwecks sachbezogener Entschlußbildung müßte er eigentlich Alternativrechnungen für beide Modernisierungsalternativen aufmachen, die aber jeweils mit großen Bewertungsschwierigkeiten verbunden sind, weil nicht nur die reinen Installationskosten einfließen müssen, sondern auch die künftigen laufenden Kosten für den Energiebezug während der Betriebsdauer der Neuanlage. Die Preisentwicklung ist aber weder für Erdöl noch für Erdgas für den Normalverbraucher abschätzbar, und er vermag auch nicht zu beurteilen, ob es langfristig eine Preiskoppelung geben wird oder isolierte Preisentwicklungen. Ebenso schwer fällt die Gewichtung des durch eine Umstellung auf Erdgas gewonnenen Kellerraumes und der Befreiung vom lästigen Öleinkauf. Bei einer so schwierigen, vielschichtigen Konsumentscheidung stellt die in Aussicht gestellte Geldzuwendung einen Gesichtspunkt dar, der es gerade dem weniger geschäftsgewandten Kunden, auf dessen Schutz § 1 UWG abzielt, leicht macht, die komplizierten sachlichen Gesichtspunkte von sich wegzuschieben und sich danach zu richten, daß er bei einer Modernisierung auf Gasbasis wenigstens die ihm handfest erscheinende Zuwendung von 1. 000 DM erhält. Das ist aber ein sachfremdes, dem Leistungswettbewerb widersprechendes Entscheidungskriterium.

28

Nach alledem ist die Werbung der Beklagten mit dem Erdgas-Bonus von 1. 000 DM als sittenwidrige Wettbewerbshandlung im Sinne des § 1 UWG anzusehen. Die Beklagte muß diese Werbung daher in Zukunft unterlassen.

29

1.3.

Es kann offenbleiben, ob der Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Werbung mit dem Erdgasbonus auch noch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist.

30

Falls die Beklagte aufgrund dessen, daß nach ihrem Vortrag 1988 über 30 % der Wohnungen gasbeheizt waren (Bl. 184), als ein Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht auf dem relevanten Markt des Energieverkaufs an modernisierungswillige Heizungsanlagenbesitzer anzusehen ist, würde sich der Unterlassungsanspruch des Klägers auch aus dem an Unternehmen mit überlegener Marktmacht gerichteten Verbot des § 26 ABs. 4 GWB ergeben, ihre Marktmacht dazu auszunutzen, kleine und mittlere Wettbewerber unbillig zu behindern. Denn die Werbung mit dem Erdgasbonus von 1. 000 DM stellt eine unbillige Behinderung der Heizölhändler dar. Eine derartig hohe Anlockprämie wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die Beklagte damit lediglich eine Schranke für ihren Marktzutritt beseitigen, also nur die Voraussetzung dafür schaffen würde, daß ein Leistungswettbewerb zwischen ihr und den Heizölhändlern beginnen kann. Eine Marktzutrittsschranke wäre aber wiederum nur bei abschreckenden Mehrkosten einer Umstellung von Öl auf Gas gegeben, welche die Beklagte, wie oben ausgeführt worden ist, nicht dargelegt hat.

31

Als Anspruchsgrundlage kommen weiter §§ 1, 12 RabattG in Betracht. Ob die Beklagte mit dem Erdgas-Bonus einen unzulässigen Preisnachlaß oder Sonderpreis für eine eigene Leistung oder Ware, die in der Herstellung des Gashausanschlusses oder in der späteren Lieferung von Erdgas bestehen könnte, angekündigt hat, hängt u. a. davon ab, ob die Geldzuwendung von den angesprochenen Verkehrskreisen trotz der fehlenden rechtlichen Abhängigkeit von späterem Gasbezug oder dem Auftrag zur Herstellung eines Gashausanschlusses als Rabatt empfunden wird.

32

Schließlich könnte die streitige Werbung nicht wegen der Geldzuwendung als solchen, aber wegen deren Bezeichnung als "Bonus" gegen das auch für die ausnahmsweise zulässigen Geldzugaben geltende Verbot der Gratisankündigung gemäß § 1 Abs. 3 ZugabeVO verstoßen, wonach die Zuwendung nicht als unentgeltlich gewährt bezeichnet oder sonstwie der Eindruck der Unentgeltlichkeit erweckt werden darf. Unzulässig sind nach herrschender Meinung Bezeichnungen, die sich nicht wesentlich von "Bonus" unterscheiden, wie beispielsweise "Prämie" oder "Belohnung" (Baumbach/Hefermehl a.a.O. § 1 ZugabeVO Rn. 97).

33

Ob die vorgenannten drei weiteren Anspruchsgrundlagen letztendlich eingreifen, brauchte der Senat jedoch nicht zu prüfen, weil der Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Werbung mit dem Erdgas-Bonus schon aufgrund von § 1 UWG gegeben ist.

34

2.

Begründet ist die Berufung dagegen, soweit das Landgericht die Beklagte dem Klageantrag gemäß darüberhinaus zu der Unterlassung verurteilt hat, "und/oder Kunden einer auf die vorstehende Weise angekündigte Geldzuwendung tatsächlich zu gewähren". Denn wenn die Beklagte erst einmal den Bonus in der beanstandeten Weise versprochen hat, ist es ihr rechtlich nicht mehr möglich, dem Kunden die Auszahlung zu verweigern. Die Beklagte ist dem umworbenen Kunden gegenüber an ihr in der streitigen Werbung enthaltenes Vertragsangebot gebunden (§ 145 BGB), so daß, wenn ein Kunde ihr Angebot annimmt, ein Vertrag zustande kommt, aufgrund dessen sie zur Erfüllung durch Zahlung verpflichtet ist. Die vom Kläger verlangte Nichtgewährung der angekündigten Geldzuwendung ist ihr somit rechtlich unmöglich. Einen Anspruch auf rechtlich unmögliches Verhalten aber gibt es nicht.

35

3.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob der streitige Erdgas-Bonus wettbewerbsrechtlich zulässig ist, hat der Senat die Revision zum BGH zugelassen.

36

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Bewertung des Teilunterliegens des Klägers war zu berücksichtigen, daß er, wie er im Berufungsverfahren im Wege der noch zulässigen Auslegung seines Klageantrages vorgetragen hat, mit seinem Antrag auf ein Verbot, eine auf die . beanstandete Weise angekündigte Geldzuwendung tatsächlich zu gewähren, nicht die Erfüllung des im Januar 1990 gemachten Zahlungsversprechens der Beklagten, sondern nur für den hypothetischen Fall eines zukünftigen, erneuten Bonus-Versprechens dessen Erfüllung verhindern wollte. Da aber zu erwarten ist, daß die Beklagte ein rechtskräftiges Verbot der Werbung mit einem Erdgas-Bonus von 1. 000 DM befolgen und deshalb der vom Kläger mit dem zweiten Teil seines Unterlassungsantrags angesprochene Fall, daß die Beklagte eine zukünftige, erneute Bonus-Zusage erfüllen will, voraussichtlich nicht vorkommen wird, erscheint das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Erfüllungsverhinderung gemessen an seinem Interesse am Unterbleiben einer erneuten Werbung mit einem Erdgas-Bonus sekundär und weit weniger wert. Es erschien daher angemessen, dem Kläger nur 1/5 der Prozeßkosten aufzuerlegen.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.