Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.06.1991, Az.: 22 U 251/90

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.06.1991
Aktenzeichen
22 U 251/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 22251
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1991:0620.22U251.90.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bückeburg - 21.09.1990 - AZ: 2 O 347/89

Fundstelle

  • NJW-RR 1992, 141-142 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 1991 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht . sowie die Richter am Oberlandesgericht . und . für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. September 1990 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg teilweise abgeändert und die Klage weiter abgewiesen, soweit die Beklagte zu mehr verurteilt worden ist, als an die Klägerin 7.321,06 DM nebst 4 % Zinsen p.a. seit dem 24. Oktober 1989 zu zahlen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 71,87 % und die Beklagte 28,13 %, von denen des Berufungsverfahrens die Klägerin 15,95 % und die Beklagte 84,05 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Beschwer der Klägerin: 4.338,55 DM;

    Beschwer der Beklagten: 7.321,06 DM.

Gründe

1

Die Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht nur der ihr vom Landgericht zuerkannte Zahlungsanspruch zu.

2

I. Dieser ist jedoch nur gerechtfertigt in Höhe von 7.321,06 DM unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten (§ 816 Abs. 2 BGB).

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1. Entstanden ist der Anspruch in Höhe von 10.144,44 DM. In Höhe dieses Betrages war die Beklagte, an welche die Kreis- und Stadtsparkasse . am 4. April 1989 auf die auf dem Konto Nr. 1520014 verbuchte Sparforderung in Höhe von 20.229,96 DM die volle Summe mit befreiender Wirkung (§ 808 Abs. 1 Satz 1 BGB) geleistet hat, Nichtberechtigte dieser Forderung. Zu dem Teilbetrag von 10.144,44 DM war die Sparforderung mit dem Tode der Vorerbin . am 25. März 1989 auf die Klägerin als Nacherbin übergegangen (§ 2139 BGB). Da ausweislich der Mitteilung der Sparkasse an das Finanzamt . vom 27. Oktober 1975 (Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 13. Februar 1990 -; Bl. 94 d.A.) die Sparforderung beim Tode des Erblassers . am 4. August 1975 in Höhe von 10.144,44 DM zu dessen Vermögen gehörte und beim Tode der Vorerbin höher war, ist davon auszugehen, daß sie beim Tode der Vorerbin in Höhe von 10.144,44 DM Bestandteil des Vermögens, das die Vorerbin von dem Erblasser von Todes wegen erworben hatte, und nicht Gegenstand ihres sonstigen Vermögens war. Die Beklagte hat nicht darzutun vermocht, daß der Kontostand zwischenzeitlich unter 10.144,44 DM abgesunken war, und ferner nicht, daß die von der Vorerbin getätigten Abhebungen und Überweisungen die auf dem Konto vorhandenen Mittel der Vorerbschaft und nicht diejenigen Gelder betrafen, welche die Vorerbin durch Einzahlungen und Überweisungen aus ihrem sonstigen Vermögen angesammelt hatte, obwohl insoweit die Darlegungslast sie und nicht die Klägerin traf.

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a) Aus der vom Landgericht angeführten und von der Beklagten für sich in Anspruch genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1983, 2874 f. [BGH 29.06.1983 - IVa ZR 57/82]) läßt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Hier geht es im Unterschied zu dem dort behandelten Fall nicht um die Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsache, daß ein Vermögensgegenstand nach dem Tode des Erblassers im Wege der Surrogation Bestandteil der Vorerbschaft geworden ist, sondern um die Darlegung zu der Einwendung, die bereits beim Tode des Erblassers vorhandene Forderung sei -; als sie sich in der Zeit danach sowohl aus Mitteln des Erblassers als auch aus solchen der Vorerbin zusammensetzte -; schon zu Lebzeiten der Vorerbin gerade insoweit durch Erfüllung erloschen, als die Mittel aus dem Nachlaß des Erblassers gestammt hätten.

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b) Es deutet weder etwas darauf hin, daß die Vorerbin in Kauf nahm, sich schadensersatzpflichtig zu machen (§ 2138 Abs. 2 BGB), noch darauf, daß sie auf den Einzug der Forderung, soweit diese sich aus Mitteln des Erblassers bildete, angewiesen war, um ihren eigenen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten, in welchem Falle allein sie, obwohl befreite Vorerbin, zum ersatzlosen persönlichen Verbrauch des Geldes im Verhältnis zur Klägerin berechtigt war (vgl. dazu: BGH LM § 2136 BGB Nr. 2; BayObLGZ 1957, 285/288; BGHZ 69, 47/51 f.). Zum einen ist das Schicksal der abgehobenen Beträge unbekannt, zum anderen standen der Vorerbin für ihren Lebensunterhalt die Nutzungen des von dem Erblasser hinterlassenen Kapitals, das immerhin 45.941,70 DM betrug (§ 2111 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs., § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB), und eine Rente von zuletzt 1.588,96 DM monatlich zur Verfügung.

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2. Die der Klägerin erwachsene Forderung ist infolge der von der Beklagten erklärten Aufrechnung in Höhe von 2.823,38 DM erloschen.

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a) Die Beklagte hat gegen die Klägerin Anspruch auf Erstattung der von ihr -; der Beklagten -; verauslagten, nach Zahlung der Sterbegelder verbliebenen Beerdigungskosten von 129,18 DM, Friedhofsgebühren in Höhe von 2.192,20 DM und Kosten für den Beerdigungskaffee von 502,-; DM aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 Satz 1, § 677 BGB).

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aa) Indem die Beklagte die genannten Beträge bezahlt hat, hat sie zugleich willentlich im Interesse und mit dem mutmaßlichen Willen der Klägerin ein dieser obliegendes Geschäft geführt, ohne ihr gegenüber dazu verpflichtet zu sein. Der Erblasser hat der Klägerin in dem insoweit später nicht widerrufenen Testament vom 13. März 1974 zur Auflage gemacht, die Kosten für die Beerdigung der Vorerbin zu tragen. Das folgt daraus, daß der Erblasser die Abwicklung seines gesamten Nachlasses (Auszahlung der Vermächtnisse, Begleichen sämtlicher Nachlaßverbindlichkeiten) bis zum Zeitpunkt des Todes der Vorerbin hinausschieben wollte, zu welchem die Kosten seiner eigenen Beerdigung voraussichtlich längst bezahlt sein würden.

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bb) Die Kosten für die Lieferung des Sarges in Höhe von 2.174,58 DM kann die Beklagte nicht gesondert ersetzt verlangen. Sie sind nicht von der Beklagten, sondern von dem Bestattungsinstitut Böhning an das Beerdigungsinstitut . gezahlt worden und in den restlichen Beerdigungskosten von 129,18 DM bereits enthalten (Rechnungen . und . vom 28. bzw. 1. April 1989; Anlagen zur Klagerwiderung -; Bl. 55, 57 d.A.).

10

b) Der Ersatzanspruch der Beklagten erstreckt sich nicht auf die Rentenzahlungen für April 1989, die für die Erblasserin gedacht waren, in Höhe von 554,43 DM und 1.034,53 DM, welche die Beklagte den Sozialversicherungsträgern erstattet hat, und auch nicht auf die Gebühren von 50,-; DM für die Eröffnung des Testamentes der Vorerbin. Die Rentenerstattungen haben mit dem Nachlaß der Vorerbin, soweit er vom Erblasser herrührt, nichts zu tun, sondern betreffen ihr sonstiges Vermögen. Die Gebühren für die Testamentseröffnung sind von den Nachlaßverbindlichkeiten, die der Erblasser in dem Testament vom 33. März 1974 gemeint hat, nicht umfaßt. Denn die dieser Verbindlichkeit zugrunde liegende Leistung ist nicht der Vorerbin, sondern ausschließlich deren Erbin, d. h. der Beklagten zugute gekommen.

11

II. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz ihren Anspruch auf den Hilfsklaggrund stützt, daß sie das Grabdenkmal der Vorerbin bezahlt hat, bleibt die Klage erfolglos. Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin aus § 1968 BGB mit dem Einwand unzulässiger Rechtsausübung begegnen. Sie konnte gemäß § 2194 Satz 1 Fall 1, § 1922 Abs. 1 BGB von der Klägerin verlangen, daß diese das Grabdenkmal auf ihre -; der Klägerin -; Kosten errichten läßt. Dazu wird auf die Ausführungen unter Ziffer I Nr. 2 Buchst. a aa verwiesen.

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III. Das Auskunftsverlangen der Klägerin ist nicht berechtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der allein in Betracht kommende Anspruch aus § 260 Abs. 1 Fall 1, § 2138 Abs. 1 Satz 1, § 1967 BGB in Erweiterung der für den Auskunftsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben entwickelten Grundsätze (vgl. Palandt-Edenhofer, BGB, 49. Aufl., § 2314 Anm. 1 c Zn. 6-;8) auch die Auskunft über den fiktiven Bestand der Vorerbschaft, d. h. die unter Verstoß gegen § 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB, von welcher Vorschrift der Erblasser Befreiung nicht erteilen kann (§ 2136 BGB), von dem Vorerben verschenkten Gegenstände umfaßt. Jedenfalls ist der Auskunftsanspruch durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Die Beklagte hat erklärt, die Vorerbin habe einer Frau . 2.000,-; DM geschenkt; von weiteren unentgeltlichen Verfügungen der Vorerbin sei ihr nichts bekannt.

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Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 708 Nr. 10, §§ 713, 546 Abs. 2 ZPO.