Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.08.1997, Az.: 9 U 224/96
Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses; Verweigerung der Aufnahme eines Neugesellschafters und Nichtgenehmigung von Jahresabschlüssen als wichtiger Grund zur Einziehung eines Gesellschaftsanteils; Ausschluss eines Gesellschafters von einer Abstimmung über die Einziehung seines Gesellschaftsanteils; Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht; Anfechtung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses der Gesellschaft durch einen Gesellschafter; Abgrenzung Anfechtungsgründe/Nichtigkeitsgründe; Beschlussmangel durch treuwidrige Ausnutzung der Beschlussfähigkeit bei Ausbleiben eines Gesellschafters; Zurechnung von fehlerhaften Erläuterungen des Notars
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 06.08.1997
- Aktenzeichen
- 9 U 224/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 14053
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1997:0806.9U224.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - 17.09.1996 - AZ: 3 O 98/96
Fundstellen
- GmbHR 1998, 140-143 (Volltext mit red. LS)
- NJW-RR 1998, 175-178 (Volltext mit red. LS)
- NZG 1998, 29-31
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
und die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 1997
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Stade vom 17. September 1996 wird der Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 6. März 1996, durch den der Geschäftsanteil der Klägerin eingezogen worden ist, für nichtig erklärt. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 9/10 und die Klägerin zu 1/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 26.800,00 DM abzuwenden, sofern die Klägerin nicht ihrerseits vor der Vollstreckung eine entsprechende Sicherheit leistet.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in dieser Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
Wert der Beschwer für die Beklagte: 90.000,00 DM.
Wert der Beschwer für die Klägerin: 10.000,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist an der Beklagten mit einem Geschäftsanteil von 90.000,00 DM beteiligt; sie begehrt die Nichtigerklärung zweier Gesellschafterbeschlüsse der Beklagten.
Mit Gesellschafterbeschlüssen vom 6. März 1996 wurde zunächst der Geschäftsanteil der Klägerin eingezogen. Von dieser Abstimmung war die Klägerin ausgeschlossen. Ferner wurde gegen den vorher erklärten Widerstand der Klägerin eine Kapitalerhöhung von 275.000,00 DM auf 435.000,00 DM unter Aufnahme des neuen Gesellschafters A. mit 90.000,00 DM Geschäftsanteil beschlossen. Vor der Abstimmung über die Kapitalerhöhung verließ der Vertreter der Klägerin die Gesellschafterversammlung.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten sieht in § 9 vor, daß die Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, insbesondere bei wiederholtem schwerwiegendem Verstoß gegen die Interessen der Gesellschaft möglich ist. Gem. § 6 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrages bedarf ein Beschluß über die Aufnahme eines neuen Gesellschafters und die Änderung des Stammkapitals einer Mehrheit von 80 % der in der Versammlung anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Stimmen.
Die Klägerin erhielt die Beschlüsse per Einschreiben am 13. März 1996; die am 9. April 1996 erhobene und am 11. April 1996 zugestellte Klage wahrte die in § 9 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Monatsfrist.
Die Gesellschafter hatten bereits am 20. April 1994 die Erhöhung des Stammkapitals von ursprünglich 150.000,00 DM auf 275.000,00 DM beschlossen, ohne daß diese Erhöhung, die durch Verzicht auf die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen vollzogen werden sollte, im Handelsregister eingetragen worden war. Am 24. November 1994 hatten die Gesellschafter - ohne notarielle Beurkundung - eine erneute Erhöhung des Stammkapitals auf 375.000,00 DM beschlossen, die noch nicht vollzogen worden war. Die Beklagte hatte Kredite bei der ... bank ... aufgenommen. Hinsichtlich eines Kredits vom 9. März 1993 war insoweit vereinbart, daß der Beklagten stets ein wirtschaftliches Kapital von 250.000,00 DM zur Verfügung stehen und sie regelmäßig ihre Jahresabschlüsse vorlegen mußte.
Die Klägerin verweigerte wegen angeblicher Unstimmigkeiten im Jahresabschluß 1993 zunächst dessen Genehmigung; später verweigerte sie auch die Genehmigung des Jahresabschlusses für 1994.
Die Klägerin hat behauptet, es habe keine Gründe für die Ausschließung gegeben. Daher seien die beiden Gesellschafterbeschlüsse vom 6. März 1996 nichtig.
Die Genehmigung des Jahresabschlusses 1994 habe sie zu Recht verweigert, da den Gesellschaftern im Laufe des Jahres mehrfach unterschiedliche Betriebsergebnisse mitgeteilt worden seien und die von der Geschäftsleitung vorgelegten Unterlagen sowie die für das Geschäftsjahr erteilten Auskünfte widersprüchlich gewesen seien.
Bei Aufnahme des Neugesellschafters A. bestehe die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Ertragssituation der Beklagten, weil der Neugesellschafter selbst Konkurrent der Beklagten sei und der Beklagten möglicherweise weitere Kunden verloren gingen. Der Beschluß sei außerdem für die Klägerin geschäftsschädigend. Allerdings habe sie stets erklärt, sich gegen die Aufnahme des A. nicht zu sperren, wenn sie gegen Abfindung in Höhe der von ihr erbrachten Stammeinlage einschließlich des good will ausscheiden könne.
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
den in der Gesellschafterversammlung der Gesellschafter der Beklagten vom 6. März 1996 festgestellten Gesellschafterbeschluß mit dem Inhalt, den Gesellschaftsanteil der Klägerin einzuziehen, für nichtig zu erklären,
- 2.
den in der Gesellschafterversammlung der Gesellschafter der Beklagten vom 6. März 1996. festgestellten Gesellschafterbeschluß mit dem Inhalt, das Stammkapital der Gesellschaft um 160.000,00 DM auf 435.000,00 DM zu erhöhen und die Übernahme der Stammeinlagen durch die Erzeugergemeinschaft Nordsee eG mit 70.000,00 DM und den A. als neuen Gesellschafter mit 90.000,00 DM zuzulassen, für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe sich aus dem Geschäft zurückziehen wollen, jedoch habe man sich nicht über die Höhe der Abfindung einigen können. Die Beklagte habe den von der Klägerin verlangten Betrag bei ihrer schlechten Finanzlage nicht aufbringen können.
Wegen der ungünstigen Geschäftsentwicklung sei eine Erhöhung des Stammkapitals unbedingt erforderlich gewesen; die Beklagte habe damit vor dem Ruin gerettet werden müssen. Mit der Klägerin habe man sich nicht über die richtigen Schritte zur Verbesserung der Liquidität einigen können. Die Klägerin habe ihre Einwände nicht näher begründet. Wegen der Nichtgenehmigung des Jahresabschlusses 1994 habe die Beklagte gegenüber der Hausbank offenlegen müssen, daß bereits zwei nicht genehmigte Jahresabschlüsse vorgelegen hätten. Dies habe zu einer erheblichen Schwächung der Kreditwürdigkeit der Beklagten geführt. Die Hausbank habe keine weiteren Kredite gewährt und der sonstige Kapitalzufluß sei durch die Klägerin blockiert worden. Ohne eine Kapitalerhöhung hätte die Beklagte liquidiert werden müssen, wofür wegen langsam einsetzender positiver Geschäftsentwicklung jedoch kein Anlaß bestanden habe.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, daß es an einem wichtigen Grund zum Ausschluß aus der Gesellschaft und zur Einziehung des Gesellschaftsanteils gefehlt habe. Die Blockadehaltung der Klägerin mit negativen Folgen für die Kreditwürdigkeit und mit einer Gefährdung des Gesellschaftsbestandes habe einen wichtigen Grund dargestellt. Auch wenn die Klägerin wegen widersprüchlicher Auskünfte und Bewertungen im Geschäftsjahr 1994 die Genehmigung des Jahresabschlusses habe verzögern dürfen, habe sie die von Kapitalmangel bedrohte Beklagte doch nicht handlungsunfähig werden lassen dürfen. Vielmehr habe sie die Pflicht zur konstruktiven Bereinigung der finanziellen Situation gehabt. Das Verkaufsangebot über den Gesellschaftsanteil habe nicht dazu gehört.
Da der erste Beschluß berechtigt gefaßt worden sei, sei auch der zweite Beschluß nicht unwirksam. Im übrigen seien Kapitalerhöhung und Aufnahme eines Neugesellschafters korrekt beschlossen worden, da die anwesenden Stimmen dafür ausgereicht hätten.
Die Klägerin greift das Urteil des Landgerichts aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen an. Weder habe es einen wichtigen Grund zur Einziehung gegeben, was nur unter Verkennung der Beweisbedürftigkeit und der Beweislast gegenteilig entschieden sei, noch hätten die Voraussetzungen gem. § 34 GmbHG bzw. § 9 der Satzung vorgelegen.
Die angegriffenen Beschlüsse seien schon formell nicht richtig gefaßt worden, da die Klägerin trotz Stimmberechtigung von der Abstimmung ausgeschlossen worden sei. Der Ausschluß sei für die Beschlußfassung kausal geworden, weil unter Einbeziehung der Klägerin eine erforderliche Mehrheit von 80 % nicht erreicht sei. Am zweiten Beschluß habe die Klägerin nur deshalb nicht mitgewirkt, weil der Notar in Verkennung des § 9 Nr. 2 der Satzung ausweislich des Versammlungsprotokolls über die Konsequenzen des ersten Beschlusses falsch belehrt habe. Die Ausnutzung des gemeinsamen Irrtums aller Gesellschafter bei der Abstimmung über den zweiten Beschlußgegenstand verstoße gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.
Unzutreffend sei das Landgericht von einer Blockadehaltung der Klägerin und einer wirtschaftlichen Gefährdung der Beklagten ausgegangen. Offen bleibe, auf welche Tatsachen sich der Vorwurf der Blockadehaltung stütze. Außerdem sei die Behauptung der Beklagten streitig, daß die Hausbank wegen Nichtgenehmigung zweier Jahresabschlüsse keine weiteren Kredit gewährt habe. Die Klägerin habe diesen Vorwurf im Schriftsatz vom 10. Juni 1996 (S. 3 ff.) substantiiert bestritten. Der Jahresabschluß 1993 sei ausweislich des Protokolls der Versammlung vom 4. November 1994 genehmigt worden. Die sachlichen Gründe für die Nichtgenehmigung des Abschlusses für 1994 seien vorgetragen worden. Auf S. 6 des Schriftsatzes seien die Schwächung der Kreditwürdigkeit und die Verweigerung weiteren Kredits bestritten worden. Zum Abschluß 1994 habe die Klägerin ausweislich des Protokolls der Versammlung vom 6. Dezember 1995 weitere Aufklärung durch Vorlage von Unterlagen verlangt. Die Berechtigung von Beanstandungen ergebe sich schon daraus, daß später eine Korrektur des Abschlusses vorgenommen worden sei, wie aus dem Protokoll vom 6. März 1996 (S. 2) zu entnehmen sei. Die am 6. Dezember 1995 von der Klägerin angesprochenen Punkte seien in der Versammlung vom 6. März 1996 noch nicht geklärt gewesen, nämlich die Bewertung des Warenlagerbestandes, der Abschlag angeblicher Lohnkosten und die Berücksichtigung eigener Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte.
Streitig sei auch die Behauptung der Beklagten, ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit sei bedroht gewesen, so daß diese Behauptung beweisbedürftig gewesen sei. Die Bank sei bei Einräumung der Kreditlinie von einem haftenden Kapital von 250.000,00 DM ausgegangen. Die Kündigung der Kreditlinie sei erfolgt, weil die am 24. November 1994 beschlossene Kapitalerhöhung bis zum 6. März 1996 noch nicht zur Registereintragung angemeldet worden sei. Erst nach der Gesellschafterversammlung vom 6. März 1996 habe die Beklagte ein Schreiben der Hausbank vorgelegt, aus dem sich der Wunsch der Bank zur Bereitstellung der endgültigen Jahresabschlußzahlen für 1994 ergebe.
Verkannt habe das Landgericht den Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, der zu einer Abwägung der gegenseitigen Interessen zwinge. Ein wichtiger Grund zum Ausschluß sei nur gegeben, wenn eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung keine andere Möglichkeit als das Ausscheiden des Gesellschafters zulasse. Verkannt habe das Landgericht auch, daß § 9 der Satzung einen wiederholten schweren Verstoß zur Voraussetzung der Anteilseinziehung mache, wozu keine Feststellungen getroffen worden seien.
Gegen eine Kapitalerhöhung und die Aufnahme eines neuen Gesellschafters habe sich die Klägerin nicht gesperrt. Sie habe nur die Aufnahme speziell des A. verhindern wollen, weil dieser Konkurrent der Beklagten und anderer ... sei. Die Vermeidung eines Interessenkonflikts diene der Gesellschaft und sei ein sachlicher Grund.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 6. März 1996 festgestellten Gesellschafterbeschluß mit dem Inhalt, den Geschäftsanteil der Klägerin einzuziehen, für nichtig zu erklären,
ferner den in derselben Gesellschafterversammlung festgestellten Beschluß mit dem Inhalt, das Stammkapital der Gesellschaft um 160.000,00 DM auf 435.000,00 DM zu erhöhen und die Übernahme der Stammeinlage durch die Erzeugergemeinschaft Nordsee eG mit 70.000,00 DM und den A. als neuen Gesellschafter mit 90.000,00 DM zuzulassen, für nichtig zu erklären,
sowie im Falle einer Maßnahme nach § 711 ZPO der Klägerin zu gestatten, Sicherheit auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
sowie für den Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO anzuordnen, daß Sicherheit auch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse sein darf.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beschlußfassung leide nicht an einem formellen Mangel, da die Klägerin nicht befugt gewesen sei, an der Abstimmung über die Einziehung des Geschäftsanteils mitzuwirken. Ausreichend sei mangels ausdrücklicher gegenteiliger Anordnung der Satzung in Verbindung mit der enumerativen Aufzählung in deren § 6 Nr. 6 eine einfache Mehrheit gewesen.
Unzutreffend sei die Behauptung, der Notar habe über die Konsequenzen der Einziehung unrichtig belehrt. Vielmehr habe er ausgeführt, daß die Klägerin durch den Einziehungsbeschluß nicht von weiteren Beschlußfassungen ausgeschlossen sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe die Gesellschafterversammlung gleichwohl aus Verärgerung verlassen.
Der Einziehungsbeschluß sei sachlich gerechtfertigt. Die Hausbank habe zur Erhaltung der vereinbarten Kreditlinien ein verfügbares Stammkapital von 275.000,00 DM verlangt. Diese Voraussetzung sei angesichts des Bilanzverlustes von 225.000,00 DM nicht mehr erfüllt gewesen. Der Abmahnung der Bank vom 24. April 1996 seien zahlreiche telefonische Hinweise vorausgegangen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Beklagten habe 1995 ebenfalls auf die Notwendigkeit hingewiesen, die beschlossenen Kapitalerhöhungen durchzuführen. Gleichwohl habe die Klägerin die Kapitalerhöhung verweigert.
Die Verweigerung der Genehmigung für die Jahresabschlüsse 1994 und 1995 sei unberechtigt gewesen. Deren Aufstellung habe den handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften entsprochen; die Wertansätze der Aktiv- und Passivposten seien ordnungsgemäß ermittelt worden. Die Einwände der Klägerin seien herbeigesucht gewesen. Bis heute sei nicht substantiiert dargelegt worden, welche Buchungspositionen der Klägerin falsch erschienen.
Die Kreditgefährdung wegen fehlender Jahresabschluß zahlen für 1994 und 1995 sei den Gesellschaftern einschließlich der Klägerin bereits Ende 1995 bekannt gewesen; ihnen seien die wiederholten Aufforderungen der Bank zur Vorlage des Abschlusses 1994 mitgeteilt worden, woraus sich die Konsequenz der Verweigerungshaltung der Klägerin habe ableiten lassen. Die Eintragung der beschlossenen Kapitalerhöhung sei nicht versäumt worden; vielmehr habe der Geschäftsführer der Klägerin seine Mitwirkung daran verweigert.
Die Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin sei angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der GmbH die einzige Möglichkeit gewesen, die Jahresabschlüsse genehmigt zu bekommen sowie die notwendige Kapitalerhöhung durchzuführen.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. Erfolg hat sie, soweit der Einziehungsbeschluß angegriffen wird; erfolglos bleibt die Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses. Wegen der unterschiedlichen Streitwerte, die für die beiden Beschlüsse festzusetzen waren, ergibt sich daraus ein überwiegender Prozeßerfolg der Klägerin.
I.
Einziehungsbeschluß
1.
Der Beschluß ist rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 6 Nr. 8 (in der Auslegung des § 9 Nr. 2) der Satzung angefochten worden. Er leidet nicht an formellen Mängeln.
a)
Bei der Fassung des Einziehungsbeschlusses war die Gesellschafterversammlung beschlußfähig. § 6 Nr. 5 der Satzung setzt dafür voraus, daß mindestens 2/3 aller vorhandenen Stimmen anwesend oder vertreten sind. Auszugehen ist dabei unter Ausklammerung der Kapitalerhöhung vom 20. April 1994 von den Geschäftsanteilen, die bei Gründung der Beklagten (vgl. § 4 der Satzung vom 24. August 1993) gebildet wurden.
aa)
Die Kapitalerhöhung vom 20. April 1994 ist entgegen der Protokollfeststellung vom 6. März 1996 nicht vollzogen worden, da eine Bareinlage vereinbart war (vgl. Nr. 6 des Protokolls vom 20. April 1994). Statt dessen sollte eine verschleierte Sacheinlage durch Darlehensverzichtserklärungen der Gesellschafter unter Verstoß gegen die Vorschriften über den präventiven Kapitalaufbringungsschutz gem. §§ 19 Abs. 5, 5 Abs. 4, 56 Abs. 2 GmbHG erbracht werden (zur Qualifizierung der Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital als Sacheinlage vgl. BGH NJW 1991, 1754, 1755 [BGH 18.02.1991 - II ZR 104/90]; zum AktG: BGHZ 110, 47, 61 [BGH 15.01.1990 - II ZR 164/88] = NJW 1990, 982, 985 [BGH 15.01.1990 - II ZR 164/88]; zu engen, hier nicht gegebenen Ausnahmen bei der Anrechnung von Vorauszahlungen OLG Köln ZIP 1991, 928, 929 m. w. N.). Außerdem war die Kapitalerhöhung am 6. März 1996 noch nicht in das Handelsregister eingetragen; die Anmeldung ist erst am 12. April 1996 erfolgt. Die Voraussetzung des § 54 Abs. 3 GmbHG ist somit noch nicht erfüllt gewesen.
bb)
Die Klägerin hatte damals einen Geschäftsanteil von 45.000,00 DM am Stammkapital von 150.000,00 DM. Sie repräsentierte damit weniger als 1/3 der vorhandenen Stimmen. Sämtliche Gründungsgesellschafter waren in der Gesellschafterversammlung vom 6. März 1996 anwesend. Selbst wenn die Stimmen der Klägerin für die Feststellung ordentlicher Beschlußfähigkeit notwendig gewesen wären, wäre nach BGH NJW 1992, 977, 978 [BGH 16.12.1991 - II ZR 31/91] a.E. eine Aussetzung der Beschlußfassung nicht erforderlich gewesen.
b)
Stimmrechtsausschluß
Die Klägerin war bei der Abstimmung über die Einziehung ihres Geschäftsanteils nicht stimmberechtigt, da es sich um eine Zwangseinziehung aus einem in der Person der Klägerin liegenden wichtigen Grund handelte.
aa)
Das Stimmverbot folgt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon aus § 9 Nr. 1 S. 2 der Satzung, wonach die Einziehung "ohne Zustimmung" des betroffenen Gesellschafters geschehen kann. Damit wird nur der gesetzlichen Regelung des § 34 Abs. 2 GmbHG Rechnung getragen (vgl. BGH GmbHR 1977, 81, 82 [BGH 20.12.1976 - II ZR 115/75] unter 3.b zu einer ähnlichen Formulierung).
bb)
Das Stimmverbot ergibt sich aber daraus, daß der von der Einziehung betroffene Gesellschafter nicht über die Qualität seines eigenen Gesellschafterverhaltens, das einen wichtigen Grund für die Einziehung darstellen und seinen Verbleib in der Gesellschaft für die anderen Gesellschafter unzumutbar machen könnte, entscheiden darf. Der BGH hat dies für die Ausschließung aus wichtigem Grund anerkannt (BGHZ 9, 157, 178) [BGH 01.04.1953 - II ZR 235/52]; der betroffene Gesellschafter dürfe nicht "Richter in eigener Sache" sein (insoweit für die Zwangseinziehung ebenso Lutter/Hommelhoff, 14. Aufl. 1995, § 47 RdNr. 19; wohl auch BGH GmbHR 1977, 81, 82 [BGH 20.12.1976 - II ZR 115/75], ohne Ausdehnung auf jeden beliebigen Interessengegensatz; zurückhaltend beim bloßen Interessenkonflikt BGHZ 68, 107, 109 [BGH 10.02.1977 - II ZR 81/76] = NJW 1977, 850, 851 [BGH 10.02.1977 - II ZR 81/76]; NJW 1986, 2051, 2052) [BGH 20.01.1986 - II ZR 73/85].
c)
Der Beschluß ist mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen. Keiner Festlegung bedarf, welche Mehrheit dafür angesichts der Regelung in § 6 Nr. 6 der Satzung erforderlich war. Die außer der Klägerin anwesenden bzw. vertretenen Gesellschafter haben den Beschluß einstimmig gefaßt.
2.
Der Beschluß ist jedoch für unwirksam zu erklären, weil ihm zwei materielle Mängel anhaften, die jeder für sich genommen die erhobene Klage rechtfertigen.
a)
Der Beschluß verstößt gegen §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG. Bereits bei der Beschlußfassung stand fest, daß die Beklagte die geschuldete Abfindung selbst unter Berücksichtigung der beabsichtigten Kapitalerhöhung nur aus gebundenem Stammkapital zahlen konnte. Bei diesem Beschlußmangel handelt es sich um einen Anfechtungsgrund, nicht aber um einen Nichtigkeitsgrund analog § 241 Nr. 3 AktG.
aa)
Der von einem Einziehungsbeschluß betroffene Gesellschafter soll nicht der Gefahr ausgesetzt werden, die Zahlung gem. § 31 Abs. 1 GmbHG erstatten zu müssen und zugleich den Geschäftsanteil zu verloren zu haben (BGHZ 9, 157, 170, 173 [BGH 01.04.1953 - II ZR 235/52]unter Gleichstellung von Ausschließung und Einziehung; Kort, in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band III, 1996, § 28 RdNr. 39; Scholz/Westermann, 8. Aufl. 1993, § 34 RdNr. 52; Ulmer, FS Raiser, 1991, S. 735, 743; Grunewald, Gesellschaftsrecht RdNr. 170). In Übereinstimmung mit Ulmer a.a.O. 743 nimmt der Senat einen offensichtlichen Verstoß an, wenn weder die letzte Jahresbilanz disponible Rücklagen in Höhe der voraussichtlichen Abfindung enthält, noch der zwischenzeitliche Geschäftsverlauf Aussicht auf entsprechende, für die Abfindung heranzuziehende Überschüsse begründet.
So verhielt es sich bei der Beklagten. Unstreitig betrug der Kapitalverlust am 31. Dezember 1.995.225.460,58 DM. Bis zur Gesellschafterversammlung vom 6. März 1996 hatte sich die finanzielle Situation nicht verbessert, wie aus dem Protokollinhalt zu entnehmen ist, wonach bei Anfechtung der Versammlungsbeschlüsse über einen Konkursantrag beraten werden müsse. Die am 6. März 1996 beschlossene Kapitalerhöhung vermochte den eingetretenen Kapitalverlust nicht auszugleichen.
bb)
§ 30 Abs. 1 GmbHG ist zwar eine Gläubigerschutzvorschrift im Sinne des § 241 Nr. 3 AktG. Daraus folgt aber nicht, daß der Einziehungsbeschluß von einem Nichtigkeitsgrund betroffen ist. Vielmehr ergreift das mangels Abfindungszahlung noch nicht verletzte Verbot des § 30 Abs. 1 GmbHG nur im Wege der Vorwirkung den Einziehungsbeschluß, um insoweit speziell den betroffenen Gesellschafter vor absehbaren Folgen zu schützen.
b)
Die Klage ist auch deshalb erfolgreich, weil kein wichtiger Grund für die Einziehung des Anteils der Klägerin bestand. Einen solchen Grund hat die Klägerin weder durch die Nichtgenehmigung der Jahresabschlüsse der Beklagten noch durch ihren Widerstand gegen die Aufnahme des A. in den Gesellschafterkreis in Verbindung mit der Erhöhung des Stammkapitals geliefert.
aa)
Die Rechtsprechung mißt das Vorliegen eines wichtigen Grundes an verschiedenen Gesichtspunkten, die auf die Loyalität entweder gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber den Mitgesellschaftern bezogen sind (vgl. OLG Frankfurt/M. DB 1979, 2127; OLG München DB 1994, 320, 321) [OLG München 03.11.1993 - 7 U 2905/93]. Ein Ausschluß darf nur ultima ratio sein (OLG Frankfurt a.a.O.; OLG München a.a.O.). Zu einer milderen Beurteilung der Gründe, die der betroffene Gesellschafter gesetzt hat, können Umstände in der Person der übrigen Gesellschafter führen (BGH WM 1990, 677, 678 f [BGH 22.01.1990 - II ZR 21/89]ür den Fall des Gesellschafterausschlusses aus wichtigem Grund).
Die Satzung der Beklagten nennt in § 9 Nr. 1 c als Beispiel für einen wichtigen Grund, daß der betroffene Gesellschafter "wiederholt schwerwiegend" gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen hat.
bb)
Kein wichtiger Grund ist in der Nichtgenehmigung zweier Jahresabschlüsse der Beklagten zu sehen. Für die Nichtgenehmigung sind von der Klägerin sachliche Gründe vorgetragen worden. Der Abschluß für 1993 ist von der Klägerin schließlich genehmigt worden. Daß die Klägerin die Klärung von Zweifelsfragen hinsichtlich der Jahresabschlüsse erzwingen wollte, ist eine berechtigte Wahrnehmung eigener Interessen. Daß es dabei zu Verzögerungen gekommen ist, die im Einflußbereich der Klägerin lagen, ist von der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen worden.
Die Klägerin brauchte ihre Interessen nicht deshalb zurückzustellen, weil die Hausbank das Stehenlassen der Kredite von der Vorlage genehmigter Abschlüsse abhängig machte. Wenn dieser Druck von der Beklagten selbst als dringlich empfunden worden sein sollte, hätte sie sich um die Herbeiführung der Genehmigungsfähigkeit aus Sicht der Klägerin durch Erledigung von deren Beanstandungen bemühen müssen. Besondere Eile ist dabei von der Beklagten nicht erkennbar entfaltet worden. Es ist auch nicht erkennbar, daß die Beklagte bemüht gewesen wäre, der Hausbank die Gründe der Genehmigungsverweigerung zu unterbreiten, um dadurch die Kreditentscheidung zu beeinflussen. Schließlich und vor allem ist die Beklagte nicht um Vollziehung des durch Bareinlagen zu erfüllenden Kapitalerhöhungsbeschlusses vom 20. April 1994 bemüht gewesen, was bei dringlichem Kapitalbedarf besonders nahe gelegen hätte.
cc)
Auch die Verweigerung der Aufnahme des Neugesellschafters und Wettbewerbers in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung stellt keinen wichtigen Grund dar.
Die Verweigerung der Aufnahme des Wettbewerbers A. bei Fortbestand der Gesellschafterstellung der Klägerin bedeutet als solche noch keine Nachteilszufügung gegenüber der Beklagten. Dazu hätte mindestens feststehen müssen, daß Bemühungen um die Aufnahme anderer Neugesellschafter oder um eine Kapitalerhöhung allein durch die Altgesellschafter unternommen worden und fehlgeschlagen waren.
Die Einwände der Klägerin gegen den A. als doppelter Konkurrent sowohl der Beklagten als auch der Kunden der Beklagten sind auch nicht von vornherein als sachfremd zu qualifizieren. Zwar ist die Klägerin zum Ausscheiden gegen Übernahme ihres Anteils durch A. bereit, was an - angesichts der finanziellen Lage der Beklagten - möglicherweise überhöhten Preisvorstellungen der Klägerin gescheitert ist (vgl. Protokoll vom 6. März 1996, GA Bl. 91/92). Doch ist darin allein kein treuwidriges Verhalten zu erkennen. Die Klägerin widersetzt sich nur der Unternehmenspolitik der Beklagten, den Markt der Versorgung mit ... ausrüstungen in ... dadurch zu bereinigen, daß ein Wettbewerber im Wege der Gesellschafteraufnahme ausgeschaltet wird. Darin ist ebensowenig ein Einziehungsgrund zu sehen, wie in der Weigerung an einer (weiteren) Kapitalerhöhung mitzuwirken, zumal die Kapitalerhöhung vom 20. April 1994 noch nicht einmal vollzogen worden war.
Daß die bedrängte finanzielle Lage der Beklagten nur die Einziehung in Kombination mit der Aufnahme A. als letzten Ausweg beließ, ist nicht plausibel vorgetragen worden. Soweit am 6. März 1996 akuter Handlungsbedarf zur Abwendung eines Konkurses bestanden haben sollte, ist dies nicht erkennbar auf ein in der Vergangenheit liegendes alleiniges und schweres Fehlverhalten der Klägerin zurückzuführen. Auch in diesem Zusammenhang muß sich die Beklagte entgegenhalten lassen, daß sie sich noch nicht nachhaltig um die Durchführung der bereits wirksam beschlossenen Kapitalerhöhung um immerhin 125.000,00 DM bemüht hatte.
dd)
Würde man eine Treuwidrigkeit des Abstimmungsverhaltens der Klägerin hinsichtlich der Aufnahme des A. und der Kapitalerhöhung bejahen, so wäre doch der nur als ultima ratio statthaften Einziehung des Geschäftsanteils ein milderes Mittel vorzuziehen gewesen. Die Beklagte hätte eine etwaige Treuwidrigkeit der Abstimmung der Klägerin über die von der Gesellschaftermehrheit gewünschte Art. der Kapitalerhöhung dadurch zur Geltung bringen können, daß sie die aus der Treuepflicht folgende positive Stimmpflicht der Klägerin erzwang, und zwar entweder durch Klage auf Erfüllung oder indirekt durch Feststellung der Nichtigkeit der treuwidrig von der Klägerin abgegebenen Stimmen (vgl. dazu Scholz/Winter § 14 RdNr. 60 und 61). Angesichts der in § 9 Nr. 2 der Satzung angelegten aufgeschobenen Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses war die Einziehung gegenüber der gerichtlichen Durchsetzung einer positiven Stimmpflicht nicht die besser und schneller wirkende Maßnahme.
II.
Kapitalerhöhung und Gesellschafteraufnahme
1.
a)
Da die Klägerin mit ihrem Angriff auf den Einziehungsbeschluß Erfolg hat, war sie schon deshalb bei der Abstimmung über den Kapitalerhöhungsbeschluß als stimmberechtigt anzusehen.
b)
Das Stimmrecht der Klägerin bestand aber auch wegen der in der Satzung der Beklagten getroffenen Regelung über das Wirksamwerden von Einziehungsbeschlüssen. In deren § 9 Nr. 2 ist vorgesehen, daß die (berechtigte) Einziehung erst aufgeschoben wirksam wird. Die Anfechtungsfrist soll in jedem Falle abgewartet werden. Damit sucht die Satzung offenkundig den Streit über den Wirksamkeitszeitpunkt einer Zwangseinziehung (vgl. BGH ZIP 1995, 825, 837: mit Bekanntgabe des Beschlusses oder mit Zahlung des Abfindungsbetrages) im Gesellschaftsstatut durch eine Mittellösung zu regeln. Im Falle der Anfechtung soll nach § 9 Nr. 2 der Satzung sogar die Rechtskraft abgewartet werden, während der Fall der erfolgreichen, den Beschluß kassierenden Anfechtungsklage nicht regelungsbedürftig war.
2.
Die Klägerin hat sich jedoch selbst um den Erfolg ihres Widerstandes gegen den angekündigten Beschluß gebracht, weil ihr Vertreter an der Abstimmung nicht teilgenommen und damit die Sperrminorität der Klägerin nicht zur Geltung gebracht hat.
a)
Der Beschluß konnte nach § 6 Nr. 6 lit. e) und f) der Satzung an sich nicht gegen die Klägerin gefaßt werden, weil eine Mehrheit von 80 % der anwesenden oder vertretenen Stimmen notwendig war. Nach dem Auszug der Klägerin aus der Gesellschafterversammlung war diese Mehrheit aber erreicht. Bei der Mehrheitsbildung zählt nicht mit, wer nicht mit gültiger Stimme an der Abstimmung teilnimmt (Scholz/K. Schmidt, § 47 RdNr. 3). Stimmenthaltungen sind - auf derselben Linie liegend - nicht als Neinstimmen zu werten (Scholz/K. Schmidt § 47 RdNr. 3).
b)
Auch wenn die Klägerin durch eine fehlerhafte Rechtsberatung des beurkundenden Notars von der weiteren Teilnahme an der Versammlung und von der Stimmabgabe ferngehalten wurde, ist darin kein formeller Fehler zu sehen, der zur Nichtigerklärung des Beschlusses berechtigen würde.
aa)
Die Klägerin kann nicht wie eine anwesende Gesellschafterin behandelt werden, die negativ gestimmt hat, so daß die erforderliche Mehrheit von 80% positiver Stimmen für den Kapital erhöhungsbeschluß zu verneinen wäre. Die Ergebnisfeststellung war nicht fehlerhaft, weil nicht von einem fiktiven Abstimmungsverhalten der abwesenden Klägerin ausgegangen werden durfte.
bb)
Treuwidrige Ausnutzung der Beschlußfähigkeit kann einen Beschlußmangel begründen; darin läge dann ein Mißbrauch der überraschend erlangten Mehrheit (vgl. dazu Scholz/K. Schmidt § 48 RdNr. 41 in Verb. mit § 45 RdNr. 107: Hinweis auf das Ausnutzen eines unbeabsichtigten Gesellschafterausbleibens, das auf Verkehrshindernisse oder Naturereignisse zurückzuführen ist). Eine Treuwidrigkeit läßt sich im Streitfall jedoch nicht feststellen.
Nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung GA Bl. 92 ist eine falsche Belehrung über das Wirksamwerden des Einziehungsbeschlusses und damit indirekt über das Stimm recht der Klägerin erteilt worden. Die Beklagte hat zu dem Protokollinhalt nicht Stellung genommen, behauptet aber über den Inhalt der vom Notar erteilten Belehrung das Gegenteil. Den diesbezüglichen Beweisantritten der Beklagten brauchte der Senat jedoch nicht nachzugehen.
Fehlerhafte Erläuterungen des Notars als einer neutralen Beurkundungsperson sind den Mehrheitsgesellschaftern nicht zuzurechnen. Daß die Mehrheitsgesellschafter ihrerseits den rechtlichen Inhalt der Satzungsbestimmung besser als der Notar gekannt oder verstanden hatten, was u.U. eine Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin oder zumindest den Vorwurf hätte begründen können, die Mitgesellschafter hätten einen Informationsvorsprung gegenüber der Klägerin arglistig ausgenutzt, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Die Klägerin muß deshalb das Risiko der von ihr behaupteten Fehlbeurteilung selbst tragen, zumal in erster Linie sie selbst Anlaß hatte, bereits vor der Gesellschafterversammlung zu prüfen, ob ein Einziehungsbeschluß sie daran hindern würde, an der Abstimmung über die weiteren Tagesordnungspunkte teilzunehmen.
Den unter Beweis gestellten Behauptungen der Beklagten, der Vertreter der Klägerin habe die Gesellschafterversammlung allein aus Ärger über den zuvor gefaßten Einziehungsbeschluß gefaßt, braucht bei dieser Rechtslage nicht nachgegangen zu werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich für die Klägerin aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, für die Beklagte aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer für die Beklagte: 90.000,00 DM.
Wert der Beschwer für die Klägerin: 10.000,00 DM.