Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.07.1997, Az.: 2 U 70/96

Zahlung von Schadensersatz wegen der nicht ordnungsgemäßen Rückgabe eines Pkw aus positiver Vertragsverletzung (pVV); Verzicht auf die Geltendmachung von weitergehenden Ansprüchen wegen des Zustandes des Fahrzeugs auf Grund der Unterzeichnung eines Fahrzeugrückgabeprotokolls und Schadensfeststellungsprotokolls; Anfechtung wegen arglistiger Täuschung hinsichtlich der nicht ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur eines Unfallschadens

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.07.1997
Aktenzeichen
2 U 70/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 23535
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1997:0716.2U70.96.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bückeburg - AZ: 2 O 373/95

Fundstellen

  • DB 1997, 2215-2216
  • MDR 1998, 149-150 (Volltext mit amtl. LS)

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 7. März 1997 wird aufrechterhalten.

Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwerde der Klägerin wird auf 15.712,31 DM festgesetzt.

Gründe

1

Der zulässige Einspruch gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 7. März 1997 ist unbegründet.

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Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 15.712,31 DM im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

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Der Klägerin steht weder aus eigenem Recht noch aus abgetretenem Recht der ... GmbH ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der nicht ordnungsgemäßen Rückgabe des Pkw ..., Fahrgestell-Nr. JT111ACM00022434 aus positiver Vertragsverletzung zu.

4

Es kann dahinstehen, ob die Unterzeichnenden ... und ... der Abtretungserklärung vom 22. März 1995 mit Vertretungsmacht für die ... GmbH gehandelt haben. Auf die Wirksamkeit der Abtretungserklärung kommt es nicht an, weil abtretbare Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aus dem Leasingvertrag vom 27. Mai 1991 nicht bestanden.

5

Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin mit dem Nachweis der Vertretungsbefugnis der Unterzeichner der Abtretungserklärung auch in zweiter Instanz ausgeschlossen bleibt, weil sie in erster Instanz entgegen ihrer Prozeßförderungspflicht vor Schluß der mündlichen Verhandlung keinen Beweis für die Vertretungsbefugnis angetreten hat, oder ob das Bestreiten der Vertretungsbefugnis durch den Beklagten als "Bestreiten ins Blaue" vom Landgericht hätte zurückgewiesen werden müssen.

6

I.

Die Klägerin kann aufgrund des Gutachtens der ... vom 3. September 1994, dem zufolge bei dem am 18. August 1994 zurückgegebenen Leasingfahrzeug ein noch vorhandener Reparaturbedarf von insgesamt 13.712,31 DM bei einer Wertminderung von 2.000 DM infolge des im Jahre 1992 nicht ordnungsgemäß reparierten Unfallschadens bestanden haben soll, den eingeklagten Betrag nicht geltend machen. Die ... GmbH hat mit der Unterzeichnung des Fahrzeugrückgabe- und Schadensfeststellungsprotokolls vom 18. August 1994 auf die Geltendmachung von weitergehenden Ansprüchen wegen des Zustandes des Fahrzeugs verzichtet.

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Das Rückgabeprotokoll vom 18. August 1995 ist als wirksamer Verzicht auf weitergehende Schadensersatzansprüche anzusehen. Es ist zwar von dem bei der Klägerin beschäftigten Autoverkäufer ... und nicht von einem Mitarbeiter der ... GmbH, der Vertragspartnerin des Leasingvertrages, unterzeichnet worden. Die Klägerin war aber als Lieferantin des geleasten Fahrzeugs gemäß II. 1. der Leasingbedingungen mit der Rücknahme des Fahrzeugs bei Vertragsende beauftragt, so daß ihr Mitarbeiter bei Unterzeichnung des Rückgabeprotokolls in Vollmacht der Leasinggeberin handelte. Darüber hinaus wurde die Bestätigung des vertragsgemäßen Zustands nach dem auf dem Protokoll vorgedruckten Text sowohl für die Leasinggeberin als auch für den ausliefernden Händler, also die Klägerin, erklärt.

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Auch im Leasingvertragsrecht gelten die Grundsätze für die vorbehaltlose Rücknahme der Mietsache, denen zufolge der Vermieter mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen ist, wenn er bei Rücknahme des Leasingsgutes dessen Zustand als vertragsgemäß akzeptiert und insoweit eine schriftliche Anerkenntniserklärung abgibt (vgl. zu den Wirkungen eines Abnahmeprotokolls im Mietrecht Scheuer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., Kap. V Rn. 192 f.; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl., Rn. 1050 f.; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Kap. IV. Rn. 611 ff.; BGH, NJW 1993, 446, 448; AG Wesel WuM 1987, 84 [AG Wesel 04.11.1986 - 4 C 544/86]; AG Münster, WuM 1989, 375 [AG Münster 24.05.1989 - 7 C 109/89]; einschränkend AG Köln, WuM 1986, 85 [AG Köln 07.01.1986 - 210 C 305/85]). Der Ausschluß von weiteren Schadensersatzansprüchen bei Bestätigung des vertragsgemäßen Zustandes der Leasingsache zum Zeitpunkt der Rücknahme in einem beiderseits unterzeichneten Rückgabeprotokoll ist auch im Leasingrecht angebracht, weil der Leasinggeber auch hier die Möglichkeit hat, den Leasinggegenstand auf evtl. vorhandene Mängel zu untersuchen und sich die Mängelbeseitigung bei der Rücknahme vorzubehalten. Wenn trotz der vorbehaltlosen Rücknahme der Leasingsache unter Anfertigung eines Rücknahmeprotokolls später Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, die schon zum Zeitpunkt der Rückgabe hätten erkannt werden können, braucht sich der Leasingnehmer hierauf nicht einzulassen. Die Bestimmung im Leasingvertrag, daß gem. IX. Nr. 2 der Leasingbedingungen bei Rückgabe ein gemeinsames Protokoll über den vertragsgemäßen Zustand des Leasingsfahrzeugs angefertigt werden muß, bei dem der Leasingnehmer zum Ausgleich eines eventuellen Minderwerts verpflichtet ist, schützt auch den Leasingnehmer davor, daß keine nachträglichen Schadensbeseitungskosten erhoben werden können, die im Rückgabeprotokoll bereits hätten vermerkt werden müssen.

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Die Auffassung der Klägerin, das Protokoll sei für den Leasinggeber unverbindlich, obwohl es am Ende des Protokolls vor den Unterschriften heißt, daß der in dem Protokoll festgestellte tatsächliche Restwert, der Fahrzeugzustand und die festgestellten Mängel sowie der damit verbundene Reparaturauftrag sowohl für den Leasingnehmer als auch für den Händler verbindlich sind, hat auch für das Leasingunternehmen, das den Händler mit der Rückgabe des Fahrzeugs beauftragt hat, bindende Wirkung. Eine Lösung von diesem Protokoll ist im nachhinein nicht mehr möglich. Ist der Händler - wie vorliegend - zum Ankauf des Leasingfahrzeugs vom Leasinggeber verpflichtet, bindet es auch den Händler.

10

Zwar beruft: sich die Klägerin auf die fehlende Kompetenz ihres Mitarbeiters, der das Fahrzeug vom Beklagten entgegengenommen hat, weil es sich bei diesem Mitarbeiter nicht um einen Kfz-Mechaniker oder -Sachverständigen gehandelt habe. Mit diesem Einwand kann die Klägerin jedoch nicht gehört werden. Sie hätte anstatt eines Fahrzeugverkäufers ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, einen Kfz-Meister mit der Rücknahme des Fahrzeugs zu beauftragen. Daß sie darauf verzichtet hat, die Rücknahme durch einen Fachmann durchführen zu lassen, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich (s. dazu auch BGH, NJW 1983, 447; Wolf/Eckert a.a.O., Rn. 1051). Wenn der Leasinggeber bei der nach seinen eigenen Vertragsbedingungen erforderlichen und nach seinen eigenen Formularen für ihn bindenden Rücknahmeverhandlung darauf verzichtet, einen Fachmann mit der Rücknahme zu beauftragen und eine sachgerechte Untersuchung des Leasinggutes durchzuführen, so fällt dies allein in seinen Risikobereich. Auf die fehlende Einhaltung der von ihm selbst gesetzten Bedingungen kann er sich nicht berufen.

11

Auch der Einwand der Klägerin in der Einspruchsschrift, das Protokoll könne nicht bindend sein, weil es nicht üblich sei, das Fahrzeug bei der Rücknahme sofort gründlich zu untersuchen und Kunden es regelmäßig ablehnten, während einer wenigstens einstündigen Untersuchung auf das Ergebnis dieser Untersuchung zu warten, ist unerheblich. Wenn dies tatsächlich so sein sollte, hat der Leasinggeber ohne weiteres die Möglichkeit, sich im Rücknahmeprotokoll die Geltendmachung weiterer Mängel, die sich bei einer Untersuchung durch einen Fachmann ergeben, vorzubehalten. Tut er dies nicht, muß er sich an der von seinem Beauftragten abgegebenen Erklärung auch dann festhalten lassen, wenn diese Erklärung aufgrund einer unsorgfältigen oder unvollständigen Untersuchung abgegeben wird. Es kann nicht zu Lasten des Leasingnehmers gehen, daß der Leasinggeber seinen Sorgfaltspflichten bei Rücknahme des Leasinggutes nicht nachzukommen bereit ist und sich trotz Bestätigung des vertragsgemäßen Zustandes im Rücknahmeprotokoll die Geltendmachung weiterer Schäden stillschweigend vorbehalten will. Mit einem derart überraschenden und im Widerspruch zu dem vorformulierten Inhalt des Rücknahmeprotokolls stehenden Willen des Leasinggebers braucht der Leasingnehmer nicht zu rechnen.

12

Das Rücknahmeprotokoll soll gerade dem Zweck dienen, Streit der Parteien über den Zustand der Leasingsache und das Vorhandensein von Schäden am Mietobjekt bei der Rückgabe zu vermeiden und spätere Einwendungen der Parteien gegen das Abnahmeprotokoll auszuschließen. Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn man dem Protokoll nur eine unverbindliche Bedeutung beimißt, weil der Leasinggeber im Nachhinein behauptet, seine Untersuchungspflichten nicht ordnungsgemäß wahrgenommen zu haben.

13

II.

Die Klägerin kann ferner nicht geltend machen, daß das Rückgabeprotokoll in anfechtbarer Art und Weise zustande gekommen sei, weil der Beklagte arglistig darüber getäuscht habe, daß er die Unfallschäden im Jahre 1992 ordnungsgemäß habe beseitigen lassen.

14

Die Klägerin hat zunächst nicht vorgetragen, daß die für eine solche Anfechtung allein befugte ... GmbH, in deren Auftrag das Rückgabeprotokoll erstellt worden ist, eine entsprechende Erklärung abgegeben hat.

15

Darüber hinaus sind aber auch keine Gründe von der Klägerin vorgetragen, die eine Anfechtung des Protokolls wegen arglistiger Täuschung rechtfertigen könnten.

16

Zwar behauptet die Klägerin, daß aufgrund des von ihr in Auftrag gegebenen ...-Gutachtens aus dem Jahre 1994 davon ausgegangen werden müsse, daß nicht sämtliche in der vom Beklagten vorgelegten Reparaturrechnung vom 25. März 1992 erfaßten Arbeiten tatsächlich durchgeführt worden sind. Allein dieser Vortrag reicht aber selbst dann nicht aus, ein arglistiges Verhalten des Beklagten anzunehmen, wenn man die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin unterstellt.

17

Der Beklagte hat zunächst ausweislich des Rückgabeprotokolls auf den 1992 stattgefundenen Unfallschaden hingewiesen, so daß ihm der Vorwurf, den Unfall verschwiegen zu haben, nicht gemacht werden kann. Die Leasinggeberin konnte demzufolge das Fahrzeug auf mögliche verbliebene Reparaturschäden untersuchen lassen. Die fehlende Durchführung einer eingehenden Besichtigung erscheint deshalb um so unverständlicher. Diese ist jedenfalls nicht vom Beklagten, der seiner Hinweispflicht genügt hat, veranlaßt. Vielmehr hätte auch der von der Klägerin, beauftragte Verkäufer ... die verbliebenen Unfallschäden erkennen müssen, wenn diese tatsächlich so gravierend gewesen sind, wie sie von der Klägerin im Prozeß dargestellt werden.

18

Auch der Nachweis, daß sämtliche Schäden so vorhanden sind, wie es die Klägerin behauptet, würde nicht ausreichen, um dem Beklagten arglistiges Verhalten nachzuweisen, weil der Beklagte gewußt haben müßte, daß die Reparaturen nur unvollständig durchgeführt worden sind. Hierfür hat die Klägerin indessen nichts vorgetragen. Sie behauptet zwar, ohne dafür konkrete Anhaltspunkte zu nennen, daß die vom Beklagten vorgelegte Reparaturrechnung über insgesamt 31.083,36 DM einschließlich Mehrwertsteuer fingiert sei, weil der Unfallschaden nicht ordnungsgemäß beseitigt worden sei. Einen Beweis dafür, daß es sich um eine Rechnung handelt, die im kollusiven Zusammenwirken zwischen dem Beklagten und der Reparaturfirma erstellt worden ist, tritt die Klägerin aber nicht an. Immerhin handelt es sich bei dem Aussteller der Rechnung um einen ...-Vertragshändler, so daß der Vortrag der Klägerin, die Rechnung sei fingiert, ohne dazugehörige Beweisantritte nicht ausreicht, um eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der vom Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugen, dem Inhaber der ...-Werksvertretung, die die Rechnung erstellt hat, und dem Mechaniker, der die Arbeiten ausgeführt hat, zu erzwingen. Hier wäre es Sache der Klägerin, konkrete Tatsachen für ein arglistiges Verhalten des Beklagten vorzutragen und unter Beweis zu stellen.

19

Die Klägerin übersieht in diesem Zusammenhang, daß der von ihr mit der Rücknahme beauftragte Zeuge Nawrath die behaupteten verbliebenen Unfallschäden ebenfalls nicht erkannt hat, so daß keine Anhaltspunkte dafür sprechen, daß der Beklagte bezüglich der ordnungsgemäßen Durchführung der Reparatur hätte mißtrauisch sein müssen.

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Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Beklagten sind demgemäß auch nicht gegeben, so daß auch ein denkbarer Anspruch der Klägerin aus § 826 BGB letztlich ausscheidet.

21

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Die Beschwerde der Klägerin wird auf 15.712,31 DM festgesetzt.

Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.