Abschnitt 4 VV-NB - Grundlagen nachhaltiger Beschaffung
Bibliographie
- Titel
- Verwaltungsvorschriften zur nachhaltigen Beschaffung (VV-NB)
- Amtliche Abkürzung
- VV-NB
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 72080
4.1 Begriffsbestimmungen
"Nachhaltige Beschaffung" i. S. dieser Verwaltungsvorschriften bedeutet die Berücksichtigung von nachhaltigen - insbesondere von umweltbezogenen und sozialen, aber auch von qualitativen und innovativen - Aspekten unter Beachtung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen. Die Bedarfe sind so zu decken, dass die dafür benötigten Ressourcen nicht auf Kosten kommender Generationen verbraucht und in der Folge die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Die nachhaltigen Aspekte sind nicht auf die Herstellung oder Erbringung der Leistung begrenzt, sondern können den gesamten Lebenszyklus des Auftragsgegenstandes einbeziehen.
"Umweltbezogene Aspekte" sind Kriterien, die die natürlichen Lebensgrundlagen schützen oder die Umweltbeeinträchtigungen, die mit den zu beschaffenden Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen verbunden sind, verringern.
"Soziale Aspekte" sind Kriterien, die einen sozialen Nutzen erzielen oder negative soziale Entwicklungen verhindern oder abmildern.
"Qualitative Aspekte" sind Kriterien, die den Wert einer Leistung zum Beispiel in Hinblick auf die Funktionalität, die Kompatibilität, das Material, die Verarbeitung oder andere wahrnehmbare Eigenschaften beschreiben.
"Innovative Aspekte" sind Kriterien, die der Realisierung von neuen oder deutlich verbesserten Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen - einschließlich Produktions-, Bau- oder Konstruktionsverfahren oder neue Organisationsverfahren in Bezug auf Geschäftspraxis, Abläufe am Arbeitsplatz oder externe Beziehungen - dienen.
"Lebenszyklus" meint alle aufeinander folgenden oder miteinander verbundenen Stadien während der Lebensdauer einer Liefer- oder Bauleistung oder während der Erbringung einer Dienstleistung. Der Lebenszyklus beginnt bei der Beschaffung der Rohstoffe oder Erzeugung von Ressourcen und endet bei der Entsorgung, bei Aufräumarbeiten oder bei der Beendigung der Dienstleistung oder Nutzung. Die Betrachtung des Lebenszyklus schließt die durchzuführende Forschung und Entwicklung, die Produktion, den Handel und die damit verbundenen Bedingungen, den Transport sowie die Nutzung und Wartung ein.
4.2 Beschaffungsbeschränkungen
Folgende Leistungen dürfen, auch im Wege des Direktauftrages, nicht beschafft werden, sofern eine Beschaffung nicht aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist:
Leistungen, deren Inverkehrbringen oder Verwendung nach den Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts oder des deutschen Rechts aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes unzulässig sind,
Baustoffe, die teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe und teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe enthalten oder unter Verwendung dieser Stoffe hergestellt wurden,
Multisplit/VRF-Klimageräte mit mehr als 10 Kilowatt Nennkälteleistung (hier kann alternativ auf Flüssigkeitskühler zurückgegriffen werden),
Flüssigkeitskühler mit mehr als 10 Kilowatt Nennkälteleistung mit Kältemittel GWP ≥ 150,
Kühl- und Gefriergeräte (u. a. Kühlschränke, Speiseeistruhen und Verkaufsautomaten wie Flaschenkühler) und sonstige stationäre und mobile Kälte- und Klimaanlagen mit halogenierten Kältemitteln (sofern Alternativen marktverfügbar),
Spraydosen (wie Kälte-, Reinigungs- oder Insektenspray) mit halogenierten Treibmitteln (wie R1234ze[E]),
Geräte zur Beheizung (ausgenommen notwendige Beheizung für Winterbaumaßnahmen) und zur Kühlung des Luftraums außerhalb von umschlossenen Räumen (zum Beispiel "Gas-Heizpilze", vergleichbare Elektrostrahler, Klimageräte),
Geräte, die ausschließlich der Zubereitung von Heißgetränken durch Befüllung mit Lebensmittelportionen, die für den Endverbraucher nur als einzeln verpackte Einheiten in mehrere dieser Einheiten enthaltenden Verkaufsverpackungen erhältlich sind, dienen,
Mineralwasser, Säfte, Milch, Bier und Erfrischungsgetränke in Einwegverpackungen (mit Ausnahme von Kartonverpackungen, Schlauchbeutelverpackungen und Folien-Standbeuteln), wobei dies auch für mit Pflichtpfand belegte Einwegverpackungen gilt,
gentechnisch veränderte Lebensmittel,
Einweggeschirr und Einwegbesteck zur Verwendung in Kantinen und Mensen,
Einwegkunststoffprodukte und Produkte aus oxo-abbaubarem Kunststoff, die nach § 3 EWKVerbotsV nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen,
chlorabspaltende Reiniger (Hypochlorit und Dichlorisocyanurat),
Spülkastenzusätze und WC-Einhänger,
Lufterfrischer und Duftspender für WCs und Waschräume,
Wasch- und Reinigungsmittel sowie Kosmetika, bei denen der Hersteller nicht zusichert, dass kein Mikroplastik i. S. des Artikels 2 Nr. 1 Abs. 6 des Beschlusses (EU) 2017/1218 der Kommission vom 23. 6. 2017 zur Festlegung der Kriterien für die Vergabe des EU-Umweltzeichens für Waschmittel (ABl. EU Nr. L 180 S. 63), zuletzt geändert durch Beschluss (EU) 2023/693 der Kommission vom 27. 3. 2023 (ABl. EU Nr. L 91 S. 11), enthalten ist,
mobile Maschinen und Geräte, die nach der Verordnung (EU) 2016/1628 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 9. 2016 über die Anforderungen in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte für gasförmige Schadstoffe und luftverunreinigende Partikel und die Typgenehmigung für Verbrennungsmotoren für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1024/2012 und (EU) Nr. 167/2013 und zur Änderung und Aufhebung der Richtlinie 97/68/EG (ABl. EU Nr. L 252 S. 53; 2019 Nr. L 231 S. 29), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2022/992 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. 6. 2022 (ABl. EU Nr. L 169 S. 43), die EU-Emissionsstufe V nicht einhalten,
schwefelhexafluoridhaltige Mittelspannungsschaltanlagen,
Farbe auf Schwermetallbasis (Blei, Cadmium, Chrom VI und deren Verbindungen),
Torf oder torfhaltige Produkte zum Einsatz im Garten- und Landschaftsbau.
4.3 Markterkundung
Die Möglichkeiten der Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte sind im Wege der Markterkundung zu ermitteln.
4.4 Bedarfsabfragen und -meldungen
In Bedarfsabfragen der zentralen Beschaffungsstellen des Landes ist auf diese Verwaltungsvorschriften hinzuweisen. In Bedarfsmeldungen an die zentralen Beschaffungsstellen nach Satz 1 haben die Bedarfsträger die einzubeziehenden nachhaltigen Aspekte so konkret wie möglich zu bezeichnen. Falls Aspekte der Nachhaltigkeit nicht berücksichtigt werden, haben die Bedarfsträger dies in der Bedarfsmeldung zu begründen.
4.5 Abrufe aus dem LZN- oder IT.N-Webshop
Ein Abruf von Leistungen aus dem Webshop des LZN oder von IT.N ist ohne weitere Prüfung der abrufenden Dienststelle, inwieweit nachhaltige Aspekte einzubeziehen sind, zulässig. Dies gilt auch, soweit Justizbehörden gemäß den Verfügungen des MJ Waren und Dienstleistungen, die in den Werkbetrieben der niedersächsischen Justizvollzugsanstalten hergestellt werden, beziehen.
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 Satz 1 des RdErl. vom 8. November 2023 (Nds. MBl. S. 883)