Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 22.06.2016, Az.: 3 A 18/15
Regelmäßige Einordnung der Umtauschgebühren für Bargeld aus Anlass der Dienstreise eines Beamten nach Rumänien als notwendige Auslagen
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 22.06.2016
- Aktenzeichen
- 3 A 18/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 22001
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOSNAB:2016:0622.3A18.15.0A
Rechtsgrundlage
- § 10 Abs. 1 BRKG
Amtlicher Leitsatz
Umtauschgebühren für Bargeld sind in der Regel Auslagen, die ursächlich und unmittelbar mit der Erledigung einer Auslandsdienstreise zusammenhängen und notwendig sind.
In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn A.,
A-Straße, A-Stadt,
Klägers,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Infrastruktur Umweltschutz und Dienstleistungen (BAIUD TM), Kompetenzzentrum Travelmanagement, Abrechnungsstelle Hamm-Münster,
Nieberdingstraße 18, 48155 Münster, - -
Beklagte,
Streitgegenstand: Reisekostenvergütung
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 3. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2016 durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. Neuhäuser, die Richterin am Verwaltungsgericht Thiel, den Richter Dr. Thye sowie die ehrenamtliche Richterin Frau C. und den ehrenamtlichen Richter Herrn D. für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2015 verpflichtet, an den Kläger aus Anlass seiner Dienstreise nach Rumänien im Oktober 2014 eine Umtauschgebühr für Bargeld in Höhe von 5,99 € zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung der im Rahmen einer Dienstreise von ihm entrichteten Umtauschgebühr für Sorten (umgangssprachlich und im Folgenden auch: Devisen).
Der Kläger ist Technischer Regierungsdirektor bei der E. in A-Stadt. Er beantragte mit Dienstreiseantrag vom 25. September 2014 die Genehmigung einer Dienstreise vom 20. Oktober 2014 bis 23. Oktober 2014 von A-Stadt nach Bukarest (Rumänien), um am 28. Meeting EDA CapTech EOST teilzunehmen. Die Dienstreise wurde unter Vergabe der Reisenummer F. am 29. September 2014 wie beantragt genehmigt.
Während dieser Dienstreise hob der Kläger am 20. Oktober 2014 an einem Geldautomaten am Flughafen Bukarest Henri Coandă (Rumänien) Bargeld ab. Für das Abheben des Bargeldes entstand eine Umtauschgebühr in Höhe von 5,99 €, die ihm von seiner kontoführenden Bank in Rechnung gestellt wurde.
Im Rahmen seiner Reisekostenabrechnung vom 27. Oktober 2014 für die Dienstreise nach Bukarest (Rumänien) beantragte er unter anderem auch die Erstattung der angefallenen Umtauschgebühr für Sorten in Höhe von 5,99 €.
In der Reisekostenabrechnung der Beklagten vom 05. November 2014 wurden die Umtauschgebühren als nicht erstattungsfähig angesehen. Als erstattungsfähig wurden hier indes Taxikosten in Höhe von 15,00 € angesehen.
In einer E-Mail vom 06. November 2014 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er sei mit der Abrechnung der Reisekosten nicht ganz einverstanden. Denn er wolle auch die Umtauschgebühr für die Beschaffung von Devisen in Höhe von 5,99 € erstattet haben, da der Bund die Bereitstellung von Devisen nicht mehr vornehme. Die Kosten für die Beschaffung von Fremdwährung seien bei vorherigen Dienstreisen immer von der Dienststelle übernommen worden.
In einem Telefongespräch mit der Beklagten vom 21. November 2014 erklärte der Kläger, dass seine E-Mail vom 06. November 2014 als Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid vom 05. November 2014 gewertet werden solle.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 02. Januar 2015, zugestellt am 06. Januar 2015, zurück. Zur Begründung führte sie aus, Rechtsgrundlage für die zu treffende Entscheidung sei § 1 der Verordnung über die Reisekostenvergütung bei Auslandsdienstreisen (Auslandsreisekostenverordnung - ARV) sowie § 1 i. V. m. § 10 Abs. 1 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG). Nach § 1 BRKG würden den Berechtigten als Reisekostenvergütung unter anderem sonstige Kosten erstattet. Bei diesen Nebenkosten handele es sich gemäß § 10 Abs. 1 BRKG um zur Erledigung des Dienstgeschäfts notwendige Auslagen, die nicht nach den §§ 4 bis 9 BRKG erstattet werden.
Nebenkosten in diesem Sinne seien Auslagen, die ursächlich und unmittelbar mit der Erledigung des Dienstgeschäfts zusammenhängen und notwendig seien, um das Dienstgeschäft überhaupt oder unter zumutbaren Bedingungen ausführen zu können. Dagegen würden Auslagen der Dienstreisenden zur Regelung von Angelegenheiten, die lediglich in einem mittelbaren Zusammenhang mit dem zu erledigenden Dienstgeschäft stünden, auch dann nicht zu den erstattungsfähigen Nebenkosten gehören, wenn sie zwangsläufig seien. Nicht zu erstatten seien Aufwendungen, die auf die allgemeine Lebensführung oder persönliche Gründe zurückzuführen seien.
Nach § 10 Abs. 1 BRKG und der dazu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift würden auch Auslagen hinsichtlich der Gebühren für Barauszahlungen am Geldautomaten mit einer Kreditkarte, EC-Karte oder Bankkundenkarte zu denjenigen Kosten zählen, die allein der allgemeinen Lebenserhaltung zuzurechnen seien. Bankspesen (Umtauschgebühren), die Dienstreisenden beim notwendigen Ankauf ausländischer, für die Dienstreise bestimmter Zahlungsmittel (Geldsorten, Schecks) vom Geldinstitut gesondert in Rechnung gestellt würden, würden ebenfalls wie unmittelbar in den Wechselkurs eingearbeitete Geldumtauschkosten nicht unter § 10 Abs. 1 BRKG fallen.
Zudem begründe eine eventuell in der Vergangenheit erfolgte Kostenerstattung diesbezüglich keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.
Der Kläger hat am 28. Januar 2015 Klage erhoben und wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2015 zu verpflichten, ihm aus Anlass der Dienstreise im Oktober 2014 nach Rumänien eine Umtauschgebühr für Bargeld in Höhe von 5,99 € zu bewilligen und auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in der Sache begründet.
Die Ablehnung der Erstattung der Umtauschgebühr für Bargeld in Höhe von 5,99 € durch den Bescheid vom 05. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Der Kläger hat aus § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Reisekostenvergütung bei Auslandsdienstreisen (Auslandsreisekostenverordnung - ARV) vom 21. Mai 1991 (BGBl. I S. 1140) i. V. m. §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 10 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz (BRKG) vom 26. Mai 2005 (BGBl. I S. 1418) einen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Umtauschgebühr.
Nach § 1 Abs. 1 der auf Grundlage des § 14 Abs. 3 BRKG erlassenen ARV gelten bei Auslandsdienstreisen die Vorschriften des BRKG, wenn und soweit in der Verordnung nichts Abweichendes bestimmt ist. Für die Erstattung sonstiger Kosten gelten die Vorschriften des BRKG, da in der ARV keine diesbezüglichen Bestimmungen vorhanden sind.
Dem Dienstreisenden steht nach § 3 Abs. 1 S. 1 BRKG ein Anspruch auf Reisekostenvergütung zu. Dieser Anspruch auf Reisekostenvergütung umfasst auch die Erstattung sonstiger Kosten gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. § 10 BRKG. Es sollen nach § 3 Abs. 1 S. 1 BRKG jedoch nur dienstlich veranlasste notwendige Reisekosten ersetzt werden.
Nach § 10 Abs. 1 BRKG werden zur Erledigung des Dienstgeschäfts notwendige Auslagen, die nicht nach den §§ 4 bis 9 BRKG zu erstatten sind, als Nebenkosten erstattet. Die Erstattung von Umtauschkosten für Sorten fällt zwar nicht unter die Regelungen der §§ 4 bis 9 BRKG. Die Umtauschkosten sind aber notwendige Kosten im Sinne des § 10 Abs. 1 BRKG.
Nach Ziffer 10.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz (BRKGVwV) vom 01. Juni 2005 - welche auf Grundlage von § 16 BRKG erlassen wurde - sind Nebenkosten Auslagen, die ursächlich und unmittelbar mit der Erledigung des Dienstgeschäfts zusammenhängen und notwendig sind, um das Dienstgeschäft überhaupt oder unter zumutbaren Bedingungen ausführen zu können. Abzugrenzen sind die erstattungsfähigen Nebenkosten von den nicht erstattungsfähigen Kosten, die im Rahmen der allgemeinen Lebensführung anfallen. Nach Ziffer 1.2.1 BRKGVwV ist die in § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 BRKG enthaltene Aufzählung der erstattungsfähigen Arten von Reisekostenvergütung abschließend. Andere angefallene Reisekosten sind nach Ziffer 1.2.1 BRKGVwV der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und somit nicht erstattungsfähig.
Nach diesen Vorgaben sollen also lediglich Aufwendungen ausgeglichen werden, die einem Beamten über die Kosten seiner allgemeinen Lebensführung hinaus entstehen, weil er aus dienstlicher Veranlassung eine Reise unternehmen muss (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1982, - BVerwG 6 A 1.81 -, BVerwGE 64, 343 - 347 = [Rn. 16]).
In Ziffer 10.1.2 BRKGVwV werden Auslagen aufgezählt, die grundsätzlich erstattungsfähig sind. Aufgrund des Wortlauts "Als erstattungsfähige Nebenkosten kommen u. a. grundsätzlich in Betracht" ist diese Aufzählung nicht abschließend. Als grundsätzlich erstattungsfähig werden insbesondere Auslandseinsatzentgelte bei Kreditkarteneinsatz für erstattbare Reisekosten unter Berücksichtigung des Kreditkartenumrechnungskurses angesehen. Unter der Voraussetzung, dass die Auslandseinsatzentgelte für erstattbare Reisekosten angefallen sind, entstehen sie nicht im Rahmen der allgemeinen Lebensführung des Beamten, sondern weil sie für die Durchführung der Dienstreise notwendig sind. Das Auslandseinsatzentgelt ist ein Entgelt, das für eine Kreditkartenzahlung mit Fremdwährung im Ausland von der kreditkartengebenden Bank erhoben wird. Durch dieses Entgelt soll der der kreditkartengebenden Bank entstehende Aufwand - u. a. für die erforderliche Umrechnung - abgegolten werden.
Nicht erstattet werden nach Ziffer 10.1.3 BRKGVwV hingegen u. a. Auslagen für Kreditkarten (Jahresgebühren). Auch die in Ziffer 10.1.3 BRKGVwV enthaltene Aufzählung ist aufgrund ihres Wortlauts ("u. a.") nicht abschließend. Die Auslagen für Kreditkarten sind nicht erstattungsfähig, weil sie im Rahmen der allgemeinen Lebensführung auch ohne Dienstreise anfallen. Sie fällt unabhängig vom Gebrauch der Kreditkarte an. Die Jahresgebühr ist eine jährliche Grundgebühr der kreditkartengebenden Bank für die Zurverfügungstellung der Kreditkarte.
Ausgehend von dem beschriebenen Regelungsgefüge ist die dem Kläger entstandene Umtauschgebühr für Bargeld nach § 10 Abs. 1 BRKG erstattungsfähig. Denn bei der Umtauschgebühr handelt es sich um eine Auslage, die ursächlich und unmittelbar mit der Erledigung der Dienstreise nach Bukarest (Rumänien) zusammenhängt und notwendig war, um das Dienstgeschäft unter zumutbaren Bedingungen ausführen zu können.
Die dem Kläger entstandene Umtauschgebühr ist mit dem bei Kreditkarteneinsatz entstehenden Auslandseinsatzentgelt vergleichbar. Bei der Abhebung von Geld an einem Geldautomaten im Ausland mit einer Maestro-Karte oder einer Kreditkarte erhebt die kartengebende Bank eine Gebühr für den entstandenen Aufwand. Wie auch das Auslandseinsatzentgelt ist also auch die dem Kläger entstandene Umtauschgebühr eine Bearbeitungsgebühr der kartengebenden Bank für eine konkrete Transaktion. Für die rechtliche Beurteilung ist es unerheblich, ob diese Gebühr durch einen Kreditkarteneinsatz oder durch das Abheben von Bargeld entsteht, solange das durch den Karteneinsatz erlangte Geld ursächlich und unmittelbar mit der Erledigung des Dienstgeschäfts zusammenhängt und notwendig ist, um das Dienstgeschäft überhaupt oder unter zumutbaren Bedingungen ausführen zu können.
Dieser Bewertung steht es auch nicht entgegen, dass in der Regel die Gebühr für das Beschaffen von Bargeld an Automaten höher ist als das Auslandseinsatzentgelt. Der Einsatz von Kreditkarten ist nicht in allen Geschäftsbereichen - insbesondere für Taxi- und Busfahrten - möglich. Gerade Taxi- und Busfahrten sind erforderlich, um das Hotel oder den Ort des Dienstgeschäfts zu erreichen.
Das vom Kläger am Geldautomaten abgehobene Geld und die dadurch entstandene Umtauschgebühr waren nach aller Lebenserfahrung für die Ausübung der Dienstreise erforderlich. Wer in ein Land reist, das außerhalb der Eurozone liegt, bedarf unmittelbar monetärer Mittel der Landeswährung, etwa zum Bezahlen öffentlicher Verkehrsmittel oder Taxen, mit denen man vom Ankunftsort zum Hotel oder zum Tagungsort gelangt. Dass derartige Aufwendungen Teil der zu erstattenden Reisekosten sind, ist unzweifelhaft; wieso für die hiermit in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Umtauschgebühren anderes gelten sollte, erschließt sich der Kammer nicht. Anders wäre dies allein, wenn etwa aufgrund der Organisation der Reise durch den Gastgeber - Abholen am Flughafen und Transport zum Hotel oder Tagungsort - unmittelbar von dem Beamten zu leistende Aufwendungen nicht entstünden und damit auch keine Notwendigkeit für Umtauschgebühren erkennbar wäre. Dies war vorliegend indes nicht der Fall, wie sich aus Blatt 8 der Verwaltungsvorgänge mit der dortigen Reisekostenabrechnung des Klägers ergibt, die - von der Beklagten auch übernommene - Taxikosten enthält.
Es ist letztlich weder von der Beklagten vorgetragen noch für die Kammer ersichtlich, dass dem Kläger günstigere Möglichkeiten zur Beschaffung von Bargeld zur Verfügung gestanden hätten. Es besteht zwar die Möglichkeit, bereits in Deutschland oder im Ausland u. a. in Wechselstuben Bargeld in der jeweiligen Fremdwährung zu erhalten. Allerdings wird auch für diese Tauschgeschäfte in der Regel eine Gebühr bzw. Provision fällig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG i. V. m. Ziffer 1.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Beilage 2/2013 zu NVwZ-Heft 23/2013, S. 57 ff.).