Extr/TerrPolZsARdErl,NI - Extremismus/Terrorismus-Polizei-Zusammenarbeitsrunderlass

Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulantem Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus

Bibliographie

Titel
Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulantem Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus
Redaktionelle Abkürzung
Extr/TerrPolZsARdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21021

Gem. RdErl. d. MI u. d. MJ v. 9.4.2018 - 23.28-12360/32 -

Vom 9. April 2018 (Nds. MBl. S. 259) (1)

Geändert durch RdErl. vom 17. November 2023 (Nds. MBl. S. 974)

- VORIS 21021 -

Bezug: Gem. RdErl. v. 17.12.2013 (Nds. MBl. 2014 S. 70)
- VORIS 21021 -

Redaktionelle InhaltsübersichtAbschnitt
Vorbemerkungen1
Informationsaustausch2
Rahmenbedingungen der Informationsweitergabe3
Gemeinsame Besprechungen/Aus- und Fortbildungsveranstaltungen4
Fallkonferenzen5
Schlussbestimmungen6
Formblatt zum EinlieferungsscheinAnlage

Nds. RPfl. Nr. 6/2018 S. 165

Abschnitt 1 Extr/TerrPolZsARdErl - Vorbemerkungen

Bibliographie

Titel
Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulantem Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus
Redaktionelle Abkürzung
Extr/TerrPolZsARdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21021

Die Bekämpfung politisch und religiös motivierter Kriminalität und die Abwehr damit einhergehender Gefahren ist ein maßgebliches strategisches Ziel der niedersächsischen Sicherheitsbehörden und der Justiz, einschließlich des Justizvollzuges. Wesentliche Grundlage erfolgreicher präventiver und repressiver Sicherheitsarbeit ist in diesem Zusammenhang die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und dem Ambulanten Justizsozialdienst Niedersachsen.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 6 des RdErl. i.d.F. vom 17. November 2023 (Nds. MBl. S. 974)

Abschnitt 2 Extr/TerrPolZsARdErl - Informationsaustausch

Bibliographie

Titel
Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulantem Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus
Redaktionelle Abkürzung
Extr/TerrPolZsARdErl,NI
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Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21021

Eine bedeutende Schnittstelle im Rahmen des Informationsaustausches zwischen den Sicherheitsbehörden und den Einrichtungen des Justizvollzuges oder des Jugendarrestes ist der Kontakt zwischen den Staatsschutzdienststellen (Fachkommissariat 4 einer Polizeiinspektion oder der Kriminalfachinspektion 4 der Polizeidirektion Hannover) und der im örtlichen Zuständigkeitsbereich gelegenen Fachbereichsleitung Sicherheit einer Justizvollzugseinrichtung, Jugendanstalt oder Jugendarrestanstalt (im Folgenden: Justizvollzugseinrichtung).

Der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen ist zu folgenden Zeitpunkten erforderlich:

2.1 In den Fällen, in denen die Sicherheitsbehörden Kenntnis von einer bevorstehenden Zuführung einer Person mit Bezügen zu politischem oder religiösem Extremismus/Terrorismus in eine Justizvollzugseinrichtung erlangen, ist die Justizvollzugseinrichtung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten frühestmöglich darüber zu informieren. Unabhängig davon ist das Formblatt (Anlage) unverzüglich durch die für die Justizvollzugseinrichtung örtlich zuständige Staatsschutzdienststelle zuzuleiten. Die Staatsschutzdienststelle beteiligt das LKA und den Niedersächsischen Verfassungsschutz (NVerfSch); die Justizvollzugseinrichtung informiert die verfahrensführende Staatsanwaltschaft.

Sofern sich die aufnehmende Justizvollzugseinrichtung außerhalb Niedersachsens befindet, ist durch die Staatsschutzdienststelle die örtlich zuständige Polizei des jeweiligen Bundeslandes über das LKA in Kenntnis zu setzen.

2.2 Das LKA informiert sich täglich mittels Erstellung eines Reports in "NIVADIS Auswertung 2.0" über Neuzugänge in niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen und überprüft diese auf polizeiliche Erkenntnisse in Bezug auf den politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus. Das LKA übermittelt bei vorhandenen relevanten Erkenntnissen das Rechercheergebnis, unter Beifügung etwaiger - aufgrund der unterschiedlichen Leseberechtigungen in den verschiedenen Dateien - nur dort zugänglicher Informationen, der für die betroffene Justizvollzugseinrichtung örtlich zuständigen Staatsschutzdienststelle sowie dem NVerfSch. Der NVerfSch teilt relevante Erkenntnisse ebenfalls unter Beteiligung des LKA an die örtlich zuständige Staatsschutzdienststelle mit.

Die Staatsschutzdienststelle informiert nach umfassender Recherche in den polizeilichen Auskunftssystemen die Fachbereichsleitung Sicherheit der Justizvollzugseinrichtung über die relevanten Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu Neuzugängen. Die gerichtsverwertbaren Erkenntnisse werden mit dem Formblatt (Anlage) übermittelt. Die Justizvollzugseinrichtung informiert ihrerseits die verfahrensführende Staatsanwaltschaft und die Zentralstelle Terrorismusbekämpfung der Generalstaatsanwaltschaft Celle.

2.3 Während der Inhaftierung gewährleisten die Fachbereichsleitungen Sicherheit der Justizvollzugseinrichtungen die Weitergabe von Erkenntnissen zu dem in den Nummern 2.1 und 2.2 genannten Personenkreis, die sich aus dem Vollzug ergeben (z. B. Entlassungen, bevorstehende erstmalige Gewährung von Vollzugslockerungen, Verlegungen, sicherheitsrelevante Erkenntnisse), an die für die Justizvollzugseinrichtung örtlich zuständige Staatsschutzdienststelle der Justizvollzugseinrichtung sowie die verfahrensführende Staatsanwaltschaft. Gleiches gilt für Inhaftierte, bei denen sich erst im Laufe der Inhaftierung Hinweise auf mögliche Bezüge zum politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus ergeben.

Durch die für die Justizvollzugseinrichtung örtlich zuständige Staatsschutzdienststelle erfolgt eine Weitergabe der Erkenntnisse an die Staatsschutzdienststelle am Wohnsitz der oder des Inhaftierten und/oder die Kriminalakten führende Polizeidienststelle. Dort werden entsprechende Bewertungen vorgenommen und, soweit erforderlich, weitere Dienststellen des polizeilichen Staatsschutzes sowie der NVerfSch informiert. Eventuelle Handlungsbedarfe werden mit der zuständigen Fachbereichsleitung Sicherheit der Justizvollzugseinrichtung abgestimmt. Durch diese Verfahrensabläufe wird auch dem Bezugserlass Rechnung getragen.

In Fällen, in denen die polizeiliche Sachbearbeitung nicht in Niedersachsen erfolgt, wird eine Informationsweitergabe über das LKA gewährleistet.

2.4 Werden der Polizei oder dem NVerfSch Erkenntnisse mit Bezügen zum politischen oder religiösen Extremismus/Terrorismus zu bereits inhaftierten Personen bekannt, die für die betroffene Justizvollzugseinrichtung aus Gründen der Behandlung der oder des Gefangenen oder der Sicherheit und Ordnung relevant sein können, so werden unter Beachtung der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften die für die Justizvollzugseinrichtung örtlich zuständige Staatsschutzdienststelle sowie der NVerfSch darüber in Kenntnis gesetzt. Durch die Staatsschutzdienststelle erfolgt eine Weitergabe der Informationen an die Fachbereichsleitung Sicherheit der entsprechenden Justizvollzugseinrichtung, die ihrerseits die verfahrensführende Staatsanwaltschaft informiert.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 6 des RdErl. i.d.F. vom 17. November 2023 (Nds. MBl. S. 974)

Abschnitt 3 Extr/TerrPolZsARdErl - Rahmenbedingungen der Informationsweitergabe

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Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulantem Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus
Redaktionelle Abkürzung
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Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21021

Wird durch die Informationsweitergabe von Erkenntnissen an Justizvollzugseinrichtungen der Untersuchungserfolg eines Strafverfahrens, eine Maßnahme der Gefahrenabwehr oder ein bedeutsames Rechtsgut Dritter gefährdet, so kann in Ausnahmefällen auf die Weitergabe von Informationen verzichtet oder diese zurückgestellt werden.

Die Entscheidung obliegt im Strafverfahren der verfahrensführenden Staatsanwaltschaft. Im Rahmen der Gefahrenabwehr obliegt die Entscheidung der Leitung der sachbearbeitenden Organisationseinheit der Polizei. Die Entscheidungen sind zu dokumentieren.

Schriftliche Informationsweitergaben der Sicherheitsbehörden an die Justizvollzugseinrichtungen mit dem Formblatt (Anlage) werden Bestandteil der Gefangenenpersonalakten und sind damit gerichtsverwertbar.

Als Ansprechperson auf Seiten der Staatsanwaltschaft steht die jeweils zuständige Dezernentin oder der jeweils zuständige Dezernent der Generalstaatsanwaltschaft Celle, Zentralstelle Terrorismusbekämpfung, Abteilung IV, zur Verfügung. Wird ein Untersuchungshaftbefehl, dem eine Straftat gemäß den §§ 89a ff.129a129b StGB zugrunde liegt, von einem niedersächsischen Gericht erlassen, nimmt das zuständige staatsanwaltschaftliche Dezernat frühzeitig Kontakt zur zuständigen Justizvollzugseinrichtung und zum Referat 304 des MJ auf und kündigt die bevorstehende Zuführung der oder des Beschuldigten an. Dem Justizvollzug sind auch Daten zur Person der oder des Beschuldigten, die für die Erfüllung der Aufgaben der Justizvollzugseinrichtung erforderlich sind, insbesondere solche über ihre oder seine Persönlichkeit und weitere relevante Strafverfahren mitzuteilen (§ 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und Abs. 2 StPO). Von Bedeutung sind im vorliegenden Zusammenhang vorrangig Erkenntnisse zu einer extremistischen Ausrichtung etwa auch aus anderen Verfahren, in besonderem Maß aber auch Informationen zu Entweichungsrisiken, Suizidalität, Gewaltbereitschaft oder möglichen Bedrohungslagen. Dadurch kann eine sichere Unterbringung der oder des Beschuldigten unter Berücksichtigung der erforderlichen Trennung von Inhaftierten gewährleistet werden. Auch in den Fällen, in denen sich der dringende Tatverdacht zwar nicht auf eine Straftat gemäß den §§ 89a ff.129a129b StGB bezieht, aber dennoch ein extremistischer Hintergrund bei der zu inhaftierenden Person oder der zugrunde liegenden Straftat anzunehmen ist, ist analog zu verfahren. Darüber hinaus wird auf die gesetzlich geregelten Pflichten der Unterrichtung und Zusammenarbeit gemäß § 134b NJVollzG hingewiesen.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 6 des RdErl. i.d.F. vom 17. November 2023 (Nds. MBl. S. 974)

Abschnitt 4 Extr/TerrPolZsARdErl - Gemeinsame Besprechungen/Aus- und Fortbildungsveranstaltungen

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Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulantem Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus
Redaktionelle Abkürzung
Extr/TerrPolZsARdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21021

Die Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden unter Einbeziehung des Justizvollzuges zum Austausch von Erfahrungen und zur Vermittlung von Kenntnissen über die Phänomenbereiche des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus sind von großer Bedeutung für die Zusammenarbeit.

Um einen kontinuierlichen Informationsaustausch auch direkt zwischen dem NVerfSch und dem MJ zu gewährleisten, finden phänomenspezifische Besprechungen zwischen dem NVerfSch und dem MJ, Referat 304, statt, die insbesondere dem NVerfSch zur Erfüllung seiner Aufgaben gemäß § 3 NVerfSchG dienen und unter Maßgabe der einschlägigen Übermittlungsvorschriften stehen.

Das LKA führt regelmäßig, mindestens einmal jährlich, Besprechungen mit den Fachbereichsleitungen Sicherheit der Justizvollzugseinrichtungen, unter Beteiligung der für die Justizvollzugseinrichtungen örtlich zuständigen Staatsschutzdienststelle, des NVerfSch, der Generalstaatsanwaltschaft Celle sowie des Ambulanten Justizsozialdienstes Niedersachsen durch.

Hierbei werden u. a. die Effektivität des Informationsaustausches überprüft und bundes-/landesweites Erfahrungswissen aus den Phänomenbereichen ausgetauscht. Die Ergebnisse werden durch das LKA dokumentiert und den Teilnehmenden übermittelt.

Darüber hinaus führen die Leitungen der Staatsschutzdienststellen mindestens einmal jährlich Besprechungen mit den in ihrem Zuständigkeitsbereich gelegenen Fachbereichsleitungen Sicherheit der Justizvollzugseinrichtungen durch. Hierbei werden u. a. die Effektivität des Informationsaustausches überprüft, örtlich relevante Erfahrungen aus den Phänomenbereichen ausgetauscht und die Kontakte der unmittelbaren Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vertieft.

Sofern weiterer Bedarf zur Wissensvermittlung im Rahmen der Früherkennung extremistischer Sachverhalte und Zusammenhänge erkannt wird, sind entsprechende - ggf. auch ressortübergreifende - Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen. Aufgrund der phänomenbezogenen Fachkenntnisse und der polizeilichen Zentralstellenfunktion obliegt die Organisation dem LKA.

Der NVerfSch steht in Angelegenheiten des politischen und religiösen Extremismus vor allem in grundlegenden Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Namentlich kann der NVerfSch bei der Bewertung von Zeitschriften, Büchern oder Symbolen sowie der Einordnung von Organisationen hinzugezogen werden.

Das Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzuges wird den Themenkomplex des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus ergänzend in angemessener Weise in den Aus- und Fortbildungsmaßnahmen berücksichtigen.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 6 des RdErl. i.d.F. vom 17. November 2023 (Nds. MBl. S. 974)