Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.02.2019, Az.: 9 K 139/16
Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG für ein zuvor aus dem Betriebsvermögen gemäß § 13 Abs. 4 EStG ohne Ansatz des Entnahmegewinns in das Privatvermögen überführtes Grundstück
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.02.2019
- Aktenzeichen
- 9 K 139/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 42591
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2019:0220.9K139.16.00
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: IX R 12/19
- BFH - 18.07.2019 - AZ: 9 K 139/16
Rechtsgrundlagen
- EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2
- EStG § 22 Nr. 2
- EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4
Fundstellen
- DStRE 2019, 1258-1263
- EStB 2020, 32
Amtlicher Leitsatz
Bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns im Rahmen der Einkünfte aus privatem Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG ist als fiktive Anschaffungskosten der Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Zeitpunkt der durch Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ausgelösten Entnahme nach § 13 Abs. 4 EStG zu Grunde zu legen und nicht der Buchwert (entgegen BMF, Schreiben vom 05.10200 - VV DEU BMF 2000-10-05 IV C 3-S 2256-263/00 i.d.F. vom 07.02.2007 - IV C 3-S 2256 - 11/07).
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines Gewinns nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) aus der Veräußerung einer Altenteilerwohnung.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Landwirt und erzielte im Streitjahr als Einzelunternehmer jeweils Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Gewerbebetrieb und aus Beteiligungen. Die Klägerin erzielte im Streitjahr gewerbliche Einkünfte.
Auf der zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden alten Hofstelle des Klägers in A mit einer Größe von 9.730 m2 befanden sich unter anderem 2 Wohnungen; eine Betriebsleiterwohnung - die von den Klägern und ihren x Kindern zu eigenen Wohnzwecken genutzt würde - sowie eine Altenteilerwohnung, für die die Nutzungswertbesteuerung gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG über den 31. Dezember 1998 hinaus fortgesetzt worden war. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Baudenkmal. Zum 31. Dezember 2007 (Wirtschaftsjahr 2007/2008) wählte der Kläger die Nutzungswertbesteuerung ab, wodurch die Wohnungen steuerfrei ins Privatvermögen überführt wurden (§ 13 Abs. 4 EStG). Die steuerfreie Entnahme umfasste neben dem gesamten Wohnhaus mit einer Umgriffsfläche von 1.003 m2 auch einen Hausgarten von 2.880 m2.
Im Februar 2009 veräußerte der Kläger die gesamte Hofstelle, einschließlich des steuerfrei entnommenen Wohnhauses und des Hausgartens, zu einem Kaufpreis von 674.000,- € (notarieller Grundstückskaufvertrag vom 13. Februar 2009 ...). Steuerliche Folgerungen wurden aus der Veräußerung nicht gezogen.
In der Zeit vom 1. Juli bis 22. Oktober 2013 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung beim Kläger für die Jahre 2008 bis 2010 (Wirtschaftsjahre 2008/2009, 2010/2011) durch. Hierbei blieb die Behandlung der Veräußerung der alten Hofstelle in A und hierbei insbesondere die Höhe des sich aus der Veräußerung der Altenteilerwohnung mit dazugehörigem Grund und Boden ergebenden Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG streitig. In Anlehnung an ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 5. Oktober 2000 (VV DEU BMF 2000-10-05 IV C 3-S 2256-263/00, BStBl I 2000, 1383) in der Fassung vom 7. Februar 2007 (VV DEU BMF 2007-02-07 IV C 3-S 2256-11/07, BStBl I 2007, 262) vertrat der Betriebsprüfer unter Hinweis auf Textziffer 34 des BMF-Schreibens folgende Auffassung:
- Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt, private Veräußerungsgeschäfte, die der Besteuerung zu unterwerfen sind.
- Gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 EStG gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme als Anschaffung. Ausgenommen davon sind nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG selbstgenutzte Wohnungen.
- In Nr. 5.1 (Textziffer 16) regelt das BMF-Schreiben, dass die zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude/Gebäudeteile sowie der dazugehörige Grund und Boden von der Besteuerung nach § 23 EStG ausgenommen sind. Als zum Wohnhaus gehörender Grund und Boden zählt jedoch nur die für entsprechende Gebäudenutzung erforderliche und übliche Fläche. Die steuerfreie Veräußerung weiterer Flächen ist ausgeschlossen, auch wenn diese im Veräußerungszeitpunkt als Hausgarten genutzt werden.
- Die Altenteilerwohnung ist kein vom Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutztes Wirtschaftsgut (Nr. 5.3 -Textziffer 22- des BMF-Schreibens).
- Ferner regelt das Schreiben unter Nr. 6.5 (Textziffer 33 f.), dass bei Veräußerung eines Grundstücks, welches vorher aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt worden ist, an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert tritt, mit dem das Grundstück bei der Überführung angesetzt worden ist. Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn bei der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen der Entnahmegewinn kraft gesetzlicher Regelung bei der Besteuerung außer Ansatz geblieben ist. In diesem Fall tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme.
Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze ermittelte der Betriebsprüfer für die Altenteilerwohnung mit dazugehörigem Grund und Boden einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG wie folgt:
Kaufpreis Wohnhaus | 320.000,00 € |
---|---|
davon 35 % Anteil Altenteilerwohnung | 112.000,00 € |
abzgl. Buchwert 35 % von 3.120,00 € | - 1.092,00 € |
Veräußerungsgewinn | 110.908,00 € |
Grund und Boden der Altenteilerwohnung | |
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Fläche insgesamt 1.003 m2 | |
davon 35 %, 351 m2 x 26,31 € | 9.236,13 € |
abzgl. Buchwert 35 % von 5.274,32 € | - 1.845,98 € |
Veräußerungsgewinn | 7.390,13 € |
Hausgarten | |
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Fläche insgesamt 2.880 m2 x 26,31 € | 75.772,80 € |
abzgl. Buchwert | - 4.949,31 € |
Veräußerungsgewinn | 70.823,49 € |
Für die Betriebsleiterwohnung mit dazugehörigem Grund und Boden lag nach Ansicht des Betriebsprüfers kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor, da die Entnahme unter die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG falle.
Insgesamt nahm der Betriebsprüfer einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 189.121,64 € an.
Demgegenüber begehrten die Kläger im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns den Ansatz des Teilwertes anstelle des Buchwertes. Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns blieb zwischen den Beteiligten der Betriebsprüfung streitig.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und nahm im Rahmen der geänderten Einkommensteuerfestsetzung 2009 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 189.121,00 € an. Der infolge der Feststellungen der Betriebsprüfung geänderte Einkommensteuerbescheid 2009 erging am 15. November 2013.
Hiergegen wandten sich die Kläger mit ihrem Einspruch. Hierzu vertraten sie die Auffassung, dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG für die Altenteilerwohnung und den dazugehörigen Grund und Boden anstelle des Buchwertes der Teilwert zu berücksichtigen sei. Wäre es richtig, bei einem nach der Entnahme stattfindenden Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG nicht den Entnahmewert, sondern den Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme als Anschaffungskosten anzusetzen, würde § 13 Abs. 4 S. 4 EStG, welcher die steuerfreie Entnahme aus dem Betriebsvermögen regele, konterkariert, d. h. der steuerfreie Entnahmegewinn würde sich in einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gemäß § 23 EStG verwandeln. Diesem stehe entgegen, dass eine Veräußerung vor Abwahl der Nutzungswertbesteuerung aus dem Betriebsvermögen heraus ebenfalls gemäß § 13 Abs. 4 S. 6 Nr. 1 EStG steuerfrei gewesen wäre. Nur die Wertsteigerung, die nach dem Entnahmezeitpunkt entstanden sei, werde von § 23 EStG erfasst.
Dieses habe auch die Vorschrift des § 52 Abs. 15 EStG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (a.F.) so gesehen. Zumindest im Billigkeitswege habe die Finanzverwaltung den Ansatz des Teilwertes anstelle des Buchwertes zugelassen (so Rz. 34 des BMF-Schreibens). Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb das bei der Nachfolgevorschrift des § 52 Abs. 15 EStG a.F., nämlich § 13 Abs. 4 EStG, anders sein soll. Auch aus der Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt/Main vom 20. Juli 2007 (-S 2135 A-8-St 225) sei eine solche Differenzierung nicht ersichtlich. Nach Nr. 4 letzter Absatz dieser Verfügung sei bei der Ermittlung dieses Veräußerungsgewinns für eine Altenteiler- oder Betriebsleiterwohnung - wenn die Eigennutzung vor der Veräußerung aufgegeben wurde - der Teilwert anzusetzen.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Kläger nicht und lehnte auch den Ansatz des Teilwertes im Billigkeitswege ab. In seiner Einspruchsentscheidung vom 18. April 2016 führte der Beklagte hierzu aus, dass im Streitfall das denkmalgeschützte Wohnhaus und die Altenteilerwohnung erst 9 Jahre nach Auslaufen der Billigkeitsregelung, d. h. zum 31. Dezember 2007 aus dem Betriebsvermögen entnommen worden seien, obwohl die Möglichkeit der steuerfreien Entnahme bereits seit 1986 bestanden habe. Die Entnahme des Grund und Bodens sei jedoch erst zum 31. Dezember 2007 in der Ende Mai 2010 abgegebenen Einkommensteuererklärung für 2008 erklärt worden. Das "Zweifelsfragen" zur Neuregelung der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG" klärende BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 mit der Vorgabe des Buchwertansatzes sei somit bereits viele Jahre vor den zahlreichen diesbezüglichen Handlungen der Kläger ergangen und sei bei diesen infolge ihrer steuerlichen Beratung als bekannt anzunehmen. Würde man nunmehr den Teilwert im Zeitpunkt des - auch auf einen zurückliegenden Zeitpunkt erklärbaren - Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung ansetzen, würde dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, Wertveränderungen und daraus resultierende Steuerzahlungen durch geschickte steuerliche Gestaltung zu umgehen. Einen Rechtsanspruch auf Billigkeitsmaßnahmen, die ausschließlich für erheblich frühere Regelungszeiträume eingeräumt worden seien, könnten die Kläger nicht für sich herleiten. Eine eventuell vom einschlägigen BMF-Schreiben abweichende Rechtsauffassung in anderen Bundesländern sei vorliegend nicht maßgeblich.
Hiergegen richtet sich die beim Niedersächsischen Finanzgericht mit Schriftsatz vom 8. Juni 2016 erhobene Klage mit der die Kläger weiterhin ihr Begehren verfolgen, bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG den Teilwert für Gebäude und Grund und Boden im Zeitpunkt der durch Wegfall der Nutzungswertbesteuerung auslösenden Entnahme in Ansatz zu bringen. Fehlerhaft setze der Beklagte bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Anschaffungs- oder Herstellungskosten, nicht wie in § 23 Abs. 3 S. 3 EStG vorgesehen, den Wert (Teilwert) nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG an, evtl. nach § 23 Abs. 3 S. 4 EStG gemindert um als Werbungskosten abgezogene Absetzung für Abnutzung (AfA), sondern den Buchwert, den die steuerpflichtig veräußerten Wirtschaftsgüter am 31. Dezember 2007 in der Bilanz des Klägers hatten. Der Wortlaut des § 23 Abs. 3 S. 3 EStG sei insoweit jedoch eindeutig. Diese Regelung werde auch nicht durch § 13 Abs. 4 S. 5 EStG aufgehoben. Dort sei nicht geregelt, dass die Wirtschaftsgüter in den Fällen des § 13 Abs. 4 S. 4 EStG zum Buchwert zu entnehmen seien, sondern dass der (Entnahme-)Gewinn steuerfrei bleibe. Hieraus folge, dass ein Entnahmegewinn zu ermitteln sei, obwohl er steuerfrei bleibe.
Zudem begehrten die Kläger keine Billigkeitsmaßnahme, sondern die (ordnungsgemäße) Anwendung einer gesetzlichen Regelung. Hierzu verweisen die Kläger auf die Verfügung der OFD Frankfurt vom 20. Juli 2007 unter 4. Abs. 3, welche auf das fragliche BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 Bezug nehme.
Darüber hinaus spreche auch der Sinn und Zweck der hier einschlägigen Regelungen gegen eine Auslegung der gesetzlichen Vorgaben in der durch den Beklagten erfolgten Weise. Durch die Regelung in § 23 Abs.1 S. 2 EStG sollten Gewinne(Wertsteigerungen) oder ggf. auch Verluste erfasst werden, die - unter Zugrundelegung der Zeiträume, die in § 23 EStG vorgesehen seien (10 Jahre, 1 Jahr usA) - nach einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen eintreten würden. Durch deren Besteuerung solle aber nicht in die Gewinnermittlung eingegriffen werden, die mit der Entnahme des Wirtschaftsguts ende. Die Regelung für die Ermittlung eines Entnahmegewinns und dessen Besteuerung im Rahmen der Gewinneinkünfte blieben unberührt. § 23 EStG gelte für die Zeit nach der Entnahme. Diese Annahme werde zusätzlich durch § 13 Abs. 4 S. 6 Nr. 1 EStG bestätigt. Danach bleibe nicht nur ein Entnahmegewinn, der durch Abwahl der Nutzungswertbesteuerung entstanden sei, steuerfrei, sondern Wohnungen, für die die Nutzungswertbesteuerung mit der Folge einer steuerfreien Entnahme abgewählt werden könnte, könnten aus dem Betriebsvermögen heraus auch steuerfrei veräußert werden. Es sei nicht nachvollziehbar und ein Wertungswiderspruch, wenn ein Veräußerungsgewinn aus dem Betriebsvermögen heraus komplett steuerfrei bleiben würde, dagegen die Veräußerung des steuerfrei entnommenen Wirtschaftsguts kurz nach der Entnahme hinsichtlich des gesamten Veräußerungsgewinns (und nicht nur des nach der Entnahme entstandenen Gewinns) besteuert würde. Dafür gäbe es keine sachliche Rechtfertigung. Vielmehr käme es über § 23 EStG zur rückwirkenden Besteuerung eines mit Beendigung der Gewinnermittlung, d. h. dem Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen, steuerfrei gestellten Gewinns.
Nach der von den Klägern vertretenen Auffassung ermittelt sich der Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG im Streitfall wie folgt:
Der auf die Altenteilerwohnung entfallende Veräußerungspreis 2009 betrage unstreitig 112.000,00 € (s. Tz. 23.3.2 Bp-Bericht v. 22.10.2013). Die zu versteuernde Wertsteigerung könne aus Vereinfachungsgründen unter Berücksichtigung des Baupreisindex auf den 31.12.2007 (1.145,1), den 31.12.2008 (1.177,7) und den 31.12.2009 (1.187,7) ermittelt werden. Hiernach entfalle ein Anteil vom 3.215 € des Kaufpreises auf die Wertsteigerung vom 01.01.2008 bis 13.02.2009. Dieser Betrag sei aus Vereinfachungsgründen als Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen.
Vom Veräußerungspreis entfalle ein Betrag von 9.236,13 € auf den anteiligen, zur Altenteilerwohnung gehörenden Grund und Boden (Tz. 23.3.8 Bp-Bericht). Gemäß der durch den Gutachterausschuss erstellten Bodenrichtwertkarten seien vom 01.01.2008 bis 01.01.2010 (Veräußerung 13.02.2009) keine Wertsteigerungen feststellbar, mithin sei kein Veräußerungsgewinn anzunehmen.
Gleiches gelte für den Hausgarten, bei dem es sich trotz einer Größe von 2.880 m2 um einen "echten" Hausgarten handele und der gemäß Feststellung der Betriebsprüfung insgesamt steuerfrei gemäß § 13 Abs. 4 EStG entnommen worden sei. Bei Veräußerung der Hofstelle bleibe der anteilig der eigengenutzten Wohnung zuzurechnende Hausgarten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 S. 3 EStG steuerfrei. Der übrige Hausgarten sei der Altenteilerwohnung zugehörig. Mangels Wertsteigerung für die Zeit vom 01.01.2008 bis 13.02.2009 sei kein Veräußerungsgewinn festzustellen.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 15. November 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. April 2016 die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Einkommensteuergesetz in Höhe von 3.215 € (anstelle von 189.121 €) anzusetzen und die Einkommensteuer 2009 entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt weiterhin die im Einspruchsbescheid vom 18. April 2016 dargestellte Auffassung. Der Beklagte sieht sich an das BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 ("Zweifelsfragen zur Neuregelung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG") in der Fassung vom 7. Februar 2007 (BMF, IV C 3-S 2256-263/00) gebunden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 15. November 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. April 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, als der Beklagte bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einen über den Betrag von 3.215 € hinausgehenden Veräußerungsgewinn angenommen und es abgelehnt hat, bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns als fiktive Anschaffungskosten den Teilwert im Zeitpunkt der durch Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ausgelösten Entnahme nach § 13 Abs. 4 EStG zu Grunde zu legen und stattdessen den Buchwert als fiktive Anschaffungskosten berücksichtigt hat.
1. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 22 Nr. 2 EStG anzunehmen, wenn bei einem Grundstück der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).
2. Für die Berechnung des Zeitraums zwischen der Anschaffung und der Veräußerung ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Abschluss der obligatorischen Verträge abzustellen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 2005 IX R 14/03, BFHE 212, 127, BStBl II 2006, 513). Als Anschaffung gilt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen der Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe.
a) Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Klägers gehörte zunächst auch die Hofstelle in A in der sich 2 Wohnungen - eine Betriebsleiterwohnung und eine Altenteilerwohnung - befanden und für die die Nutzungswertbesteuerung gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG über den 31. Dezember 1998 hinaus fortgesetzt worden war. Mit Abwahl der Nutzungswertbesteuerung zum 31. Dezember 2007 wurden die Wohnungen und der dazugehörende Grund und Boden, einschließlich Hausgarten, gemäß § 13 Abs. 2, 4 EStG im Rahmen einer (fingierten) Entnahme ins Privatvermögen überführt. Dieses ist - soweit ersichtlich - zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
b) Mit notariellem Vertrag vom 13. Februar 2009 veräußerte der Kläger die alte Hofstelle in A einschließlich Wohnhaus und (Haus-) Garten. Da die (fingierte) Anschaffung und Veräußerung innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfolgte, ist der Tatbestand der Vorschrift erfüllt.
c) Ausgenommen von einer Beurteilung als privates Veräußerungsgeschäft ist die Veräußerung der Betriebsleiterwohnung, da diese - zwischen den Beteiligten unstreitig - dem Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unterfällt. Hiernach unterfallen Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, nicht dem Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts. Die Betriebsleiterwohnung, einschließlich des ihr zugehörenden Grund und Bodens, wurde von den Klägern im besagten Zeitraum zu eigenen Wohnzwecken genutzt und unterfallen mithin nicht dem Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr 1 EStG (BFH-Urteil vom 25. Mai 2011 IX R 48/10, BFHE 234, 72, BStBl II 2011, 868).
3. Der Gewinn aus der Veräußerung der restlichen Hofstelle (Altenteilerwohnung und Grund und Boden) im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beträgt im Streitjahr 3.215 €.
Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG nach dem Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits.
a) Der Veräußerungspreis für die gesamte Hofstelle betrug entsprechend des notariellen Kaufvertrags vom 13. Februar 2009 674.000 €. Nach unstreitigen Feststellungen der Betriebsprüfung entfielen dabei 112.000 € auf die Altenteilerwohnung und 9.236,13 € auf den der Altenteilerwohnung zugehörigen Grund und Boden sowie 75.772,80 € auf den Hausgarten (BP-Bericht vom 22. Oktober 2013).
b) An die Stelle der Anschaffungskosten tritt gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 EStG, d.h. u.a. in den Fällen der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG angesetzte Wert. Dieses ist - vorbehaltlich einer hier nicht einschlägigen Alternative nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, 2. Alternative EStG - der Teilwert.
c) Das Gericht folgt in diesem Zusammenhang nicht der von der Finanzverwaltung unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 (VV DEU BMF 2000-10-05 IV C 3-S 2256-263/00) in der Fassung vom 7. Februar 2007 (IV C 3-S 2256-11/07) vertretenen Auffassung eines Ansatzes des Buchwertes des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme.
aa) Gemäß Abschnitt 6.5 (Rz 33) des BMF-Schreibens vom 5. Oktober 2000 ("Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns bei Entnahme des Grundstücks aus einem Betriebsvermögen, § 23 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 3 EStG") tritt bei der Veräußerung eines Grundstücks, welches vorher aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt worden ist, an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wert, mit dem das Grundstück bei der Überführung angesetzt worden ist (§ 23 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dieses gelte grundsätzlich auch, wenn bei einer vorangegangenen Überführung des Grundstücks in das Betriebsvermögen der Entnahmegewinn nicht zur Einkommensteuer herangezogen worden sei (§ 16 Abs. 4, §§ 14, 14a, § 18 Abs. 3 EStG).
Etwas anderes sei jedoch anzunehmen, wenn bei der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen der Entnahmegewinn kraft gesetzlicher Regelung bei der Besteuerung außer Ansatz bleibe. In diesen Fällen trete an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme (Rz 34). Einen solchen (Ausnahme-)Fall sieht die Verwaltung bei der im Streitfall vorliegenden Entnahme nach § 13 Abs. 4 EStG als gegeben an.
bb) Dem Ansatz des Buchwertes anstelle des Teilwerts im Zeitpunkt der Entnahme als (fiktive) Anschaffungskosten steht nach Auffassung des Gerichts jedoch bereits der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen.
§ 23 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 EStG verweist ausdrücklich auf die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, welcher den Entnahmewert als Teilwert bestimmt. Dieser Verweis erscheint nach Ansicht des Senats auch folgerichtig und konsequent, denn mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gemäß § 13 Abs. 4 Satz 4 EStG gilt die Wohnung als entnommen. Diese kraft gesetzlicher Regelung erfolgte Entnahme stellt - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch keine Buchwert-Entnahme dar (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 20. April 2005 X R 53/04, BFHE 210, 100, BStBl II 2005, 698 unter II.3.c) zur Vorgängervorschrift des § 52 Abs. 15 Satz 7 EStG a. F.). Denn § 13 Abs. 4 Satz 5 EStG regelt - wie bereits die inhaltsgleiche Vorgängervorschrift des § 52 Abs. 5 Satz 7 EStG 1997 (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 05.04.2017 2 K 26/17, EFG 2017, 1090) - insoweit eindeutig, dass (lediglich) der Entnahmegewinn außer Ansatz bleibt. Aus dieser Formulierung folgt, dass zwar grundsätzlich ein Entnahmegewinn nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln ist (BFH-Urteil vom 20. April 2005 X R 53/04, BFHE 210, 100, BStBl II 2005, 698), dieser allerdings nicht in die Gewinnermittlung einbezogen oder zumindest nicht der Besteuerung unterworfen wird (so auch Müller, "Spekulationsgewinn bei vorweggenommener Erbfolge im Hinblick auf früher zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Wohngebäude?", FR 2001, 681). Damit hat der Gesetzgeber keiner Buchwert-Entnahme zugesprochen, sondern lediglich den ermittelten Entnahmegewinn von der Besteuerung freigestellt.
cc) Neben dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes spricht nach Auffassung des erkennenden Senats auch die Systematik des Einkommensteuerrechts gegen den Ansatz des Buchwertes für die zuvor gemäß § 13 Abs. 4 EStG steuerfrei aus dem Betriebsvermögen entnommenen Wirtschaftsgüter im Rahmen der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 3, Abs. 1 Satz 2 EStG.
(1) Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch die Nutzungswerte der in einem Baudenkmal gelegenen, vom Steuerpflichtigen oder einem Altenteiler selbstgenutzten Wohnung, wenn die Wohnung schon im Veranlagungszeitraum 1986 selbst genutzt wurde. Mit der (jederzeitigen) Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nach § 13 Abs. 4 Satz 2 EStG gelten die Wohnungen sowie der dazugehörende Grund und Boden (zwingend) als entnommen (§ 13 Abs. 4 Satz 4 EStG).
Mit der Entnahme endet dabei auch die Zugehörigkeit des entnommenen Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen; es wird Teil des Privatvermögens des Steuerpflichtigen. Damit endet gleichzeitig seine Fähigkeit, Gegenstand der Gewinnerzielung im Rahmen der Gewinneinkunftsarten des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu sein. Ab diesem Zeitpunkt unterliegen die Erträge, die im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsgut des Privatvermögens bewirkt werden, nur soweit der Besteuerung, als sich dies aus den §§ 19 ff EStG ergibt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Eine Besteuerung der Vermögenssubstanz im Privatvermögen erfolgt nach der im Rahmen der Überschusseinkunftsarten systemtragenden Quellentheorie grundsätzlich nicht. Für eine Durchbrechung dieses Grundgedankens bedarf es daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Eine solche Ausnahme stellt die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte dar. Hiernach wird ein sich bei der Veräußerung von Privatvermögen ergebener Überschuss - in Durchbrechung der Quellentheorie - im Rahmen der Überschusseinkunftsarten unter den Voraussetzungen der §§ 22 Nr. 2 i. V. m. 23 EStG der Einkommensbesteuerung unterworfen, wenn die Veräußerung innerhalb des steuerrelevanten Zeitraums (1 Jahr, 10 Jahre) erfolgt ist. Dieser Zeitraum beginnt mit dem Zeitpunkt der Überführung des Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen als fiktive Anschaffung (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 EStG). Folgt man allerdings der im Streitfall von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung und verneint bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 EStG den Ansatz des Teilwertes und greift stattdessen auf den Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme zurück, so begründet diese Annahme faktisch eine Ausdehnung des für die Besteuerung relevanten Zeitraums nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG, indem die Zeiten der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen in den steuerrelevanten Zeitraum mit einbezogen werden. Gleichzeitig hätte dieses zur Folge, dass die gesetzlich vorgesehene Steuerfreiheit gemäß § 13 Abs. 4 Satz 5 EStG unter der Bedingung stehen würde, dass das Grundstück zehn Jahre lang nicht veräußert wird (vgl. auch Müller, FR 2001, 681, 682). Dies stellt nach Ansicht des Senats eine gesetzeswidrige Überschreitung der Grenzen der gesetzlichen Legitimation für die Besteuerung von Werterhöhungen im privaten Bereich dar.
(2) Ein weiteres, entscheidendes Argument gegen den Ansatz des Buchwertes als (fiktive) Anschaffungskosten im Rahmen der Ermittlung des (privaten) Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 EStG ist zudem, dass hierdurch die während der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen angesammelten stillen Reserven im Falle einer Veräußerung des Wirtschaftsguts innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG nachversteuert werden müssten. Diese Nachversteuerung der im Betriebsvermögen erzielten Werterhöhungen ist durch die gesetzliche Regelung nicht abgedeckt (vgl. hierzu auch Risthaus, Zweifelsfragen zur Neuregelung der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG, DB Beilage Nr. 13/2000, Rz 34). Denn mit der Einführung der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG beabsichtigte der Gesetzgeber im Rahmen einer Missbrauchsvermeidungsvorschrift (lediglich) zu niedrigen Entnahmewerten der Steuerpflichtigen entgegenzutreten und die Wertsteigerungen im Privatvermögen innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Besteuerung zu unterwerfen (BFH-Urteil vom 23. August 2011 IX R 66/10, BFHE 234, 335, BStBl II 2013, 1002 m. A N. aus der Rspr. und Hinweis auf BTDrucks 14/23, 179). Werden die im Betriebsvermögen erwirtschafteten stillen Reserven bei Entnahme ins Privatvermögen jedoch - wie im Falle des § 13 Abs. 4 Satz 5 EStG - ausdrücklich von der Besteuerung freigestellt, so steht es nicht mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang, im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG diese Steuerbefreiung rückwirkend wieder aufzuheben.
(3) Darüber hinaus hat der Ansatz des Buchwertes als fiktive Anschaffungskosten zur Folge, dass im Rahmen einer gesetzlichen Vorschrift, welche dem Zweck dient die innerhalb der "Spekulationsfrist" im Privatvermögen realisierte Werterhöhungen der Vermögenssubstanz ausnahmsweise der Einkommensteuer zu unterwerfen, gleichzeitig auch Wertsteigerungen erfasst werden, die im betrieblichen Betrieb erwirtschaftet wurden und den Bereich der Gewinneinkünfte zuzurechnen sind, besteuert werden. Eine solche Verquickung betrieblich und privat erwirtschaftete Erträge erachtet der Senat als systemwidrig.
Die rückwirkende Versteuerung rechtfertigt sich auch nicht mit dem Hinweis auf den nunmehr mit der Veräußerung des Wirtschaftsguts eingetretenen Rechtsträgerwechsel (anstelle der ursprünglichen, rechtsträgerneutralen Überführung des Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen). Denn auch bei einer zuvor aus dem Betriebsvermögen erfolgten Veräußerung des Wirtschaftsguts, unter sonst gleichbleibenden Voraussetzungen, wäre ein Veräußerungsgewinn ebenfalls gemäß § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 1, 2. Alt. EStG außer Ansatz geblieben.
(4) Dem Ansatz des Teilwertes steht nach Ansicht des Senats auch nicht die Rechtsprechung des BFH zur Bemessungsgrundlage für die AfA nach einer steuerfreien Entnahme entgegen (vgl. BFH-Urteile vom 3. Mai 1994 IX R 59/92, BFHE 174, 422, BStBl II 1994, 749 und vom 14. Dezember 1999 IX R 62/96, BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656). Hiernach bemisst sich bei (steuerfreien) Entnahmen im Zusammenhang mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung die weitere AfA im Privatvermögen nach den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert. Für den BFH war dabei ausschlaggebend, dass der Gesetzgeber neben der Steuerfreiheit nicht noch eine zusätzliche Vergünstigung schaffen wollte, die in AfA ohne Aufwand bestanden hätte (vgl. Müller a. a. O. FR 2001, 681). Der Umstand, dass dadurch die (fiktiven) Anschaffungskosten für die Bemessungsgrundlage für die weitere AfA im Privatvermögen und für Zwecke des § 23 EStG auseinanderfallen, stellt nach Ansicht des Senats keine Rechtfertigung für die Nachversteuerung eines nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes steuerfrei aus dem Betriebsvermögen entnommenen Wertzuwachses im Privatvermögen dar (so auch Risthaus a. a. O.).
(5) Schließlich vermag der Senat in diesem Zusammenhang auch keinen hinreichenden Grund für die von der Finanzverwaltung unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 (Rz. 33, 34) vorgenommene Unterscheidung einer Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 4, §§ 14, 14a, § 18 Abs. 4 EStG auf der einen und § 13 Abs. 4, Abs. 5 EStG auf der anderen Seite erkennen.
Gemäß Rz 34 des BMF-Schreibens vom 5. Oktober 2000 tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme, wenn bei der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen der Entnahmegewinn kraft gesetzlicher Regelung bei der Besteuerung außer Ansatz geblieben ist. Eine Begründung für die vorgenommene Unterscheidung einer Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 4, §§ 14, 14a, § 18 Abs. 4 EStG zur Steuerfreiheit des Entnahmegewinns nach § 13 Abs. 4, Abs. 5 EStG bleibt die Vorschrift schuldig.
d) Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze ist bei der Ermittlung des Gewinns aus privatem Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 3 EStG der Teilwert des veräußerten Grundstücks zugrunde zu legen.
aa) Nach der Legaldefinition des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Teilwert der Betrag, den ein Erwerber im Rahmen des Gesamtpreises für das einzelne Wirtschaftsgut unter der Annahme der Betriebsfortführung ansetzen würde. Für die Bestimmung des Teilwerts gilt die Vermutung, dass der Teilwert eines Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Erwerbs den Anschaffungskosten entspricht und sich zu einem späteren Zeitpunkt mit den Wiederbeschaffungskosten deckt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 29 April 1999 IV R 63/97, BFHE 188, 386 [BFH 29.04.1999 - IV R 63/97], BStBl II 2004, 639 m. A N.).
bb) Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist bei der Ermittlung des Gewinns der durch den Steuerpflichtigen bei Entnahme angesetzte Teilwert zugrunde zu legen (Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, 247. Akt. 2014, § 23 Rn. D 35). Die im Rahmen einer Gesetzesänderung korrigierte Formulierung von "anzusetzender" in "angesetzter" Wert sollte verhindern, dass ein eventuell durch den Steuerpflichtigen zu niedrig erfasster Entnahmewert im Rahmen der Ermittlung des privaten Veräußerungsgewinns zugunsten der Steuerpflichtigen zu korrigieren ist.
cc) Vorliegend wurde infolge der gesetzlich bestimmten Steuerfreiheit des Entnahmegewinns bei Überführung der Wohnungen einschließlich des dazugehörigen Grund und Bodens ins Privatvermögen auf eine Ermittlung/Bestimmung des Teilwerts im Zeitpunkt der Entnahme verzichtet.
Mangels anderweitiger Anhaltspunkte und in Anlehnung an den Gesetzeszweck, die nach der Entnahme im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven innerhalb von 10 Jahren der Besteuerung zu unterwerfen, erachtet der Senat eine Ermittlung der Wertsteigerung der Grundstücke im Privatvermögen, d.h. in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zur Veräußerung am 13. Februar 2009 für die Altenteilerwohnung auf Basis des Baupreisindex (im Rahmen einer retrograden Ermittlung) und für den Grund und Boden anhand der Bodenrichtwertkarten (Kulosa in Schmidt EStG 37. Aufl. 2018, § 6 Rz. 272) für sachgerecht. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen und Angaben der Kläger zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns.
(a) Altenteilerwohnung
Die Wohnfläche der Altenteilerwohnung entsprach - zwischen den Beteiligten unstreitig - etwa 35 % der Wohnfläche des gesamten Wohnhauses. Der anteilige Veräußerungspreis für die Altenteilerwohnung betrug nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten 112.000 € (vgl. Tz 23.3.2 Bp-Bericht v. 22.10.2013). Der Bauindex für Wohngebäude betrug im Jahr 2007 1.145,1 €, im Jahr 2008 1.177,7 € und im Jahr 2009 1.187,7 € (Landesamt für Steuern Niedersachsen, 22.03.2018, S 2171-35-St 282, FMNR14b340018).
Unter Zugrundelegung des anteiligen Kaufpreises ergibt sich im Wege der Zurückrechnung auf den Zeitpunkt der Entnahme ein Wert für die Altenteilerwohnung von 108.785 € und entsprechend eine Werterhöhung in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zur Veräußerung am 13. Februar 2009 von 3.215 €. Diese ist im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG als (privater) Veräußerungsgewinn der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen.
Die Wertsteigerung der Altenteilerwohnung berechnet sich in Anlehnung an die Entwicklung des Bauindex für Wohngebäude im Einzelnen wie folgt:
31.12.2007 | 1.145,1 (Zeitpunkt der Entnahme) |
---|---|
31.12.2008 | 1.177,7 |
Diff. | 32,6 |
31.12.2009 | 1.187,7 |
Diff. | 10,0 |
Bauindex am 13.02.2009 (Veräußerung): 32,6 + 1,25 [10 ÷ 12 x 1,5 Monate] = 33,85
33,85 ÷ 1.145,1 x 100 = 2,95607
=> 112.000 € ÷ 102,95607 x 100 = 108.784,26 € (Wert 01.01.2008)
=> 112.000 € - 108.784,26 € = 3.215,74 € (Wertsteigerung)
(b) anteiliger Grund und Boden
Der anteilige, zur Altenteilerwohnung gehörende Grund und Boden unterfällt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts, sodass grundsätzlich ein Veräußerungsgewinn/-verlust nach Abs. 3 der Vorschrift zu ermitteln ist. Entsprechend der vorgelegten Bodenrichtwertkarten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte X für die Gemeinde A, vom 01.01.2008, 01.01.2009, 01.01.2010 und 31.12.2016 ergibt sich im streitrelevanten Zeitraum keine Wertsteigerung für den Grund und Boden. Dieses erscheint im Hinblick auf den sehr geringen Zeitraum zwischen Entnahme und Abschluss des Kaufvertrages von nicht mal 14 Monaten schlüssig. Der Ansatz eines Veräußerungsgewinns entfällt.
(c) Hausgarten
Ein Gewinn aus privatem Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist für den mitveräußerten Hausgarten mit einer Fläche von 2.880 m2 nicht zu berücksichtigen.
Zwar ist zweifelhaft, ob und ggf. in welchem Umfang das unbebaute Grundstück als zur Betriebsleiterwohnung und damit als zu einem selbstbewohnten Wirtschaftsgut "dazugehörender Grund und Boden" angesehen werden kann, welcher unter die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG fällt. Denn, ob sich eine Hausgartenfläche als "dazugehörender Grund und Boden" darstellt ist nach der Rechtsprechung des BFH im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und den sich hieraus ergebenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu entscheiden (BFH-Urteil vom 26. September 2001 IV R 22/00, BFHE 196, 559, BStBl II 2001, 762). Die Annahme einer absoluten Flächenobergrenze wurde in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung bisher abgelehnt (BFH-Urteile vom 6. November 2003 IV R 41/02, BFHE 204, 444, BStBl II 2004, 419 und vom 11. Dezember 2003 IV R 7/02, BFHE 204, 206, BStBl II 2004, 277).
Der Senat geht - in Übereinstimmung mit dem Beteiligten - davon aus, dass der Hausgarten unter Abwahl der Nutzungswertbesteuerung zum 31.12.2007 gemäß § 13 Abs. 4 EStG steuerfrei entnommen wurde (vgl. Tz. 23 Bp.-Bericht vom 22.10.2013) und dieser (Teil-)Wert als "angesetzter" Wert im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG zu berücksichtigen ist.
Gleichwohl braucht der Senat vorliegend nicht darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang sich das unbebaute Grundstück als zur Betriebsleiter- und / oder zur Altenteilerwohnung zugehöriger Grund und Boden darstellt, denn auch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG mangels Wertsteigerung des Grundstücks zwischen Entnahme und Veräußerung nicht gegeben. Auf die Ausführungen unter 3.d) cc) (b) wird insoweit Bezug genommen.
Nach alledem war der Klage daher stattzugeben und die Einkünfte aus privatem Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf 3.215 € zu reduzieren.
4. Der Senat hat die Revision vor dem Hintergrund der abweichenden Rechtsauffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 ("Zweifelsfragen zur Neuregelung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG") in der Fassung vom 7. Februar 2007 (BMF, IV C 3-S 2256-263/00) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).