Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.06.1957, Az.: IV OVG - A 112/56
Kündigung einer Berufsschullehrerin wegen Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflichten und Unterrichtspflichten; Sachliche Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamtes für den Ausspruch einer Kündigungszulassungänderung; Statthaftes Rechtsmittel gegen den Ausspruch einer Kündigungszulassungserklärung; Begriff des besonderen Falles im Sinne des § 9 Abs. 2 des Mutterschaftsschutzgesetzes (MuSchG); Gerichtliche Prüfungsdichte bei Anfechtung von Kündigungszulassungserklärungen ; Abgrenzung zwischen besonderen Kündigungsgründen nach dem Mutterschaftsschutzgesetz und allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsgründen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.06.1957
- Aktenzeichen
- IV OVG - A 112/56
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1957, 10607
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1957:0626.IV.OVG.A112.56.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Schleswig-Holstein - 27.03.1956
Rechtsgrundlagen
- § 18 MuSchG
- § 9 Abs. 2 MuSchG
Verfahrensgegenstand
Kündigung nach dem Mutterschutzgesetz
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Kündigung gegenüber einer schwangeren Beamtin kann wegen des grundsätzlich vorrangigen Mutterschutzes in zulässiger Weise nur in besonderen Fällen ausgesprochen werden und steht nicht im Ermessen der sachlich zuständigen Behörde. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung einer Kündigungszulassungserklärung ist deshalb uneingeschränkt möglich und nicht auf das Vorliegen eines etwaigen Ermessensmissbrauchs beschränkt.
- 2.
Der Begriff des besonderen Falles im Sinne des § 9 Abs. 2 des Mutterschaftsschutzgesetzes (MuSchG) ist weder mit dem normalen Kündigungsgrund noch mit dem arbeitsvertragsrechtlichen Begriff des wichtigen Grundes gleichbedeutend. Ein besonderer Fall kann insoweit nur bei Tatumständen von außergewöhnlicher Schwere vorliegen, die es ausnahmsweise rechtfertigen, die vom Gesetz eindeutig als vorrangig behandelten Belange des Mutterschutzes gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Schutzfristen des Gesetzes zurücktreten zu lassen.
In der Verwaltungsstreitsache
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg, IV. Senat,
in seiner Sitzung vom 26. Juni 1957,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Gross als Vorsitzender,
Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Färber als Richter,
Landgerichtsrat Müller-Tochtermann als Richter,
Landwirt Plastwich als ehrenamtliches Mitglied,
Angestellter Gottfried als ehrenamtliches Mitglied,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landesverwaltungsgerichts - Erste Kammer - in Schleswig vom 27. März 1956 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die im Jahre 1917 geborene Klägerin hat nach Besuch einer Mädchenschule und der höheren Fachschule für Frauenberufe in ... zu Ostern 1936 die Reifeprüfung dieser Anstalt mit dem Prädikat "gut" bestanden. Danach erwarb sie nach zweijährigem Besuch des Werklehrerseminars der Stadt ... die Befähigung zum Erteilen von Werkunterricht an Volks-, Mittel- und höheren Schulen. Anschließend war sie in ihrem Fachgebiet im BRM und im Dienste der Stadt ... tätig. Nach 1945 hat sie zunächst Tätigkeiten außerhalb ihres Berufes ausgeübt, bis sie im Jahre 1950 im Jugendaufbauwerk (JAW) wieder in ihrem erlernten Beruf als Werklehrerin angestellt wurde. Nach erfolgreichem Besuch eines Vorbereitungslehrganges, Ableistung einer Probezeit und gutachtlicher Anhörung des Beigeladenen zu 2) trat sie im August 1952 als Heimleiterin eines JAW-Mädchenheims in die Dienste des Kreises ... Auf Anweisung des Schleswig-Holsteinischen Ministers für Arbeit, Soziales und Vertriebene wurde sie im Oktober 1952 als Heimleiterin mit Lehrauftrag in den Dienst des Beigeladenen zu 1) übernommen und mit der Neueinrichtung eines Mädelheims in ... und der Leitung der dort durchzuführenden Lehrgänge für schulentlassene Mädchen beauftragt.
Die Klägerin ist seit 1945 verheiratet und hatte zur Zeit ihrer Einstellung bei dem Beigeladenen zu 1) zwei Kinder, die in den Jahren 1948 und 1950 geboren waren. Am 4. Mai 1955 hat sie ihr drittes Kind zur Welt gebracht. Der Ehemann der Klägerin ist beim Wasser- und Schiffahrtsamt ... beschäftigt.
Im Laufe der Tätigkeit der Klägerin kam es zwischen dieser und dem Beigeladenen zu 1) mehrfach zu Differenzen, die sich auf folgende tragen bezogen:
- a.
die Wirtschaftsgebarung der Klägerin (1952/53),
- b.
das Prüfungsergebnis des Lehrgangs 1953/54,
- c.
die Zusammenarbeit der Klägerin mit dem Arbeitsamt ... (1953),
- d.
die Leitung eines Zeltlagers im Juni 1954,
- e.
das Ergebnis der Unterrichtsrevision im September 1954.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 1954 kündigte der Beigeladene zu 1) das Dienstverhältnis der Klägerin zum 31. Dezember 1954. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1954 zeigte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) an, daß sie in anderen Umständen sei. Eine ärztliche Bescheinigung über ihren Zustand reichte sie dem Beigeladenen zu 1) kurze Zeit später nach. Auf Antrag des Beigeladenen zu 1) erklärte das Gewerbeaufsichtsamt ... mit Schreiben vom 11. November 1954 auf Grund der Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) eine Kündigung gegenüber der Klägerin für zulässig. Es stellte die Zulässigkeitserklärung der Klägerin abschriftlich zu. Eine Rechtsmittelbelehrung, in der es seinen Bescheid als mit Einspruch anfechtbar bezeichnete, fügte es bei. Eine Begründung enthielt der Bescheid nicht. Eine Anhörung der Klägerin durch das Gewerbeaufsichtsamt ... war dem Erlaß des Bescheides nicht vorausgegangen. Auf Grund dieses Bescheides des Beklagten wiederholte der Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 12. November 1954 die ausgesprochene Kündigung. Gegen den Bescheid des Gewerbeaufsichtsamts ... legte die Klägerin mit Schreiben vom 17. November 1954 Einspruch ein, den sie an die "für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde durch das Gewerbeaufsicht samt ..." richtete. Nachdem die Klägerin Gelegenheit hatte, zu den ihr nachträglich bekannt gegebenen Gründen des Bescheides vom 11. November 1954 schriftlich Stellung zu nehmen, wies das Gewerbeaufsichtsamt ... den Einspruch mit Bescheid vom 27. Dezember 1954 zurück. Zur Begründung bezog sich das Gewerbeaufsichtsamt auf die erwähnten Differenzen b) bis e) und führte aus: Es sei von der Klägerin zu vertreten, daß zwischen dem Beigeladenen zu 1) und ihr ein Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehe. Dem Beigeladenen zu 1) könne daher selbst unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes, dessen die Klägerin als werdende Mutter bedürfe, ihre weitere Beschäftigung nicht zugemutet werden.
Mit Schriftsatz vom 17. November 1954 hat die Klägerin Klage gegen den Beigeladenen zu 1) bei dem Arbeitsgericht ... erhoben mit dem Antrage festzustellen, daß die Kündigung vom 28. Oktober 1954 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe. Durch Beschluß vom 11. Januar 1955 ist der Arbeitsrechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt worden.
Gegen den am 30. Dezember 1954 zugestellten Einspruchsbescheid des Gewerbeaufsichtsamts hat die Klägerin durch die am 28. Januar 1955 eingegangene Klageschrift den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Sie hat ausgeführt, die Bescheide des Gewerbeaufsichtsamts seien schon aus formellen Gründen aufzuheben. So habe das Gewerbeaufsichtsamt versäumt, vor Zulassung der Kündigung die Klägerin zu hören. Auch habe das Gewerbeaufsichtsamt die Angäben des antragstellenden behördlichen Arbeitgebers keiner eigenen Nachprüfung unterzogen, wie es seine Pflicht gewesen wäre. Es sei auch zu beanstanden, daß die Zulassungserklärung keine Begründung enthalten habe. Als später der Klägerin die Gründe mitgeteilt worden seien, sei das ohne konkrete Angaben und unvollständig geschehen. Die Behauptung der mangelnden Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt ... sei erst der Begründung des Einspruchsbescheides zu Grunde gelegt worden, ohne daß die Klägerin in dem Einspruchsverfahren Gelegenheit gehabt habe, zu diesem Punkte Stellung zu nehmen. In dem Einspruchsverfahren habe das Gewerbeaufsichtsamt durch den Zwischenbescheid vom 20. November 1954, in dem festgestellt sei, daß der Sachverhalt klar und deshalb die Anhörung der Klägerin nicht erforderlich gewesen sei, die Entscheidung über den Einspruch praktisch vorweggenommen. Das sei ebenfalls unzulässig gewesen.
Schließlich verstoße es gegen den Grundsatz der Trennung der Gewalten, daß das Gewerbeaufsichtsamt in dem Einspruchsbescheid eine Interessenabwägung der Schutzbedürftigkeit der Klägerin und der Zumutbarkeitsgrenze auf Seiten des Beigeladenen zu 1) vorgenommen habe. Eine solche Interessenabwägung stehe nur dem Gericht zu. Die Zulassung der Kündigung sei aber auch aus sachlichen Gründen ungerechtfertigt. So sei die Zusammenarbeit mit den zuständigen Berufsberaterinnen der Arbeitsämter ... und Nebenstelle ... ausgezeichnet gewesen. Lediglich mit der Berufsberaterin Fräulein ... vom Arbeitsamt ... die nur etwa drei im Heim erschienen sei, habe es am 30. Januar 1954 eine zum Teil persönliche Auseinandersetzung gegeben. Die Klägerin habe die Absicht gehabt, sich über das ungebührliche Benehmen von Fräulein ... zu beschweren. Das sei lediglich aus Zeitmangel unterblieben. Von den Beschwerden des Arbeitsamts ... habe sie erst durch den Einspruchsbescheid erfahren. Nach einer ihr gegebenen Auskunft des Direktors dieses Arbeitsamts hätten Beschwerden nicht vorgelegen. Der Beigeladene zu 1) habe lediglich Fräulein Meyer zur Stellungnahme auf einige Fragen aufgefordert.
Das Prüfungsergebnis des Lehrgangs 1953/54 sei nicht so schlecht gewesen, wie die Gegenseite behaupte. Soweit das Ergebnis tatsächlich nicht befriedigt habe, sei das nicht auf die Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen. Die Prüfung wäre besser ausgefallen, wenn der Unterricht nicht durch zahlreiche Ab- und Zugänge während des Lehrgangs gelitten hätte. Eine Kritik der Prüfung habe wider Erwarten nicht stattgefunden.
Bei den Beanstandungen, die die Kreisberufsschule ... dem Unterricht der Klägerin vorgenommen habe, sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin ... niemals Anweisungen oder Anregungen über die Art des zu erteilenden Unterrichts von der Berufsschule erhalten habe. Die Unterrichtsrevision vom 21. September 1954 sei die erste und einzige Revision, die überhaupt stattgefunden habe. Mit dem Verlauf des vor dem Berufsschuldirektor ... erteilten Unterrichts sei die Klägerin selbst nicht besonders zufrieden gewesen. Ein Drittel der Lehrgangsteilnehmerinnen nicht den Auslesebestimmungen für einen Grundlehrgang entsprochen. Außerdem seien sowohl die Mädchen wie auch sie infolge der Anwesenheit einer Revisionskommission befangen und sie selbst durch die Beschwerden der beginnenden Schwangerschaft gehemmt gewesen. Auch habe sie für den Unterricht in deutscher Literatur, den Berufsschuldirektor ... sich ebenfalls angehört habe, eine förmliche Lehrbefähigung nicht besessen. Das sei bei ihrer Einstellung bekannt gewesen. Auch sei zu berücksichtigen, daß sie durch ihre Tätigkeit als Heimleiterin erheblichen Anforderungen ausgesetzt gewesen sei.
Es sei richtig, daß während des Zeltlagers im Sommer 1954 zwei Mädchen nach beginnender Nachtruhe für 10 bis 15 Minuten ein Jungenzeit aufgesucht, und in einem anderen Falle drei Jungen nachts in ein Mädchenzelt gekommen seien. Es habe sich hierbei aber nicht um sittliche Verfehlungen der betreffenden Jugendlichen gehandelt. Das Verhalten der Jungen und Mädchen entspreche vielmehr einer gewissen Abenteuersucht und dem Bestreben, eine falsch verstandene Mutprobe abzulegen. Richtig sei auch, daß die Klägerin diese Vorfälle dem Kreise ... nicht gemeldet habe. Sie habe befürchtet, daß die dann möglicherweise einsetzenden Vernehmungen von Seiten fremde Personen den Jugendlichen innerlich mehr geschadet hätten als die Vorfälle selbst. Andererseits habe sie sofort, nachdem ihr die Vorfälle bekannt geworden seien, eine gewissenhafte Untersuchung eingeleitet, die Eltern benachrichtigt und die beteiligten Mädchen von der weiteren Teilnahme an dem Zeltlager ausgeschlossen. An diesen Maßnahmen habe der Beigeladene zu 1) später nichts mehr geändert, nachdem ihm die Vorfälle bekannt geworden seien. Die Unterlassung einer Meldung sei daher keine Verheimlichung sträflicher Verfehlungen gewesen, sondern in der Annahme geschehen, daß die Maßnahmen der Klägerin eine ausreichende Bereinigung der Vorfälle darstelle.
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide des Beklagten [XXXXX]vom 27. Dezember 1954 und vom 11. November 1954 aufzuheben.
Das Gewerbeaufsichtsamt ... als damaliger Beklagter hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat ausgeführt: Es sei nicht erforderlich gewesen, vor der Zulässigkeitserklärung der Kündigung die Klägerin anzuhören, da nach Lage der Akten der Sachverhalt hinreichend geklärt gewesen sei. Es sei die Aufgabe der Klägerin gewesen, das Heim und den Schulbetrieb zu beaufsichtigen. Daneben habe sie Unterricht in Deutsch und Säuglingspflege erteilt, außerdem hätten noch zwei weitere Lehrkräfte für andere Fächer zur Verfügung gestanden. Für die Hauswirtschaft sei eine Hauswirtschaftsleiterin vorhanden gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe als Arbeitgeber schon von Anfang an Ursache gehabt, die Tätigkeit der Klägerin zu beanstanden. Insbesondere habe schon im Jahre 1953 bei einer Besichtigung des Heims die Wirtschaftsführung der Klägerin beanstandet werden müssen. So sei festgestellt worden, daß die Klägerin ohne vorherige Genehmigung einmal einen Waggon Koks im Wert von über 1900 DM gekauft habe. Ferner habe sie einen alten Ziehbrunnen im Obstgarten abgebrochen, obwohl sie gewußt habe, daß der Brunnen wegen einer Gerechtsame des Nachbarn habe stehen bleiben müssen. Sie habe ferner ohne Wissen der zuständigen Stelle die Rasenfläche vor dem Haupthaus umgebrochen und mit Kartoffeln bepflanzt. Ferner habe sie, nachdem auf ihren Antrag der Ankauf von zwei Ferkeln genehmigt worden sei, vier Ferkel gekauft. Im April 1953 habe sie die Anschaffung von Kunstdünger beantragt, obwohl der Dünger bereits im März 1953 von ihr gekauft worden sei. Schließlich habe sie eine Abschiedsfeier mit etwa 40 geladenen Gästen durchgeführt, ohne daß der Kreis ... als Träger des Heims davon in Kenntnis gesetzt worden sei oder die Feier genehmigt gehabt habe. Schon damals habe sich der Beigeladene zu 1) veranlaßt gesehen, der Klägerin eine fristlose Entlassung für den Fall anzudrohen, daß sie weiterhin ihre Dienstpflicht vernachlässige. Auch im Mai 1953 sei noch einmal eine Verwarnung der Klägerin erforderlich geworden, weil die Klägerin den Komposthaufen falsch angelegt gehabt habe. Im Herbst 1953 sei dann festgestellt worden, daß die Klägerin anläßlich ihres Urlaubs Naturalverpflegung aus den Wirtschaftsbeständen des Heims entnommen habe. Im übrigen habe die Klägerin zu Zweifeln an dem Erfolg ihrer erzieherischen Tätigkeit Anlaß gegeben. So habe die Prüfung der zu Ostern 1954 zur Entlassung kommenden Mädel zu einem sehr ungünstigen Ergebnis geführt. Die Klägerin sei auch wegen ihrer unzureichenden Unterrichtsmethoden durch die Senatorin Faupel verwarnt worden. Bei einer Unterrichtsrevision durch den Direktor der Kreisberufsschule ... sei festgestellt, daß der Unterricht und die Unterrichtsmethode der Klägerin völlig unzureichend gewesen seien. Auch lag eine Beschwerde des Direktors des Arbeitsamts ... vor, in der der Klägerin der Vorwurf gemacht worden sei, daß sie für die mangelnde Bereitschaft der Lehrgangsteilnehmerinnen zur Aufnahme von Frauenarbeit verantwortlich sei. Nach dieser Beschwerde sei die Klägerin auch der Aufforderung des Arbeitsamts, Bewerbungsunterlagen einzureichen, nicht nachgekommen. Dadurch sei die Berufsunterbringung der Mädel des Heimes in Frage gestellt worden. Das Arbeitsamt habe in der Beschwerde angekündigt, daß es von der Entsendung weiblicher Jugendlicher in das Heim ... in Zukunft werde Abstand nehmen müssen, falls die Mißstände nicht beseitigt würden.
Die Klägerin habe aber auch ihre Aufsichtspflicht gröblich verletzt. Während des Zeltlagers ... bei ... habe die Klägerin die Mädel allein in den Zelten ohne Aufsicht schlafen lassen. Da in der Nähe des Mädchenzeltlagers auch ein Jungenzeitlager gewesen sei, wäre es ihre Pflicht gewesen, die Mädel auch während der Nacht besonders zu beaufsichtigen. Da sie diese Pflicht vernachlässigt habe, hätten sich mehrere Jungen nachts in die Zelte der Mädchen eingeschlichen und umgekehrt auch einige Mädchen nachts die Zelte der Jungen besucht. Die Klägerin habe die Vorfälle verschwiegen. Ihr Bericht müsse geradezu als bewußte Täuschung angesehen werden. Nur durch einen Zufall habe das Ministerium für Arbeit, Soziales und Vertriebene von der Angelegenheit Kenntnis bekommen. Schon dieser Vorfall würde ausreichen, die Klägerin fristlos zu entlassen. Es sei auch nicht richtig, daß das falsche Verhalten der Klägerin etwa auf die Beschwerden ihrer Schwangerschaft zurückzuführen sei. Die Schwangerschaft sei erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1954 eingetreten, während die meisten der zu beanstandenden Vorfälle sich schon vorher ereignet gehabt hätten.
Durch Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts Schleswig vom 4. März 1955 und vom 2. September 1955 sind der Kreisausschuß des Kreises ... (Beigeladener zu 1)) und der Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein ... (Beigeladener zu 2)) von Amts wegen zu dem Verfahren beigeladen worden.
Der Beigeladene zu 1) hat ausgeführt: Die von der Klägerin vorgetragenen formellen Rügen seien nicht geeignet, den Klageanspruch zu rechtfertigen, da die Tatsachen, auf die der Beklagte die Zulassung der Kündigung gestützt habe, erwiesen seien. Das Gewerbeaufsichtsamt ... auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin vor dem Erlaß seiner Entscheidung zu hören, da die Sachlage vollkommen klar gewesen sei.
Im übrigen seien die Vorwürfe, die die Klägerin gegen den Beigeladenen zu 1) gerichtet habe, unbegründet. Der Beigeladene zu 1) habe als Träger der Arbeit lediglich die Verantwortung dafür gehabt, daß das Gebäude mit den entsprechenden Einrichtungen bereit gestellt, und daß die Kassen-, Rechnungs- und Wirtschaftsführung des Heimes ordnungsgemäß durchgeführt werde. Die Regelung und Überwachung des gesamten Ausbildungswesens für die im Heim ... durchgeführten Grundlehrgänge sei in die ausschließliche Zuständigkeit des Kultusministeriums gefallen. Deswegen beschränke sich die Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) nur auf einen Teil der Ausführungen der Klägerin.
Die Klägerin habe hinsichtlich ihrer Wirtschaftsführung zu erheblichen Klagen Anlaß gegeben. Sie sei in der Erteilung von Aufträgen aller Art geradezu hemmungslos gewesen. Mündliche Ermahnungen hätten nicht gefruchtet. Es sei deshalb erforderlich gewesen, entsprechende schrifliche Verfügungen an die Klägerin zu richten, und zwar erstmals am 9. Januar 1953. Nachdem die Klägerin trotzdem weitere Aufträge vergeben habe, ohne die Genehmigung des Kreises einzustehen, sei sie in einer Besprechung am 19. Mai 1953 erneut ernstlich verwarnt worden. Schließlich sei eine nochmalige schriftliche Verwarnung mit der Androhung der fristlosen Entlassung erforderlich geworden. Es sei deshalb später auch notwendig geworden, in organisatorischer Hinsicht dadurch eine Änderung eintreten zu lassen, daß das Heim ... aus, der Abteilung Jugendpflege und Sport herausgelöst und der Kämmerei unterstellt worden sei. Der Beigeladene zu 1) habe auch feststellen müssen, daß die Klägerin einen großen Teil von Rechnungen für sie nur ihr Bestellungen und Aufträge unterdrückt habe. Die betreffenden Lieferfirmen hätten sich deswegen beschwerdeführend an den Beigeladenen zu 1) gewandt.
Der Beigeladene zu 1) könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, daß die Gebäude des Heimes ... noch während der Umbauarbeiten hätten in Benutzung genommen werden müssen. Diese vorzeitige Inanspruchnahme des Heimes habe ihren Grund darin gehabt, daß sich in Haffkamp, wo früher ein JAW-Mädelheim gewesen sei, durch die Explosion von Minen Unglücksfälle ereignet hätten, die eine vorzeitige Verlegung des Heimes von Haffkamp nach Wacken erforderlich gemacht hätten. Aus diesen Gründen habe an dem damaligen Zustand nichts geändert werden können. Es sei möglich, daß die Klägerin wegen ihrer wehleidigen Berichterstattung über den damaligen Zustand des Heimes hierauf hingewiesen worden sei. Im übrigen hat sich der Beigeladene zu 1) den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Einen eigenen Antrag hat der Beigeladene zu 1) nicht gestellt.
Der Beigeladene zu 2) hat den Prüfungsvermerk des Kreisberufsschuldirektors ... vorgetragen und sich im übrigen den Auffassungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1) angeschlossen. Einen eigenen Antrag hat der Beigeladene zu 2) nicht gestellt.
Die Klägerin hat erwidert: Auch die von dem Beklagten neu vorgetragenen Beanstandungen der Wirtschaftsführung der Klägerin seien ungerechtfertigt. Wohl habe sie im Herbst 1952 einen Waggon Koks ohne vorherige Genehmigung gekauft. Das sei aber im Interesse der Lehrgangsteilnehmer notwendig gewesen, da der Beigeladene zu 1) bis zum Dienstantritt der Klägerin am 11. Oktober 1952 und danach für die Beschaffung von Heizmaterial nicht gesorgt habe. Den Ziehbrunnen auf dem Gelände des Heimes habe sie unter Abbruch des verfallenen Aufbaus lediglich zudecken lassen. Der Brunnen habe kein Wasser mehr geführt und sei in dem alten Zustand eine Unfallquelle und ein Schandfleck gewesen. Die Rasenfläche habe sie nur vorübergehend zum Anbau von Kartoffeln bestellt, da ihr das zur Beseitigung der starken Unkrautbewachsung geraten worden sei. Die Anschaffung von vier Ferkeln statt der genehmigten zwei Tiere sei wirtschaftlich notwendig gewesen. Im übrigen habe sie die Ferkel billiger gekauft als vom Beigeladenen zu 1) vorgesehen. Die Mittel zur Beschaffung von Dünger habe sie rechtzeitig beantragt. Die Genehmigung sei jedoch so spät eingetroffen, daß der ursprünglich vorgesehene Naturdünger vergriffen gewesen sei. Sie habe sich deshalb für berechtigt gehalten, die bewilligten Mittel für die Beschaffung von Kunstdünger zu verwenden. Zu der Abschiedsfeier sei auch der Beigeladene zu 1) eingeladen worden. Auch habe die Klägerin den Plan hierzu dem Beigeladenen zu 1) lange Zeit vorher mitgeteilt. Am Tage der Veranstaltung habe sich auch ein Beauftragter des Beigeladenen zu 1) die Vorbereitungen für die Feier angesehen. Die von dem Beigeladenen zu 1) angeordnete Verlegung des Komposthaufens sei nach ihrer Auffassung unwirtschaftlich gewesen.
Zu den Beanstandungen ihrer Unterrichtstätigkeit trägt die Klägerin vor, sie habe keine Ausbildung als Gewerbelehrerin. Das sei den zuständigen Stellen bekannt gewesen. Etwaige Mängel ihrer Unterrichtsmethode könnten daher nicht dazu führen, sie als Heimleiterin zu entlassen. Hinsichtlich der Zeltangelegenheit sei zu berücksichtigen, daß einschließlich der Klägerin nur drei Erzieher für 44 Mädel und insgesamt fünf Zelte vorhanden gewesen seien. Es sei daher unmöglich gewesen, in jedem Zelt eine Erzieherin schlafen zu lassen.
Zu dem Prüfungsbericht des Direktors Seidel sei zu bemerken, daß die Klägerin damals einen Lehrplan gehabt habe; der jedoch nicht von ihr verlangt worden sei. Auf den Unterricht sei sie nicht vorbereitet gewesen, weil sie am Tage der Prüfung keinen Unterricht zu geben hatte. Das sei Direktor ... bekannt gewesen.
Nach Beweisaufnahme hat das Landesverwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, die gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe seien kein ausreichender Grund, ihr den Kündigungsschutz als werdende Mutter zu versagen. Das Verhalten der Klägerin in Wirtschaftsführung könne für die Frage der Versagung des Mutterschutzes schon deshalb keine Rolle mehr spielen, weil schutzbedürftige Wirtschaftsbelange des Beigeladenen zu 1) zur Zeit der Kündigung durch eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ablauf der Schutzfrist nicht mehr gefährdet gewesen seien. Hinsichtlich des Vorwurfs mangelnder Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt ... sei eine akute Gefährdung der berufspolitischen Ziele des Jugendaufbauwerkes durch die Klägerin nicht in dem Maße erwiesen, daß deswegen eine Verweigerung des Mutterschutzes gerechtfertigt wäre. Auch unter Berücksichtigung der einmaligen Unterrichtsrevision durch den Berufsschuldirektor Seidel könnten die Fehlleistungen der Klägerin im Unterricht nicht als so schwerwiegend angesehen werden, daß ihre Entlassung vor Ablauf der Schutzfrist im Interesse der Lehrgangsteilnehmer zwingend geboten gewesen wäre. Was die Zeitlagerangelegenheit betreffe, so könne der Klägerin ein absolut unverantwortliches Verhalten bei der Belegung der Zelte nicht vorgeworfen werden. Zwar wäre es ihre Pflicht gewesen, den Vorfall zu melden. Diesem Versäumnis der Klägerin könne jedoch keine so schwerwiegende Bedeutung beigemessen werden, daß deswegen die Versagung des Mutterschutzes gerechtfertigt wäre.
Gegen dieses am 5. Mai 1956 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. Mai 1956 eingegangene Berufung. Der Beklagte trägt vor: Es sei zu beanstanden, daß das angefochtene Urteil sein eigenes Ermessen dem Ermessen des Beklagten gegenüberstelle. Die Klage hätte nur Erfolg haben können, wenn dem Gewerbeaufsichtsamt ein Ermessensmißbrauch nachgewiesen worden wäre. Ein solcher Nachweis sei aber nicht erbracht. Das erstinstanzliche Gericht habe es auch unterlassen, die vom Beklagten angebotenen Beweise zu erheben. Das sei jedoch erforderlich, um ein vollständiges Bild von den Verfehlungen der Klägerin zu erhalten. Es sei zu berücksichtigen, daß der Klägerin schon vor dem Ausspruch der Kündigung die fristlose Entlassung habe angedroht werden müssen. Sie sei auch noch im November 1953 schriftlich verwarnt worden. Die Klägerin habe also ständig zu Beanstandungen Anlaß gegeben. Die Vorfälle im Zeltlager und das ungerichtig Ergebnis der Unterrichtsrevision müßten daher im Zusammenhang mit dem früheren Verhalten der Klägerin gesehen werden. Sie stellten dann aber einen besonderen Fall im Sinne des Mutterschutzgesetzes dar, insbesondere wenn man berücksichtige, daß die Klägerin durch ihr Verhalten das Ansehen des Jugendaufbauwerkes geschädigt und die weitere Durchführung sogar gefährdet habe.
Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin macht zunächst geltend, daß im Hinblick auf die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzesüber die Zuständigkeiten im Beschwerdeverfahren der Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein als Beklagter zu gelten und in den Prozeß einzutreten habe. In der Sache selbst tritt sie den Ausführungen des Beklagten entgegen, insbesondere ist sie der Ansicht, das angefochtene Urteil habe zu Recht festgestellt, daß Tatsachen, auf die der angefochtene Verwaltungsakt gestützt worden sei, nicht vorhanden gewesen oder falsch gewertet worden seien. Im übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.
Der Prozeßbevollmächtigte des Gewerbeaufsichtsamts ... und Beklagte widerspricht der Parteiänderung nicht.
Auf Grund des Beschlusses vom 26. Juni 1957 sind die Klägerin als Partei, der Berufsschuldirektor ... und der Kreiskämmerer ... als Zeugen vernommen worden.
Die Klägerin hat ausgesagt: Die Unterrichtsrevision vom 21. September 1954 sei die erste Überprüfung ihres Unterrichts gewesen. Der Berufsschuldirektor ... sei, zwar schon früher im Heim gewesen, das erste Mal etwa Anfang 1953. Bei diesen Gelegenheiten habe jedoch keine Besprechung ihres Unterrichts stattgefunden. Das Material zu der Abschlußprüfung des ersten Lehrgangs zu Ostern 1953 habe sie sich aus einem anderen JAW-Lager beschafft. Die Unterrichtsfächer seien unter den drei Aufsichtspersonen des Lehrgangs aufgeteilt worden. Zu Anfang habe Unterricht im Rechnen nicht gegeben werden können. Nach Ostern 1953 sei dann eine Hauswirtschaftslehrerin vorhanden gewesen. Der Unterricht habe ihr selbst immer große Freude gemacht. Sie habe aber wegen Zeitmangels sich in den von ihr unterrichteten Fächern nicht fortbilden können. Bei der Unterrichtsrevision durch den Zeugen ... sei sie sehr unsicher gewesen. Sie müsse auch zugeben, daß sie in methodischer Hinsicht Fehler gemacht habe. Von Frau Faupel habe sie keine methodischen Unterweisungen bekommen. Ihrem Unterricht habe Frau ... niemals beigewohnt. Sie habe sich nur den Handarbeitsunterricht angehört. Auch Fräulein ... sei in ihrem Unterricht niemals gewesen. Hinsichtlich der Zeltlagerangelegenheit sehe sie jetzt wohl ein, daß sie die Vorfälle hätte melden sollen, damals aber habe sie einen Bericht aus den bereits schriftsätzlich vorgetragenen Gründen bewußt unterlassen.
Wegen der Schwierigkeiten, die sich zu Anfang ihrer Heimleitertätigkeit in wirtschaftlicher Beziehung ergeben hätten, sei schließlich die Bearbeitung vom Kreisjugendpfleger auf die Kämmerei übergegangen. Außer Kleinigkeiten habe es nach 1953 in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten mehr gegeben. Sie sei stets das Bestreben auch die wirtschaftlichen Angelegenheiten so gut wie möglich zu bearbeiten.
Der Berufsschuldirektor ... hat ausgesagt: Er sei seit 1931 Leiter der Schule in ... Die Schule umfasse 5.000 bis 6.000 Schüler und verfüge über etwa 70 Lehrkräfte. Über den Unterricht in dem JAW-Heim ... habe er in etwa Schulaufsichtsbefugnisse gehabt. Er sei in den Jahren 1952 bis 1954 etwa fünfmal im Heim gewesen.
Die Unterrichtsrevision vom 21. September 1954 sei die erste Überprüfung der Klägerin gewesen. Er habe für die Klägerin im Sommer 1953 die Lehrerlaubnis beim Kultusministerium beantragt. Eine Überprüfung der Klägerin habe damals nicht stattgefunden. Das sei nicht üblich gewesen. Außerdem seien Lehrer knapp gewesen, und es habe sich nur um wenige Unterrichtsstunden gehandelt, die die Klägerin geben sollte. Etwa Ende September 1955 habe die Klägerin dann die Lehrerlaubnis erhalten. Es sei eine Ausnahme gewesen, daß die Klägerin als Heimleiterin gleichzeitig auch unterrichtete. Er, der Zeuge, habe sich zunächst mit der Überprüfung der Stundenpläne des Heims begnügt. Diese Pläne sein der Form nach in Ordnung gewesen. Deshalb habe er zunächst eine Überprüfung nicht vorgenommen. Dabei möge auch eine Rolle gespielt haben, daß ... sehr weit ablag. Wenn er aus anderem Anlaß im Heim gewesen sei, habe er von der Klägerin kein ungünstiges Bild gewonnen. Sie habe über die Mädchen etwas auszusagen gewußt. Auch sonst habe das Heim im ganzen einen annehmbaren Eindruck gemacht. Auch deswegen habe er zunächst eine Überprüfung nicht ins Auge gefaßt. Welcher Anlaß zu der Überprüfung im September 1954 geführt habe, wisse er heute nicht mehr genau. Er habe es wohl für notwendig gehalten, sich ein eigenes Urteil zu bilden, zum Teil sei es ihm nach dem Zeitablauf als normal erschienen, den Unterricht der Klägerin zu überprüfen. Er glaube, über Kündigungsabsichten erst nach der Überprüfung erfahren zu haben. Allerdings sei ihm damals schon bekannt gewesen, daß es um Wacken Schwierigkeiten gegeben habe.
Er habe nur über den Unterricht der Klägerin zu berichten gehabt, nicht über ihre Leistungen als Heimleiterin. Das Ergebnis seiner Revision habe er in seinem Bericht vom 22. September 1954 niedergelegt. Es sei richtig, daß wohl noch eine zweite Überprüfung stattfinden sollte. Für sein Urteil sei besonders wichtig gewesen, daß die Klägerin hinsichtlich der Pläne und des Unterrichtsberichts sich formeller Pflichtwidrigkeiten schuldig gemacht habe. Es sei richtig, daß die Klägerin sich seinerzeit mit darum bemüht gehabt habe, noch eine weitere Lehrkraft für das Heim zu bekommen.
Der Zeuge Knuth hat ausgesagt: Nach der Gründung des Heims sei die Bearbeitung der wirtschaftlichen Angelegenheiten des JAW-Heims in der Kreisverwaltung zunächst dem Kreisjugendpfleger übertragen gewesen. Im Laufe der Zeit sei jedoch der Kreisjugendpfleger mehrfach bei ihm als dem Kreiskämmerer vorstellig geworden, das Heim eine Unterbilanz gehabt habe. Es sei dann schließlich etwa September Oktober 1953 eine Änderung der Bearbeitung vorgenommen worden, und das Heim sei in wirtschaftlicher Hinsicht der Kreiskämmerei unterstellt worden. Er habe dann festgestellt, daß das Heim äußerlich gut gehalten gewesen, die finanziellen Belange aber sehr stark vernachlässigt worden seien. So sei z.B. für die Angehörigen des Heims ein Verpflegungssatz von täglich 1,70 DM festgesetzt worden, der nach seiner, des Zeugen, Ansicht ausreichend gewesen sei. Trotzdem sei die Klägerin damit nicht ausgekommen. Auch habe er feststellen müssen, daß entgegen der Meldung der Klägerin unbezahlte Rechnungen vorhanden gewesen seien. Er habe deswegen die Wirtschaftsführung der Klägerin straffer berufssichtigt als das offenbar bisher geschehen sei. Er sei wenn auch selten, persönlich im Lager gewesen, doch habe er oft einen seiner Angestellten in das Heim geschickt. Auf diese Weise habe sich allmählich die Wirtschaftsgebarung der Klägerin gebessert, zum Schluß sei alles gut gewesen. Unlautere Motive habe er bei der Klägerin nicht festgestellt. Es sei wohl richtig, daß bei der Gründung des Heims in der ersten Zeit das Auftreten von Unterschüssen unvermeidlich gewesen sei. Es seien jedoch nach der Abdeckung der ersten Unterschüsse wieder neue Unterschüsse entstanden. Das sei nach seiner Auffassung dann nicht mehr unvermeidlich gewesen.
Dem Senat haben folgende Verwaltungsvorgänge, Akten und Hefte vorgelegen:
- Die Akten 1 Ca. 394/54 des Arbeitsgerichts ... die Akten des Kreises ... betreffend Kündigung, Kündigungsgenehmigung, Arbeitsgerichtsverfahren (BeiA I) Monatsberichte der Klägerin vom 4. November 1952 bis 31. März 1955 (BeiA II),
- Monatsberichte der Klägerin und ihrer Nachfolgerin übe das Heim in ... vom 4. Oktober 1953 bis 1. Mai 1955 (BeiA III),
- Schriftwechsel des Kreises ... mit der Landesregierung über das Heim ... (BeiA IV),
- Akten des Kreises ... über die Wirtschaftsführung des Heims Wacken (BeiAV),
- ein Ordner des Kreises ... mit verschiedenen Unterlagen über das Heim ... (BeiA VI),
- ein Ordner mit Runderlassen und Druckwerken über das Jugendaufbauwerk in Schleswig-Holstein (BeiA VII),
- ein von der Klägerin überreichtes Heft mit Schriftwechsel der Klägerin mit dem Beklagten, dem Gewerbeaufsichtsamt Kiel, anderen Behörden sowie einigen Eltern von Teilnehmerinnen der Lehrgänge im Heim Wacken (BeiA A),
- Handakten des Beklagten (BeiA B),
- ein Ordner mit Klassenarbeiten von ... (BeiA D),
- ein Ordner mit Klassenarbeiten von ... (BeiA E),
- Personalakten der Klägerin (BeiA F),
- Lehrbericht der Klasse A, Jahrgang 1954/55 (BeiA G),
- Lehrbericht der Klasse A, Jahrgang 1953/54 (BeiA H),
- Lehrbericht der Klasse B, Jahrgang 1954/55 (BeiA I),
- Lehrbericht der Klasse B, Jahrgang 1953/54 (BeiA K).
Auf den Inhalt dieser Beiakten, deren wesentlichste Schriftstücke Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, wird Bezug genommen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze aus beiden Rechtszügen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie zulässige Berufung konnte keinen Erfolg haben.
In der von der Klägerin abgegebenen Erklärung als Beklagter solle der Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein eintreten, ist eine Klageänderung zu sehen. Es ist in der Rechtsprechung zur Zivilprozeßordnung allgemein anerkannt, daß auch ein Wechsel der Parteien als Klageänderung zu bewerten ist (vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, Anm. 2 C zu § 264 ZPO m.w.Nachw.). Biese Rechtsprechung ist neuerdings noch dahin ergänzt worden, daß auch eine Parteiänderung auf der Seite des Beklagten in der Berufungsinstanz als Klageänderung behandelt werden kann (vgl. BGH in NJW 1956 S. 1598). Diese Grundsätze finden auch im Verwaltungsgerichtsverfahren Anwendung (Klinger, Verwaltungsgerichtsbarkeit in der britischen Zone, Anm. A Abs. 5 zu § 67 VO Nr. 165). Da der Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein sowohl als Prozeßbevollmächtigter des bisherigen Beklagten wie auch jetziger Beklagter dem Parteiwechsel nicht widersprochen hat, war die von der Klägerin erklärte Klageänderung gemäß § 87 VO Nr. 165 auch zulässig.
Der Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein ist aber auch als richtiger Beklagter anzusehen. Das ergibt sich aus § 18 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Daher ist gegen Verfügungen des Gewerbeaufsichtsamts, die nach dem Mutterschutzgesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften ergehen, die Beschwerde an die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde zulässig. Nun steht zwar nach § 9 Abs. 2 MuSchG die Befugnis zur Kündigungszulassungserklärung generell der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde zu. Sie kann aber nach der gleichen Vorschrift einer anderen Stelle übertragen werden. Durch Erlaß vom 8. Februar 1954 hat der Beklagte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Delegationsbefugnis des Mutterschutzgesetzes die Befugnis des § 9 Abs. 2 MuSchG ausdrücklich auf die Gewerbeaufsichtsämter übertragen (ABl. 1954 S. 69). Die hier streitige Kündigungszulassungserklärung des Gewerbeaufsichtsamts ... war daher eine Verfügung des Gewerbeaufsichtsamts, die nach einer auf Grund des Mutterschutzgesetzes erlassenen Vorschrift, nämlich dem Erlaß des Beklagten vom 8. Februar 1954, ergangen war. Gegen sie war daher nicht der Einspruch, sondern gemäß § 18 MuSchG die Beschwerde an den Beklagten gegeben, wie auch die Klägerin ihre gegen die Kündigungszulassungserklärung des Gewerbeaufsichtsamts ... vom 11. November 1954 gerichtete Eingabe zutreffend an die "für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde" gerichtet hat. Für die Entscheidung über des Rechtsmittel der Klägerin gegen die Kündigungszulassungserklärung war daher der Beklagte zuständig. (§ 50 VO 165).
Der gegenteiligen Auffassung, die Bulla (in Anm. 8a zu § 18 MuSchGr seines Kommentars zum Mutterschutzgesetz und Frauenarbeitsrecht) vertritt, und die dahin geht, daß die Kündigungszulassungserklärung nach § 9 Abs. 2 MuSchG, auch außerhalb der förmlichen Beschwerde des § 18 Abs. 1 MuSchG stehe. Gegen diese Auffassung spricht einmal über dem Wortlaut des Gesetzes die Überlegung, daß das Gesetz die Entscheidung nach § 9 Abs. 2 MuSchG nur wegen ihrer besonderen Bedeutung nicht generell den Gewerbeaufsichtsämtern, sondert den obersten Landesbehörden zugewiesen hat. Wenn aber gegen Entscheidungen, die bereits im Mutterschutzgesetz den Gewerbeaufsichtsämtern übertragen wurden, nach § 18 die Beschwerde bestimmt, muß das erst recht für den Fall gelten, daß dem Gewerbeaufsichtsamt die Entscheidung nach § 9 Abs. 2 MuSchGübertragen ist.
Über die Beschwerde der Klägerin hat allerdings der Beklagte nicht entschieden. Nach § 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 3 VO Nr. 165 gilt jedoch die Beschwerde als abgelehnt, da der Beklagte sie nicht innerhalb der Fristen des § 48 Abs. 2 VO Nr. 165 beschieden hatte, so daß Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage aus dem Fehlen einer Entscheidung des Beklagten nicht hergeleitet werden können. Die Klage hatte sich hiernach gegen den Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene zu richten, der somit als richtiger Beklagter anzusehen ist.
Ob, wie die Klägerin meint, die angefochtene Kündigungszulassungserklärung schon aus formellen Gründen, insbesondere wegen Nichtanhörung der Klägerin durch das Gewerdeaufsichtsamt ... Fehlens eigener Ermittlungen des Gewerbeaufsichtsamts und Unterlassens einer Begründung der Kündigungszulassungserklärung, aufzuheben war, konnte dahingestellt bleiben. Zwar muß im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts und -angesicht des Ausnahmecharakters der Kündigungszulassungserklärung und der Aufgabe der zuständigen Behörde, die Belange des Mutterschutzes zu wahren, gefordert werden, daß die nach Abs. 2 MuSchG zuständige Behörde eigene Ermittlungen anstellt und die betroffene Arbeitnehmerin in jedem Falle vor ihrer Entscheidung hört. Das muß grundsätzlich auch dann gelten, wenn es sich, wie hier, um eine Behörde bedienstete handelt (vgl. Bulla a.a.O., Anm. 98 zu § 9 MuSehG). Im vorliegenden Fall bedurfte es indessen keiner Entscheidung darüber, ob die angefochtene Kündigungszulassungserklärung schon wegen des Fehlens dieser Erfordernisse aufzuheben war, da die Zulassungserklärung aus Gründen keinen Bestand haben konnte.
Dabei kann der Ansicht des Beklagten, die Erklärung der Zulässigkeit einer Kündigung stehe in vollem Umfange im Ermessen der zuständigen Behörde und könne gerichtlich nur aufgehoben werden, wenn der Behörde ein Ermessensmißbrauch nachgewiesen werde, nicht gefolgt werden. Nach § 9 Abs. 2 MuSchG kann die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft nur "in besonderen Fällenausnahmsweise" für zulässig erklärt werden. Voraussetzung der Kündigungszulassungserklärung ist daher das Vorliegen eines besonderen Falles. Die Bewertung von Tatumständen als besonderer Fall kann jedoch nicht als eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde angesehen werden. Sie ist vielmehr die Subsumtion eines Sachverhalts unter einen Rechtsbegriff und damit Tat- und Rechtsfrage. In das Ermessen der Behörde ist lediglich die Entscheidung darüber, ob in einem besonderen Falle die Kündigung ausnahm weise ausgesprochen oder gleichwohl verweigert werden soll. Die dem angefochtenen Verwaltungsakt zu Grunde liegende Feststellung, bei der Klägerin liege ein besonderer Fall vor, ist daher in vollem Umfange verwaltungsgerichtlich nachprüfbar (vgl. Bulla a.a.O., Anm. 87 und 101 zu § 9 MuSchG).
In dem von dem Beigeladenen zu 1) beanstandeten Verhalten der Klägerin kann jedoch ein besonderer Fall im Sinne des § 9 Abs. 2 MuSchG nicht erblickt werden. Dabei ist davon auszugehen, daß der besondere Fall des § 9 weder mit dem normalen Kündigungsgrund noch mit dem arbeitsvertragsrechtlichen Begriff des wichtigen Grundes gleichbedeutend ist. Das folgt insbesondere daraus, daß das Kündigungsverbot des § 9 Abs. 1 MuSchG auch die auf den wichtigen Grund gestützte fristlose Kündigung erfaßt (vgl. Bulla, a.a.O., Anm. 89 zu § 9 MuSchG). Der besondere Fall muß daher Tatumstände von außergewöhnlicher Schwere umfassen, die es ausnahmsweise rechtfertigen, die vom Gesetz eindeutig als vorrangig behandelten Belange des Mutterschutzes gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Schutzfristen des Gesetzes zurücktreten zu lassen.
Umstände von solcher Schwere können jedoch in dem Verhalten der Klägerin nicht gefunden werden. Das gilt zunächst insbesondere von den Vorfällen, die den unmittelbaren Anlaß zur Kündigung gegeben haben, nämlich der Unterrichtsrevision vom 21. September 1954 und den Verfahren um Zelttragen.
Bei der Bewertung der Beanstandungen der Unterrichtstätigkeit der Klägerin, wie sie von dem Zeugen ... in seinem Bericht vom 22. September 1954 niedergelegt sind und deren Berechtigung die Klägerin auch bei der Anhörung vor dem Senat hinsichtlich ihrer Unterrichtsmethode zugegeben hat, war zunächst zu berücksichtigen, daß diese Beanstandungen nur einen Teil der Tätigkeit der Klägerin in dem Heim in ... betrafen. Wie der Zeuge ... bei seiner Vernehmung angegeben hat, war es eine Ausnahme, daß die Klägerin als Heimleiterin auch unterrichtete. Hierzu war es nur wegen des Mangels an Lehrern und wegen der Abgelegenheit des Heimes gekommen. Der Zeuge ... hat, wie auch sein Bericht vom 22. September 1954 bestätigt, nach seiner Aussage bei der Unterrichtsrevision lediglich die Leistungen der Klägerin als Lehrerin, nicht ihre Eignung als Heimleiterin beurteilt. Da die Klägerin aber in erster Linie als Heimleiterin angestellt war, nach dem Zeugnis des Berufsschuldirektors ... auf seinen Antrag erst etwa im September 1953 die Unterrichtserlaubnis erhielt, ist es schon zweifelhaft, ob die in einer erstmaligen Unterrichtsrevision zu Tage getretenen Mängel überhaupt dazu führen konnten, die Klägerin und Außerachtlassung des Mutterschutzes als Heimleiterin zu entlassen, selbst wenn auch die von dem Zeugen angeführten und von der Klägerin zum Teil bestätigten Pflichtwidrigkeiten - Fehlen eines Stoffverteilungsplans, Unterlassung der Eintragungen in dem Lehrbericht - vorgelegen haben sollten. Der Zeuge selbst hat eine Entlassung der Klägerin bei Abfassung seines Berichts offenbar nicht für erforderlich gehalten. Er hat im Gegenteil nur von der Entziehung der Lehrerlaubnis gesprochen und auch die Entscheidung hierüber von einer nochmaligen Unterrichtsrevision abhängig machen wollen, wie der Schlußsatz seines Berichts ergibt. Denselben Standpunkt hat der Zeuge auch bei seiner Vernehmung vor dem Senat eingenommen. Es kommt hinzu, daß die Klägerin mit Wissen der zuständigen Stellen freiwillig Unterricht in Deutsch erteilt hat, obwohl sie für dieses Fach keine Unterrichtsbefähigung besaß. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß sie ein Jahr lang unterrichtete, ohne von dem Zeugen, der nach seiner eigenen Angabe Schulaufsichtsbefugnisse auszuüben hatte, überprüft worden zu sein, und ohne daß ihr Unterricht von ihm beanstandet worden ist. Unter diesen Umständen können die bei der ersten Überprüfung des Unterrichts zu Tage getretenen Mängel der Klägerin in ihrer Stellung als Heimleiterin nicht in der Weise zur Last gelegt werden, daß der Entzug des Kündigungsschutzes als werdende Mutter gerechtfertigt erschien.
Wegen ihres Verhaltens im Zeltlager werden der Klägerin die mangelnde Aufsicht der Mädchen bei Nacht und das Unterlassen einer Meldung über die gegenseitigen nächtlichen Besuche der Mädchen bei den Jungen eines benachbarten Jungenzeltlagers zum Vorwirt gemacht. Nach Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen sei besonders zu beaufstanden, daß die Kl. die Aufsichtspersonen nicht auf die Zelte der Mädchen verteilt hat, sondern sie allein in einem Zelt schlafen ließ. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß auch bei einer derartigen Belegung zwei Zelte ohne Aufsicht hätten bleiben müssen, da nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Klägerin, die diese schon in dem in ... aufgenommenen Protokoll vom 23. September 1954 gegeben hatte (s. Bl. 7 d. BeiA VI), für insgesamt fünf Zelte nur drei Aufsichtspersonen zur Verfügung standen. Es kann daher nicht mit Sicherheit festgestellt werden, daß die Vorfälle bei einer solchen Belegung der Zelte vermieden worden wären. Im übrigen bestanden für die Durchführung der Zeltlager und für die Belegung der Zelte keine ins einzelne gehenden Vorschriften, sondern nur allgemein gehaltene Richtlinien (vgl. die Anlage zu dem Erlaß des Beigeladenen zu 2) über die Einrichtung und Durchführung von Jugendlagern vom 27. Mai 1951). Auch ist nicht hervorgetreten, daß die Vorfälle auf einem allgemeinen Mangel an Aufsicht, etwa auf häufige Abwesenheit der "Aufsichtspersonen in den Abend- und Nachtstunden oder dergl., zurückzuführen waren. Jedenfalls ergaben weder die Behauptungen des Beklagten und der Beigeladenen noch die Aussagen der an den Vorfällen beteiligten Mädchen Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin durch Versäumung ihrer Pflichten oder gar Ungeeignetheit die in Rede stehenden Vorfälle verschuldet hat.
Ein Vorwurf gegen die Klägerin ergibt sich dagegen aus dem Unterlassen einer Meldung der Vorfälle. Diesem Vorwurf kommt jedoch keine so schwerwiegende Bedeutung zu, daß deswegen allein die Versagung des Mutterschutzes gerechtfertigt wäre. Die Klägerin hatte offensichtlich nicht das Bestreben, die Vorfälle nicht bekannt werden zu lassen. Gegen eine solche Vermutung spricht der Umfang der von ihr sofort eingeleiteten Untersuchung, die Entfernung einiger Mädchen aus dem Lager und die Benachrichtigung der Eltern. Die Auffassung der Klägerin, es liege im Interesse der betroffenen Mädchen, die Angelegenheit allein durch Aufsichtspersonen des Heimes in Verbindung mit den Eltern zu bereinigen und eine Untersuchung einer heimfremde Angehörige der Beigeladenen zu vermeiden, ist zwar nicht zu billigen, aber angesichts der eigenen Maßnahmen der Klägerin auch nicht als absolut unverantwortlich zu bezeichnen. Berücksichtigt man im ganzen, daß die Klägerin für die Vorfälle selbst nicht verantwortlich gemacht werden kann, das Unterlassen einer Meldung zwar fehlerhaft ist, aber nicht aus einem verwerflichen Motiv erfolgt ist und die Untersuchung der Vorfälle nicht behindert hat, wird das Verhalten der Klägerin auch in diese Frage für die Annahme eines besonderen Falles nicht als ausreichend angesehen werden können.
Die übrigen Vorwürfe, die gegen die Klägerin erhoben wurden, lagen bei der Kündigung schon längere Zeit zurück, zum Teil länger als ein Jahr. Es kann offen bleiben, ob im Rahmen einer Prüfung nach § 9 Abs. 2 MuSchGüberhaupt auf Vorfälle zurückgegriffen werden kann, die zur Zeit der Kündigung schon abgeschlossen waren. Auf jeden Fall ergibt die Prüfung dieser älteren Vorwürfe kein Verhalten der Klägerin, das für sich allein als besonderer Fall im Sinne des Mutterschutzgesetzes anerkannt werden kann.
Bei den Beanstandungen, die der Beklagte und der Beigeladene zu 1) gegen die Wirtschaftsführung der Klägerin erhoben haben, war zunächst zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen, daß bei der Gründung des Heimes in ... die dortigen Baulichkeiten noch während der Umbauarbeiten in Benutzung genommen werden mußten. Durch diese Lage mußten für die Heimleitung Schwierigkeiten entstehen, die über die Anfangsschwierigkeiten eines solchen Heimes hinausgingen. Wenn der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 17. Mai 1955 die Auffassung vertritt, daß der Beigeladene zu 1) für diese Schwierigkeiten nicht verantwortlich gemacht werden können (Bl. 43 d.A.), läßt sich erst recht nicht feststellen, daß die Klägerin normalen die Verantwortung zu tragen hat. Das gilt insbesondere für die Differenzen, die im Winter 1952/53 zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin wegen des Kokskaufs entstanden sind. Der Kreiskämmerer ... hat in seiner gerichtlichen Vernehmung sogar den Standpunkt vertreten, es sei zu Anfang der Tätigkeit der Klägerin unvermeidlich gewesen daß Unterschüsse entstanden. Damit entfällt aber für einen erheblichen Teil der gegen die Klägerin zu diesem Punkt gerichteten Vorwürfe die Berechtigung. Der Zeuge ... hat allerdings noch darauf hingewiesen, daß auch nach der Beseitigung der ersten Unterschüsse erneut Fehlbeträge entstanden seien, die er für unnötig gehalten habe, und ferner, daß die Klägerin entgegen ihrer Meldung noch unbezahlte Rechnungen besaß, als der Zeuge die Aufsicht über das Heim übernahm. Dem steht jedoch gegenüber, daß nach der Darstellung des Zeugen sich die Wirtschaftslage des Heimes infolge der strafferen Beaufsichtigung durch ihn allmählich gebessert und schließlich zu Beanstandungen keinen Anlaß mehr gegeben hat. Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, daß die bei Übernahme der Aufsicht durch den Zeugen im September oder Oktober 1953 noch vorhandenen Schwierigkeiten ausschließlich auf ein schwerwiegendes Versagen der Klägerin zurückzuführen waren, um so weniger, als der Zeuge ... unsaubere Motive in dem Verhalten der Klägerin nicht gefunden hat.
Die übrigen Beanstandungen des Beigeladenen zu 1) zu diesem Punkte betrafen Vorfälle, die als schwerwiegend überhaupt nicht angesehen werden können, wie z.B. das angebliche, von der Klägerin aber bestrittene Abbrechen eines Ziehbrunnens, das von der Klägerin lediglich als Übergangsmaßnahme bezeichnete Umbrechen der Rasenfläche vor dem Haupthaus und der Streit um den Ort für den Komposthaufen. Diesen Vorwürfen gegenüber ist vor allem zu berücksichtigen, daß die Klägerin als Heimleiterin in der Gestaltung des Heimes und der zugehörigen Grundstücke auch mit Rücksicht auf die landwirtschaftlichen Aufgaben, die ihr gestellt waren, eine gewisse Selbständigkeit für sich in Anspruch nehmen konnte, so daß nicht jedes Abweichen ihrer Auffassung von der Auffassung des Beigeladenen zu 1) der Klägerin als Verfehlung oder Versagen zur Last gelegt werden kann.
Bei Abwägung aller dieser Umstände kann in der Wirtschaftsgebarung der Klägerin kein Verhalten gefunden werden, das die Annahme eines besonderen Falles im Sinne des § 9 Abs. 2 MuSchG rechtfertigte.
Das gleiche gilt für den Vorwurf der mangelnden Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt ... Dieser Vorwurf stützt sich auf das Schreiben des Direktors dieses Arbeitsamtes vom 1. Oktober 1954, in dem der Klägerin hauptsächlich zur Last gelegt wird, daß die Mädchen des Lehrgangs 1953/54 nicht in dem erwarteten Maße die Bereitschaft zur Aufnahme von Frauenarbeit zeigten, sondern in "Modeberufe" strebten (Bl. 15 d. BeiA VI). Dem steht jedoch gegenüber, daß der Direktor des Arbeitsamtes ... mit dem die Klägerin ebenfalls zusammenzuarbeiten hatte, in seinem Schreiben an den Beigeladenen zu 1) vom 1. November 1954 nicht nur die Zusammenarbeit mit dem Heim ... als gut bezeichnet, sondern auch mitteilt, in seinem Amt sei von Anfang an nicht erwartet worden, daß die Mehrzahl der Jugendlichen für Hausarbeit und Landwirtschaft zu gewinnen wäre, daß es im Gegenteil der Klägerin gelungen sei, die Ziele, die das Arbeitsamt ... mit der Entsendung der Mädchen in das Heim erstrebt hatte, zu erreichen. Der Übersicht über das berufspolitische Ergebnis der beruflichen Bildungsmaßnahmen des Lehrgangs 1953/54 läßt sich auch kein so ungünstiges Bild entnehmen, wie es der Bericht des Arbeitsamtes ... erwarten läßt (Bl. 52 d. BeiA IV). So gaben von 54 Teilnehmerinnen nach Abschluß des Jahrgangs 1953/54 25 Mädchen einen hauswirtschaftlichen, landwirtschaftlichen oder pflegerischen Berufswunsch an, während vorher nur 17 Mädchen derartige Berufswünsche geäußert hatten. Sieben Mädchen waren aus verschiedenen Gründen vorzeitig aus dem Lehrgang ausgeschieden. Bei dieser Sachlage kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin durch eigenes Versagen die Ziele des Lehrgangs in Frage gestellt hat.
Den weiteren Beanstandungen des Arbeitsamtes ..., die sich auf eine Vernachlässigung der Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt bei der Berufsberatung einzelner Mädchen aus dem Heim Winter 1953/54 beziehen, kann unter diesen Umständen im Rahmen einer Prüfung nach § 9 MuSchG entscheidende Bedeutung nicht "beigemessen werden. Es kann deshalb unerörtert bleiben, ob diese Differenzen, wie die Klägerin behauptet, lediglich auf persönlichen Mißhelligkeiten zwischen ihr und der Berufsberaterin Fräulein ... beruhten. Ein Anlaß, in dem hier in Rede stehenden Verhalten der Klägerin einen besonderen Fall anzunehmen, der die Versagung des Mutterschutzes rechtfertigte, ist daher ebenfalls nicht gegeben.
Was schließlich die Behauptung des Beklagten und der Beigeladenen betrifft, das ungünstige Prüfungsergebnis des Jahrgangs 1953/54 beruhe auf einem Versagen der Klägerin, so ergeben die beigezogenen Unterlagen wird keine Bestätigung einer Behauptung. Nach der auch von dem Beklagten bestätigten Angabe der Klägerin haben damals von 35 Teilnehmerinnen acht mit "gut", zwölf mit "befriedigend" und neun mit "ausreichend" bestanden. Sechs Teilnehmerinnen mußten von der Prüfung zurückgestellt werden. Dieses Ergebnis kann nicht als "katastrophal" bezeichnet werden, wie der Beklagte es genannt hat. Nun wird allerdings vom Beklagten vorgetragen, dieses günstige äußere Bild beruhe im wesentlichen auf den Vorzensuren und diese seien von der Klägerin selbst erteilt worden. Dem ist jedoch einmal entgegenzuhalten, daß der Vortrag des Beklagten nicht erkennen läßt, aus welchen Gründen im einzelnen das Prüfungsergebnis trotz des guten Durchschnitts der erteilten Zensuren unzureichend gewesen sein soll. Im übrigen könnte aber ein ungünstiges Ergebnis dieser Prüfung auch nicht allein der Klägerin zur Last gelegt werden. Die Klägerin hatte als Heimleiterin nur einen Teil des im Heim erteilten Unterrichts gegeben und war für die Art und Weise des Unterrichts der übrigen Lehrkräfte nicht verantwortlich. Ferner konnte auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die zuständige Berufsschule der Forderung des Beklagten, zwölf Wochenstunden zusätzlich zu übernehmen, bis zum Ausscheiden der Klägerin nicht nachgekommen ist. Auch dem wiederholten Vorschlag der Klägerin, den örtlichen Volksschullehrer am Unterricht zu beteiligen, ist erst im August 1953 entsprochen worden, zu einer Zeit also, als der Jahrgang 1953/54 schon einige Monate bestanden hatte. Nimmt man noch hinzu, daß nach der Aussage des Zeugen ... bis zu der Revision im September 1954 eine persönliche Überprüfung des Unterrichts im Heim nicht stattgefunden hatte, so wird man ein etwa unzureichendes Ergebnis der Prüfung des Jahres 1954 jedenfalls nicht ausschließlich der Klägerin zur Last legen können, um so weniger, als gerade sie in ihren Arbeitsberichten immer wieder auf den Mangel an Lehrkräften und andere Schwierigkeiten des Unterrichts hingewiesen hatte. Somit konnte auch das Prüfungsergebnis des Jahrgangs 1953/54 keinen Anlaß bilden, ein schwerwiegendes Versagen der Klägerin anzunehmen, das als besonderer Fall im Sinne des Mutterschutzgesetzes hätte angesehen werden können.
Auch der Vorwurf, die Klägerin habe in nicht vertretbarer Weise im Sommer 1954 Stunden ausfallen lassen, erweist sich nicht als stichhaltig. Die Lehrberichte lassen jedenfalls für die angegebene Zeit Ausfälle von nicht vertretbarem Umfang nicht erkennen. Auch findet die vom Zeugen ... in seinem Bericht vom 22. September 1954 geäußerte Vermutung, die Klägerin verkenne die Bedeutung des Unterrichts, in den Unterlagen keine Bestätigung. Die Monatsberichte der Klägerin mit ihren zahlreichen Vorschlägen und Anträgen zur Verbesserung und Erweiterung des Unterrichts im Heim lassen eine solche Feststellung nicht zu.
Hiernach ergibt sieh bei einer Zusammenfassung der getroffenen Feststellungen, daß die von dem Beklagten und den Beigeladenen erhobenen Vorwürfe im einzelnen entweder unbegründet oder nicht von solcher außergewöhnlichen Schwere sind, daß das Verhalten der Klägerin als ein besonderer Fall im Sinne des § 9 MuSchG angesehen werden kann. Der Senat hat ferner geprüft, ob etwa diejenigen Vorfälle, in denen das Verhalten der Klägerin zu Beanstandungen Anlaß gegeben hat, in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen daß deswegen auch unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes, der der Klägerin als werdender Mutter damals zuzubilligen war, das Interesse des Beigeladenen zu 1) an einer Lösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Schutzfristen überwog. Diese Frage mußte jedoch eben falls verneint werden. Soweit die berechtigten Beanstandungen des Beigeladenen zu 1) im Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin behoben waren, wie z.B. die Differenzen in der Wirtschaftsführung, ist ein Überwiegen der Interessen des Arbeitgebers an einer Lösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Schutzfristen überhaupt nicht anzuerkennen. Irgendein Schaden für den Beigeladenen zu 1) war insoweit nicht mehr zu erwarten. Den mangelnden Unterrichtsleistungen der Klägerin hätte, falls eine erneute Revision wiederum ein negatives Ergebnis gehabt hätte, durch Entziehung der Lehrerlaubnis begegnet werden können. Eine Kündigung war insoweit nicht erforderlich. Den dann noch verbleibenden Beanstandungen, insbesondere das Unterlassen einer Meldung über die Vorfälle im Zeltlager und vielleicht auch die Mißhelligkeiten bei der Berufsberatung einzelner Mädchen durch das Arbeitsamt ... kann auch in ihrer Gesamtheit keine so schwerwiegende Bedeutung zuerkannt werden, daß deswegen die vom Gesetz nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erlaubte Versagung des Mutterschutzes als zulässig angesehen werden konnte. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß der Beigeladene zu 1) noch am 16. Oktober 1954 nach Abwägung aller Umstände die Kündigung der Klägerin gerade im Interesse des Lehrgangs erst zum 31. März 1955 für die zweckmäßigste Lösung gehalten hat (vgl. das Schreiben vom 16. Oktober 1955 an den Beklagten Bl. 16 d. BeiA I). Der Beigeladene zu 1) war damals sogar der Ansicht, daß einer nach der Kündigung etwa aufkommenden Interessenlosigkeit der Klägerin an ihrer Arbeit durch stärkere Überwachung mit Erfolg entgegengewirkt werden könne. Auch diese Auffassung des Beigeladenen zu 1) spricht dafür, daß das Interesse des Beigeladenen zu 1) an einer vorzeitigen Lösung des Arbeitsverhältnisses zur Klägerin jedenfalls nicht höher bewertet werden kann als die Belange des Mutterschutzes.
Die Berufung des Beklagten konnte hiernach keinen Erfolg haben. Dem angefochtenen Urteil war vielmehr in vollem Umfange beizutreten und die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 98 Abs. 2 VO Nr. 165.
Bei der Frage über die Anwendbarkeit des § 18 MuSchG bei der Anfechtung einer von einem Gewerbeaufsichtsamt ausgesprochenen Kündigungszulassungserklärung handelt es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Der Senat hat deshalb nach § 53 Abs. 2a des Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht (BGBl. I S. 625) die Revision gegen dieses Urteil zugelassen.