Landgericht Hannover
Beschl. v. 14.03.2016, Az.: 75 StVK 198/13
Länderübergreifende Verlegung eines Strafgefangenen aus dem niedersächsischen Strafvollzug in den Strafvollzug eines anderen Bundeslandes; Ermessensentscheidung der zuständigen Vollzugsbehörde; Anspruch des Betroffenen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung; Verlegungsentscheidung unmittelbar vom Niedersächsischen Justizministerium in Ausübung des Vorbehaltsrechts
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 14.03.2016
- Aktenzeichen
- 75 StVK 198/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 18305
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2016:0314.75STVK198.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 15.08.2014 - AZ: 75 StVK 198/13
- OLG Celle - 24.10.2014 - AZ: 1 Ws 439/14
- BVerfG - 30.06.2015 - AZ: 2 BvR 2810/14
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs. 1 NJVollzG
- § 11 Abs. 1 NJVollzG
- § 102 NJVollzG
- § 184 Abs. 2 S. 1 NJVollzG
- § 109 Abs. 1 StVollzG
- § 115 Abs. 3 StVollzG
Fundstelle
- StV 2018, 652
- 1.
Die Entscheidung über eine länderübergreifende Verlegung eines Strafgefangenen gemäß § 11 Abs. 1 NJVollzG i.V.m. § 10 Abs. 1 NJVollzG darf in Ausübung des Vorbehaltsrechts nach § 184 Abs. 2 Satz 1 NJVollzG auch unmittelbar vom Niedersächsischen Justizministerium getroffen werden.
- 2.
Eine von vornherein befristete länderübergreifende Verlegung eines Strafgefangenen zum Zwecke des weiteren Strafvollzugs, die ohne weiteres durch Rückverlegung des Strafgefangenen in den Strafvollzug des abgebenden Bundeslandes beendet werden könnte, ist dem NJVollzG - ebenso wie dem StVollzG - fremd. Eine länderübergreifende Wegverlegung eines Strafgefangenen aus dem niedersächsischen Strafvollzug stellt deshalb auch dann, wenn der vorangegangenen Verlegung des Strafgefangenen nach Niedersachsen nur eine Zustimmung zu einer zeitlich befristeten Übernahme zu Grunde lag, eine Verlegungsentscheidung im Sinne des § 11 Abs. 1 NJVollzG dar, die nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 NJVollzG statthaft ist.
- 3.
Die Entscheidung über eine länderübergreifende Verlegung nach § 11 Abs. 1 NJVollzG i.V.m. § 10 Abs. 1 NJVollzG ist eine Ermessensentscheidung der zuständigen Vollzugsbehörde, die im Rahmen eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung daraufhin zu überprüfen ist, ob die gesetzlich normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlegung gegeben waren und die Vollzugsbehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Betroffene hat insofern einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
In der Strafvollzugssache
Beschluss vom 14.03.2016 in der Strafvollzugssache 75 StVK 198/13
Länderübergreifende Verlegung eines Strafgefangenen aus dem niedersächsischen Strafvollzug in den Strafvollzug eines anderen Bundeslandes gemäß § 11 Abs. 1 NJVollzG i.V.m. § 10 Abs. 1 NJVollzG
Rechtsgang (vorangehend):
1. Landgericht Hannover, 2. Strafvollstreckungskammer, Beschluss vom 15.08.2014 - 75 StVK 198/13
2. OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschluss vom 24.10.2014 - 1 Ws 439/14, NdsRPfl. 2015, 27
3. BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389
des H.-J. S.,
zurzeit JVA W.
- Antragsteller -
gegen
das Niedersächsische Justizministerium
vertreten durch die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz
Am Waterlooplatz 1, 30169 Hannover
- Antragsgegnerin -
wegen länderübergreifender Verlegung
hat die 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover auf den Antrag auf
gerichtliche Entscheidung vom 17.12.2013, modifiziert durch Schreiben des Antragstellers
vom 25.02.2014, durch den Richter am Landgericht Dr. K. am 14.03.2016 beschlossen:
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Entscheidung des Niedersächsischen Justizministeriums, den Antragsteller länderübergreifend aus der JVA Celle in die JVA Lübeck zu verlegen, rechtswidrig war.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 600,- €.
Gründe
I.
1.
Der Antragsteller, der gegenwärtig eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verbüßt, hatte mit Schreiben vom 17.12.2013, beim Landgericht Hannover eingegangen am 20.12.2013, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG gestellt. Der Antrag richtete sich gegen das Niedersächsische Justizministerium, vertreten durch die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz. Der Antragsteller machte mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ursprünglich - im Sinne eines Anfechtungsantrages - geltend, das Niedersächsische Justizministerium habe rechtsfehlerhaft seine Verlegung aus dem niedersächsischen Strafvollzug in den Strafvollzug eines anderen Bundeslandes beschlossen, und beantragte die Aufhebung dieser Entscheidung. Nachdem der Antragsteller am 18.02.2014 aus der JVA Celle in die JVA Lübeck verlegt worden war, änderte der Antragsteller mit Schreiben vom 25.02.2014 seinen Antrag im Sinne eines Fortsetzungsfeststellungantrages gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG dahingehend ab, es möge festgestellt werden, dass seine Verlegung von der JVA Celle in die JVA Lübeck rechtswidrig war.
Mit Beschluss vom 15.08.2014 wies die 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück.
Gegen diesen Beschluss, der dem Antragsteller am 26.08.2014 zugestellt wurde, legte der Antragsteller zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Rostock am 18.09.2014 Rechtsbeschwerde ein. Die Rechtsbeschwerde wurde vom OLG Celle mit Beschluss vom 24.10.2014 als unbegründet verworfen (OLG Celle, Beschluss vom 24.10.2014 - 1 Ws 439/14, NdsRPfl. 2015, 27).
Auf eine vom Antragsteller gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover vom 15.08.2014 und den Beschluss des OLG Celle vom 24.10.2014 hin eingelegte Verfassungsbeschwerde vom 22.11.2014 hob das BVerfG mit Beschluss vom 30.06.2015 (BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389) sowohl den Beschluss des Landgerichts Hannover als auch den Beschluss des OLG Celle auf. Das BVerfG verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Hannover zurück.
2.
Aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 30.06.2015 hat das Landgericht Hannover nunmehr erneut über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 17.12.2013 in Verbindung mit dem Schriftsatz des Antragstellers vom 25.02.2014 zu befinden.
3.
Der Antragsteller wurde am 11.04.2012 als Strafgefangener aus der JVA Hamburg-Fuhlsbüttel in die JVA Celle verlegt. Von dort aus erstrebte er ursprünglich eine Rückverlegung in den Justizvollzug des Landes Hamburg, und zwar in eine dortige sozialtherapeutische Anstalt. Dieses Begehren wurde indes im November 2013 abschlägig beschieden. Daraufhin erstrebte der Antragsteller eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt des Landes Niedersachsen. Der für ihn aufgestellte Vollzugsplan vom 19.06.2013 der JVA Celle sah eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt vor. Durch das Niedersächsische Justizministerium wurde ihm jedoch telefonisch im Dezember 2013 mitgeteilt, dass seine Verlegung in den Strafvollzug eines anderen Bundeslandes beschlossen worden sei.
Wegen der Einzelheiten des vorstehend skizzierten Sachverhalts wird gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 17.12.2013 (Bl. 1-2 d. A.) und den ergänzenden Schriftsatz des Antragstellers vom 04.01.2014 (Bl. 10-12 d. A.) verwiesen.
Der Antragsteller, der sich zum Zeitpunkt der Anbringung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung vom 17.12.2013 noch in der JVA Celle befand, wandte sich mit seinem Antrag gegen seine vom Niedersächsischen Justizministerium beschlossene und ihm mündlich im Dezember 2013 mitgeteilte Verlegung in den Strafvollzug eines anderen Bundeslandes und beantragte zunächst in der Sache, diese Entscheidung aufzuheben. Er führte aus, es sei rechtswidrig, seinen "Verbleib in Niedersachsen nicht weiter aufrecht zu erhalten" und ihn "sozusagen in ein anderes Bundesland abzuschieben". Zur Begründung führte er aus, die angefochtene Entscheidung vereitele, dass er in die Lage versetzt werde, sein Vollzugsziel durch erforderliche und notwendige Behandlungsmaßnahmen, namentlich durch eine alsbaldige Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt, zu erreichen. Denn aufgrund der beschlossenen Wegverlegung aus dem niedersächsischen Strafvollzug werde sein Begehr auf Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt (in Niedersachsen) nicht mehr bearbeitet.
Wegen der Einzelheiten des ursprünglichen Vorbringens des Antragstellers wird gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG auf die Antragsschrift vom 17.12.2013 (Bl. 2-3 d. A.) und den ergänzenden Schriftsatz des Antragstellers vom 04.01.2014 (Bl. 10-12 d. A.) verwiesen.
Nachdem der Antragsteller am 18.02.2014 tatsächlich von der JVA Celle in die JVA Lübeck verlegt worden war, änderte der Antragsteller - wie bereits eingangs dargetan - mit Schreiben vom 25.02.2014 seinen Antrag im Sinne eines Fortsetzungsfeststellungantrages dahingehend ab, es möge festgestellt werden, dass seine Verlegung von der JVA Celle in die JVA Lübeck rechtswidrig war. Wegen der Einzelheiten des geänderten Antrags des Antragstellers wird gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG auf den diesbezüglichen Schriftsatz des Antragstellers vom 25.02.2014 (Bl. 20 d. A.) verwiesen. Ergänzend wird hinsichtlich des Sachvortrages des Antragstellers zudem gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG auf dessen Stellungnahme vom 27.02.2016 (Bl. 110-116 d. A.) verwiesen.
Soweit die vom BVerfG aufgehobenen Beschlüsse der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover vom 15.08.2014 und des OLG Celle vom 24.10.2014 davon ausgingen, der Antragsteller wolle seine beschlossene Verlegung in den Strafvollzug eines anderen Bundeslandes nicht (mehr) anfechten, widerstreitet dies den Ausführungen in der Antragsschrift und den nachfolgenden Schriftsätzen des Antragstellers.
Der Antragsteller beantragt (nunmehr),
gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG festzustellen, dass die Entscheidung des Niedersächsischen Justizministeriums, ihn länderübergreifend aus der JVA Celle in die JVA Lübeck zu verlegen, rechtswidrig war.
Die Antragsgegnerin beantragt (wohl),
den Feststellungsantrag als unbegründet zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt in Form der Bezugnahme auf ein Schreiben des Niedersächsischen Justizministeriums an das OLG Celle vom 16.04.2014 (Bl. 33-37 des Sonderheftes "Ablichtungen aus der Akte des nds. MJ 4431 E - 304. 7/14") vor, der Antragsteller sei am 15.02.2011 aus Sicherheitsgründen von der JVA Lübeck in die JVA Hamburg-Fuhlsbüttel verlegt worden. Weil das Strafvollzugsamt Hamburg am 09.01.2012 eine dauerhafte Übernahme des Antragstellers in den dortigen Vollzug abgelehnt habe, sei ein weiterer Verbleib des Antragstellers in Hamburg nicht länger möglich gewesen. Aus diesem Grunde habe das Justizministerium des Landes Schleswig-Holstein das Niedersächsische Justizministerium um eine zeitlich befristete Übernahme des Antragstellers ersucht. Der Übernahme in den niedersächsischen Justizvollzug sei für die Dauer von einem Jahr zugestimmt worden. Am 11.04.2012 sei der Antragsteller von der JVA Hamburg-Fuhlsbüttel in die JVA Celle verlegt worden. Der Antragsteller habe in der Folgezeit vergeblich versucht, seine Verlegung in den Justizvollzug des Bundeslandes Hamburg zu erreichen. Das Strafvollzugsamt Hamburg habe dies abgelehnt. Am 08.10.2013 habe das Justizministerium des Landes Schleswig-Holstein das Niedersächsische Justizministerium daraufhin um eine weitere - gegebenenfalls dauerhafte - Unterbringung in Niedersachsen ersucht. Mit Schreiben vom 17.10.2013 sei das Ersuchen des Justizministeriums des Landes Schleswig-Holstein abgelehnt worden. Unter Hinweis auf die Empfehlungen in einer gutachterlichen Stellungnahme, den Antragsteller in einer sozialtherapeutischen Anstalt unterzubringen, sei um Rückverlegung des Antragstellers nach Schleswig-Holstein gebeten worden. Gemäß § 11 NJVollzG könne der Gefangene in eine Anstalt eines anderen Landes verlegt werden, wenn die im NJVollzG geregelten Voraussetzungen für eine Verlegung vorlägen und die zuständige Behörde des anderen Landes der Verlegung in eine dortige Anstalt zustimme. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG könne der Gefangene abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn hierdurch die Eingliederung in das Leben in Freiheit nach der Entlassung oder sonst die Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 NJVollzG gefördert werde. Dabei habe der Gefangene Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Einer (befristeten oder dauerhaften) Unterbringung des Antragstellers im Vollzug des Landes Niedersachsen habe mit Blick auf die bei dem Antragsteller notwendige sozialtherapeutische Behandlung und aufgrund der Tatsache, dass die Angehörigen des Antragstellers in Schleswig-Holstein und Hamburg lebten, nicht zugestimmt werden können. In einer gutachterlichen Stellungnahme des Prognosezentrums des Landes Niedersachsen vom 02.02.2013 habe sich der Gutachter für eine baldige Verlegung des Antragstellers in eine sozialtherapeutische Anstalt ausgesprochen. In dem Vollzugsplan vom 19.06.2013 sei ausgeführt, dass zunächst der noch anhängige Verlegungsantrag nach Hamburg abgewartet werden solle und der Antragsteller im Falle einer abschlägigen Entscheidung in eine sozialtherapeutische Anstalt zu verlegen sei.
Weiter heißt es in dem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Schreiben des Niedersächsischen Justizministeriums an das OLG Celle vom 16.04.2014 (Bl. 33-37 des Sonderheftes "Ablichtungen aus der Akte des nds. MJ 4431 E - 304. 7/14"), die JVA Lübeck verfüge über eine sozialtherapeutische Abteilung. Die Angehörigen des Antragstellers lebten in Schleswig-Holstein und in Hamburg. Mit einer Unterbringung in Niedersachsen sei der Antragsteller ursprünglich nicht einverstanden gewesen. Durch eine Rückverlegung des Antragstellers nach Schleswig-Holstein könne dessen Resozialisierungsanspruch am ehesten Rechnung getragen werden. Die Unterbringung des Antragstellers in der Nähe seiner Angehörigen erleichtere nicht nur die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte, sondern sei auch im Hinblick auf die im Rahmen einer sozialtherapeutischen Behandlung möglichen Vollzugslockerungen von erheblicher Bedeutung. Entlassungsvorbereitende Maßnahmen würden deutlich erleichtert. Eine sozialtherapeutische Behandlung könne der Antragsteller auch in Niedersachsen nicht unmittelbar beginnen, da die sozialtherapeutischen Abteilungen derzeit ausgelastet seien und bereits Wartelisten geführt würden. Die JVA Celle verfüge lediglich über eine Behandlungsabteilung für eine vorbereitende Sozialtherapie. Der Antragsteller hätte auch im Falle des Antritts einer sozialtherapeutischen Behandlung in Niedersachsen verlegt werden müssen und sich insofern ohnehin aus seinem Umfeld in der JVA Celle lösen müssen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Antragsgegnerin wird gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG auf deren Stellungnahme vom 11.02.2016 (Bl. 106 d. A.) in Verbindung mit den in diesem Schreiben in Bezug genommenen Blättern des Verwaltungsvorganges der Antragsgegnerin (Bl. 33-37 des Sonderheftes "Ablichtungen aus der Akte des nds. MJ 4431 E - 304. 7/14") verwiesen.
Auf die verschiedenen im vorliegenden Verfahren von der Strafvollstreckungskammer vor Ergehen der vorgenannten Entscheidung des BVerfG angeforderten und zu den Akten gelangten Stellungnahmen und Anträgen der JVA Celle kommt es aus Rechtsgründen nicht an. Denn die JVA Celle war - wie nachfolgend dargelegt wird - entgegen dem Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover vom 15.08.2014 nicht Antragsgegnerin und hätte daher am Verfahren nicht beteiligt werden dürfen.
II.
1.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.
Der Antrag ist nach § 109 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG statthaft. Soweit ein Strafgefangener um gerichtlichen Rechtsschutz gegen eine länderübergreifende Verlegung nachsucht und dabei - wie hier - die "Abgabeentscheidung" des Landes angreift, in dessen Strafvollzug er sich bislang befindet, ist statthafter Rechtsbehelf der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 Abs. 1 StVollzG (i.V.m. § 102 NJVollzG). Denn die "Abgabeentscheidung" ist eine Maßnahme zur Regelung einer Angelegenheit im Rahmen eines bestehenden Strafvollzugsverhältnisses. Der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG ist in Fällen länderübergreifender Verlegungen nur eröffnet, sofern sich der Betroffene gegen die "Aufnahmeentscheidung" des Bundeslandes wendet, in das er verlegt wird (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 24.10.2014 - 1 Ws 439/14, NdsRPfl. 2015, 27; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 8 StVollzG Rn. 10; Bachmann, in: Laubenthal u.a., Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Teil P Rn. 25; BeckOK Strafvollzug Niedersachsen/Reichenbach, NJVollzG § 11 Rn. 7). Das gleiche gilt, wenn ein Betroffener - wie hier - im Wege eines Fortsetzungsfeststellungsantrages die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer bereits durchgeführten länderübergreifenden Verlegung erstrebt.
Weil sich der Antrag gegen eine Entscheidung des Niedersächsische Justizministeriums richtet, ist das Landgericht Hannover gemäß § 110 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG (auch) örtlich zuständig (vgl. Bachmann, in: Laubenthal u.a., Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Teil P Rn. 41; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 153 StVollzG Rn. 5).
Die Antragsfrist des § 112 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG ist vorliegend ohne Relevanz, weil die verfahrensgegenständliche Entscheidung dem Antragsteller lediglich mündlich bekanntgegeben wurde.
Das gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG i.V.m. § 102 NJVollzG für einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer durchgeführten und damit erledigten Maßnahme erforderliche Feststellungsinteresse liegt entgegen der im vorliegenden Verfahren ergangenen und vom BVerfG aufgehobenen Entscheidung des OLG Celle vom 24.10.2014 (OLG Celle, Beschluss vom 24.10.2014 - 1 Ws 439/14, NdsRPfl. 2015, 27) vor. Dies konzediert auch die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 11.02.2016 (Bl. 106 d. A.). Aufgrund der Verlegung des Antragstellers aus dem Strafvollzug des Landes Niedersachsen in den Strafvollzug des Landes Schleswig-Holstein ist nach dem Vorbringen des Antragstellers dessen - auch in dem für ihn aufgestellten Vollzugsplan vorgesehene - Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt (vorerst) unterblieben. Damit ist vom Antragsteller eine Rechtsverletzung geltend gemacht worden, die seinen Resozialisierungsanspruch massiv und unmittelbar betrifft und sich daher als schwere Grundrechtsverletzung darstellen könnte. Damit ist ein auch rechtliches Interesse des Antragstellers an einer nachträglichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit seiner länderübergreifenden Verlegung zu bejahen. Die Kammer tritt insofern den Ausführungen des BVerfG in der im vorliegenden Verfahren ergangenen Verfassungsbeschwerdeentscheidung vom 30.06.2015 (BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389) bei.
2.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Entscheidung des Niedersächsischen Justizministeriums, den Antragsteller länderübergreifend aus der JVA Celle in die JVA Lübeck zu verlegen, war rechtswidrig.
a)
Die angefochtene Entscheidung, den Antragsteller aus dem Strafvollzug des Landes Niedersachsen in den Strafvollzug des Bundeslandes Schleswig-Holstein zu verlegen, wurde unmittelbar vom Niedersächsischen Justizministerium getroffen. Soweit die JVA Celle in einer im vorliegenden Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 20.03.2014 Gegenteiliges behauptet hatte, ist dies unzutreffend. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 11.02.2016 (Bl. 106 d. A.) eindeutig ausgeführt, das Niedersächsische Justizministerium habe seinerzeit gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 NJVollzG sowie § 26 Abs. 2 Satz 3 StrVollStrO die Entscheidung über die Verlegung des Antragstellers getroffen.
Der Umstand, dass die Verlegungsentscheidung vom Niedersächsischen Justizministerium getroffen wurde, führt jedoch nicht zu ihrer Rechtswidrigkeit. Zwar sieht § 11 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG vor, dass Entscheidungen über länderübergreifende Verlegungen (grundsätzlich) von der Justizvollzugsanstalt, in der sich der Betroffene befindet, mit Zustimmung des für Justiz zuständigen Ministeriums getroffen werden. Doch gestattet es § 184 Abs. 2 Satz 1 NJVollzG dem Justizministerium, sich Entscheidungen über Verlegungen vorzubehalten. Dies gilt - anders als die JVA Celle in einer im vorliegenden Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 20.03.2014 ausgeführt hat - auch für länderübergreifende Verlegungen. Damit war das Niedersächsische Justizministerium befugt, die angefochtene Verlegungsentscheidung selbst zu treffen; jedenfalls mit der Verlegungsentscheidung ist inzidenter von dem Vorbehaltsrecht Gebrauch gemacht worden.
Damit war und ist das Niedersächsische Justizministerium - entgegen der ursprünglichen, vom BVerfG aufgehobenen Entscheidung der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover in vorliegender Sache vom 15.08.2014 - auch sachlich richtige Antragsgegnerin, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 11.02.2016 (Bl. 106 d. A.) auch explizit anerkennt (vgl. BeckOK Strafvollzug Bund/Euler StVollzG § 111 Rn. 2; BeckOK Strafvollzug Niedersachsen/Reichenbach, NJVollzG § 11 Rn. 9; Verrel, in: Laubenthal u.a., Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Teil D Rn. 33).
b)
Die Verlegung des Antragstellers aus dem Strafvollzug des Landes Hamburg in den Strafvollzug des Landes Niedersachsen am 11.04.2012 stellte - wie jede Verlegung (vgl. BeckOK Strafvollzug Bund/Anstötz, StVollzG § 8 Rn. 2; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 8 StVollzG Rn. 2; Verrel, in: Laubenthal u.a., Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Teil D Rn. 21) - einen auf Dauer angelegten Anstaltswechsel dar. Dies gilt unabhängig davon, dass die Zustimmung des Landes Niedersachsen, den Antragsteller in den niedersächsischen Strafvollzug zu übernehmen, ursprünglich lediglich mit einer - mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbarenden - Bereitschaft zu einer befristeten Übernahme des Verurteilten für die Dauer von einem Jahr verbunden war. Denn eine von vornherein befristete oder sonst wie nur zeitweilige länderübergreifende Verlegung eines Strafgefangenen zum Zwecke des weiteren Strafvollzugs, die ohne weiteres durch Rückverlegung des Strafgefangenen in den Strafvollzug des abgebenden oder eines dritten Bundeslandes beendet werden könnte, ist dem NJVollzG - ebenso wie dem StVollzG - fremd (vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 14.06.2012 - 1 Ws 222/12). Die vom Niedersächsischen Justizministerium 2013 beschlossene Verlegung des Antragstellers in den Strafvollzug des Landes Schleswig-Holstein stellte damit eine Verlegungsentscheidung im Sinne des § 11 NJVollzG dar, die (nur) unter den materiellen Voraussetzungen des § 10 NJVollzG statthaft war (vgl. insofern auch BeckOK Strafvollzug Niedersachsen/Reichenbach, NJVollzG § 11 Rn. 2).
c)
Die länderübergreifende Verlegung des Antragstellers aus der JVA Celle in die JVA Lübeck war von § 11 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG i.V.m. § 10 Abs. 1 NJVollzG rechtlich nicht gedeckt.
aa)
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG, auf den die Antragsgegnerin ausweislich ihres mit ihrer Stellungnahme vom 11.02.2016 in Bezug genommenen Schreibens des Niedersächsischen Justizministeriums an das OLG Celle vom 16.04.2014 (Bl. 33-37 des Sonderheftes "Ablichtungen aus der Akte des nds. MJ 4431 E - 304. 7/14") ihre Verlegungsentscheidung gestützt hat, kann ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn hierdurch die Eingliederung in das Leben in Freiheit nach der Entlassung oder sonst die Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 NJVollzG gefördert wird.
Bei einer Verlegungsentscheidung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Vollzugsbehörde. Eine solche Entscheidung ist im Rahmen eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung durch die zuständige Strafvollstreckungskammer nur daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlich normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlegung gegeben waren (Verrel, in: Laubenthal u.a., Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Teil D Rn. 32) und die Vollzugsbehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Betroffene hat insofern einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 Ws 462/12, NStZ-RR 2013,92; OLG Celle, Beschluss vom 02.08.2012 - 1 Ws 261/12, BeckRS 2012, 17745; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 8 StVollzG Rn. 10).
bb)
Die Antragsgegnerin ist bei ihrer Verlegungsentscheidung ausweislich des von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Schreibens des Niedersächsischen Justizministeriums an das OLG Celle vom 16.04.2014 (Bl. 33-37 des Sonderheftes "Ablichtungen aus der Akte des nds. MJ 4431 E - 304. 7/14") rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 11 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG eine länderübergreifende Verlegung nur statthaft ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 NJVollzG erfüllt sind. Die Antragsgegnerin ist weiter rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass es sich auch bei einer länderübergreifenden Verlegung um eine Ermessensentscheidung handelt und der Betroffene einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat, in deren Rahmen alle für und gegen eine länderübergreifende Verlegung sprechenden Umstände zu berücksichtigen und angemessen zu gewichten sind. All dies gilt auch dann, wenn dem bisherigen Vollzug in Niedersachsen ursprünglich eine - mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbarende - lediglich befristete Verlegung in den hiesigen Strafvollzug auf dem Vollzug eines anderen Bundeslandes zu Grunde lag, die anstehende Verlegung in der Sache also eine länderübergreifende Rück- oder Weiterverlegung darstellt.
Die Antragsgegnerin ist rechtlich zutreffend bei ihrer Verlegungsentscheidung davon ausgegangen, dass eine Verlegung des Antragstellers aus der JVA Celle in die JVA Lübeck hier nach Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG (i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG) in Betracht kam. Danach kann ein Strafgefangener (auch länderübergreifend) in eine andere, vom Vollstreckungsplan abweichende JVA verlegt werden, wenn hierdurch die Eingliederung in das Leben in Freiheit nach der Entlassung oder sonst die Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 NJVollzG gefördert wird.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin eine eigene Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat, also kein Ermessensnichtgebrauch vorlag. Dies ergibt sich aus dem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Schreiben des Niedersächsischen Justizministeriums an das OLG Celle vom 16.04.2014 (Bl. 33-37 des Sonderheftes "Ablichtungen aus der Akte des nds. MJ 4431 E - 304. 7/14"), in dem - wie oben unter I.3. dargelegt worden ist - konkrete für eine Verlegung sprechende Umstände aufgeführt worden sind, die die Antragsgegnerin bei ihrer Verlegungsentscheidung berücksichtigt hat. Deshalb vermögen Zweifel, die sich aus dem vorliegenden Aktenmaterial daran ergeben könnten, ob das Justizministerium tatsächlich eine eigene Ermessensentscheidung am Maßstab des § 10 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG getroffen hat, letztlich nicht durchzugreifen. Solche Zweifel könnten auf den ersten Blick aus folgenden Umständen resultieren: In einer im vorliegenden Verfahren abgegebenen Stellungnahme der JVA Celle vom 20.03.2014 wird ausgeführt, der Verlegung des Antragstellers in die JVA Lübeck liege keine Entscheidung des niedersächsischen Justizministeriums zu Grunde, vielmehr habe das Ministerium für Justiz des Landes Schleswig-Holstein mitgeteilt, der Antragstelle könne wieder in die für ihn zuständige JVA Lübeck zurückverlegt werden (vgl. Bl. 22 d. A.). In einem den Antragsteller betreffenden und von diesem zu den hiesigen Verfahrensakten gereichten Beschluss des Landgerichts Lübeck in einer Strafvollzugssache vom 27.02.2014 (5c StVK 23/14) heißt es, der Antragsteller sei im April 2012 in die JVA Celle verlegt worden. Niedersachsen habe einer befristeten Übernahme des Antragstellers in den dortigen Strafvollzug zugestimmt. Nachdem Hamburg die vom Antragsteller gewünschte dauerhafte Übernahme in den dortigen Vollzug abgelehnt habe, sei auch das Land Niedersachsen nicht länger bereit gewesen, den Antragsteller im Vollzug der Haftanstalt Celle zu behalten. Der Antragsteller sei daher im Februar 2014 in die JVA Lübeck zurückverlegt worden (vgl. Bl. 29 d. A.). In dem im vorliegenden Verfahren auf die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers hin ergangenen Beschluss des BVerfG vom 30.06.2015 (BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389) wird ausgeführt, das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein habe dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 17.02.2014 mitgeteilt, dass er in die JVA Lübeck verlegt werde. Die Verlegungsentscheidung sei damit begründet worden, dass die Freie und Hansestadt Hamburg eine Aufnahme des Beschwerdeführers abgelehnt und das Land Niedersachsen mitgeteilt habe, dass ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers in der JVA Celle nicht möglich sei (vgl. Bl. 81R d. A.). Weiter heißt es in dem Beschluss des BVerfG vom 30.06.2015, maßgeblich für die Entscheidung des Ministeriums für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein, den Beschwerdeführer von Celle nach Lübeck zu verlegen, sei gewesen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg eine Aufnahme des Beschwerdeführers abgelehnt hatte und das Land Niedersachsen ihn nicht weiter unterbringen wollte (vgl. Bl. 85 d. A.). Schließlich heißt es in den Gründen des vorgenannten Beschlusses des BVerfG, das Landgericht Hannover habe nicht dem Umstand Rechnung getragen, dass der Beschwerdeführer aus Niedersachsen nach Lübeck verlegt worden sei, ohne dass die zuständigen Behörden des Landes Niedersachsen hierüber eine verfassungsrechtlich gebotene Ermessensentscheidung getroffen hatten (vgl. Bl. 86 d. A.).
cc)
Gleichwohl war die Entscheidung des Niedersächsischen Justizministeriums, den Antragsteller - mit Zustimmung des Justizministeriums Schleswig-Holsteins - aus der JVA Celle in die JVA Lübeck zu verlegen, rechtswidrig und verletzte den Antragsteller in eigenen Rechten.
Denn die Antragsgegnerin hat in ihre Ermessensentscheidung nicht alle relevanten Umstände eingestellt sowie Umstände berücksichtigt, die sie von Rechts wegen nicht hätte berücksichtigen dürfen, so dass ein Ermessensfehlgebrauch zu konstatieren ist (vgl. Bachmann, in: Laubenthal u.a., Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Teil P Rn. 84).
Zwar hat die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei als für eine Verlegung in die JVA Lübeck sprechende Umstände berücksichtigt und berücksichtigen dürfen, dass die JVA Lübeck - anders als die JVA Celle - über eine sozialtherapeutische Abteilung verfügt und dass die Angehörigen des Antragstellers in Schleswig-Holstein und in Hamburg, also in räumlicher Nähe zur JVA Lübeck wohnten. Zutreffend hat die Antragsgegnerin ermessensleitend berücksichtigt, dass eine Unterbringung des Antragstellers (in einer Sozialtherapie) in der Nähe seiner Angehörigen nicht nur die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte erleichtert hätte, sondern auch im Hinblick auf die im Rahmen einer sozialtherapeutischen Behandlung möglichen Vollzugslockerungen von erheblicher Bedeutung war, weil entlassungsvorbereitende Maßnahmen dadurch deutlich erleichtert worden wären. Die Antragsgegnerin durfte auch berücksichtigen, dass der Antragsteller auch im Falle des Antritts einer sozialtherapeutischen Behandlung in Niedersachsen hätte verlegt werden müssen und sich insofern ohnehin aus seinem Umfeld in der JVA Celle hätte lösen müssen.
Rechtsfehlerhaft war indes, dass die Antragsgegnerin nicht geprüft und damit auch nicht in ihre Verlegungsentscheidung einbezogen hat, ob der Antragsteller tatsächlich eine realistische Chance hatte, in Schleswig-Holstein alsbald nach seiner Verlegung in eine Sozialtherapie aufgenommen zu werden (so auch - konkret bezogen auf den vorliegenden Fall - BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389 (391): "Im Rahmen der Gesamtabwägung wäre zu berücksichtigen gewesen, inwieweit die Umsetzung der im Vollzugsplan vorgesehenen Resozialisierungsmaßnahmen in der aufnehmenden JVA Lübeck gewährleistet war."). Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich - wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt - eine gutachterliche Stellungnahme des Prognosezentrums des Landes Niedersachsen vom 02.02.2013 für eine baldige Verlegung des Antragstellers in eine sozialtherapeutische Anstalt ausgesprochen hatte und der Vollzugsplan vom 19.06.2013 festgelegt hatte, dass der Antragsteller im Falle eines Verbleibs im niedersächsischen Strafvollzug in eine (niedersächsische) sozialtherapeutische Anstalt zu verlegen sei. Mithin war es zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Verlegungsentscheidung angezeigt, den Antragsteller alsbald in eine sozialtherapeutische Anstalt zu überführen. Daher hätte bei der Verlegungsentscheidung nicht nur abstrakt auf die Möglichkeit einer Sozialtherapie in Schleswig-Holstein, sondern auch konkret auf die in Erfahrung zu bringende Aussicht des Antragstellers auf eine Teilnahme an einer solchen alsbald nach seiner Verlegung abgestellt werden müssen.
Die der verfahrensgegenständlichen Verlegung des Antragstellers aus der JVA Celle in die JVA Lübeck nachfolgende Entwicklung zeigt dies mit aller Deutlichkeit: Der Antragsteller wurde nach seiner Verlegung aus dem niedersächsischen Strafvollzug in die JVA Lübeck am 18.02.2014 nicht - wie es die Vollzugsplanung vorsah und in Niedersachsen einmütig im Hinblick auf seine Resozialisierung für geboten erachtet worden war - in eine sozialtherapeutische Anstalt aufgenommen. Vielmehr wurde der Antragsteller bereits am 10.03.2014 erneut in ein anderes Bundesland, und zwar nach Mecklenburg-Vorpommern (JVA Waldeck) verlegt und schließlich am 24.02.2015 ein weiteres Mal bundeslandübergreifend verlegt - dieses Mal nach Sachsen in die JVA Waldheim, wo er sich auch gegenwärtig noch im Strafvollzug befindet. Mithin wurde dem Verurteilten - mutmaßlich (auch) aufgrund der vielfachen bundesländerübergreifenden Verlegungen - bis heute nicht die bereits 2013 für angezeigt erachtete und von ihm erstrebte Sozialtherapie ermöglicht. Zwar ist die weitere Entwicklung seit der hier verfahrensgegenständlichen Verlegung des Antragstellers von der JVA Celle in die JVA Lübeck am 18.02.2014, hinsichtlich derer zumindest zweifelhaft ist, ob sie mit dem Anspruch des Verurteilten auf einer seiner Resozialisierung förderlichen Vollzugsausgestaltung vereinbar ist, unmittelbar der Antragsgegnerin nicht zuzurechnen. Sie zeigt aber, dass vor der hier verfahrensgegenständlichen Verlegungsentscheidung Erkundigungen hinsichtlich der konkreten Vollzugsplanung im aufnehmenden Bundesland hätten eingeholt werden müssen und die tatsächliche Aussicht des Antragstellers auf alsbaldigen Beginn einer Sozialtherapie im aufnehmenden Bundesland bei der Ermessensentscheidung hätte berücksichtigt werden müssen. Konkret hätte bei der Entscheidung über die Verlegung berücksichtigt werden müssen, dass offenbar in Schleswig-Holstein keine Vorbereitungen für eine unverzügliche Aufnahme des Antragstellers in eine Sozialtherapie getroffen worden waren. Dieser Umstand hätte mit ganz erheblichem Gewicht als gegen eine Verlegung des Antragstellers in den Strafvollzug des Landes Schleswig-Holstein sprechend bei der Verlegungsentscheidung berücksichtigt werden müssen.
Das BVerfG hat diese Erwägungen in der in vorliegender Sache ergangenen Entscheidung im Verfassungsbeschwerdeverfahren wie folgt formuliert: "Insbesondere greift die Feststellung (...), dass es in der JVA Lübeck eine sozialtherapeutische Abteilung gebe, zu kurz. Maßgeblich wäre insoweit gewesen, ob der Beschwerdeführer - wie im Vollzugsplan vorgesehen - auch zeitnah dort hätte behandelt werden können. Dass sich die niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Behörden diesbezüglich nicht abgestimmt haben und bei der aufnehmenden JVA Lübeck ersichtlich kein angemessenes Konzept zur Behandlung des Beschwerdeführers vorhanden war, zeigt auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Lübeck auf der Sicherheitsstation untergebracht und dann - wiederum befristet - nach Mecklenburg-Vorpommern in die JVA Waldeck weiterverlegt worden ist." (BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389 [391]).
Als rechtsfehlerhaft stellt sich weiter dar, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Verlegungsentscheidung als für eine länderübergreifende Verlegung des Antragstellers sprechend berücksichtigt hat, dass der Antragsteller in Niedersachsen nicht unmittelbar mit der gebotenen Sozialtherapie hätte beginnen können, weil die sozialtherapeutischen Abteilungen ausgelastet waren und bereits Wartelisten geführt wurden. Denn nicht hinreichende Kapazitäten für rechtlich gebotene Sozialtherapien dürfen nicht den Betroffenen - hier in Form einer Verlegung in ein anderes Bundesland - zum Nachteil gereichen. Ebenso hat sich auch das Bundesverfassungsgericht in der im vorliegenden Verfahren ergangenen Verfassungsbeschwerdeentscheidung positioniert: "Die Feststellung, dass eine sozialtherapeutische Behandlung in Niedersachsen nicht zeitnah möglich sei, wird dem Ziel der Resozialisierung ebenfalls nicht gerecht. Vielmehr hätte es dem Land Niedersachsen oblegen, eine solche Behandlung zu ermöglichen, zumal sich der Beschwerdeführer schon seit April 2012 in der JVA Celle befand, eine zeitnahe sozialtherapeutische Behandlung im Vollzugsplan vorgesehen war und die Behandlung mit Blick auf die angeordnete anschließende Sicherungsverwahrung in besonderer Weise geboten war (...). Vor diesem Hintergrund konnte das Unterbleiben einer Behandlung nicht mit dem Fehlen von Therapieplätzen gerechtfertigt werden. Im Übrigen ist der Staat verpflichtet, den Vollzug in der zur Wahrung der Grundrechte erforderlichen Weise auszustatten." (BVerfG, Beschluss vom 30.06.2015 - 2 BvR 2810/14, NStZ-RR 2015, 389 [391]).
dd)
Weil die verfahrensgegenständliche Entscheidung wegen Ermessensfehlgebrauch rechtswidrig war, kann offen bleiben, ob sie auch deshalb rechtswidrig war, weil sie dem Antragsteller ohne Begründung, also ohne Darlegung der Ermessenserwägungen, (lediglich mündlich) von der Antragsgegnerin mitgeteilt wurde (zur Begründungspflicht vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29.09.2011 - 1 Vollz (Ws) 458/11, BeckRS 2011, 27316; BeckOK Strafvollzug Bund/Anstötz, StVollzG § 8 Rn. 23).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 102 NJVollzG i.V.m. § 121 Abs. 4 StVollzG und mit § 467 Abs. 1 StPO. Weil der Antrag Erfolg hat, hat die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 60, 52 GKG.