2.
Für die Anwendung der EU-rechtlichen Regelungen im System der deutschen Beamtenversorgung werden folgende Hinweise gegeben:
2.1
Mit der Einbeziehung der Beamten in die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 ist ab dem 25.10.1998 für alle Dienstherren das EU-Recht verbindlich. Die EU-rechtlichen Regelungen gelten für Beamte, die neben ihrer Versorgungsanwartschaft nach deutschem Recht über Beschäftigungszeiten in noch mindestens einem anderen Mitgliedstaat verfügen, wobei es unerheblich ist, ob diese Zeiten vor einem Beamtenverhältnis oder innerhalb eines Beamtenverhältnisses liegen. Bei dem erfassten Personenkreis kann es sich um deutsche Staatsangehörige handeln, die zeitweise in anderen Mitgliedstaaten beschäftigt waren, oder um Angehörige anderer Mitgliedstaaten, die in Deutschland Beamte waren und hier in den Ruhestand getreten sind oder treten.
Von diesen speziellen Regelungen nicht erfasst sind ehemalige Beamte, die aus ihrem deutschen Rechtsverhältnis entlassen und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden sind.
2.2
Nach den Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 werden in den mitgliedstaatlichen Systemen die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten deutscher Beamter zur Erfüllung von Wartezeiten oder von versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentenberechnung verwendet. Wenn bei einem Wechsel nach Deutschland die Wartezeit im allgemeinen Rentensystem des Herkunftslandes noch nicht erfüllt sein sollte, so werden die deutschen Beamtenzeiten für die Erfüllung dieser Wartezeit im Herkunftsland berücksichtigt. Dagegen sind für die Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG grundsätzlich nur in Deutschland verbrachte Zeiten anzurechnen (vgl. Artikel 43a Abs. 2 und Artikel 51a Abs. 2 der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 i.d.F. der Verordnung [EG] Nr. 1606/98).
2.3
Im Zusammenhang mit der Ernennung zum Beamten ist von der jeweiligen Personalstelle zu klären und aktenkundig zu machen, ob und in welchem Umfang Beschäftigungszeiten des Beamten in anderen Mitgliedstaaten vorliegen und ob der Beamte dort bereits eine Anwartschaft auf Altersversorgung hat, die (später) zu einem Leistungsanspruch führt. Diese Klärung ist über die OFD Köln als Koordinierungsstelle und die zuständige Verbindungsstelle zum ausländischen Leistungsträger (Anlage 1) herbeizuführen. Die Datenerhebung erfolgt im Rahmen des jeweiligen Bezügeverfahrens (Rücklauf der Erklärung an die zuständige Personalstelle).
Eine entsprechende Erhebungsaktion für die vorhandenen Beamten ist im Landesbereich bereits abgeschlossen.
2.4
Der Eintritt des Versorgungsfalles gilt gleichzeitig als Antrag auf Alterssicherungsleistungen in den Mitgliedstaaten, sofern dies von dem Beamten nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird (Anlage 2). Bei Ruhestandsversetzungen von Beamten mit Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat ist es deshalb grundsätzlich erforderlich, dass der ausländische Versicherungsträger über die OFD Köln entsprechend unterrichtet wird. In diesem Zusammenhang sind zugleich alle relevanten persönlichen Daten und Angaben, die den Leistungsanspruch betreffen und die für die Berechnung der Leistung von Bedeutung sind, beizufügen. Die Pensionsbehörden haben den mitgliedstaatlichen Versicherungsträgern aus den in Nummer 2 Sätze 1 und 2 genannten Gründen zudem Abdrucke der Versorgungsfestsetzungen über die OFD Köln zu übermitteln (Anlage 1).
Im Übrigen sind Beamte mit Zeiten in einem System der sozialen Sicherheit eines anderen Mitgliedstaates rechtzeitig vor ihrem Eintritt in den Ruhestand anhand des Merkblattes der Deutschen Rentenversicherung Bund (Anlage 2) über ihre Rechte und das Antragsverfahren zu informieren.
2.5
Sofern ausländische Versicherungsträger zur Feststellung ihrer Leistungspflicht über bereits vorliegende ärztliche Gutachten hinaus zusätzliche Untersuchungen wünschen, wird auf Folgendes hingewiesen: Artikel 105 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 schreibt die Kostenübernahme durch den beauftragenden Träger zu den Sätzen des ausführenden Trägers vor. Es ist jedoch zu beachten, dass Deutschland mit einigen Staaten Erstattungsverzichtsabkommen geschlossen hat, welche die gegenseitige Geltendmachung von Kosten ausschließen. Hierzu wird auf eine Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung Bund verwiesen, die Artikel 105 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 kommentiert. Fragen dazu können über die OFD Köln an die zuständige Verbindungsstelle herangetragen werden.
2.6
Seit dem In-Kraft-Treten der Verordnung (EG) Nr. 1606/98 dürfen ab dem 25.10.1998 aufgrund von Artikel 46b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 grundsätzlich keine gleichartigen ausländischen (mitgliedstaatlichen) Leistungen auf die Beamtenversorgung "angerechnet" werden. Das Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art definiert Artikel 46a Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Danach liegen Leistungen gleicher Art ungeachtet ihrer Bezeichnung vor, wenn sie
sich aus dem Versicherungsverlauf ein und derselben Person herleiten.
Beispiel:
Zusammentreffen einer deutschen Beamtenversorgung wegen Alters mit einer mitgliedstaatlichen Versorgung oder Rente wegen Invalidität oder Alters in der (gesamteuropäischen) Versicherungsbiografie einer Person.
Ausnahmsweise dürfen gleichartige Leistungen gemäß Artikel 46b Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 "angerechnet" werden, wenn sie von der Dauer zurückgelegter Versicherungs- und Wohnzeiten unabhängig sind oder aufgrund fiktiver Zeiten bestimmt werden. Solche Leistungen sind im Anhang IV D der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufgeführt. Zweifelsfälle sind über die OFD Köln oder die zuständige Verbindungsstelle zu klären.
2.7
Sofern von der "Anrechnung" ausgeschlossene gleichartige Leistungen nach dem 25.10.1998 auf die Beamtenversorgung "angerechnet" worden sind (z.B. im Rahmen der Ruhensberechnung nach § 55 Abs. 1 i.V.m. Abs. 8 BeamtVG), ist dies ohne Rechtsgrund erfolgt. Entsprechende rechtswidrige Verwaltungsakte waren mit Wirkung für die Zukunft, d.h. ab 1.10.2001 zurückzunehmen (§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG).
Sind in diesen Fällen ausländische (mitgliedstaatliche) Beschäftigungszeiten oder sonstige Vordienstzeiten im Ermessensweg als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt worden, so besteht nach der Auffassung des MF keine rechtliche Handhabe, diese Zeiten nachträglich von der Ruhegehaltfähigkeit auszuschließen.
2.8
Bei der (Neu-)Festsetzung von Versorgungsbezügen sowie in laufenden Versorgungsfällen, in denen gleichartige mitgliedsstaatliche Leistungen nach Ruhestandsbeginn bewilligt werden, ist über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten aufgrund von Kannvorschriften nach Tz. 11.0.5 ff. BeamtVGVwV zu entscheiden. Bei der Berücksichtigung von Zeiten einer Beurlaubung für eine Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG ist Tz. 6.1.9 Satz 4 BeamtVG zu beachten.