Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 18.09.1997, Az.: SS 341/97
Rangverhältnis zwischen Zahlung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und der Lohnzahlung bei eingeschränkter Zahlungsfähigkeit des Arbeitsgebers; Vorenthaltung und Verunstreuen von Arbeitsentgelt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 18.09.1997
- Aktenzeichen
- SS 341/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 21888
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0918.SS341.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- NULL
Rechtsgrundlagen
- § 22 SGB IV
- § 266a StGB
Amtlicher Leitsatz
Bei eingeschränkter Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers besteht Gleichrang zwischen Zahlung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und der Lohnzahlung.
Gründe
Das Landgericht geht von einem Vorrang der Verpflichtung zur Zahlung der Sozialbeiträge bei der Verwendung der der Firma nach dem 11. Juli 1995 zur Verfügung stehenden Geldmittel aus. Diese Begründung trägt den Schuldspruch des angefochtenen Urteils jedoch nicht. Zutreffend hat das Landgericht nach seinen Feststellungen allerdings zu Grunde gelegt, dass der Angeklagte bis zum 11. Juli 1995 Beiträge nicht vorenthalten hat, weil sie teils gestundet, teils noch nicht fällig waren und er davon ausgehen konnte, die erforderlichen Beträge aus den Erträgen des Lohner Schützenfestes zu erwirtschaften. Für die Zeit danach hat es eine Zahlungsfähigkeit der Firma nur insoweit angenommen, als diese über von dem Angeklagten persönlich eingeschossene Mittel zur Zahlung von Barlohn an drei Fahrerinnen verfügte. dass die Firma im Übrigen zahlungsunfähig war, ergibt sich aus der festgestellten Ablehnung der Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse. Dass der Angeklagte pflichtwidrig die weitgehende Zahlungsunfähigkeit der Firma herbeigeführt hat, hat das Landgericht nicht festgestellt.
Ausgehend von diesem Sachverhalt war der Angeklagte nicht verpflichtet, die von ihm nach dem 11. Juli 1995 eingeschossenen Mittel vorrangig zur Ablösung der rückständigen Sozialversicherungsbeiträge zu verwenden. Es besteht vielmehr ein Gleichrang zwischen der Lohnzahlung und der Entrichtung der Sozialbeiträge. Der Angeklagte hat deswegen angesichts der auf die eingeschossenen Mittel beschränkten Zahlungsfähigkeit der Firma nur die auf die nach dem 11. Juli 1995 geleisteten Lohnzahlungen entfallenden Arbeitnehmeranteile vorenthalten. Dabei kann es dahinstehen, ob sich diese Zahlungen auf rückständige oder auf laufende Lohnforderungen bezogen. Der Angeklagte durfte diese Mittel nur unter Abzug der darauf entfallenden Arbeitnehmeranteile an die Fahrerinnen auszahlen (vgl. BGH bei Herlan, GA 1955, 81; BGHSt 38, 285, 289 [BGH 13.05.1992 - 5 StR 38/92]; OLG Celle wistra 1996, 114 ff mit Anmerkung von Bente). Er konnte die Bezahlung der Arbeitnehmeranteile nicht durch Vereinbarung oder, wie hier, durch die Zweckbestimmung eines Darlehens oder Zuschusses abbedingen. Der Beitragsanspruch des Sozialversicherungsträgers ist selbstständig und entsteht, sobald eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wird, § 22 SGB IV. § 266 a StGB bezweckt den Schutz des Beitragsaufkommens des Sozialversicherungsträgers.