Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 03.05.2019, Az.: 5 B 33/19

Kurzfristigkeit; öffentliche Einrichtung; privatrechtlicher Mietvertrag; Zwei-Stufen-Theorie

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
03.05.2019
Aktenzeichen
5 B 33/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69497
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, ihr die Nutzung des Veranstaltungszentrums C. in der Zeit vom 3. Mai bis 5. Mai 2019 zu den Bedingungen des Vertragsentwurfs der Antragsgegnerin vom 11. April 2019 zu überlassen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig. Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Es liegt eine Streitigkeit auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts vor (§ 40 Abs. 1 VwGO), da die Antragstellerin einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung geltend macht.

Bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen dem Anspruch auf Zugang zu der Einrichtung einerseits, der regelmäßig nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist und darum nach § 40 Abs. 1 VwGO in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fällt, und den Modalitäten der Benutzung andererseits, die auch privatrechtlich ausgestaltet sein können und über die bei solcher Ausgestaltung gemäß § 13 GVG die ordentlichen Gerichten angerufen werden müssen (sog. Zwei-Stufen-Theorie, vgl. Seybold in: BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, 9. Edition Stand: 01.02.2019, § 30 NKomVG Rn. 39f m.w.N.; Nds.OVG, Beschl. v. 18.06.2018 -10 ME 207/18-, juris). Während es im Vorfeld des hiesigen Verfahrens nicht um den Zugang zur Einrichtung an sich, sondern lediglich um die nähere vertragliche Ausgestaltung gegangen war, was dem Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuzuordnen war, ist nach der Weigerung der Antragsgegnerin, die Nutzung der Einrichtung zum jetzigen Zeitpunkt noch zuzulassen, nunmehr (wieder) über das „ob“ des Zuganges zu entscheiden.

Der Antrag hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Ein Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist begründet, wenn nach summarischer Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des geltend gemachten Rechtes (Anordnungsanspruch) und die Gefahr einer Vereitelung bzw. wesentlicher Erschwerung dieses Rechtes (Anordnungsgrund) besteht (vgl. allein W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 23). Die Voraussetzungen sind von der Antragstellerseite glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Der Antrag der Antragstellerin hat keinen Erfolg, da kein Anordnungsanspruch gegeben ist. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung besitzt die Antragstellerin jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anspruch mehr gegen die Antragsgegnerin auf Gestattung der Nutzung des Veranstaltungszentrums C. zu den Bedingungen des Vertragsentwurfes vom 11. April 2019 in der Zeit vom 3. Mai bis 5. Mai 2019 für den Landesparteitag (4. Mai bis 5. Mai 2019) sowie eine öffentliche Wahlkampfveranstaltung (Abend des 4. Mai 2019).

Dabei kann die Frage offenbleiben, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage der Antragstellerin grundsätzlich ein Anspruch auf Nutzung des Veranstaltungszentrums der Antragsgegnerin C. zusteht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf § 30 NKomVG, dessen Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sein dürften, da die Antragstellerin ihren Sitz nicht innerhalb des Gebietes der Antragsgegnerin hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.02.2007 -10 ME 74/07-, juris), bzw. in Bezug auf den Gleichbehandlungsgrundsatz bezüglich politischer Parteien (Art. 3 Abs. 1 GG und § 5 PartG).

Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, zum jetzigen Zeitpunkt - auch nicht zu den Bedingungen des Vertragsentwurfes vom 11. April 2019 - eine Nutzung des Veranstaltungszentrums C. in der Zeit vom 3. Mai bis 5. Mai 2019 zuzulassen. Die Antragsgegnerin hatte im Vorfeld des Verfahrens zu keinem Zeitpunkt eine Nutzung des Veranstaltungszentrums durch die Antragstellerin grundsätzlich in Frage gestellt. Vielmehr hat sie die Bereitschaft zur Überlassung u.a. in der E-Mail vom 21. Januar 2019, dem Vertragsentwurf vom 11. April 2019 sowie dem Schreiben vom 26. April 2019 deutlich gemacht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war ein Nutzungsvertrag nicht bereits durch die beiderseitigen E-Mails vom 21. und 22. Januar 2019 geschlossen, da es jedenfalls an einer verbindlichen Terminsbestätigung im Sinne von § 1 Nr. 2 b) der allgemeinen Vertragsbedingungen des Veranstaltungszentrums C. fehlte. Es wird insoweit auf die Entscheidungen des Amtsgerichts Winsen/Luhe vom 2. Mai 2019 (Az.: 23 C 402/19) und der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Lüneburg vom 3. Mai 2019 (Az.: 6 T 33/19) Bezug genommen. Angesichts dessen durfte die Antragsgegnerin - bei Anerkennung des Bestehens eines öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechtes - die tatsächliche Überlassung vom Abschluss eines schriftlichen Vertrages zwischen den Parteien im Sinne von § 1 Nr. 1 der allgemeinen Vertragsbedingungen des Veranstaltungszentrums C. abhängig machen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.06.2018 -10 ME 207/18- m.w.N., juris Rn. 39). Den von der Antragsgegnerin übersandten Vertragsentwurf vom 11. April 2019 hat die Antragstellerin jedoch nicht unterschrieben, vielmehr hat sie die Unterschrift unter den Mietvertrag ausdrücklich - unter anderem mit dem Fax vom 25. April 2019 - abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 26. April 2019 die Fristen zur Annahme des bzw. der Verträge bis - unter Berücksichtigung des Feiertages 1. Mai - verhältnismäßig kurz vor Veranstaltungsbeginn, nämlich bis zum 29. April 2019 (bzgl. Parteitag) bzw. 30. April 2019 (bzgl. Wahlkampfveranstaltung) verlängert. Eine Annahme von Seiten der Antragstellerin erfolgte nicht. Auch in den vor dem Amtsgericht Winsen/Luhe und dem Landgericht Lüneburg geführten Verfahren hat sich die Antragstellerin bis jedenfalls zum 2. Mai 2019 offenbar noch auf den - unzutreffenden - Rechtsstandpunkt gestellt, es bedürfe für die Nutzung keines Vertragsschlusses mehr, da bereits in Form des E-Mail-Verkehrs ein Vertrag zustande gekommen sei. Angesichts dessen konnte die Antragsgegnerin im Vorfeld realistischerweise nicht mehr davon ausgehen, dass es noch zu einer Nutzung des Veranstaltungszentrums durch die Antragstellerin kommen werde. Entsprechend war sie auch in keiner Weise gehalten, Vorbereitungen für die Veranstaltung zu treffen.

Eine Beschränkung eines etwaig bestehenden öffentlich-rechtlichen Zugangsrechts der Antragstellerin liegt im Übrigen nicht in den Bedingungen der Mietvertragsangebote der Antragsgegnerin vom 11. April 2019 und 26. April 2019. Abgesehen davon, dass weder vorgetragen wurde noch im Übrigen ersichtlich ist, dass die diesbezüglichen Vertragsbedingungen von denen für andere Nutzer abweichen, sind Regelungen, die in einer Weise unverhältnismäßig oder unzumutbar wären, dass sie faktisch einem Zugangsausschluss gleichkommen würden, nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Erfordernisses einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 8.500 €, welche angesichts des Charakters einer Vorauszahlung in Höhe der Nichtinanspruchnahme zurückzuzahlen ist, der Vertragsstrafe von 9.000 €, welche nur bei Vertragsverletzungen zu leisten ist und im Übrigen nicht unverhältnismäßig hoch erscheint, sowie hinsichtlich der Stellung des Sicherheitsdienstes.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Antragsgegnerin, auch wenn die Antragstellerin nunmehr mit den Vertragsbedingungen gemäß dem Entwurf vom 11. April 2019 einverstanden ist, aus tatsächlichen Gründen nicht mehr zur Überlassung des Veranstaltungszentrums verpflichtet. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben frühestens am Abend des 2. Mai 2019 gegenüber der Antragsgegnerin in einem Telefonat die allgemeine Bereitschaft gezeigt, den Vertragsentwurf vom 11. April 2019 zu akzeptieren. Schriftlich ist die Bereitschaft erst mit der Antragstellung im hiesigen Verfahren am Vormittag des 3. Mai 2019 bestätigt worden. Unter Berücksichtigung eines geplanten Beginns der Aufbauarbeiten am 3. Mai 2019 und eines Beginns der Veranstaltung am 4. Mai 2019 verbleibt der Antragsgegnerin praktisch keinerlei Zeit mehr, um die ihr obliegenden Vorbereitungen für die Veranstaltungen durchzuführen. Nach Angaben der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren sind im Vorfeld der Veranstaltung von Seiten der Gemeinde diverse Tätigkeiten, beispielsweise in Bezug auf Sicherheits- und Kontrolldienste, Bestuhlung, technische Anlagen, Heizung etc. zu entfalten. Ferner müsse auch entsprechendes Personal zur Verfügung vorgehalten werde. Diese Vorbereitung könne in der verbleibenden Zeit nicht mehr erfolgen. Konkrete Anhaltspunkte, die vorliegend eine abweichende Einschätzung rechtfertigen würden, sind für die Kammer nicht ersichtlich. Es ist der Antragsgegnerin danach nicht möglich, die notwendige Vorbereitung in sicherer und ordnungsgemäßer Weise mit einem Vorlauf von lediglich ½ bis 1 Tag durchzuführen. Da der Grund für das nicht rechtzeitige Zustandekommen eines Mietvertrages allein im Verantwortungsbereich der Antragstellerin liegt, war die Antragsgegnerin –die im Vorfeld durchgehend ein Nutzungsrecht der Antragstellerin bejaht hat, vorliegend nicht zur Zulassung der Nutzung zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.