Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 14.12.2007, Az.: 4 B 172/07

Asyl; Asylverfahren; Asylverzicht; Ausreisefrist; Eltern; Kind; Verzicht

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
14.12.2007
Aktenzeichen
4 B 172/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 71867
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Verzichten die Eltern auf die Durchführung eines Asylverfahrens für das Kind nach § 14 a Abs. 3 AsylVfG richtet sich die Ausreisefrist nach § 38 Abs. 1 AsylVfG und beträgt einen Monat.

Gründe

I.

1

Die 2000 bzw. 2002 in der Bundesrepublik geborenen Antragsteller sind armenische Staatsangehörige. Nach Mitteilung der Geburt hat das K. jeweils ein Asylverfahren nach § 14a AsylVfG eingeleitet. Nachdem der Bevollmächtigte der Antragsteller auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hat, stellte das K. das Asylverfahren mit Bescheid vom 29.11.2007 ein, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.7 AufenthG vorliegen, und drohte die Abschiebung mit einer Ausreisefrist von einer Woche (Ziff. 3 des Bescheides) an.

2

Am 3.12.2007 erhoben die Antragsteller Klage gegen Ziffer 3 des Bescheides und beantragen gleichzeitig,

3

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

4

Die Antragsgegnerin beantragt,

5

den Antrag abzulehnen.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten und des übersandten Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

7

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat Erfolg.

8

Der Antrag ist zulässig, weil der Klage nicht bereits kraft Gesetzes nach § 75 AsylVfG aufschiebende Wirkung zukommt. Danach hat die Klage nur in den Fällen des § 38 Abs.1 und § 73 AsylVfG aufschiebende Wirkung. Das K. hat seine Entscheidung über die einwöchige Ausreisefrist aber auf § 38 Abs.2 AsylVfG gestützt. Dann kann das Gericht auf Antrag nach § 80 Abs.5 VwGO i.v.m. § 36 Abs.4 AsylVfG die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.

9

Dies ist hier der Fall, so dass der Antrag auch begründet ist. Die Festsetzung der Ausreisefrist von einer Woche nach § 38 Abs.2 AsylVfG ist offensichtlich rechtswidrig.

10

Das K. hat die einwöchige Ausreisefrist zu Unrecht bestimmt. § 38 Abs 2 AsylVfG scheidet als Rechtsgrundlage aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift gilt sie nur im Fall der Rücknahme des Asylantrages. Im vorliegenden Fall ist der Asylantrag nicht zurückgenommen worden, sondern auf ein weiteres Asylverfahren verzichtet worden (§ 14a Abs.3 AsylVfG). Der Verzicht ist mit der Rücknahme auch nicht gleichzusetzen. Anders als in § 32 Satz 1 und § 71 Abs.1 AsylVfG hat der Gesetzgeber bei § 38 Abs.2 AsylVfG eine ausdrückliche Gleichstellung gerade nicht vorgenommen. Deshalb kann nicht von einer unbeabsichtigten Regelungslücke und einer entsprechenden Anwendung des § 38 Abs.2 AsylVfG ausgegangen werden. Eine Analogie scheidet auch aus, weil die Vorschrift selbst eine Ausnahme von der Regelausreisefrist von einem Monat in § 38 Abs.1 AsylVfG darstellt.

11

Der Verzicht nach § 14a Abs.3 AsylVfG gehört zu den „sonstigen Fällen“ im Sinn von § 38 Abs.1 AsylVfG mit der Folge, dass die Ausreisefrist ein Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. bei Klageerhebung ab unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens beträgt (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2007 - 4 K 80/07; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27.12.2006 - 1a L 1274/06; VG Arnsberg, Beschluss vom 29.06.2006 - 9 L 569/06; anders: VG Würzburg, Beschluss vom 26.10.2006 - W 7 S 06.30300; Renner, AuslR, § 32 Rn.6 allerdings jeweils ohne Begründung).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO, § 83b AsylVfG.

13

Den Antragstellern wird gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt, denn ihre Rechtsverfolgung hat aus den oben genannten Gründen Erfolg und als Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG sind sie nicht in der Lage die Kosten der Prozessführung aufzubringen.

14

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).