Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 23.09.2015, Az.: 2 Ss (OWi) 296/15

Anforderungen an den Inhalt einer Verfallsanordnung gem. § 29a OWiG

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.09.2015
Aktenzeichen
2 Ss (OWi) 296/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 37763
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:0923.2SS.OWI296.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Winsen (Luhe) - 03.07.2015

Amtlicher Leitsatz

Bei einer Verfallsanordnung nach § 29a OWiG ist der Wert des Erlangten genau zu bestimmen.

Ist dies nicht möglich, kann der Wert geschätzt werden. Die dafür maßgeblichen Grundlagen sind im Urteil mitzuteilen.

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 03.07.2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Winsen (Luhe) zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen die Betroffene den Verfall eines Geldbetrages von 2.450 € angeordnet. Das angefochtene Urteil stellt fest, die Verfallsbeteiligte sei Inhaberin eines Logistikunternehmens und der bei ihr beschäftigte Fahrer H. habe am Sonntag, den 15.12.2013, gegen 21:05 Uhr mit einer Sattelzugmaschine auf der Bundesautobahn A 1 in Fahrtrichtung H. u. a. 42 Paletten mit pharmazeutischen Produkten befördert. Das Beförderungsgut sei von U. über den Firmensitz der Verfallsbeteiligten in D. nach G. in Dänemark und L. in Schweden zu bringen gewesen. In den Frachtpapieren sei als Frachtführer eine Firma D. F. aus Belgien vermerkt gewesen, diese habe den Beförderungsauftrag der Firma S. International B.V. in R. erteilt und diese wiederum hatte mit dem Transport die Verfallsbeteiligte beauftragt. Die Auftraggeberin der Verfallsbeteiligten, die Firma S. International B.V., habe von der ursprünglichen Auftragsgeberin D. F. für den Auftrag einen Betrag in Höhe von 3.500 € erhalten.

Aufgrund dieses Sachverhaltes hat das Amtsgericht gegen die Verfallsbeteiligte im selbstständigen Verfallsverfahren den Verfall eines Geldbetrages von 2.450 € angeordnet. Der von der Verfallsbeteiligten beauftragte Fahrer habe mit seiner Fahrt am Sonntag um 21:05 Uhr gegen das Sonntagsfahrverbot verstoßen, eine Ausnahmegenehmigung für den Transport am Sonntag habe nicht vorgelegen und auch sonst greife eine der gesetzlichen Ausnahmeregelungen des § 30 Abs. 3 StVO nicht ein.

Zur Bestimmung der Höhe des Verfallsbetrages hat das Amtsgericht ausgeführt, die Verfallsbeteiligte habe jedenfalls einen Anteil des an die Firma S. International B.V. gezahlten Beförderungsentgeltes erhalten. Die Höhe dieses Anteils habe nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen nicht festgestellt werden können, sodass das Gericht das von der Verfallsbeteiligten erlangte Transportentgelt geschätzt habe. Im Rahmen der Schätzung habe es einen Abschlag von 30 % vorgenommen, sodass sich ein Verfallsbetrag in Höhe von 2.450 € errechne. Dieser Betrag sei auch im Rahmen der bei einer Verfallsentscheidung auszuübenden Ermessens nicht zu reduzieren und im Ergebnis angemessen.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Verfallsbeteiligten. Sie vertritt den Standpunkt, der Verfallsbetrag sei auf den Teil des Transportentgeltes beschränkt, der tatsächlich auf die Fahrt an einem Sonntag entfalle, nicht auf denjenigen Teil, der durch die Fahrt an einem anderen Tag entstanden sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen. Sie ist der Auffassung, es fehle an einer Darstellung der Grundlagen für die Schätzung des Verfallsbetrages, sodass das Rechtsbeschwerdegericht den festgesetzten Betrag nicht nachvollziehen könne. Auch die Ermessensentscheidung des Amtsgerichts über die Höhe des Verfallsbetrages lasse sich nicht nachvollziehen.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg, sodass das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben war. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verfallsentscheidung nicht.

1. Zunächst bleibt offen, welche Gegenstände das Fahrzeug der Verfallsbeteiligten außer den Paletten mit den Medikamenten transportierte. Es seien, so teilt das Urteil mit, "u.a." 42 Paletten mit pharmazeutischen Produkten aufgefunden worden. Ob im Übrigen auch Waren geladen waren, die nach § 30 Abs. 3 Satz 2 StVO am Sonntag hätten transportiert werden dürfen und welchen Anteil an der Gesamtladung solche Waren gegebenenfalls hatten, teilt das Urteil nicht mit.

2. Bei einer Verfallsanordnung nach § 29 a OWiG ist das aus der Tat oder für die Tat Erlangte genau zu bestimmen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 30.08.2011, NStZ-RR 2012, 151 [OLG Celle 30.08.2011 - 322 SsBs 175/11]). Ob dies möglich war und gegebenenfalls warum es nicht möglich war, teilt das angefochtene Urteil ebenfalls nicht mit. Daraus ergibt sich lediglich, dass die Auftraggeberin der Verfallsbeteiligten, die Firma S. International B.V., von ihrer Auftraggeberin 3.500 € für den Transport erhalten hat. Welchen Anteil die Firma S. International B.V. davon an die Verfallsbeteiligte abgetreten hat, bleibt offen. Das angefochtene Urteil verhält sich auch nicht dazu, ob es möglich war oder warum es gegebenenfalls nicht möglich war, bei der Firma S. International B.V. festzustellen, welches Transportentgelt an die Verfallsbeteiligte geflossen ist. Damit bleibt unklar, aus welchen Gründen eine exakte Bestimmung des aus der Tat erlangten Entgelts nicht erfolgt ist.

3. Eine Schätzung der Höhe des Erlangten nach § 29 a Abs. 3 OWiG kann in einem zweiten Schritt erst dann erfolgen, wenn die Höhe des Vorteils aus der Tat nicht genau zu bestimmen ist (Senat aaO.).

Für diese Schätzung bedarf es einer Mitteilung der sie tragenden Grundlagen (vgl. nur Göhler-Gürtler, OWiG, 16. Aufl., § 29 a Rdnr. 27). Daran fehlt es hier. Das Amtsgericht reduziert den Betrag, den die Auftraggeberin der Verfallsbeteiligten, die Firma S. International B.V., erhalten hat, um 30 %, ohne allerdings mitzuteilen, aus welchen tatsächlichen Angaben sich dieser Wert herleitet, ob dieser Wert bei Beauftragung eines Subunternehmens im Transportgewerbe gerichtsbekannt üblich ist oder welche Anhaltspunkte es für eine solche Schätzung sonst gibt.. Gibt es keine Anhaltspunkte, so käme etwa die Einholung der Auskunft eines Verbandes des Transportgewerbes in Betracht oder ein Rückgriff auf die Kostenansätze Gütertransport Straße (KGS) (dazu OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.10.2013, StraFo 2014, 26.

III.

Im Hinblick auf die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zu einer Reduzierung des Verfallsbetrages auf den an einem Sonntag verdienten Transportlohn merkt der Senat an, dass sich für die Bestimmung des aus einer Ordnungswidrigkeit Erlangten der Transport nicht in einen verbotenen und einen erlaubten Teil aufspalten lässt (so bereits Senat aaO.). Ist ein Entgelt für den Transport als solchen gezahlt, kann der Verfallsbetrag nicht in einen Teil aufgespalten werden, der auf erlaubte Weise erlangt wurde (hier für die Fahrt von U. nach D.) und in einen nicht erlaubten Teil (hier für die Fahrt auf der BAB A 1 am 15.12.2013, einem Sonntag).

IV.

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen, § 79 Abs. 6 OWiG.