Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 07.05.2014, Az.: 2 Ws 71/14

Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bei angebotener ausreichender Betreuung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
07.05.2014
Aktenzeichen
2 Ws 71/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 16476
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0507.2WS71.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 28.03.2014 - AZ: 17b StVK 29/13

Fundstellen

  • NStZ-RR 2014, 6
  • NStZ-RR 2015, 6
  • ZAP EN-Nr. 429/2014

Amtlicher Leitsatz

Die Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist unverhältnismäßig, wenn dem Verurteilten nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c StGB angeboten worden ist.

Eine Nachfristsetzung zur Durchführung einer ausreichenden Betreuung kommt nur in Betracht, wenn die Unterbringung begonnen hat und es hier zu Defiziten gekommen ist.

In der Strafvollstreckungssache
gegen O.-A. W.,
geboren am xxxxxx 1959 in O./H.,
Justizvollzugsanstalt C., T., C.,
- Verteidiger: Rechtsanwalt K., H. -
wegen Mordes u. a.
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx und die Richterin am Landgericht xxxxxx am 7. Mai 2014
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle vom 28. März 2014 wird verworfen.

Die Gründe des angefochtenen Beschlusses treffen zu. Das Beschwerdevorbringen greift ihnen gegenüber nicht durch.

Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:

Die Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung musste auch nicht deshalb zur Bewährung ausgesetzt werden, weil dem Verurteilten im Strafvollzug keine ausreichende Betreuung im Sinne von § 66c Abs. 2 i. V. m. § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB angeboten und die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung aus diesem Grund unverhältnismäßig wäre, § 67c Abs. 1 Nr. 2 StGB.

Nach Art. 316f Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EGStGB ist § 67c Abs. 1 Nr. 2 StGB nur dann anzuwenden, wenn dem Verurteilten während des Strafvollzuges nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c StGB angeboten worden wäre. Dem Verurteilten, gegen den bis zum 30. April 2014 die Gesamtfreiheitsstrafe von fünfzehn Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 1. Dezember 1999 vollstreckt worden ist, sind aber seit Juni 2013 einzelpsychotherapeutische Sitzungen bei dem externen Psychotherapeuten G. angeboten worden. Es handelte sich um probatorische Sitzungen, die die Bereitschaft des Verurteilten wecken sollten, sich auf eine aufgrund der Bandbreite der begangenen Delikte notwendige mehrjährige verhaltenstherapeutische Langzeitbearbeitung einzulassen. Diese Bereitschaft konnte bei dem Verurteilten nicht geweckt werden, weil dieser auf eine Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung hoffte und sich deshalb nicht auf die Bearbeitung seiner inkonsistenten Persönlichkeitsstruktur und der von ihm begangenen Straftaten eingelassen hat. Der Fortsetzung der angebotenen einzelpsychotherapeutischen Sitzungen stand also allein die persönliche Einstellung des Verurteilten entgegen. Angeboten wurde ihm die ausreichende Betreuung also. Wenn tatsächlich lediglich fünf Sitzungen bei dem externen Psychotherapeuten stattgefunden haben, so beruht dies auf dem Verhalten des Verurteilten.

Eine Nachfristsetzung zur Durchführung einer ausreichenden Betreuung vor einer Entscheidung über die Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung kam nicht in Betracht. Nach § 67d Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 StGB bedarf es für eine solche Nachfristsetzung, dass es zu maßgeblichen Defiziten bei dem Vollzug der Unterbringung gekommen ist. Die Norm greift also erst mit dem Beginn der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung ein, was aus dem Wortlaut der Vorschrift und aus den Gesetzesmaterialien folgt (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 4. September 2013, 2 Ws 327/13 - Rn. 99, zitiert nach [...] m. w. N.). Der Verurteilte hat sich jedoch während der durchgeführten psychotherapeutischen Gespräche im Strafvollzug und nicht im Vollzug der Unterbringung befunden.

Im Rahmen des Vollzuges der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung sollten dem Verurteilten nunmehr umgehend erneut regelmäßige einzelpsychotherapeutische Gespräche angeboten werden.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).