Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 13.02.1986, Az.: 1 U 187/85
„Video Land“

Betrieb konkurrierender Video-Geschäftslokale in Oldenburg; Unterlassung der Verwendung und Löschung eines Firmenbestandteils mangels Unterscheidungskraft zu einem Konkurrenten

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.02.1986
Aktenzeichen
1 U 187/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 23477
Entscheidungsname
Video Land
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1986:0213.1U187.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 11.07.1985 - AZ: 11. O. 919/85 OL

Fundstellen

  • AfP 1986, 264
  • NJW-RR 1986, 591 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Unbefugte Firmenbenutzung

In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 1986
unter Mitwirkung der
Richter am Oberlandesgericht xxx, xxx und xxx
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) im Tatbestand des am 11. Juli 1985 verkündeten Urteils des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Oldenburg dieses hinsichtlich des Antrags zu 3) geändert.

Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits, in beiden Instanzen sind zu 3/4 von der Beklagten und zu 1/4 von den Klägern zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer erreicht nicht 40.000,-- DM.

Tatbestand

1

Die Parteien konkurrieren in Oldenburg auf eiern Gebiet der Video-Vermietung.

2

Die Kläger betreiben in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts seit 1982 in Oldenburg mehrere Video-Geschäftslokale. Sie werben in örtlichen Zeitungsanzeigen mit der im Druck hervorgehobenen Überschrift "xxx"; diese Bezeichnung befindet sich auch an ihren Geschäftslokalen.

3

Die Beklagte ist seit dem 25. Januar 1985 im Handelsregister unter der Firmenbezeichnung xxx, xxx eingetragen. Sie betreibt seitdem in Oldenburg ein Geschäft, unter anderem ebenfalls mit Video-Kassetten.

4

Die Kläger sind der Ansicht, der Bestandteil "xxx" in der Firmenbezeichnung der Beklagten sei geeignet, Verwechslungen mit der früher eingeführten Bezeichnung ihrer Geschäfte hervorzurufen. Die Bezeichnung "xxx" sei eine kennzeichnungskräftige Wortneubildung und habe überdies für ihre Geschäfte Verkehrsgeltung erlangt. Infolge der unberechtigten Firmenbenutzung durch die Beklagte sei ihnen außerdem ein Schaden entstanden.

5

Die Beklagte tritt dem entgegen.

6

Das Landgericht hat gegen die Beklagte antragsgemäß wie folgt erkannt:

  1. 1.)

    Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf die Vermietung von Video-Kassetten gerichteten Geschäftsbetriebes in Oldenburg der Bezeichnung "xxx" zu bedienen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,- DM angedroht; ersatzweise kann Ordnungshaft verhängt werden.

  2. 2.)

    Die Beklagte wird verurteilt, die Löschung des Firmenbestandteils "xxx" in ihrem beim Amtsgericht Oldenburg (HRA 2766) eingetragenen Firma herbeizuführen.

  3. 3.)

    Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die dieser aus den Handlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden, die der Beklagten nach Ziffer 1) untersagt sind.

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Wegen aller Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

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Mit der Berufung trägt die Beklagte vor, sie habe nicht gegen § 16 WWG verstoßen.

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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

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Sie pflichten dem angefochtenen Urteil bei.

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Wegen aller Einzelheiten wird auf die beiderseitigen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung der Beklagten bleibt zu den Anträgen zu 1) und 2) ohne Erfolg (a); hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 3) ist sie begründet, insoweit war die Klage abzuweisen (b).

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(a)

Die Klägerin haben einen Unterlassungsanspruch nach § 16 Abs. 1 UWG. Sie benutzen im geschäftlichen Verkehr in Oldenburg die Bezeichnung "xxx" als Etablissementsnamen in Zeitungsanzeigen und auch an ihren Geschäftslokalen seit 1982. Zwar haben diese zwei Worte für sich allein keine namensmäßige Unterscheidungskraft; die daraus geschaffene Wortverbindung ist aber - jedenfalls derzeit - (noch) kein Teil der Umgangssprache oder reine Gattungsbezeichnung, sondern eine eigenartige sprachliche Neubildung mit individualisierender Unterscheidungs- und Kennzeichnungskraft, mithin eine "besondere Bezeichnung "im Sinne des § 16 Abs. 1 UWG. Daß diese Bezeichnung auch außerhalb von Oldenburg von anderen Personen befugt benutzt wird, steht nicht entgegen. Das ist bei Etablissementsnamen - insbesondere im Hotelbereich (z.B- "Deutsches Haus "u.a.") - nichts Ungewöhnliches; gleichwohl ist eine derartige Bezeichnung aber schutzfähig innerhalb eines Ortes ; das ist hier die gesamte Stadt Oldenburg. Hingegen ist xxx lediglich ein Stadtteil davon, er gewährt der dort ansässigen Firma der Beklagten keinen eigenständigen Schutzbereich (vgl. zum ganzen Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl., § 16 UWG, Rn. 23, 28 ff, 101 - 114).

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Die von der Beklagten geführte Firmenbezeichnung xxx, xxx, xxx ist damit verwechselbar. Dem steht weder entgegen, daß es sich hier nicht nur um einen Etablissementnamen, sondern um eine Firma handelt, denn eine Registereintragung gem. §§ 18, 30 HGB bzw. das Nichteinschreiten des Registergerichts nach § 37 HGB schließen einen Verstoß gegen § 15 UWG nicht aus (vgl. a.a.O. Rn. 55 a.E.). Noch steht entgegen, daß die Beklagte mit ihrer Firma unstreitig bisher in Zeitungsanzeigen nicht hervorgetreten ist und mit der Bezeichnung auch nicht an ihrem Geschäftslokal geworben hat; denn bereits die bloße Handelsregistereintragung stellt schon, eine Betätigung im geschäftlichen Verkehr dar. Schließlich steht der Verwechselungsgefahr auch nicht entgegen der von der Beklagten gewählte Zusatz "xxx". Diese Angabe tritt, wie auch ein von der Beklagten im Senatstermin vom 30.1.1986 überreichter Firmenbriefbogen deutlich zeigt, hinter der schlagwortartigen Bezeichnung "xxx", die den Kern begriff der Firma der Beklagten bildet (vgl. auch Senatsurteile vom 4.10.1984 - 1 U 56/84 und vom 11.7.1985 - 1 U 30/85), völlig zurück.

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Die Beklagte handelt im Verhältnis zu den Klägern in Oldenburg auch unbefugt, weil diese zeitlich vor ihr die Bezeichnung - wenn auch nur als Etablissementsnamen, so doch befugt - in Oldenburg geführt haben; daß die Kläger ihren Angaben zufolge speziell im Stadtteil xxx erst nach der Beklagten eine (weitere) Filiale begründet haben, steht nicht entgegen. Die Androhung von Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft folgt aus § 890 ZPO. Aus dem Gebot an die Beklagte, die Verwendung der Bezeichnung "xxx" geschäftlichen Verkehr in Oldenburg zu unterlassen, folgt zugleich ihre Verpflichtung, die Löschung des Firmenbestandteils "xxx" in ihrer im Handelsregister beim Amtsgericht Oldenburg eingetragenen Firma herbeizuführen (vgl. a.a.O. Rn. 155).

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(b)

Hingegen war das angefochtene urteil hinsichtlich des Antrags zu 3) xxx festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den in Ziff. 1 bezeichneten Handlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden - zu ändern und die Klage - insoweit abzuweisen. Die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 2 UWG liegen nicht sämtlich vor.

18

Zwar wird man - trotz der vom Amtsgericht durchgeführten; Firmeneintragung ins Handelsregister - ein Verschulden der Beklagten in Form der Vernachlässigung einer ihr obliegenden Erkundigungspflicht, ob in Oldenburg bereits die Bezeichnung xxx im Geschäftsverkehr verwandt wurde, bejahen können (vgl. auch BGH GRUR 1974, 735 ff; Malzer GRUR 1974, 697 ff) - Auch ist es hinreichend, wenn bei den Klägern jedenfalls die - von ihnen zu begründende - Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts vorliegt (BGH und Malzer a.a.O., Hefermehl Einl. Rn. 390), die in vergleichbaren Fällen im allgemeinen schon auf Grund von Erfahrungssätzen zu bejahen sein wird (Hefermehl a.a.O..).

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Daran aber fehlt es vorliegend. Das Geschäftslokal der Beklagten ist erkennbar nicht besonders groß und umsatzstark Auch hat die Beklagte trotz Eintragung des Firmenbestandteils xxx ins Handelsregister diese besondere Bezeichnung unstreitig bisher nicht in Zeitungsanzeigen oder bei der äußeren Ausstattung ihres Geschäftslokals verwendet und darf dies auf Grund dieses Urteils künftig nicht tun. Bei diesen besonderen Gegebenheiten aber kann man von einer Verletzung der Kläger und einer auch nur ganz geringen Wahrscheinlichkeit eines bereits entstandenen oder künftigen Schadens nicht ernstlich sprechen (vgl. Hefermehl a.a.O..).

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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 97, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 ZPO.