3.1 Sicherstellungsobjekte
§ 26 NPOG erlaubt anders als § 111b StPO (unter den Begriff Gegenstand i. S. dieser Vorschrift fallen alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie alle Rechte) nur die Sicherstellung von Sachen i. S. des § 90 BGB. Darunter fällt z. B. Bargeld, aber kein Buchgeld.
Sofern sichergestelltes Bargeld durch die Strafverfolgungsbehörden zwecks Verwahrung auf ein Verwahrkonto eingezahlt wird, gilt dieses nach analoger Anwendung des § 26 NPOG für eine sich anschließende Sicherstellung weiterhin als Bargeld (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 7.3.2013, 11 LB 438/10, Randnummer 31). Eine darüber hinausgehende analoge Anwendung auf Fälle, in denen die Strafverfolgungsbehörde originär Buchgeld sichergestellt hat, ist ausgeschlossen.
3.2 Rechtsgrundlagen
Die Sicherstellung von Sachen nach strafprozessualer Herausgabe ist grundsätzlich sowohl auf der Grundlage des § 26 Nr. 1 NPOG als auch des § 26 Nr. 2 NPOG möglich. § 26 Nr. 1 NPOG erfordert allerdings das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr (vgl. § 2 Nrn. 1 und 2 NPOG) und ist insoweit enger als § 26 Nr. 2 NPOG.
3.3 Besonderheiten bei der Sicherstellung von Bargeld
Bargeld, das im Rahmen von Straftaten erlangt wird - sofern es nicht gestohlen wurde - gilt sachenrechtlich als Eigentum der oder des Beschuldigten, da die Rechtswidrigkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht zwangsläufig auf die Wirksamkeit der sachenrechtlichen Eigentumsübertragung durchschlägt. Eine Sicherstellung von Bargeld ist, wenn möglich, auf § 26 Nr. 1 NPOG zu stützen.
3.4 Widerlegung der Eigentumsvermutung
Die Eigentümerstellung einer Sache wird nach § 1006 BGB zugunsten der (letzten) Besitzerin oder des (letzten) Besitzers vermutet. Unabhängig davon, ob die wahre Eigentümerin oder der wahre Eigentümer noch ermittelt werden kann, ist die Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 NPOG nur anzuordnen, wenn die vorgenannte Vermutung der Eigentümerstellung widerlegt werden kann. Dies ist auch mithilfe von Indiztatsachen und Erfahrungssätzen möglich. In diesen Fällen tritt eine Umkehr der Beweislast ein, sodass die letzte Gewahrsamsinhaberin oder der letzte Gewahrsamsinhaber oder die beschuldigte Person den Nachweis des Eigentums an den Gegenständen zu führen hat.
Indiztatsachen und Erfahrungssätze sind etwa:
Sachen sind noch original verpackt;
an den Sachen sind noch Spuren deliktischer Herkunft zu finden (Autoradios oder Elektrogeräte mit durchtrennten Kabeln, Fahrräder mit aufgebrochenen Schlössern);
bei der letzten Gewahrsamsinhaberin oder dem letzten Gewahrsamsinhaber befand sich eine Anzahl/Vielzahl von (gleichartigen) Sachen, für die evtl. nicht einmal Verwendung besteht (z. B. Beschuldigte oder Beschuldigter hat Autoradios, aber kein Auto);
Sachen sind noch mit Sicherungsetiketten und/oder Preisschildern versehen;
die finanzielle Situation oder das Einkommen der letzten Gewahrsamsinhaberin oder des letzten Gewahrsamsinhabers lässt redlichen Erwerb der Sachen (auch Bargeld) nicht erklären;
Rechnungen, Quittungen, Belege über den redlichen Erwerb der Sachen können nicht vorgelegt werden;
die letzte Gewahrsamsinhaberin oder der letzte Gewahrsamsinhaber ist bereits einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten;
Identifikationsmerkmale von Sachen wurden entfernt (z. B. Seriennummern unkenntlich gemacht);
gegen die letzte Gewahrsamsinhaberin oder den letzten Gewahrsamsinhaber sind aktuelle Ermittlungsverfahren wegen gleicher Delikte anhängig.
Zum Zwecke der Beurteilung der unter Spiegelstrich 7 und 9 genannten Indiztatsachen teilt die Staatsanwaltschaft der Verwaltungsbehörde ihr vorliegende Erkenntnisse über einschlägige rechtskräftige Verurteilungen und noch anhängige Ermittlungsverfahren wegen einschlägiger Delikte mit. Bezüglich letzterer erfolgt eine Mitteilung nur im Hinblick auf Verfahren, denen nach Bewertung durch die Staatsanwaltschaft tatsächlich eine Indizwirkung zukommt (beispielsweise bei eingestellten Verfahren die Art der Einstellung) und die keiner besonderen Geheimhaltung (beispielsweise verdeckte Ermittlungen) bedürfen.
3.5 Wert der sicherzustellenden Sachen (Bagatellgrenze)
Liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die letzte Gewahrsamsinhaberin oder der letzte Gewahrsamsinhaber die Sachen unrechtmäßig erlangt hat, soll eine präventive Sicherstellung angeordnet werden. Sie sollte nur dann unterbleiben, wenn der administrative Aufwand und/oder die (Lagerungs-/Verwertungs-)Kosten unter Berücksichtigung der Art der Sache und auch der Persönlichkeit der letzten Gewahrsamsinhaberin oder des letzten Gewahrsamsinhabers oder der beschuldigten Person eine Sicherstellung unverhältnismäßig erscheinen lassen. Insoweit bedarf es regelmäßig nur dann einer sorgfältigen Prüfung, ob eine Herausgabe untunlich ist oder nicht, wenn der Wert der Gegenstände im konkreten Fall in der Summe unter 250 EUR liegt.