Zum Umgang mit den Kennzahlen
Die Kommunalaufsichtsbehörden haben insbesondere im Rahmen der Anzeige- und Genehmigungspflichten die Aufgabe, anhand der vorgelegten Haushaltssatzungen das Handeln der Kommunen auf die Rechtmäßigkeit zu überprüfen und Grundsätze einer geordneten Haushaltswirtschaft sowie die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune zu beurteilen. Durch die aufsichtsrechtliche Prüfung soll neben der Einhaltung des haushaltsrechtlichen Rahmens auch eine nachhaltige Haushaltswirtschaft der Kommunen erreicht werden. Ziel ist es, Gefährdungen der geordneten Haushaltswirtschaft und Risiken für ihre Zukunft mithilfe der aufsichtsrechtlichen Prüfung frühzeitig zu erkennen.
Kennzahlen stellen in diesem Zusammenhang Zahlen dar, die in aggregierter Form über relevante Sachverhalte und Entwicklungen informieren. Als ihre Wesensmerkmale sind demgemäß der Informationscharakter, die quantitative Form sowie die spezifische, verdichtete Art der Information anzusehen.
Die hier beschriebenen Kennzahlen sollen eine Bewertung des jeweiligen Kommunalhaushalts und der wirtschaftlichen Lage jeder Kommune nach einheitlichen Kriterien vereinfachen. Neben den bisherigen Instrumenten dienen sie den Kommunalaufsichtsbehörden zusätzlich zur Beurteilung der kommunalen Haushalte.
Bei Anwendung der Kennzahlen ist zu berücksichtigen, dass sie sich nur auf einen Ausschnitt aus der Realität fokussieren. Die Bildung und Auswertung von Kennzahlen lässt sich daher als spezifische Form einer Modellanalyse interpretieren, bei der vereinfachende Annahmen getroffen werden, die die Aussagekraft einschränken können. Einzelne Kennzahlen und daraus abgeleitete Beurteilungen können eine geringe Aussagekraft haben, da möglicherweise relevante Einflussgrößen, Zusammenhänge und Ursachen nicht berücksichtigt werden. Interkommunale Vergleiche sind auch auf der Basis von Kennzahlen nur mit Einschränkungen möglich, da die kommunale Landschaft zu unterschiedlich ausgeprägt ist:
Unterschiedlich einwohnerstarke Kommunen sind nicht direkt vergleichbar, weil sie je nach Größe mehr oder weniger Aufgaben wahrnehmen. In den großen Städten konzentrieren sich zentralörtliche Einrichtungen (Theater, Museen usw.), die auch von den Bewohnerinnen und Bewohnern des Umlandes mitgenutzt werden. Entsprechend sind die Aufwendungen in den zentralen Orten höher als in den kleineren Kommunen.
Gleiches gilt für den Vergleich von kreisfreien und großen selbständigen Städten, selbständigen und den übrigen kreisangehörigen Gemeinden. Sie sind nicht unmittelbar vergleichbar, da sie unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen.
Auch bei Kommunen mit gleicher Größe und gleichem Status ergeben sich z. T. signifikante Unterschiede, die sich einerseits aus der unterschiedlichen Aufgabenverteilung zwischen den Landkreisen/der Region Hannover und den kreis- oder regionsangehörigen Kommunen (insbesondere bei den Schulen) ergeben. Es kann erhebliche Differenzen geben, die aus der Eigen- oder Fremderledigung von Aufgaben (insbesondere bei den Kindertagesstätten) resultieren.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Kommunen in sehr unterschiedlichem Ausmaß Ausgliederungen vorgenommen haben, sodass der Kernhaushalt nur noch eine begrenzte Aussagefähigkeit beinhalten kann. Insbesondere in größeren Kommunen kann ein wesentlicher Teil des Personals, der Investitionen und der Schulden in diesen "Auslagerungen" gefunden werden. Entsprechend niedriger sind die Merkmalsausprägungen in den Kernhaushalten.
Bei der Auswertung der Kennzahlen ist daher darauf zu achten, dass diese nur im Zusammenhang mit anderen Kennzahlen und weiteren Informationen interpretiert werden. Die auftretenden Unterschiede sind in einem ersten Schritt zu erklären und erst anschließend zu bewerten. Nur so sind belastbare Aussagen über einen Haushalt möglich und gleichzeitig wird so die Gefahr von Fehlinterpretationen vorgebeugt.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, Zeitreihen für die einzelnen Kommunen zu bilden und zu bewerten. Hieraus können spezifische Erkenntnisse für die mittel- und langfristige Entwicklung gewonnen werden.
Der Nutzen von Kennzahlen liegt in einer standardisierten Interpretationshilfe für den kommunalen Haushalt. Dadurch lassen sich unter Zuhilfenahme weiterer Informationen, zeitnah tragfähige Aussagen über einen kommunalen Haushalt machen.
Kennzahlen
Kennzahl | Steuerquote |
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Ermittlung | = | Steuererträge und ähnliche Abgaben × 100/ordentliche Gesamtaufwendungen |
Datenherkunft | = | Zeile 1 × 100/Zeile 20 des Ergebnishaushalts (Muster 6) oder Zeile 20 der Ergebnisrechnung (Muster 11) |
Zeitlicher Bezug | Haushaltsplan für das Haushaltsjahr, in welchem die Haushaltssatzung gelten soll; Haushaltsplan für das vorherige Jahr; Jahresabschluss des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die Steuerquote gibt an, zu welchem Teil sich die Kommune im Haushaltsjahr "selbst" finanzieren kann. Die Kennzahl gibt dabei eine Tendenz an, inwieweit die Kommune in der Zukunft in der Lage ist, ihre Aufgaben aus eigener Kraft zu erfüllen. |
Bei Landkreisen, der Region Hannover und Samtgemeinden, denen Steuern nicht in einem Umfang wie den Gemeinden zufließen, ist die Steuerquote durch eine "Allgemeine Umlagenquote" zu ersetzen.
Kennzahl | Allgemeine Umlagequote |
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Ermittlung | = | Erträge aus Umlagen × 100/ordentliche Gesamtaufwendungen |
Datenherkunft | = | Σ Kontenart 318 × 100/Zeile 20 der Ergebnisrechnung (Muster 11) |
Zeitlicher Bezug | Jahresabschluss oder Ergebnisse des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die allgemeine Umlagequote gibt an, zu welchem Teil sich die Kommune "selbst" durch Umlagen finanzieren kann. Im Übrigen gilt die gleiche Aussage wie bei der Steuerquote. |
Kennzahl | Zuschussquote an verbundene Unternehmen, Sondervermögen und Beteiligungen |
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Ermittlung | = | Verlustausgleichszahlungen an kommunale Unternehmen × 100/ordentliche Gesamtaufwendungen |
Datenherkunft | = | Σ Konto 4315 × 100/Zeile 20 der Ergebnisrechnung (Muster 11) |
Zeitlicher Bezug | Jahresabschluss oder Ergebnisse des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die Zuschussquote an verbundene Unternehmen, Sondervermögen und Beteiligungen gibt an, welchen Anteil Zuschusszahlungen an Unternehmen, Sondervermögen und Beteiligungen der Kommune an den ordentlichen Aufwendungen ausmachen. Bei der Interpretation der Kennzahl ist der Umfang der Ausgliederungen zu berücksichtigen. |
Kennzahl | Personalintensität |
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Ermittlung | = | Personalaufwendungen × 100/ordentliche Gesamtaufwendungen |
Datenherkunft | = | Zeile 13 × 100/Zeile 20 des Ergebnishaushalts (Muster 6) oder der Ergebnisrechnung (Muster 11) |
Zeitlicher Bezug | Haushaltsplan für das Haushaltsjahr, in welchem die Haushaltssatzung gelten soll; Haushaltsplan für das vorherige Jahr; Jahresabschluss des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die "Personalintensität" gibt an, welchen Anteil die Personalaufwendungen an den ordentlichen Aufwendungen ausmachen. Die Kennzahl gibt Auskunft darüber, in welchem Umfang Mittel jetzt und voraussichtlich auch in der Zukunft für Personalausgaben gebunden sind und anderweitig nicht zur Verfügung stehen. |
Kennzahl | Abschreibungsintensität |
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Ermittlung | = | Jahresabschreibungen auf Sachvermögen und immaterielles Vermögen × 100/ ordentliche Gesamtaufwendungen |
Datenherkunft | = | Σ Kontenart 471 × 100/Zeile 20 der Ergebnisrechnung (Muster 11) |
Zeitlicher Bezug | Jahresabschluss oder Ergebnisse des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die Kennzahl zeigt an, in welchem Umfang die Kommune durch die Nutzung Vermögens belastet wird. |
Kennzahl | Zinslastquote |
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Ermittlung | = | Zinsaufwendungen × 100/ordentliche Gesamtaufwendungen
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Datenherkunft | = | Zeile 17 × 100/Zeile 20 des Ergebnishaushalts (Muster 6) oder der Ergebnisrechnung (Muster 11) |
Zeitlicher Bezug | Haushaltsplan für das Haushaltsjahr, in welchem die Haushaltssatzung gelten soll; Haushaltsplan für das vorherige Jahr; Jahresabschluss des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die Kennzahl "Zinslastquote" gibt die anteilsmäßige Belastung der Kommune durch Zinsaufwendungen an. Hohe Zinslastquoten haben eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten der Kommunen im Haushaltsjahr und voraussichtlich auch in der Zukunft zur Folge. |
Kennzahl | Liquiditätskreditquote |
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Ermittlung | = | Höhe der Liquiditätskredite × 100/Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit
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Datenherkunft | Siehe Übersicht Daten der Haushaltswirtschaft - Schuldenlage und Entwicklung/ Zeile 9 der Finanzrechnung (Muster 12) |
Zeitlicher Bezug | Haushaltsplan für das Haushaltsjahr, in welchem die Haushaltssatzung gelten soll (vgl. Übersicht über Daten der Haushaltswirtschaft); Haushaltsplan für das vorherige Jahr; Jahresabschluss des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die Liquiditätskreditquote gibt an, in welchem Verhältnis die Höhe der Liquiditätskredite und die Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit zueinander stehen. Je höher die Kennzahl ist, desto größer ist das Risiko einer möglichen Zahlungsunfähigkeit der Kommune. |
Kennzahl | Reinvestitionsquote |
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Ermittlung | = | Bruttoinvestitionen × 100/Abschreibungen auf Sachvermögen und immaterielles Vermögen |
Datenherkunft | = | Zeile 30 der Finanzrechnung (Muster 12) × 100/Σ Kontenart 471 |
Zeitlicher Bezug | Jahresabschluss oder Ergebnisse des zwei Jahre zurückliegenden Haushaltsjahres |
Aussage | Die Kennzahl gibt an, ob die Investitionen im Haushaltsjahr ausgereicht haben, um den Wertverlust des Anlagevermögens durch Abschreibungen auszugleichen. Um eine dauerhafte Aufgabenerfüllung in gleicher Qualität zu gewährleisten, wird z. T. eine Quote von 100 % für erstrebenswert gehalten. Bei einer Quote unter 100 % werden geringere Neuinvestitionen getätigt, als durch Abschreiben verbraucht werden. Im Ergebnis müssen die Abschreibungen gedeckt werden und das Eigenkapital darf nicht sinken. Bei der Interpretation dieser Kennzahl sind ggf. Ausgliederungen, Rationalisierungseffekte, Erweiterungen des Vermögens infolge von Aufgabenübertragungen, gezielte Vermögensveräußerungen (oder gezielt unterbleibende Reinvestitionen) infolge wegfallender Aufgaben, verstärktes Leasing zu berücksichtigen.
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Kennzahl | Fremdkapitalquote |
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Ermittlung | = | Schulden inklusive Rückstellungen × 100/Bilanzsumme
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Datenherkunft | = | Passiva Zeile 2 + 3 × 100/Bilanzsumme der Bilanz (Muster 14) |
Zeitlicher Bezug | Jahresabschlüsse, Zeitreihe ab Eröffnungsbilanz |
Aussage | Die Fremdkapitalquote zeigt die Relation von Verschuldung zur Bilanzsumme an und gibt damit Auskunft über die Finanzierungsstruktur. Durch die Aufnahme von Krediten, den Ausweis von Verbindlichkeiten oder die Bildung von Rückstellungen erhöht sich die Fremdkapitalquote. Grundsätzlich gilt je höher die Fremdkapitalquote, desto abhängiger ist die Kommune von Gläubigern. |