Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 13.02.2007, Az.: 10 Qs / 730 Js 23947/06 - 1/07

Anhörung; Anordnung; Beschlagnahme; Beteiligung; Beteiligungsbeschluss; Einstellung; Einziehung; Einziehungsbeteiligung; Geldbetrag; Mobiltelefon; rechtliches Gehör; Schuldspruch; Sicherstellung; sofortige Beschwerde; Straftat; subjektives Verfahren; Verfahren; Verfahrensmangel; Verfall; Verfolgung; Verfolgungshindernis; Zustellung

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
13.02.2007
Aktenzeichen
10 Qs / 730 Js 23947/06 - 1/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 72006
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 29.11.2006 - AZ: 6 Ls 730 Js 23947/06 (76/06)

Tenor:

Auf die Beschwerde des vormals Beschuldigten wird der Beschluss des Amtsgerichts Nordhorn vom 29.11.2006 - 6 Ls 730 Js 23947/06 (76/06) - aufgehoben.

Gründe

1

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 94 d. A.), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Osnabrück die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 46.655,00 Euro und zweier sichergestellter Mobilfunktelefone der Marke Nokia und Samsung, die in dem gegen den Beschwerdeführer vormals geführten Verfahren beschlagnahmt worden waren, angeordnet.

2

Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 19.12.2006 zugestellten Beschluss richtet sich dessen sofortige Beschwerde vom 20.12.2006, eingegangen beim Amtsgericht am 21.12.2006.

3

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet, sodass der angefochtene Beschluss aufzuheben war.

4

Der angefochtene Beschluss leidet zunächst an dem Verfahrensmangel, dass das Schöffengericht versäumt hat, einen Beteiligungsbeschluss gemäß § 440 Abs. 3 StPO i.V.m. § 431 Abs. 1 und 5 StPO zu erlassen und diesen dem Beschwerdeführer mit der Antragsschrift förmlich zuzustellen, § 433 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 201 Abs. 1 StPO. Durch diesen Verfahrensgang ist dem Beschwerdeführer nicht in der gebotenen Form rechtliches Gehör zu dem durchgeführten Beschlussverfahren gewährt worden, was sich hinsichtlich der dem Beschwerdeführer gesetzten Frist auf die gewählte Verfahrensart auswirkt.

5

Des weiteren ist das objektive Verfahren nach § 440 StPO i.V.m. § 76a StGB hier derzeit ohnehin ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen des § 76a Abs. 3 StGB nicht erfüllt sind. Nach § 76a StGB ist das objektive Verfahren nur zulässig, wenn entweder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt werden kann und das Gesetz nichts anderes bestimmt. Zwar hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Verurteilung durch das Landgericht Bielefeld vom 21.9.2006 nach § 154 StPO eingestellt. Auch sieht § 76a Abs. 3 StGB im Fall der Einstellungen nach Ermessensausübung die Durchführung des objektiven Verfahrens nach § 440 StPO vor. Dabei haben in § 76a Abs. 3 StGB Verfahrenseinstellungen nach §§ 153 ff. StPO deshalb gesondert Erwähnung gefunden, weil sie nur einer beschränkten materiellen Rechtskraft zugänglich sind; dies gilt insbesondere für die Einstellung nach § 154 StPO, bei der die Strafverfolgung unabhängig von den Möglichkeiten in § 154 Abs. 3 und 4 StPO bei neuen schwerwiegenden Umständen wieder aufgenommen werden kann (Vgl. dazu: BGH, NStZ 1986, S. 36, 36 f.). Voraussetzung für eine Einstellung im Sinne des § 76a Abs. 3 StGB ist im Fall des § 154 StPO somit, dass die Strafverfolgung nicht nach § 154 Abs. 3 oder 4 StPO wieder aufgenommen werden kann. Dies ist im vorliegenden Fall derzeit aber nicht gegeben, sodass die Einstellung nach § 154 StPO zur Zeit noch nicht zu einem Verfahrenshindernis führen kann, das dem - vorrangigen - subjektiven Verfahren entgegenstünde. Da die Verurteilung durch das Landgericht Bielefeld mit der Revision angefochten worden ist, ist eine Wiederaufnahme der Strafverfolgung gegen den Beschwerdeführer nicht ausgeschlossen, mithin ein subjektives Verfahren immer noch möglich.

6

Die Kammer sieht sich im Hinblick auf den Fortgang des Verfahrens veranlasst, zur Sache auf folgende Umstände hinzuweisen:

7

Die Annahme, der für verfallen zu erklärende Geldbetrag und die einzuziehenden Mobiltelefone stammten aus einer Straftat, setzt wie bei einem Schuldspruch im subjektiven Verfahren die Feststellung einer konkreten Straftat und eine diese Feststellung tragende Beweiswürdigung voraus. Soweit hier als Bezugstat eine Geldwäsche zugrundegelegt wird, muss die Vortat der Geldwäsche, aus welcher der Geldbetrag stammt, konkret nach individualisierbaren Umständen mit Eingrenzung der Tatzeit und des Tatorts benannt werden. Allein die Vermutung, dass das vom Angeklagten erhaltene Geld deliktischer Herkunft sei, genügt der gebotenen Konkretisierung der Vortat nicht (Herbert Tröndle, Thomas Fischer, Strafgesetzbuch, 54. Auflage, München 2007, § 261 Rdnr. 9). Auch fehlen konkrete Feststellungen zu der Tathandlung, die hier vom Beschwerdeführer begangen worden sein soll.

8

Hier kommt als Grundlage einer Verfalls- und Einziehungsentscheidung vielmehr nur die Annahme in Betracht, dass der Angeklagte den Geldbetrag als Entgelt für eine in die Bundesrepublik getätigte Drogenlieferung auf der Rückreise in die Niederlande bei sich geführt hat. Dabei wird das Amtsgericht in einer Gesamtschau aller Umstände nicht nur die in der Antragsschrift aufgeführten Indizien, sondern auch den Umstand zu würdigen haben, dass der Angeklagte nur wenige Wochen nach der diesem Verfahren zugrunde liegenden Ausreise in die Niederlande mit 27 kg Marihuana in Bad Oeynhausen gefasst worden ist.