Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 27.02.2003, Az.: 8 U 175/01
5%; Ablösebefugnis; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Anscheinsbeweis; Baugewerbe; Baumangel; Bauträgervertrag; Bauunternehmer; Bauvertrag; Branchenüblichkeit; Bürgschaft auf erstes Anfordern; erstes Anfordern; Formularklausel; Formularvertrag; Formulierung; Genehmigungspflicht; Geschäftsüblichkeit; Gewährleistungsanspruch; Gewährleistungsbürgschaft; Inhaltskontrolle; Intransparenz; Lebenserfahrung; Prozentsatz; Schlussrechnungsbetrag; Schlussrechnungssumme; Sicherheitseinbehalt; Sicherungsabrede; Transparenzgebot; unangemessene Benachteiligung; unbefristete Bankbürgschaft; unbefristete Bankgarantie; Unwirksamkeit; Werkmangel; Werkunternehmer; Werkvertrag; Wortlaut
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 27.02.2003
- Aktenzeichen
- 8 U 175/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48623
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BGH - 25.09.2003 - AZ: VII ZR 83/03
Rechtsgrundlagen
- § 17 VOB B
- § 765 BGB
- § 1 AGBG
- § 9 Abs 1 AGBG
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 12. Juli 2001 - 3 O 37/00 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31.188,80 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 08. März 2000 zu zahlen.
Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 31.188,80 Euro.
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage auf Rückzahlung eines Betrages von 31.188,80 Euro (61.000,00 DM) in Anspruch, nachdem sie im August 1998 an die Beklagte u. a. eine Zahlung von 232.608,00 DM nach Inanspruchnahme aus einer Gewährleistungsbürgschaft vom 08. Juni 1995 geleistet hat.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 2 - 8, Bl. 155 - 161 d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe weder ausreichend vorgetragen noch bewiesen, dass der von ihr aufgrund der eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung an die Beklagte geleistete Betrag von 232.608,00 DM „ohne Rechtsgrund“ erfolgt sei.
Die Beklagte sei aufgrund der Ziff. 5.3 des Kaufvertrages vom ... anstelle der C Gläubigerin der Gewährleistungsansprüche gegen die D geworden und damit zugleich Bürgschaftsgläubigerin. Dementsprechend habe die Klägerin auf Aufforderung der Beklagten den Bürgschaftsbetrag an diese gezahlt. Aufgrund der bei Haus 5 bestehenden erheblichen Mängel und nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der D stehe der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme zu, dessen Höhe die Bürgschaftssumme übersteige.
Die Klägerin habe auch nicht im Rahmen des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB dargetan, dass die D einen Anspruch gegen die C auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde gehabt habe. Das sei nur dann der Fall, wenn die C den als Sicherheit zunächst einbehaltenen Werklohn von 5 % der Schlussrechnungssumme nach Übergabe der Gewährleistungsbürgschaft nicht an die D ausgekehrt habe, also eine Doppelsicherung vorgelegen habe. Insoweit könne aber in keiner Weise festgestellt werden, welche berechtigte Werklohnforderung zugunsten der D entstanden sei, in welcher Höhe diese durch C erfüllt sei und ob die C überhaupt etwas einbehalten habe.
Gegen dieses ihr am 16. Juli 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. August 2001 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, die sie - nach Gewährung entsprechender Fristverlängerung - mit am 17. Oktober 2001 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin verfolgt ihren erstinstanzlichen Klagantrag weiter und gründet diesen nunmehr hilfsweise auf einen entsprechenden Anspruch des Gesamtvollstreckungsverwalters E. als Verwalter über das Vermögen der D GmbH gegen die Beklagte, die dieser mit Erklärung vom 11. September 2002 (Bl. 380 d. A.) an die Klägerin abgetreten hat.
Erstmals im Berufungsverfahren legt die Klägerin ferner eine Kopie des Generalunternehmervertrages vom 05. Mai 1994 (Bl. 248 ff. d. A.), Original des Vergabeprotokolls vom 05.05.1994 (Bl. 337 f. d. A.) sowie die Kopie des Ergänzungsvertrages vom 06. Dezember 1994 (Bl. 254 f. d. A.) vor.
Die Klägerin trägt vor, das Landgericht habe übersehen, dass die gesamte Sicherungsabrede unter Ziff. 8.2 des Generalübernehmervertrages vom 05. Mai 1994 unwirksam sei. Hierbei handele es sich um eine Vertragsbedingung. Es bedürfe keiner weiteren Vertiefung, dass die vorliegenden Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen seitens der C vorformuliert gewesen seien. Daher sei diese Klausel unwirksam, weil zum einen kein angemessener Ausgleich für den 5 %-igen Sicherheitseinbehalt mangels einer angemessenen Verzinsung vereinbart sei und die Regelung in Bezug auf die Art der zu stellenden Bürgschaft intransparent und unklar sei. Eine Umdeutung dieser Klausel komme nicht in Betracht. Damit gelte BGB-Werkvertragsrecht, d. h. eine Sicherungsabrede liege nicht vor.
Der Einwand der Klägerin als Bürgin, dass die Sicherungsabrede zwischen den Parteien des Hauptvertrages unwirksam sei, sei im Rückforderungsprozess der Bürgin beachtlich.
Selbst wenn die Sicherungsabrede wirksam wäre, stünde ihr der geltend gemachte Rückforderungsanspruch zu. Die Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit sei dahingehend auszulegen, dass sie unter der auflösenden Bedingung stehe, der Auftraggeber werde seiner Verpflichtung zur Auszahlung des Bareinbehaltes alsbald nachkommen. Diese Bedingung sei eingetreten, weil C den für die Gebäude 4, 5, 6 und 8 einbehaltenen Sicherheitsbetrag von 746.316,00 DM nicht ausgezahlt habe. Das ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen F und G. Diese würden bestätigt durch die - erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte - Schlussrechnung der D vom 06. Juni 1995.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie (zunächst) 31.188,80 Euro (61.000,00 DM) nebst 5 % Zinsen seit dem 24. Juli 1999 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt die Vorlage der erstmals im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen als verspätet und bestreitet die Echtheit der in Kopie vorgelegten Unterlagen sowie die Vereinbarung des jeweiligen Inhaltes. Sie behauptet unter Berufung auf die Zeugenaussagen erster Instanz, dass an den bei der D vorliegenden Unterlagen erhebliche Manipulationen erfolgt seien. Der jetzt vorgelegte GU-Vertrag mit einem Preis von 2.090,00 DM inkl. Umsatzsteuer/m² Wohnfläche entspreche zudem nicht dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde, der einen Werklohn von 15.931.000,00 DM enthalte.
Hilfsweise bestreitet die Beklagte, dass es sich bei Ziff. 8.2 des vorgelegten GU-Vertrages um eine AGB handele. Tatsächlich seien die einzelnen Regelungen nicht für eine mehrfache Verwendung bestimmt und von der C aufgestellt worden. Insbesondere sei die Ziff. 8.2 zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt worden.
Darüber hinaus könne sich die Klägerin auf eine etwaige Unwirksamkeit dieser Klausel nicht berufen, weil sie in Kenntnis der unwirksamen Bestimmung die Bürgschaftssumme im August 1998 ausgezahlt habe.
Da die Klägerin bislang in diesem Rechtsstreit den Einwand der Unwirksamkeit der behaupteten Sicherheitseinbehaltsabsprache nicht geltend gemacht habe, habe die Beklagte darauf vertraut, den zur Mängelbeseitigung verwendeten Vertrag nicht an die Klägerin zurückzahlen zu müssen.
Letztlich beruft sich die Beklagte auf die Einrede der Entreicherung.
Gem. Beschluss vom 23. Januar 2003 ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen H, I und K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Januar 2003 (Bl. 385 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat - mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung - Erfolg.
I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Bürgschaftsteilbetrages in Höhe von 31.188,80 Euro (61.000,00 DM) aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
Im Einzelnen:
1. Die Klägerin hat an die Beklagte den Gesamtbetrag von 232.608,00 DM, von dem im vorliegenden Rechtsstreit ein Teilbetrag von 61.000,00 DM geltend gemacht wird, im August 1998 gezahlt, nach dem die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der C sie aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern vom 08. Juni 1995 (Anlage K 1) betreffend das Haus 5 im Wohnpark ... in Anspruch genommen hat.
2. Diese Leistung der Klägerin ist „ohne Rechtsgrund“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erfolgt, denn die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die C, hatte gegen die D keinen Anspruch auf Übergabe dieser Austauschbürgschaft, weil die in Ziff. 8. 2 des Generalübernehmervertrages vom 05. Mai 1994 enthaltene Sicherungsabrede unwirksam ist. Diese dem Hauptschuldner zustehende Einrede kann die Klägerin als Bürgin der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der C im Rückforderungsprozess erfolgreich entgegensetzen, § 768 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn die allgemeine Regel, dass im jeweiligen Leistungsverhältnis ein Rechtsgrund, der die Leistung rechtfertigt, zugleich auch das Recht des Empfängers zum Behaltendürfen des Leistungsgegenstandes begründet, greift bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht ein (BGHZ 74, 244, 247; BGHZ 140, 49, 52). Bei dieser Art der Bürgschaft hat die Bürgin auf Anforderung grundsätzlich sofort zu zahlen, alle Streitfragen werden in den Rückforderungsprozess verlegt. Hat aber die Bank ohne Rücksicht auf die Frage des Bestehens der verbürgten Forderung an den Gläubiger zu leisten, kann sie im Falle des Nichtbestehens der Hauptforderung ihre Leistung direkt von dem Leistungsempfänger nach Bereicherungsgrundsätzen zurückverlangen.
a) Die zwischen der C und der D getroffene Sicherungsabrede ergibt sich aus Ziff. 8.2 des erstmals im Berufungsverfahren vorgelegten Generalübernehmervertrages vom 05. Mai 1994. Danach war für die Erfüllung der übernommenen Gewährleistung ein Sicherheitseinbehalt von 5 % der Schlussrechnungssumme bis zum Ablauf der Gewährleistungszeit vereinbart, der durch eine vom Auftragnehmer (D) vorzulegende unbefristete Bankbürgschaft oder Bankgarantie mit einem vom Auftraggeber (C) genehmigten Wortlaut abgelöst werden konnte.
Eine derartige Vertragsklausel ist bereits in erster Instanz von der Klägerin unter Bezugnahme auf entsprechende Erklärungen des Zeugen F behauptet worden (Bl. 49 d. A.). Die Zurückweisung weiterer, diese Behauptung stützender Beweismittel der Klägerin, nämlich des Generalübernehmervertrages vom 5. Mai 1994, als verspätet kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 528 Abs. 1 BGB liegen nicht vor, weil der Senat die angegebenen Zeugen bereits zum ersten Termin hätte laden können, so dass die Erledigung des Rechtsstreites nicht verzögert worden wäre. Im Übrigen ist durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts L vom 29. Juli 2002 (Bl. 329 f. d. A.) die Verspätung genügend entschuldigt worden.
Die Klägerin hat nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme den Nachweis geführt, dass der in Kopie vorgelegte Generalübernehmervertrag vom 05. Mai 1994 zwischen der C und der D zu Stande gekommen ist. Die Zeugen H, I sowie K, die diesen Vertrag unterzeichnet haben, haben die Echtheit ihrer Unterschrift unter dieser Vertragskopie bestätigt. Sie haben ferner bestätigt, dass sie als berechtigte Vertreter für die C bzw. die D den schriftlichen Generalübernehmervertrag für das Bauvorhaben Biederitz abgeschlossen haben. Keiner der Zeugen hatte irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass der vorliegende Vertragstext nicht den getroffenen Vereinbarungen dieser Parteien entsprach.
Soweit der Zeuge I im Zeitpunkt seiner Vernehmung die Höhe der genannten Vertragserfüllungsbürgschaft als ungewöhnlich bezeichnet hat, ergibt dies keinen begründeten Anlass, die Echtheit des Vertragswerkes, insbesondere der hier streitbefangenen Regelung, in Zweifel zu ziehen. Denn der Zeuge hatte fast 9 Jahre nach der Unterschriftsleistung verständlicherweise keine konkrete Erinnerung mehr an die Einzelheiten der geführten Vertragsverhandlungen. Soweit die in erster Instanz vernommenen Zeugen F und G vor Eröffnung der Gesamtvollstreckung Manipulationen an Unterlagen der Gemeinschuldnerin D vermutet bzw. festgestellt haben, kann nicht festgestellt werden, dass diese sich auch auf den hier vorliegenden Generalübernehmervertrag bezogen. Aus dem vorliegenden Text dieser Vertragskopie ergeben sich spätere Abänderungen nicht.
Für die Echtheit des Generalübernehmervertrages vom 05. Mai 1994 spricht zudem das Vergabeprotokoll für die Gebäude 4, 5, 6 und 7 dieses Bauvorhabens vom 05. Mai 1994, das dem Senat im Original vorliegt (Bl. 337 f. d. A.). Dieses Protokoll, das ebenfalls von den Zeugen H, I und K unterzeichnet worden ist, weist dasselbe Datum wie der Generalübernehmervertrag aus, was dafür spricht, dass beide Urkunden zur selben Zeit unterzeichnet worden sind.
Steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass der Generalübernehmervertrag mit dem Inhalt der vorgelegten Kopie zwischen der C und der D zu Stande gekommen ist, so ist die in Ziff. 8.2 enthaltene Sicherungsabrede Vertragsbestandteil geworden.
b) Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG. Diese von der C als Verwender gestellte und für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung ist wegen Verstoßes gegen §§ 9 Abs. 1, 5 AGBG unwirksam (BGH Baurecht 1997, 829 ff.; Baurecht 2000, 1052 f.; NJW 2001, 1857 ff. [BGH 08.03.2001 - IX ZR 236/00]; Baurecht 2002, 463 ff.).
aa) Nach den Aussagen der Zeugen I und H, an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht, ist der vorliegende Vertragsentwurf nach entsprechenden Vorverhandlung von der C der D übersandt bzw. übergeben worden. Das hinsichtlich des Schriftbildes abweichende Vergabeprotokoll ist nach der Aussage des Zeugen H von ihm entworfen worden.
bb) Das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss grundsätzlich der Vertragspartner des Verwenders darlegen und beweisen, der sich im Individualprozess auf den Schutz des AGB-Gesetzes beruft. Die vorformulierten Vertragsbedingungen sind nur dann Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn der Verwender im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Absicht der Mehrverwendung hatte (BGH BauR 2000, 1182). Im Einzelfall kann schon die Vorlage des Vertrages ausreichen, wenn dieser nach seiner inhaltlichen Gestaltung aller Lebenserfahrung nach für eine mehrfache Verwendung entworfen wurde und von einem Bauträger erstellt worden ist. Dann spricht der erste Anschein für einen vom Bauträger verwendeten Formularvertrag, der der Kontrolle durch das AGB-Gesetz unterliegt (BGH BauR 1992, 622, 625).
Die C war Bauträgerin. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 05. Mai 1994 war sie zwar noch eine GmbH. Laut HR-Auszug (Bl. 1 ff. Anlagenhefter) war Gegenstand des Unternehmers die Verwaltung und Vermittlung von Grundbesitz sowie die Beteiligung an Immobilien, Vermögensverwaltung, Vermögens- und Anlageberatung, Finanzierungsvermittlung. Weiter heißt es dort „Sofern es dem Geschäftszweck dient, kann die Gesellschaft Bauträgertätigkeiten durchführen“. Die am 16. Mai 1995 ins Handelsregister eingetragene C AG (Bl. 5 ff. Anlagenhefter) ist aus der Umwandlung der GmbH hervorgegangen. Der Gegenstand des Unternehmens lautet nun „Durchführung von Baumaßnahmen und die Übernahme von Bauträgertätigkeiten pp.“
Bei dem hier vorliegenden Geschäft ist die C als gewerbliche Bauträgerin gem. § 34 c Abs. 1 Nr. 2 a GewerbeO tätig geworden. Sie hat durch Vertrag vom 07. März 1994 Grundbesitz mit darauf zu errichtenden Gebäuden an die Beklagte verkauft und mit der D am 05. Mai 1994 den Generalübernehmervertrag zur Erstellung der Gebäude abgeschlossen.
Dass die C GmbH als Bauträgerin wiederholt Bauverträge abgeschlossen hat, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen I, der bekundet hat, dass vor dem streitbefangenen Objekt schon etwa 15 Verträge zwischen der C und der D abgewickelt worden seien, was dafür spricht, dass die entsprechenden Objekte jedenfalls auch teilweise weiter veräußert worden sind.
cc) Der vorliegende Generalübernehmervertrag ist seinem ersten Anschein nach ein Formularvertrag. Bauträger wie die C GmbH arbeiten erfahrungsgemäß mit Formularverträgen. Das gilt nicht nur für den eigentlichen Bauträgervertrag selbst, sondern auch für die zu Grunde liegenden Werkverträge. Der vorliegende Werkvertrag enthält dann auch zahlreiche, ausschließlich den Übernehmer belastende Bedingungen, wie Ziff. 4.5, dass für geänderte Leistungen oder Zusatzleistungen vor Leistung derselben die schriftliche Zustimmung des AG einzuholen ist; „Kosten, die dadurch entstehen, dass der AN Leistungen erbringt, die nicht vom AG schriftlich beauftragt oder ausdrücklich genehmigt wurden, dürfen nicht in Rechnung gestellt werden. Der AN verzichtet in derartigen Fällen ausdrücklich auf Ansprüche aus § 812 ff. BGB.“
Gem. Ziff. 5.4 können Forderungen des AN an den AG nur mit dessen vorheriger Zustimmung an Dritte abgetreten werden.
Gem. Ziff. 7.3 trägt die sachlichen Kosten der Abnahme (Sachverständigen) der AN.
Schließlich ist in Ziff. 10 lediglich auf Seiten des AN eine Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbart.
Dieser äußere Anschein eines für eine mehrfache Verwendung entworfenen Vertrages wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die das Vertragsobjekt selbst betreffenden Angaben (Bezeichnung, Größe, Beschreibung und Preis) individuell gestaltet oder einzelne Teile des Vertrages (Baubeschreibung, Termine) ausgehandelt worden sind. Ein dem AGB-Gesetz unterliegender Formularvertrag liegt auch in diesem Fall vor.
Dass es sich bei dem hier vorliegenden Generalübernehmervertrag im Wesentlichen um ein vorformuliertes Vertragswerk handelt, das für eine Vielzahl von Fällen Verwendung finden sollte, ergibt sich zudem aus der Aussage des Zeugen K, dass von der C auch schon zur damaligen Zeit Textbausteine verwendet wurden. Dass nach den Aussagen der Zeugen I und H den Vertragsbeziehungen zwischen C und D im Wesentlichen Vertragsentwürfe der D zu Grunde lagen, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da dies nicht ausschließt, dass die C jedenfalls in ihren eigenen Vertragsentwürfen die Textbausteine für eine Vielzahl von Verträgen nutzen wollte.
Zwar hat der Zeuge K nicht bestätigt, dass es sich bei der Regelung in Ziff. 8.2 um einen derartigen Textbaustein handelte. Hierfür spricht aber nach den obigen Ausführungen der Beweis des ersten Anscheins.
Diesen Beweis hat die Beklagte nicht entkräften können. Es kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass es sich bei der streitbefangenen Klausel nicht um eine von C vorformulierte Vertragsbedingung handelte oder diese nicht für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt war.
Die Beklagte hat auch nicht den ihr obliegenden Beweis geführt, dass die in Ziff. 8. 2 des Generalübernehmervertrages enthaltene Regelung zwischen den Vertragsparteien individuell ausgehandelt, d. h. von der C inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt worden ist. Keiner der vernommenen Zeugen vermochte sich hieran zu erinnern. Zudem konnte keiner von ihnen bestätigen, dass im Rahmen der Vertragsverhandlungen oder bei Vertragsabschluss der von der C gewünschte Bürgschaftstext vorgelegen hat.
c) Die in Ziff. 8.2 des Generalübernehmervertrages getroffene Regelung über den Gewährleistungseinbehalt einschließlich seiner Ablösung verstößt gegen §§ 5, 9 Abs. 1 AGBG und ist damit insgesamt nichtig.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a. a. O.) benachteiligt eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages, wonach der Besteller nach Abnahme des Bauwerkes 5 % der Auftragssumme für die Dauer der 5-jährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf, den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist nur wirksam, wenn dem Auftragnehmer ein angemessener Ausgleich zugestanden wird. Das dem Auftragnehmer eingeräumte Recht, den Einbehalt durch eine Bürgschaft auf erster Anfordern abzulösen, stellt abweichend von § 17 VOB/B keinen angemessenen Ausgleich in diesem Sinne dar.
Vorliegend betrug die Gewährleistungszeit gem. Ziff. 9.1 des vorgelegten Generalübernehmervertrages 5 Jahre. Gem. Ziff. 8.2 konnte der Sicherheitseinbehalt „ausschließlich“ durch eine unbefristete Bankbürgschaft oder Bankgarantie mit einem vom Auftraggeber genehmigten Wortlaut abgelöst werden. Bei dieser Bankbürgschaft handelte es sich um eine solche auf erstes Anfordern. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Damit waren die anderen in § 17 VOB/B genannten Sicherungen durch Ziff. 8.2 des Vertrages ausgeschlossen. Daher ist die Vertragsbedingung über den Sicherheitseinbehalt, der ein angemessenes Austauschrecht für den Auftragnehmer nicht vorsieht, insgesamt unwirksam.
Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern in Ziff. 8.2 noch nicht ausdrücklich erwähnt wird. Bei der vorliegend gewählten Formulierung bleibt anders bei § 17 Nr. 4 VOB/B unklar (§ 5 AGBG), mit welcher Art der Bürgschaft der Gewährleistungseinbehalt vom Auftragnehmer ersetzt werden kann. Damit kann etwa gemeint sein eine Bürgschaft mit der Einrede der Vorausklage gem. § 771 BGB, eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Dadurch ist die Vertragsklausel intransparent. Der Auftragnehmer kann aus ihr nicht entnehmen, mit welcher Bürgschaft er den Gewährleistungseinbehalt ablösen kann. Die Formulierung „mit einem vom Auftraggeber genehmigten Wortlaut“ ist im Rahmen der AGB - rechtlichen Kontrolle dahin zu verstehen, dass eine bei Kaufleuten im Baugewerbe nicht unübliche Bürgschaft auf erstes Anfordern gemeint ist (BGH BauR 2000, 1052, 1053).
bb) Der Verstoß gegen §§ 9, 5 AGBG führt dazu, dass die Klausel insgesamt unwirksam ist und dem Sicherungsgeber ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Rückgewähr der Bürgschaftsurkunde gegen den Gläubiger zusteht (BGH NJW 2001, 1857, 1858; BauR 2002, 463).
Die Klausel über den Sicherheitseinbehalt und dessen Ablösung bildet eine untrennbare Einheit. Diese formularmäßige Bestimmung enthält keine inhaltlich voneinander trennbaren, einzeln aus sich heraus verständlichen Bestandteile und kann daher nicht teilweise nicht aufrechterhalten werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 04. Juli 2002 - XII ZR 502/99 - ausgeführt, dass eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zur Sicherung von Vertragserfüllungssprüchen zwar unwirksam sei, der dadurch lückenhafte Vertrag aber ergänzend dahingehend auszulegen sei, dass der Bauunternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schulde. In den Entscheidungsgründen wird aber zugleich ausgeführt, dass diese neue Entscheidung des 7. Senates nicht der Entscheidung desselben Senates vom 22.11.2001 - BauR 2002, 463 - bezüglich einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern entgegenstehe. Dem schließt sich der Senat an. Anders als eine Vertragserfüllungsbürgschaft sichert die Gewährleistungsbürgschaft Ansprüche, deren Eintritt völlig offen ist, zu einem Zeitpunkt, in dem dem Unternehmer nach Ausführung der Werkleistung und Abnahme der volle Werklohnanspruch zusteht. Wenn bei dieser Sachlage der Gewährleistungseinbehalt nur durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, stellt das eine äußerst unbillige und unangemessene Benachteiligung des Unternehmers dar, die eine Anpassung des Vertrages im Sinne einer „normalen“ unbefristeten und selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft nicht rechtfertigt. Im Übrigen hat auch der BGH in der genannten Entscheidung die dort vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung auf Verträge bis zum Bekanntwerden dieser Entscheidung begrenzt.
3. Ist aber die Sicherungsabrede nur wirksam, so hat die Klägerin aufgrund der Bürgschaft auf erstes Anfordern „ohne Rechtsgrund“ geleistet, so dass sie den hier streitbefangenen Bürgschaftsteilbetrag zurückfordern kann (§ 768 Abs. 1 S. 1 BGB).
4. Dieser Bereicherungsanspruch ist nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Zahlung gewusst hat, dass sie zur Zahlung nicht verpflichtet war. In diesem Fall hat der Leistungsempfänger zu beweisen, dass der Leistende sich nicht irrte, sondern die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat.
Der Vortrag der Beklagten, der Klägerin sei im Zeitpunkt der Ausstellung der Bürgschaftsurkunde der zwischen der C und der D vereinbarte Inhalt des Werkvertrages bekannt gewesen, so dass sie auch Kenntnis von der Regelung der Ziff. 8.2 hätte haben müssen, reicht nicht aus, um die positive Kenntnis der Klägerin von der Unwirksamkeit der Klausel im Zeitpunkt der Auszahlung der Bürgschaftssumme im August 1998 darzutun. Im Übrigen streiten die Parteien noch heute darüber, ob es sich um eine AGB-Klausel handelt.
5. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Zwar hat sie die ausgezahlte Bürgschaftssumme zur Bezahlung der Schlussrechnung der Firma M, also für die Kosten der Mangelbeseitigung, verbraucht. Damit hat sie aber durch die Verwendung des Erlangten eigene Ausgaben erspart, die sie notwendigerweise auch sonst gehabt hätte. Dann aber kann sie sich auf einen Wegfall der Bereicherung nicht berufen (Palandt-Sprau, BGB, 62. Aufl., § 818 Rn. 34).
6. Schließlich kann die Beklagte auch nicht damit gehört werden, sie habe darauf vertraut, den Betrag nicht mehr zurückzahlen zu müssen, da die Klägerin trotz Auszahlung des Bürgschaftsbetrages im August 1998 noch ca. 2 Jahre später lediglich den Nachweis der Mängel und der Verwendung des ausgezahlten Betrages verlangt habe. Aus diesen Gründen sei eine bereicherungsrechtliche Rückforderung nicht interessengerecht.
Die Voraussetzungen für den Wegfall der Bereicherung sind in § 818 BGB abschließend geregelt. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB), wie sie etwa ausnahmsweise durch eine Schlussrechnung des Architekten begründet werden können (BGH BauR 1997, 677; BauR 2000, 1512), sind hier weder dargetan noch ersichtlich.
II. Der geltend gemachte Zinsanspruch ist erst ab Zustellung der Klage gem. §§ 291 BGB, 352 Abs. 1 HGB begründet. Ein früherer Verzugseintritt ist nicht vorgetragen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO kam nicht in Betracht, weil nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts L vom 29. Juli 2002 (Bl. 239 f. d. A.) nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin die Kopie des Generalübernehmervertrages vom 5. Mai 1994 bereits in erster Instanz hätte vorlegen können.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO weder dargetan noch ersichtlich sind.