Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 13.07.2018, Az.: 1 B 377/18

Abschiebungsandrohung; verlängerte Ausreisepflicht; Ausreisepflicht; Drittstaatenbescheid; subjektives Recht; fehlendes Rechtschutzbedürfnis; Rechtschutzbedürfnis; Anspruch auf Verfahrensbeschleunigung; Aussetzung der Vollziehung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
13.07.2018
Aktenzeichen
1 B 377/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74329
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die in einem Drittstaatenbescheid enthaltene Abschiebungsandrohung fehlt das Rechtschutzbedürfnis, sofern das Bundesamt dem Ausländer in entsprechender Anwendung des § 38 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss seines Asylverfahrens gesetzt hat.

2. Eine Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO ist in der Festsetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen nicht zu erblicken.

Gründe

Über das vorliegende einstweilige Rechtschutzverfahren entscheidet die Kammer, nachdem der Berichterstatter mit Beschluss vom 4. Juli 2018 gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG den Rechtsstreit wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen hat.

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage – 1 A 376/18 – gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 1. Juni 2018 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 1. Juni 2018 hat das Bundesamt folgende Regelungen getroffen:

1. Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt.

2. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes liegen nicht vor.

3. Der Antragsteller wird aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, wird er nach Griechenland abgeschoben. Der Antragsteller kann auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Der Antragsteller darf nicht Syrien abgeschoben werden.

4. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Der Antrag, der sich auf die in dem Bescheid (Ziffer 3) enthaltene Abschiebungsandrohung beschränkt, ist unzulässig.

Dabei kann dahinstehen, ob ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes enthaltene Abschiebungsandrohung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO überhaupt statthaft ist. Dies wäre der Fall, wenn der erhobenen Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukäme (so die 3. Kammer – Einzelrichter – des erkennenden Gerichts, Beschluss vom 3. April 2018 – 3 B 155/18 –, n. v.; VG Berlin, Beschluss vom 22. Dezember 2017 – 23 L 896.17 A –, juris Rn. 4; VG München, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – M 21 S 17.44736 –, juris Rn. 21; VG Cottbus, Beschluss vom 4. Mai 2018 – VG 5 L 259/18.A –, juris Rn. 4). Dem könnte entgegenstehen, dass das Bundesamt hier in entsprechender Anwendung von § 38 Abs. 1 AsylG – und damit abweichend von der gesetzlichen Vorgabe des § 36 Abs. 1 AsylG – zugunsten des Antragstellers diesem eine Ausreisefrist von 30 Tagen eingeräumt hat. Für diesen Fall wird vertreten, der Klage komme aufschiebende Wirkung zu, sodass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bereits unstatthaft sei (ebenso Beschluss der 2. Kammer – Einzelrichter – des erkennenden Gerichts vom 15. Juni 2018 – 2 B 218/18 –, Beschlussumdruck S. 2, n. v., VG München, Beschluss vom 23. April 2018 – M 26 S 18.30201 –, juris Rn. 13).

Wenig überzeugend erscheint der Kammer auch die ihr aus anderen Verfahren bekannte Argumentation des Bundesamtes, die erfolgte Festsetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen verstoße nicht gegen § 36 Abs. 1 AsylG, der in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche vorsehe. Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO könne die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen habe, die Vollziehung aussetzen. Eine bundesgesetzliche Regelung, die eine Aussetzung der Vollziehung ausschließe, bestehe nicht. Insbesondere ergebe sich ein solcher Ausschluss nicht aus § 36 Abs. 1 AsylG. Die Aussetzung sei nicht an eine bestimmte Form gebunden. Sie ergebe sich ausdrücklich aus der Tenorierung, dass die Ausreisefrist im Falle der Klageerhebung 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens ende. Die Regelung des § 36 AsylG diene der Verfahrensbeschleunigung. Da in diesem Verfahren Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Klage statt zu einer Beschleunigung des Verfahrens zu einer Verlängerung der Gesamtverfahrensdauer führen könne, sei die Aussetzung der Vollziehung sachgerecht. Ordne das Verwaltungsgericht wegen möglicher Abschiebungshindernisse im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage an, werde nach § 37 Abs. 1 AsylG die Entscheidung des Bundesamtes unwirksam. Das Bundesamt müsse das Asylverfahren fortführen. Wie eine Fortführung dieser Verfahren aussehen solle, sei allerdings unklar. Es komme weiterhin nur eine Ablehnung als unzulässig in Betracht. Eine Sachentscheidung könne in diesem Fall nicht ergehen. Lägen auch bezüglich der Abschiebungsverbote die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung nicht vor, müsse die gleiche Entscheidung erneut ergehen. Ein erneutes Eilverfahren könne wieder zu einer Fortführung des Verfahrens führen, ohne dass sich an der Unzulässigkeit des Asylantrags etwas geändert hätte. Es sei daher sachgerecht, die Ausreisefrist an die Regelung in § 38 Abs. 1 AsylG anzupassen und damit gleichzeitig den Vollzug auszusetzen. Auch die ursprüngliche Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG habe der Verfahrensbeschleunigung gedient. Sei die Rückführung in den sonstigen (sicheren) Drittstaat innerhalb von drei Monaten nicht möglich gewesen, sei das Asylverfahren fortzuführen gewesen (§ 29 Abs. 2 AsylG a.F.). Bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung, sei diese Frist nicht einzuhalten gewesen. Bei einem EU-Staat, der bereits internationalen Schutz zuerkannt habe, sei eine solche Frist nicht vorgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 37 Abs. 1 AsylG abgelehnten Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine Vorwegnahme der Hauptsache aufgrund einer summarischen Prüfung des Einzelrichters im Eilverfahren habe einräumen wollen, lägen nicht vor. Zudem könne dies kaum mit den vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -, Rn. 190, gestellten Anforderungen an die Widerlegung der Sicherheitsvermutung aus Art. 16a Abs. 2 GG zu vereinbaren sein.

Die Kammer teilt zwar die Auffassung der Antragsgegnerin, dass der Gesetzgeber in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG allein durch die Neufassung des § 37 Abs. 1 AsylG dem schutzsuchenden Ausländer kein über die Gewährung von Vollstreckungsschutz hinausgehendes subjektives Recht zu Teil werden lassen wollte (dazu nachstehend). Die Kammer muss auch nicht entscheiden, ob das Bundesamt die Vollziehung von Amts wegen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 – 4 VR 19/01 u.a. -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66, juris Rn 6) überhaupt aussetzen darf, um auf diese Weise die Wirkung des § 37 Abs. 1 AsylG zu umgehen. Das Bundesamt hat die Ausreisefrist von vorn herein auf 30 Tage festgesetzt und konsequenterweise in der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung über die innerhalb von zwei Wochen zu erhebende Klage belehrt und nicht auf die Möglichkeit eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hingewiesen. Dieses Vorgehen kann nur dahin interpretiert werden, dass das Bundesamt selbst davon ausging, dass die Klageerhebung gemäß § 75 Abs. 1 i. V. m. § 38 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung entfaltet. Aus diesem Grund ist für die Annahme einer Aussetzung der Vollziehung in dem streitgegenständlichen Bescheid auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO kein Raum. Denknotwendig und ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts kann die Vollziehung nämlich nur dann nach § 80 Abs. 4 VwGO ausgesetzt werden, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage – hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG – entfällt. Deshalb kann die Tenorierung des Bundesamtes in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides nicht zugleich als Aussetzungsentscheidung interpretiert werden. Für eine Aussetzung der Vollziehung hätte das Bundesamt zunächst die gesetzlich vorgeschriebene Ausreisefrist von einer Woche gemäß § 36 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG festsetzen und in einem zweiten Schritt – in der Regel als Bestandteil des Tenors des Bescheids – die Vollziehung der Abschiebungsandrohung aussetzen müssen (vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 7 L 482/18.WI.A –, juris Rn. 21 f.).

Jedenfalls ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (ebenso Beschluss der 2. Kammer – Einzelrichter – des erkennenden Gerichts vom 15. Juni 2018, a. a. O.; VG Freiburg, Beschluss vom 4. Juli 2018 – A 5 K 3911/18 –, juris Rn. 2; a. A. die 3. Kammer – Einzelrichter – des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 3. April 2018, a. a. O.; VG Berlin, Beschluss vom 9. Januar 2018 – 28 L 741.17 A –, juris Rn. 8). Dem Antragsteller droht auf der Grundlage des angefochtenen Bescheids keine Vollstreckung aus einem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verwaltungsakt. Ausweislich Ziffer 3 des Bescheids endet die Ausreisefrist im Fall der Klageerhebung erst 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Für eine Abschiebung vor diesem Zeitpunkt bietet der angefochtene Bescheid damit keine Grundlage. Über die Gewährung von Vollstreckungsschutz hinausgehende Wirkungen können einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht beigemessen werden.

Die erkennende Kammer vermag sich insbesondere nicht der Auffassung anzuschließen, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 37 Abs. 1 AsylG ein über die darin enthaltene Vorgabe für das weitere Verfahren beim Bundesamt hinausgehendes subjektiv-öffentliches Recht auf ein beschleunigtes Verfahren gewähren wollen, aus dem ein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende gerichtliche Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes erwachse (so auch VG Köln, Beschluss vom 9. Mai 2018 – 14 L 826/18.A –, juris Rn. 5 ff.; VG Freiburg, Beschluss vom 4. Juli 2018 – A 5 K 3911/18 –, juris Rn. 8; a. A. die 3. Kammer – Einzelrichter – des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 3. April 2018, a. a. O.; sowie VG Magdeburg, Beschluss vom 3. Januar 2018 - 1 B 651/17 -, juris Rn. 9; VG Berlin, Beschlüsse vom 9. Januar 2018 – 28 L 741.17 A –, juris Rn. 8 f. und vom 22. Dezember 2017 - 23 L 896.17 A -, juris Rn. 5, m. w. N.). Nach dieser Regelung werden die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG fortzuführen. Einer Aufhebung dieser Entscheidungen des Bundesamts in einem nachgelagerten Klageverfahren bedarf es nicht mehr. Das Hauptsacheverfahren ist aufgrund dieser gesetzlich vorgesehen Rechtsfolge des im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erfolgreichen Antrags hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 des angefochtenen Bescheids erledigt (Bergmann in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, AsylG, § 37 Rn. 3). Damit würde ein Erfolg im vorliegenden einstweiligen Rechtschutzverfahren gemäß § 37 Abs. 1 AsylG lediglich dazu führen, dass die Folgen, die ein Obsiegen des Antragstellers in der bei der Kammer anhängigen Hauptsache – 1 A 376/18 – hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 des angefochtenen Bescheids hätte, zeitlich früher eintreten würde. Die Regelungen der Ziffern 1 und 3 des angefochtenen Bescheids werden kraft Gesetzes unwirksam; einer gerichtlichen Aufhebungsentscheidung in der Hauptsache bedarf es insoweit nicht mehr.

Allein dieses Interesse des Antragstellers an einer schnelleren – endgültigen – Aufhebung der Ziffern 1 und 3 des angefochtenen Bescheides vermag ein Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes nach dem Sinn und Zweck des § 80 Abs. 5 VwGO nicht zu begründen. Die Möglichkeit eines Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung soll den Antragsteller lediglich vor drohenden Vollstreckungsmaßnahmen schützen, nicht aber eine beschleunigte Aufhebung der angegriffenen Verwaltungsakte ermöglichen, die auch im gerichtlichen Asylverfahren dem Hauptsachverfahren vorbehalten bleiben muss (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 4. Mai 2018 – VG 5 L 259/18.A –, juris Rn. 7).

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigen, dass die in § 37 Abs. 1 AsylG genannten Rechtsfolgen gerade nur dann eintreten, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO „entspricht“. Damit unterstellt aber die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG ihrerseits auf Tatbestandsebene, dass ein gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig und begründet ist und das angerufene Gericht ihm deshalb entspricht. Insofern ist es zirkelschlüssig, die nur bei einem erfolgreichen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gemäß § 37 Abs. 1 AsylG eintretende Rechtsfolge bereits zur Begründung seiner Zulässigkeit, namentlich eines Rechtsschutzbedürfnisses heranzuziehen (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 4. Mai 2018 – VG 5 L 259/18.A –, juris Rn. 8; VG Freiburg, Beschluss vom 4. Juli 2018 – A 5 K 3911/18 –, juris Rn. 6, a. A. VG Berlin, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 23 L 287.18 A –, juris Rn. 5, m. w. N.). Zwischen dem Rechtsschutzziel eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO einerseits und der erhobenen Klage gegen einen Drittstaatenbescheid andererseits ist vielmehr zu differenzieren. Insoweit nimmt die Kammer Bezug auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Berlin in seinem Beschluss vom 24. Mai 2018 – 6 L 132.18 A –, juris Rn. 15, denen sich die Kammer anschließt:

„Schließlich verdeutlicht die Entstehungsgeschichte des § 37 Abs. 1 AsylG, dass seine Wirkung gesetzliche Folge, nicht aber Gegenstand des vorläufigen Rechtschutzes ist. Die Regelungstechnik, die bei einer Stattgabe im Eilverfahren zu einer Erledigung des Hauptsacheverfahrens führt, geht auf die Bestimmung zum unbeachtlichen Asylantrag gemäß § 10 Abs. 4 AsylVfG 1982 zurück (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylG, März 2018, § 37 AsylG Rn. 5). Nach alter Rechtslage leitete die Ausländerbehörde, bei der ein Asylantrag zu stellen war, einen unbeachtlichen Asylantrag nicht an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge weiter, sondern drohte sofort vollziehbar die Abschiebung an. Falls einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen wurde, war der Asylantrag unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten und die Entscheidung der Ausländerbehörde wurde unwirksam. Diese Regelung in § 10 Abs. 4 AsylVfG 1982 änderte nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nichts daran, dass sich das Rechtschutzbedürfnis des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO (nur) auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage richtete. Im Fall eines erfolgreichen Eilverfahrens trete zwar die gleiche Wirkung wie bei einer stattgebenden Entscheidung im Verfahren der Hauptsache ein; dies ergebe sich aber nur als gesetzlich besonders angeordnete Folge der Entscheidung im einstweiligen Verfahren, es betreffe und verändere nicht den Gegenstand dieses Verfahrens (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1988 – 2 BvR 702/84 –, juris Rn. 37). Diese Erwägungen lassen sich auf unzulässige Asylanträge gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG übertragen. Verfahrensgegenstand des Eilantrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist auch hier nur die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 AsylG), nicht aber die gesetzliche Folge des § 37 Abs. 1 AsylG.“

Mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann der Antragsteller somit nur die Außerkraftsetzung der Vollziehbarkeit der Ziffern 3 und – hier nicht streitgegenständlich – der Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts erreichen. Dieses Ziel ist jedoch bereits durch die – nicht vom Gesetz vorgesehene, aber vom Bundesamt verfügte und damit für den Antragsteller und die für ihn zuständige Ausländerbehörde verbindliche – Bestimmung einer Ausreisefrist von 30 Tagen erreicht, die gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG erst nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu laufen beginnt. Welche Weiterungen ein erfolgreicher Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO darüber hinaus für das Verfahren in der Hauptsache hat, insbesondere mit Blick auf § 37 AsylG, ist für die vorgelagert zu beantwortende Frage seiner Zulässigkeit unerheblich (ebenso Beschluss der 2. Kammer – Einzelrichter – des erkennenden Gerichts vom 15. Juni 2018 – 2 B 218/18 –, Beschlussumdruck S. 4, n. v.).

Die Beantwortung der Frage, welche Folgerungen aus dem Umstand zu ziehen sind, dass das Bundesamt unter bewusster Umgehung des § 36 Abs. 1 AsylG zugunsten des Antragstellers eine Ausreisefrist von 30 Tagen bestimmt hat, um einstweilige Rechtschutzverfahren gegen Drittstaatenbescheide zu vermeiden und in Bezug auf diese Entscheidungen der gesetzlichen Folge des § 37 AsylG von vorn herein entgegenzuwirken, ist für das vorliegende gerichtliche Eilverfahren nicht entscheidungserheblich. Sie muss dem Hauptsacheverfahren – 1 A 376/18 – vorbehalten bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).