Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.05.2008, Az.: 12 K 185/07
Anforderungen an die ausreichende Bezeichnung eines Streitgegenstandes i.R.e. Anfechtung von Steuerfestsetzungen sowie Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlags; Terminsaufhebung oder Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Falle nach Verkündung eines Urteils eingegangener ärztlicher Berichte bzgl. einer krankheitsbedingten Verhinderung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 06.05.2008
- Aktenzeichen
- 12 K 185/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 32268
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2008:0506.12K185.07.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 17.04.2009 - AZ: VIII B 123/08
Rechtsgrundlagen
- § 152 Abs. 1 S. 1, 2 AO
- § 152 Abs. 2 S. 1 AO
- § 65 Abs. 1 S. 1 FGO
- § 227 ZPO
Fundstelle
- Jurion-Abstract 2008, 228784 (Zusammenfassung)
Einkommensteuer 2005
Umsatzsteuer 2005
Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2005
Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2005
Der Kläger muss für einen Terminverlegungsantrag die Gründe seiner Verhinderung (Krankheit) substantiiert darlegen und belegen.
Tatbestand
Da der Kläger Steuererklärungen nicht abgab, schätzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die Besteuerungsgrundlagen und erließ unter dem 14. Dezember 2006 Bescheide für 2005 über Einkommensteuer und Umsatzsteuer. Es wurde jeweils ein Verspätungszuschlag in Höhe von 50 Euro (ESt) und 100 Euro (USt) festgesetzt. Der Kläger legte Einspruch ein und verwies auf seinen schlechten Gesundheitszustand. In der Sache machte er geltend, dass bei nicht selbstständiger Arbeit und bei Kapitaleinkünften Steuern einbehalten würden. Diese seien zu berücksichtigen. Die Schätzung sei illegal. Das FA wies die Einsprüche mit Bescheiden vom 9. Mai 2007 zurück. Für die Begründung, insbesondere die Verspätungszuschläge betreffend, wird auf die Einspruchsbescheide verwiesen.
Der Kläger hat Klage erhoben. Er stellt seinen schlechten Gesundheitszustand dar. Die Berichterstatterin hat dem Kläger mit Verfügung vom 5. Oktober 2007 eine Frist zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens und zur Begründung der Klage bis zum 3. Dezember 2007 gesetzt, auf Antrag verlängert bis 4. Februar 2008. Der Kläger hat bislang nur geltend gemacht, er wende sich gegen die überhöhte Schätzung. Er hat bislang weder die Steuererklärungen vorgelegt noch die seiner Ansicht nach zutreffenden Besteuerungsgrundlagen anderweitig bezeichnet.
Der Kläger hat mit am 2. Mai und am 5. Mai 2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen Anträge auf Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung gestellt. Er hat geltend gemacht, ihm würden bis zum 27. Mai 2008 starke Schmerzmittel verabreicht. Seine durch eine Gehirnquetschung verursachten Kopfschmerzen ließen ein normales Denken und Arbeiten nicht zu (Schriftsatz vom 2. Mai 2008). Am 3. Mai 2008 sei er wegen Verdachts auf Herzinfarkt im Krankenhaus gewesen. Es bestehe aber keine unmittelbare Gefahr, eine weitere Behandlung erfolge durch den Hausarzt. Der Kläger hat eine Bestätigung der Klinik ... vorgelegt (Schriftsatz vom 5. Mai 2008). Die Verlegungsanträge hat der Vorsitzende am 5. Mai und 6. Mai 2008 abgelehnt, weil keine erheblichen Gründe für eine Terminsverlegung dargelegt worden seien. Am 7. Mai 2008 sind weitere ärztliche Berichte bei Gericht eingegangen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Bescheide für 2005 über Einkommensteuer, Umsatzsteuer und die jeweiligen Verspätungszuschläge zu ändern, die Verspätungszuschläge aufzuheben und die Steuern unter Berücksichtigung der noch abzugebenden Steuererklärungen festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht durfte trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung ohne ihn verhandeln und entscheiden (§ 91 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Kläger ist zur mündlichen Verhandlung mittels Postzustellungsurkunde am 15. März 2008 und damit fristgemäß und ordnungsgemäß geladen worden. Auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung bei seinem Ausbleiben ist er hingewiesen worden (§ 91, Abs. 1, 2 FGO).
Die Anträge des Klägers auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende des Senats gem. § 155 FGO iVm. § 227 ZPO abgelehnt. Nach § 227 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden (Abs. 1 der Vorschrift). Über die Aufhebung sowie die Verlegung entscheidet der Vorsitzende; seine Entscheidung ist unanfechtbar (Abs. 4 der Vorschrift). Der Kläger hat nach Auffassung des Vorsitzenden erhebliche Gründe nicht vorgetragen. Mit seinem Schriftsatz vom 2. Mai 2008 schildert der Kläger allein seinen Gesundheitszustand und die notwendige Einnahme von Schmerzmitteln. Ein ärztliches Attest oder andere aussagekräftige Unterlagen, aus denen sich die krankheitsbedingte Verhinderung an dem Termin zur mündlichen Verhandlung entnehmen ließe, hat er nicht beigefügt. Der mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 vorgelegten Bestätigung der Klinik ... lässt sich ebenfalls kein Grund für eine krankheitsbedingte Verhinderung wegen akuter Herz-Kreislauf-Beschwerden oder anderer Befunde herleiten. Die am 7. Mai 2008 vorgelegten ärztlichen Berichte sind nach Verkündung des Urteils am 6. Mai 2008 bei Gericht eingegangen und vermögen daher weder zu einer Terminsaufhebung noch zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (vgl. § 93 FGO) zu führen.
Die Klage ist hinsichtlich der Steuerfestsetzungen unzulässig.
Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGOmuss ein Kläger den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Dazu gehört, dass auch das Ziel der Klage hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1979 GrS 1/78. BStBl II 1980, 99); denn das Gericht kann dem aus § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO sich ergebenden Verbot, über das Klagebegehren hinauszugehen, nur entsprechen, wenn der Kläger den Umfang des begehrten Rechtsschutzes bestimmt hat. Für eine ausreichende Bezeichnung des Streitgegenstandes ist es daher erforderlich, dass er Kläger substantiiert darlegt, inwiefern der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze. Hierfür ist dem Kläger eine Ausschlussfrist gesetzt worden. Auf die Folgen eines Fristversäumnisses ist ausdrücklich hingewiesen worden. Da diese Ausschlussfrist nicht eingehalten worden ist, ist die Klage unzulässig.
Die Klage ist hinsichtlich der Verspätungszuschläge unbegründet. Die Festsetzungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gem. § 152 Abs. 1 Satz 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Die Voraussetzung liegt hier vor, denn der Kläger hat seine Steuererklärungen für 2005 nicht abgegeben.
Gem. § 152 Abs. 1 Satz 2 AO ist von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint. Solche Gründe sind nicht ersichtlich. Der Kläger gibt seit Jahren Steuererklärungen verspätet oder gar nicht ab. Das FA hat auf Antrag Fristverlängerung für die Steuererklärungen für 2005 bis zum 30. September 2006 gewährt. Gewährte Fristen werden nicht eingehalten. Der allgemein schlechte Gesundheitszustand des Klägers führt nicht zur Annahme einer entschuldbaren Versäumnis.
Die Festsetzung der Verspätungszuschläge ist auch der Höhe nach rechtmäßig. Der Zuschlag darf gem. § 152 Abs. 2 Satz 1 AO zehn vom Hundert der festgesetzten Steuer nicht übersteigen. Der Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer beträgt mit 50 Euro ca. 2,5 v.H. und der Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer mit 100 Euro ca. 3,0 v.H. der festgesetzten Steuer. Er bewegt sich damit am unteren Rand des gesetzlichen Rahmens.
Soweit das Gesetz dem FA ein Ermessen darüber einräumt, ob ein Verspätungszuschlag und in welcher Höhe er innerhalb des gesetzlichen Rahmens festgesetzt wird, kann das Gericht die Entscheidung des FA gem. § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfen. Gründe für eine Ermessensentscheidung oder einen Ermessensfehlgebrauch liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.