Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.12.2012, Az.: L 11 AS 679/08
Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Einstehensgemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 11.12.2012
- Aktenzeichen
- L 11 AS 679/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 36066
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2012:1211.L11AS679.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 23.10.2008 - AZ: S 30 AS 648/05
Rechtsgrundlage
- § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b, c SGB II
Fundstellen
- ZfSH/SGB 2013, 217-221
- info also 2013, 233
- info also 2013, 224-227
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 23. Oktober 2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 13. Juli 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2005 sowie des Änderungsbescheides vom 23. Februar 2006 dem Grunde nach verurteilt, den Klägern zu 1. und 2. für die Zeit vom 17. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 Grundsicherungsleistungen unter Zugrundelegung einer Bedarfsgemeinschaft nur bestehend aus den Klägern zu bewilligen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren um die Höhe der den Klägern zustehenden existenzsichernden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die 1958 geborene Klägerin zu 1. ist die Mutter des 1999 geborenen Klägers zu 2. Der Kläger zu 2. ist schwerbehindert und bezieht Pflegegeldleistungen.
Am 17. Februar 2005 beantragte die Klägerin zu 1. für sich und den Kläger zu 2. erstmals die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Kläger noch in der K. 6 in L. M ... Sie bewohnten in einem Zweifamilienhaus eine Erdgeschosswohnung. Im Obergeschoß wohnte der Zeuge N. O., der der Vater des Klägers zu 2. ist. Bereits bei Antragstellung gaben die Kläger an, dem Haus drohe die Zwangsversteigerung. Die Klägerin zu 1. teilte weiter mit, sie sei Eigentümerin eines Hauses in P., Q. 68. Insoweit legte sie umfangreiche Unterlagen über den Finanzstatus dieses Hauses vor, welches mit Krediten belastet war.
Der 1954 geborene Zeuge gab anlässlich seiner Antragstellung in Bezug auf SGB II-Leistungen an, da sein Haus in Zwangsversteigerung sei, bediene er die Kreditkosten zurzeit nicht mehr.
Mit Bescheiden vom 24. und 25. Mai 2005 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Kläger und den Zeugen für die Zeit vom 17. Februar bis zum 31. August 2005. Er teilte zunächst mit Bescheid vom 24. Mai 2005 mit, die Leistungen würden lediglich als Darlehen gewährt, da das Haus der Klägerin zu 1. als Vermögen anzusehen sei, welches vorrangig verwertet werden müsse. Mit Bescheid vom 25. Mai 2005 berechnete der Beklagte die den Klägern und dem Zeugen zustehenden Leistungen. Dabei ging er davon aus, dass zwischen den Klägern und dem Zeugen eine Bedarfsgemeinschaft vorliege. Als Kosten der Unterkunft (KdU) berücksichtigte der Beklagte alle für das Haus in M. anfallenden laufenden Kosten und legte diese Kosten kopfteilig auf die Kläger zu 1. und 2. sowie den Zeugen um. Als Einkommen berücksichtigte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch fließende Zahlungen von Arbeitslosengeld (Alg) an den Zeugen sowie das dem Kläger zu 2. zufließende Kindergeld in Höhe von 154,- Euro. Bei der Berechnung des Bedarfs der Kläger berücksichtigte der Beklagte hinsichtlich der Klägerin zu 1. eine monatliche Regelleistung in Höhe von 311,- Euro und für den Kläger zu 2. in Höhe von 207,- Euro. Für den Zeugen wurde ebenfalls eine Regelleistung in Höhe von 311,- Euro monatlich als Bedarf eingestellt.
Die Kläger legten hiergegen Widerspruch ein. Sie waren zunächst nicht damit einverstanden, dass ihnen existenzsichernde Leistungen lediglich als Darlehen gewährt würden. Zudem waren sie der Auffassung, es liege keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Gesetzes vor. Zwischen der Klägerin zu 1. und dem Zeugen bestehe kein Liebesverhältnis mehr. Zusammen wohne man lediglich noch aus finanzieller Not und um die Bedürfnisse des gemeinsamen, behinderten Sohnes in bestmöglicher Weise sicherzustellen.
Am 13. Juni 2005 kam es zur Zwangsversteigerung des Hauses in M ...
Zum 25. Juni 2005 zogen die Kläger zu 1. und 2. sowie der Zeuge in das Haus der Klägerin in P. und teilten dies dem Beklagten mit.
Mit Änderungsbescheid vom 13. Juli 2005 änderte daraufhin der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Kläger zu 1. und 2. sowie den Zeugen für die Monate Juni bis August 2005. Er ging nunmehr bei der Berechnung der zu berücksichtigenden KdU von einem monatlichen Gesamtbetrag in Höhe von 870,79 Euro aus. Bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Kosten stellte er auf die Angaben der Klägerin zu 1. hinsichtlich der von ihr zu zahlenden Kreditzinsen und weiterer Kosten zur Unterhaltung des Hauses ab.
Ebenfalls am 13. Juli 2005 wies der Beklagte die Klägerin zu 1. darauf hin, die KdU seien zu hoch und forderte sie auf, diese alsbald zu senken.
Mit weiterem Bescheid vom 17. August 2005 regelte der Beklagte die Leistungsgewährung von September 2005 bis Februar 2006, wobei er ebenfalls einen Bedarf im Hinblick auf die KdU in Höhe von 870,79 Euro zugrunde legte. Hinsichtlich der zugrunde zu legenden Regelleistungen ging er für die Klägerin zu 1. und den Zeugen erneut von einer zu berücksichtigenden Regelleistung in Höhe von 311,- Euro aus. Auch insoweit ist Widerspruch eingelegt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2005 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Mai 2005 zurück. Er war der Auffassung, sowohl die darlehensweise Gewährung der existenzsichernden Leistungen als auch die Behandlung der Kläger und des Zeugen als Bedarfsgemeinschaft im grundsicherungsrechtlichen Sinne sei rechtmäßig.
Am 12. Oktober 2005 ist Klage erhoben worden.
Im Klageverfahren hat der Beklagte unter dem 7. November 2005 ein Teilanerkenntnis abgegeben. Die darlehensweise Gewährung von Grundsicherungsleistungen ist aufgehoben und in einen Zuschuss umgewandelt worden. Insoweit hat der Beklagte unter dem 7. November 2005 auch bereits einen Änderungsbescheid erlassen, mit dem die darlehensweise Gewährung rückwirkend ab dem 17. Februar 2005 in eine Beihilfe umgewandelt worden ist. Die Kläger haben unter dem 21. Januar 2006 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wonach bei ihnen eine Wirtschaftsgemeinschaft aber keine eheähnliche Gemeinschaft vorliege.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 23. Februar 2006 hat der Beklagte die Leistungen für die Kläger vom 17. Februar bis einschließlich August 2005 erneut neu geregelt und hierbei andere Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt. Er ist erneut von einer zu berücksichtigenden Regelleistung in Höhe von 311,- Euro für die Klägerin zu 1. und den Zeugen ausgegangen. Auch hinsichtlich der bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigenden KdU ist er weiterhin von 870,79 Euro ausgegangen.
Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hat die Klägerin zu 1. und den Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2008 ausführlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2008 abgewiesen. Es war der Meinung, bei der Klägerin zu 1. und dem Zeugen liege eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des Gesetzes vor. Dies ergebe sich zunächst schon aus der langen Zeit des Zusammenwohnens. Zudem betreuten die Klägerin zu 1. und der Zeuge nach ihren eigenen Bekundungen den gemeinsamen Sohn in gegenseitiger Absprache. Auch dies spreche für eine enge Verbundenheit. Hinzu komme, dass die Klägerin zu 1. und der Zeuge seit sie im Leistungsbezug stünden, alle Leistungen über ein gemeinsames Konto bezögen. Dies alles berücksichtigend spreche weit Überwiegendes dafür, anzunehmen, dass es sich bei der Klägerin zu 1. und dem Zeugen um eine eheähnliche Gemeinschaft handele.
Gegen das am 12. November 2008 zugestellte Urteil ist am 10. Dezember 2008 Berufung eingelegt worden. Die Kläger sind nach wie vor der Auffassung, die Klägerin zu 1. und der Zeuge seien keine Bedarfsgemeinschaft im rechtlichen Sinne.
Die Kläger beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 23. Oktober 2008 aufzuheben,
2. den Bescheid des Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Juli 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2005 sowie des Änderungsbescheides vom 23. Februar 2006 zu ändern,
3. den Beklagten zu verurteilen, die ihnen zustehenden Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 17. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 neu zu berechnen und dabei davon auszugehen, dass zwischen den Klägern und dem Zeugen O. lediglich eine Wohngemeinschaft nicht aber eine Bedarfsgemeinschaft vorliege.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an seiner Rechtsauffassung fest, wonach die Klägerin zu 1. und der Zeuge eine Bedarfsgemeinschaft in grundsicherungsrechtlichem Sinne bilden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang (4 Bände) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig.
1. Nach § 144 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- Euro nicht übersteigt.
Streitgegenstand in diesem Verfahren sind die Leistungen für die Klägerin zu 1. und den Kläger zu 2. in dem Zeitraum vom 17. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 - also für 6,5 Monate.
Nach dem abgegebenen und angenommenen Teilanerkenntnis ist nicht mehr streitig, ob die Grundsicherungsleistungen in diesem Zeitraum darlehensweise oder als Zuschuss zu erbringen sind.
Die Kläger sind im Wesentlichen der Auffassung, sie beanspruchten, als Wohngemeinschaft - insbesondere im Hinblick auf die zugrunde zu legenden Regelleistungen - behandelt zu werden. Umstritten ist mithin im Hinblick auf die Klägerin zu 1. der Unterschiedsbetrag zwischen der von dem Beklagten zugrunde gelegten Regelleistung in Höhe von monatlich 311,- Euro und der im Fall der Richtigkeit der von den Klägern zugrunde gelegten Rechtsauffassung zu berücksichtigenden Regelleistung von 345,- Euro im Monat. Dies ergibt einen monatlichen Differenzbetrag in Höhe von monatlich 34,- Euro. Bei Berücksichtigung eines Anspruchs von 6,5 Monaten errechnet sich hieraus zunächst eine umstrittene Summe in Höhe von 221,- Euro.
Hinzuzurechnen ist - wie von der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht - der Anspruch auf höhere zu beanspruchende KdU in Höhe von monatlich 200,- EUR für die Zeit ab dem Umzug nach P., also für Juli und August 2008 sowie für Teile des Juni 2008. Hierzu sind noch die den Klägern zugerechneten Einkommensanteile aus dem Alg-Bezug des Zeugen zu rechnen, womit die Zulässigkeitsgrenze des § 144 Abs 1 Nr 1 SGG überschritten ist.
Die Berufung ist auch begründet.
2. Der Bescheid des Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Juli 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2005 sowie des Änderungsbescheides vom 23. Februar 2006 ist rechtswidrig, soweit er davon ausgeht, dass die Klägerin zu 1. und der Zeuge in der streitgegenständlichen Zeit eine Bedarfsgemeinschaft gebildet haben. Er verletzt die Kläger damit in ihren Rechten.
3. Die Klägerin zu 1. erfüllte - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - im streitgegenständlichen Zeitraum die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 7 Abs 1 Nr 1, 2, 3 und 4 SGB II (in der Fassung, die vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 gegolten hat - nachstehend aF). Sie hatte das 15. aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet, war erwerbsfähig und hilfebedürftig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Der Kläger zu 2. erfüllte die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialgeld nach § 28 SGB II aF.
4. Der Senat hat nicht feststellen können, dass die Klägerin zu 1. und der Zeuge im streitgegenständlichen Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs 3 Nr 3 b SGB II aF gelebt haben. Nur beim Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift, wäre es rechtmäßig gewesen, nur die Regelleistung nach § 20 Abs 3 SGB II a.F. für die Klägerin zu 1. als Bedarf zu berücksichtigen. Nach § 7 Abs 3 Nr 3 b SGB II aF gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Bei der Interpretation dieser Norm ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein muss (Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 ua Rn 136 = BVerfGE 125,175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG). Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist. Daher darf die Verweisung eines Hilfesuchenden auf Einkommen oder Vermögen eines Anderen, gegen den er keine rechtlichen Ansprüche geltend machen kann, nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zugelassen werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 23. August 2012 (B 4 AS 34/12 R) anknüpfend an seine frühere Rechtsprechung zum Arbeitsförderungsrecht, an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Sozialhilferecht sowie an die grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vom 17. November 1992, 1 BvL 8/87 = BVerfGE 87,264) zur Prüfung dieser Voraussetzungen ausgeführt, für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft (in späteren Fassungen der Vorschrift einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft) müssten drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Es müsse sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen sei, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (aaO. Rn 14). Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handele es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssten. Diese tatbestandliche Struktur hat das BSG zwar für die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft der nachfolgenden Gesetzesfassung aufgezeigt. Es hat jedoch ausdrücklich ausgeführt, damit werde entsprechend der Absicht des Gesetzgebers an dem Inhalt der "eheähnlichen Gemeinschaft" in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes festgehalten, der ihm schon zuvor durch die Rechtsprechung beigemessen worden sei (aaO. Rn 13,19). 5. Von dem Bestehen einer Partnerschaft im Sinne des Gesetzes ist danach auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Dies muss aufgrund einer Beweiswürdigung objektiv festzustellen sein (BSG aaO. Rn 20). Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzlich rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (vgl auch Hänlein in Gagel SGB II/SGB III, Stand 47. ErgLfg, § 7 SGB II RdNr 47; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl, § 7 SGB II Rn 17; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 45; Thie/Schoch in Münder (Hrsg), LPK SGB II, 4. Aufl, § 7 Rn 67).
Der Senat hat nicht feststellen können, dass eine derart geartete Partnerschaft im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen der Klägerin zu 1. und dem Zeugen noch bestanden hat. Die Klägerin zu 1. hat insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft deutlich gemacht, dass gerade keine Ausschließlichkeit in diesem Sinne vorgelegen hat. Sie hatte vielmehr gerade keine Kenntnis darüber, ob der Zeuge andere Beziehungen hatte, weil hierüber nicht gesprochen worden ist und der Zeuge Teile seiner Zeit außer Haus - etwa in Lübeck - verbracht hat, ohne dass der Klägerin zu 1. bekannt geworden ist, wie er dort seine Zeit verbringt.
Zudem hat die Klägerin zu 1. in der mündlichen Anhörung glaubhaft gemacht, dass der Zeuge sich vielfach nicht an Absprachen hinsichtlich der Verwaltung der knappen Ressourcen des gemeinsamen Haushalts gehalten hat. Die Klägerin hat dies zum Beispiel eindrücklich am Umgang mit dem im Haushalt vorhandenen Kfz geschildert, das im Wesentlichen genutzt werden sollte, um den Kläger zu 2. zu seinen Therapien zu bringen. Angesichts der knappen finanziellen Möglichkeiten sollte der Wagen möglichst nur einmal im Monat aufgetankt werden. Nach den überzeugenden Bekundungen der Klägerin hat sich der Zeuge an diese Absprache ohne Rücksprache vielfach nicht gehalten. Auch hieraus schließt der Senat, dass es sich bei dem Zusammenleben der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum mit dem Zeugen nicht um eine Partnerschaft im Sinne des Gesetzes gehandelt hat.
Die Klägerin hat dem Senat darüber hinaus ganz allgemein überzeugend den Eindruck vermittelt, dass sie unter dem Zusammenleben mit dem Zeugen sehr gelitten hat und dies eben nur im Interesse der Bewältigung des schweren Alltags mit dem Kläger zu 2. weiter hingenommen hat.
Diesen Gesamteindruck, den die Klägerin dem Senat glaubhaft vermittelt hat, bestätigt auch die vom SG durchgeführte, ausführliche Anhörung der Klägerin im Termin am 23. Oktober 2008. Auch dort hat die Klägerin durchgängig und insoweit widerspruchsfrei - auch im Hinblick auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im gesamten Verwaltungsverfahren - eine Beziehung zu dem Zeugen geschildert, die die rechtlichen Anforderungen, die an das Vorliegen einer Partnerschaft zu stellen sind, nicht erfüllen.
So hat sie - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - ausgeführt, es habe im Wesentlichen keine gemeinsamen Mahlzeiten mit dem Zeugen gegeben. Auch dies spricht gegen eine partnerschaftliche Verbundenheit im engeren Sinne.
Darüber hinaus hat sie auch geschildert, dass die Organisation des Haushalts und des Tagesablaufs des Klägers zu 2. im Wesentlichen ihre Sache war und sie allenfalls punktuell von dem Zeugen - etwa beim Zubettbringen des Klägers zu 2. - unterstützt worden ist.
6. Der Senat hat auch nicht feststellen können, dass die Klägerin zu 1. und der Zeuge im streitgegenständlichen Zeitraum in dem Sinne zusammen gelebt haben, wie dies vom Gesetz vorausgesetzt wird. Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" wird auch von § 7 Abs 3 Nr 3 b SGB II aF für die Existenz einer "eheähnlichen Gemeinschaft" vorausgesetzt. Das erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Die Vorschrift stellt damit auf zwei Elemente ab, nämlich das Zusammenleben und kumulativ das Wirtschaften aus einem Topf (BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R, Rn 21).
Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen (BSG aaO., Rn 22; so auch schon LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. August 2006 - L 9 AS 349/06 = info also 2006, 266 ff; zustimmend Berlit in juris PR - SozR 18/2006 Anm 1; Beschluss vom 10. September 2007 - L 9 AS 439/07 ER; Beschluss vom 2. Dezember 2008, L 9 AS 509/08 ER = NZS 2009,683; Urteil vom 8. September 2011, L 15 AS 654/09; zustimmend Loose in Hohm (Hrsg) GK SGB II, § 7 Rn 67; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II § 7 Rn 216f). Andererseits ist es für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern zwingend, dass sie in "einer Wohnung" zusammenleben. Auch bei einer Ehe ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche iS des Gesetzes sein. Da es bei einer nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierten Verbundenheit mangelt und dort diese nur verneint werden kann, wenn sie ausdrücklich nach außen hin dokumentiert wird, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern umgekehrt, dass deren Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird.
Um das gemeinsame Wohnen - wie es hier unzweifelhaft vorliegt - zu einem "Zusammenleben" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu machen, müssen Umstände hinzutreten, die darauf hindeuten, dass die zusammen Wohnenden ihr tägliches Leben in einem hohen Maß aufeinander abgestimmt haben. Insoweit reicht es nicht aus, wenn die Beteiligten nebeneinander her leben. Vielmehr muss der Alltag weitgehend aufeinander bezogen sein. Hinweise darauf können etwa darin liegen, dass sie täglich gemeinsam Mahlzeiten einnehmen, soweit dies möglich ist. Auch die gemeinsame Freizeitgestaltung - etwa durch Besuch von Veranstaltungen oder gemeinsamen Bekannten - kann auf ein "Zusammenleben" in diesem Sinne hindeuten. In Betracht kommen auch gemeinsame Interessen oder Hobbys, die zusammen gepflegt werden.
Sowohl in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, als auch anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin zu 1. indessen ein "Zusammenwohnen" mit dem Zeugen geschildert, das diesen Anforderungen gerade nicht entspricht. So hat sie durchgängig angegeben, es seien keine gemeinsamen Mahlzeiten eingenommen worden. Der Zeuge habe seine Tagesgestaltung weitgehend unabhängig von ihr und in sie durchaus belastender Weise ("laute Musik") vorgenommen. Auch gemeinsame Unternehmungen sind in der streitgegenständlichen Zeit nicht mehr geschildert worden. Nur wenn es um die Betreuung des gemeinsamen Sohnes - des Klägers zu 2. - gegangen sei, habe er sich teilweise in einen gemeinsamen Tagesablauf integrieren lassen.
7. Zusätzlich bedarf es des gemeinsamen Wirtschaftens. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen dabei über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und ggf Gemeinschaftsräumen hinaus (BSG aaO., Rn 23 auch zum Nachstehenden). Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. März 2006, L 9 AS 89/06 ER). Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen. Insoweit kann angesichts des Vorstehenden offen bleiben, ob die Klägerin und der Zeuge in der erforderlichen Weise zusammen gewirtschaftet haben. Sie haben ein gemeinsames Konto genutzt. Die Klägerin hat nach ihren Angaben die gemeinsamen Finanzen weitgehend allein verwaltet und dem Zeugen jeweils nach Bedarf Geld gegeben. Dies spricht nach Auffassung des Senats deutlich für ein gemeinsames Wirtschaften im Sinne der oben geschilderten Anforderungen. Indessen war das Verhältnis insoweit in gewisser Weise untypisch, als der Zeuge offensichtlich nach den übereinstimmenden und für den Senat glaubhaften Angaben die Lebensführung und Organisation des Zusammenlebens weitgehend einfach abgegeben hat. Auch dies entspricht nicht dem typischen Bild des "Zusammen"-lebens und -wirtschaftens. Jedenfalls hat der Senat nicht feststellen können, dass die Klägerin und der Zeuge wirklich eine Absprache hinsichtlich der wirtschaftlichen Gestaltung des gemeinsamen Wohnens getroffen haben. Eine solche Absprache, sei sie auch stillschweigend, ist aber nach der bereits mehrfach zitierten Entscheidung des BSG, die sich der Senat auch insoweit zu Eigen macht, zu fordern. Angesichts dessen, dass schon andere Tatbestandsmerkmale vom Senat nicht festgestellt werden konnten, bedarf es hierzu aber keiner letztlichen Entscheidung. Der Beklagte durfte die Kläger daher nicht in Anwendung von § 7 Abs 3 Nr 3 b SGB II als Bedarfsgemeinschaft mit dem Zeugen behandeln. Insoweit sind daher die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben und vom Beklagten ist eine Neuberechnung der Ansprüche der Kläger durchzuführen. 8. Die Kläger haben für den streitgegenständlichen Zeitraum gegen den Beklagten keine weiteren Ansprüche wegen Kosten der Unterkunft (KdU) aus § 22 SGB II. Insoweit haben die Kläger schon in der mündlichen Verhandlung klar gestellt, dass sie für die Zeit, in der sie noch in M. gewohnt haben, auch keine weiteren Ansprüche geltend machen wollen und insoweit alle Kosten durch den Beklagten gedeckt worden sind. Streitig ist insofern also allein noch der Zeitraum von Juni bis August 2005, in dem die Kläger in P. gewohnt haben. In dieser Zeit hat der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13. Juli 2005 KdU in Höhe von 428,57 EUR für Juni und jeweils 870,79 EUR für Juli und August 2005 bewilligt. Er hat damit die den Klägern entstehenden KdU, die berücksichtigungsfähig waren, in vollem Umfang berücksichtigt. Hierzu rechnen zunächst die Zinskosten für die drei Annuitätendarlehen bei der R. S. T. (Konten: U., V., W.; vgl Aufstellung vom 23. Juni 2005, Bl 224 des Verwaltungsvorgangs). Hieraus hat der Beklagte Zinsverpflichtungen in Höhe von monatlich 761,71 EUR errechnet (Bl 245 des Verwaltungsvorgangs). Dies deckt sich weitgehend mit den von der Klägerin für das Jahr 2004 errechneten durchschnittlichen Zinskosten (vgl ihre handschriftlichen Angaben auf den eingereichten Kontoauszügen der Darlehenskonten für 2004, Bl 215, 218, 222 des Verwaltungsvorgangs), wenn in den Blick genommen wird, dass bei Annuitätendarlehen die Zinslast kontinuierlich sinkt und die Tilgungsleistung steigt, wie dies auch hier aus den Kontoauszügen ersichtlich ist. Hinzu treten Kosten für das Bauspardarlehen bei der X. in Höhe von ca 14,- EUR/Monat (vgl Bl 146 des Verwaltungsvorgangs). Hinzuzurechnen sind dann noch die für das Haus anfallenden und nachgewiesenen Nebenkosten. Hierzu rechnen Kosten für die Haftpflichtversicherung (4,83 EUR/Monat, Bl 214 Verwaltungsvorgang), für die Wohngebäudeversicherung (14,58 EUR/Monat, Bl 213 Verwaltungsvorgang) sowie die Grundsteuer (14,88 EUR/Monat, Bl 210 Verwaltungsvorgang). Hieraus errechnet sich ein monatlicher Gesamtbetrag in Höhe von 34,29 EUR/Monat. Insgesamt errechnen sich also bisher von den Klägern nachgewiesene Kosten in Höhe von monatlich ca 810,- EUR. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in die Berechnung noch keine Heizkosten eingeflossen sind. Hierüber finden sich indessen für den streitgegenständlichen Zeitraum auch keine Nachweise im Verwaltungsvorgang. Jedenfalls kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass im streitgegenständlichen Zeitraum ein weiterer Anspruch bestanden hat. Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision in Anwendung von § 160 Abs 2 SGG besteht nicht.