Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.01.2004, Az.: L 8 AL 147/03

6 Monate; Arbeitslosengeld; Arbeitszeit; Ausübung; Bemessung; Bemessungsentgelt; Bemessungszeitraum; Benachteiligung; Benachteiligungsverbot; Berechnung; Beschäftigungsverbot; Betreuung; Bezug; Diskriminierung; Diskriminierungsverbot; Ehe und Familie; Erweiterung; Erziehungsgeld; Erziehungsgeldbezug; Erziehungsurlaub; Gleichstellung; Hinzurechnung; Höhe; Kind; Kinderbetreuung; Mutter; Mutterschaft; Mutterschutz; regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit; Schutz; Sonderfall; Sozialstaatsprinzip; tatsächlich ausgeübte Beschäftigung; tatsächliche Beschäftigung; Teilzeit; Teilzeitbeschäftigung; Teilzeitvereinbarung; Verbot; Verfassungsmäßigkeit; Verfassungswidrigkeit; Verlängerung; Vollzeitbeschäftigung; wöchentliche Arbeitszeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
22.01.2004
Aktenzeichen
L 8 AL 147/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51076
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 27.02.2003 - AZ: S 41 AL 101/01

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz gelten als Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Dies gebietet Artikel 6 Absatz 4 des Grundgesetzes, wonach in Konkretisierung des Sozialstaatsgebotes jede Mutter Anspruch auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft hat (vgl. auch BSG-Urteil vom 21. Oktober 2003 - B 7 AL 28/03 AL - zu den Folgen eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz im Zusammenhang mit der 4-jährigen Verfallsfrist des § 147 Abs. 2 SGB III).

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 27. Februar 2003 und die Bescheide der Beklagten vom 3. November 2000 und 9. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2001 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 30. September 2000 bis zum 24. September 2001 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 680,00 DM zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 30. September 2000 bis 24. September 2001. Die im Juni 1966 geborene Klägerin war vom 1. August 1995 bis 29. September 2000 als Bauzeichnerin versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen der Geburt ihres Sohnes G. am 28. September 1997 war die Klägerin vom 16. August bis 30. Dezember 1997 nicht berufstätig. Ihre durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit betrug von August 1995 bis Dezember 1997 40 Stunden. Ab dem 1. Januar 1998 war die Klägerin in Teilzeitarbeit beschäftigt; von Januar 1998 bis Dezember 1999 betrug ihre regelmäßige Arbeitszeit 19 Wochenstunden bei einem regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelt von 2.200,00 DM, ab dem 1. Januar 2000 bis zum Ende der Beschäftigung am 29. September 2000 betrug die regelmäßige Arbeitszeit 10 Wochenstunden bei einem monatlichen Bruttoverdienst von 1.160,00 DM. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung des Arbeitgebers beendet. Mutterschaftsgeld erhielt die Klägerin vom 17. August bis 23. November 1997; Erziehungsgeld vom 28. September 1997 bis zum 27. September 1998; im Folgejahr wurde wegen des Überschreitens der Einkommensgrenze Erziehungsgeld nicht mehr gezahlt. Ihr 3-jähriger Erziehungsurlaub endete am 29. September 2000. Die Klägerin meldete sich am 21. August 2000 arbeitslos und begehrte Leistungsgewährung ab 30. September 2000. Sie stellte sich wegen Kinderbetreuung für 25 Wochenstunden zur Verfügung. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 3. November 2000 Alg ab dem 30. September 2000 für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen (Vomhundertsatz 67, Leistungsgruppe D, Kindermerkmal 1). Der Bewilligung wurde ein Bemessungsentgelt (= wöchentliches Bruttoarbeitsentgelt) von 360,00 DM zugrunde gelegt. Die Beklagte berücksichtigte hierzu den in den 52 Wochen vor dem 30. September 2000 erzielten Verdienst der Klägerin. Wegen der Höhe des Alg legte die Klägerin Widerspruch ein. Damit begehrte sie im Wesentlichen die Berücksichtigung des Verdienstes aus ihrer Vollzeittätigkeit, also den Verdienst vor der Geburt ihres Sohnes. Wegen des Erziehungsgeldbezuges bzw wegen des Erziehungsurlaubes habe sie nur 19 Wochenstunden arbeiten dürfen. Würde das Entgelt aus dieser Zeit zugrunde gelegt, würde sie als Mutter unangemessen benachteiligt. Aufgrund des Widerspruchs wandte die Beklagte zugunsten der Klägerin die Härtefallregelung des § 131 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) an und berücksichtigte den Verdienst, den die Klägerin in dem Zeitraum von 2 Jahren vor dem 30. September 2000 erzielt hatte, also auch teilweise den Monatsverdienst von 2.200,00 DM. Danach errechnete sich ein Bemessungsentgelt von 470,00 DM. Mit Bescheid vom 9. Januar 2001 bewilligte die Beklagte dementsprechend das Alg für die Klägerin ab dem 30. September 2000 (wöchentlicher Zahlbetrag 164,22 DM). Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2001 wurde der weitergehende Widerspruch zurückgewiesen. Die Klägerin hat am 2. März 2001 Klage beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie vor dem Erziehungsurlaub in Vollzeit gearbeitet habe. Nach der Geburt habe sie für 1 Jahr Erziehungsgeld bezogen, danach sei es wegen Überschreitens der Höchstgrenze nicht mehr weiterbewilligt worden. Wegen des Erziehungsurlaubs bzw wegen der Gewährung des Erziehungsgeldes habe sie ihre Beschäftigung auf 19 Wochenstunden beschränken müssen, um in den weiteren Genuss des Erziehungsgeldes bzw des Erziehungsurlaubes zu kommen. Würde ihr Alg nur unter Berücksichtigung der verminderten Arbeitszeit bewilligt, würde sie als Mutter benachteiligt. Die Beklagte hat erwidert, dass die Vorschrift des § 131 Abs 2 Nr 1 SGB III, welche die Klägerin angewendet wissen wolle, nicht einschlägig sei. Denn im Bemessungszeitraum des § 130 Abs 1 SGB III lägen keine Zeiten mit Bezug von Erziehungsgeld. Zugunsten der Klägerin sei die Härtefallregelung des § 131 Abs 1 SGB III angewandt worden. Die Vorschrift des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III, auf welche das SG hingewiesen habe, sei nicht einschlägig. Die Klägerin könne innerhalb der letzten 3½ Jahre vor der Entstehung des Anspruchs (30. September 2000) keinen 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraum einer Vollzeitbeschäftigung vorweisen. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 27. Februar 2002 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes zu zahlen, welches mit einer Arbeitsstundenzahl von 25 pro Woche zu errechnen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zugunsten der Klägerin die Vorschrift des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III angewandt werden müsse. Einen Ansatzpunkt hierfür böten die §§ 11, 14 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Aus diesen Vorschriften gehe hervor, dass bei Leistungen des Arbeitgebers während des Mutterschutzes an das vorherige Arbeitsentgelt und damit an die vorherige Arbeitsstundenzahl anzuknüpfen sei. Dies erlaube, die Zeiten des Mutterschutzes der Vollbeschäftigung zuzurechnen. Das Urteil wurde der Beklagten am 12. März 2003 zugestellt. Die Beklagte hat am 2. April 2003 Berufung eingelegt. Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid.

2

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 27. Februar 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

3

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

4

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Insbesondere wird der Berufungsbeschwerdewert von 500,00 € des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG erreicht. Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 28. April 2003 ergibt sich, dass der Klägerin bei Umsetzung des sozialgerichtlichen Urteils noch ein Betrag von 1.833,98 € nachzuzahlen wäre. Die Berufung der Beklagten ist zum Teil begründet. Im Übrigen ist sie abzuweisen. Die Klägerin hat Anspruch auf Alg für die Zeit vom 30. September 2000 bis 24. September 2001 nach einem Bemessungsentgelt von 680,00 DM. Das vom SG bestimmte Bemessungsentgelt war zu hoch, so dass insoweit die Berufung erfolgreich war. Ebenso war das von der Beklagten verfügte Bemessungsentgelt von 470,00 DM zu gering, so dass die Berufung insoweit im Wesentlichen erfolglos ist. Da die Berufung der Beklagten teilweise erfolgreich ist, musste das Urteil des SG Oldenburg vom 27. Februar 2003 geändert werden. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 3. November 2000 und 9. Januar 2001, mit denen die grundlegende Bewilligung ab 30. September 2000 ausgesprochen wurde, sowie der dazu gehörende Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2001. Weiterhin ist Gegenstand des Verfahrens der Bescheid vom 25. September 2001, mit dem eine Dynamisierung ab 1. September 2001 vorgenommen wurde (Bemessungsentgelt auf 480,00 DM erhöht).

6

Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ab dem 30. September 2000 Anspruch auf Alg hat. Die Klägerin war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos, hatte sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 117 Abs 1 SGB III). Die Anwartschaftszeit des § 123 SGB III war erfüllt, weil die Klägerin in der 3-jährigen Rahmenfrist des § 124 Abs 1 SGB III mehr als 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war, und zwar vom 1. Januar 1998 bis zum 29. September 2000. Auch die Zeit, in welcher die Klägerin lediglich 10 Wochenstunden gearbeitet hat, war versicherungspflichtig gemäß § 25 Abs 1 SGB III. Eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung hätte vorgelegen, wenn ihr Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 630,00 DM nicht überstiegen hätte, § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV (in der Fassung durch Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999, BGBl I, Seite 388, in Kraft ab 1. April 1999). Der Monatsverdienst der Klägerin betrug demgegenüber regelmäßig 1.160,00 DM, so dass trotz der Beschäftigung von weniger als 15 Wochenstunden die Versicherungspflicht zu bejahen war. Die Höhe des Alg bestimmt sich maßgeblich nach dem versicherungspflichtigen Entgelt, welches der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs 1 SGB III die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Demnach umfasste der Bemessungszeitraum im Falle der Klägerin den Jahreszeitraum vom 30. September 1999 bis 29. September 2000, weil der Alg-Anspruch am 30. September 2000 entstanden war. Da in dieser Zeit überwiegend Entgelte aus der 10 Wochenstunden umfassenden Beschäftigung lagen, hat die Beklagte zugunsten der Klägerin den Bemessungszeitraum gemäß § 131 Abs 1 SGB III (in der Fassung des 2. SGB III-ÄndG vom 21. Juli 1999, BGBl I, Seite 1648, in Kraft ab 1. August 1999) auf 2 Jahre erweitert und daher das höhere Entgelt aus der 19 Wochenstunden-Tätigkeit mit erfasst. Dies führte zu dem Bemessungsentgelt von 470,00 DM, wie es die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2001 errechnet hat. Darauf wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verwiesen, §§ 153 Abs 1, 136 Abs 3 SGG. Die Anwendung des § 131 Abs 2 Nr 1 SGB III (Fassung bis 31. Dezember 2002, die Änderung durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001, BGBl I, Seite 3443, gilt erst ab 1. Januar 2003, Artikel 10 Abs 4 Job-AQTIV-Gesetz; s. auch § 434d Abs 3 SGB III) wie es die Klägerin wünscht - gestützt auf das Merkblatt für Arbeitslose – Stand: April 2000, Seite 31 –, kann nicht erfolgen, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht Zeiten, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat, soweit wegen der Betreuung oder Erziehung eines Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Bereits die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin in dem hier fraglichen einjährigen Bemessungszeitraum des § 130 Abs 1 SGB III Erziehungsgeld nicht bezogen hat. Im Falle der Klägerin hätte der Erziehungsgeldbezug maximal ab der Geburt des Kindes 2 Jahre dauern können, § 4 Abs 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG; in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994, BGBl I, Seite 180). Die Klägerin hätte daher Erziehungsgeld vom 28. September 1997 (Geburt des Kindes G.) bis maximal zum 27. September 1999 erhalten können. Der einjährige Bemessungszeitraum des § 130 Abs 1 SGB III beginnt erst am 30. September 1999, so dass der Bemessungszeitraum in jedem Falle frei ist von Zeiten mit Erziehungsgeldbezug bzw Zeiten mit Anspruch auf Erziehungsgeldbezug. Dies bedeutet, dass der Bemessungszeitraum unter Berücksichtigung dieser Vorschrift nicht weiter nach hinten verlegt werden kann. Ein anderes Ergebnis ergibt sich nicht daraus, dass möglicherweise als Bemessungszeitraum iS des § 131 Abs 2 Nr 1 SGB III der gemäß Abs 1 dieser Vorschrift auf 2 Jahre erweiterte Bemessungszeitraum gemeint sein könnte, was der Senat offen lassen kann. Im Bemessungszeitraum vom 30. September 1998 bis zum 29. September 2000 bliebe lediglich die Zeit bis zum 28. September 1999 unberücksichtigt; danach sind mindestens 39 volle Abrechnungszeiträume mit Anspruch auf Entgelt vorhanden (§ 130 Abs 1 und 2 SGB III). Allerdings liegen die Voraussetzungen des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III vor, wovon auch das SG ausgeht. Danach bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes Zeiten außer Betracht, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit aufgrund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um 5 Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten 3 ½ Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat. Die Klägerin hat ab dem 1. Januar 1998 eine Teilzeitvereinbarung abgeschlossen und ihre Arbeitszeit auf 19 Wochenstunden bzw später auf 10 Wochenstunden reduziert. Die zeitlichen Vorgaben hinsichtlich der Reduzierung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit sind mithin erfüllt. Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitslose innerhalb der letzten 3 ½ Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraumes die Beschäftigung mit der höheren Arbeitszeit ausgeübt hat. Diese Voraussetzung liegt ebenfalls vor. Der Zeitraum von 3 ½ Jahren umfasst die Zeit vom 30. März 1997 bis 29. September 2000. Eine Beschäftigung mit der verlangten höheren Vollzeitstundenzahl hat die Klägerin vom 30. März bis 16. August 1997 (4 Monate und 17 Tage) tatsächlich ausgeübt, womit die 6 Monate nicht erreicht wären. Mit dem SG hält der Senat die Einbeziehung der dem Mutterschutzgesetz zugrunde liegenden Rechtsgedanken für erforderlich. Durch die Vorschrift des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III soll der Minderverdienst aufgrund einer teilzeitbedingten Reduzierung der Arbeitszeit nicht in die Bemessungsgrundlage einfließen. Dieser Regelungszweck entspricht im Wesentlichen § 112 Abs 4a Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und will generell die Bereitschaft der Arbeitnehmer stärken, von einer Vollzeitbeschäftigung aufgrund Teilzeitvereinbarung auf einen Teilzeitarbeitsplatz zu wechseln. Deshalb soll das niedrigere Entgelt aus der Teilzeitbeschäftigung als Bemessungsgrundlage für den Anspruch auf Alg außer Betracht bleiben, wenn in den letzten 3½ Jahren Arbeitsentgelt nach einer um mindestens 5 Wochenstunden höheren Arbeitszeit für mindestens 6 Monate erzielt worden ist. In diesen Fällen ist die Rechtsfolge – anders als in § 112 Abs 4a Satz 1 AFG – nicht, dass das Arbeitsentgelt aus der Vollzeitbeschäftigung zugrunde zu legen ist, sondern nur eine Erweiterung des Bemessungszeitraumes in die Vergangenheit. Aus dem Regelungszusammenhang des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III kann die Ansicht des Gesetzgebers entnommen werden, dass ein Arbeitsentgelt nach einer höheren Arbeitszeit für einen zusammenhängenden Zeitraum von weniger als 6 Monaten innerhalb der letzten 3½ Jahre vor Entstehen des Anspruchs auf Alg nicht repräsentativ genug für den Lebensstandard ist, der durch die Lohnersatzleistung für die fehlende Beschäftigung ersetzt werden soll (siehe zum Vorstehenden Senatsurteil vom 26. September 2002 – L 8 AL 499/01 – Seite 6f des Urteilsabdrucks). Die Vorschrift des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III verlangt somit, dass die Klägerin in einem 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraum ab dem 30. März 1997 eine Beschäftigung mit einer höheren Stundenzahl als in ihrer Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat. Diese Voraussetzung ist zu bejahen. Für die Zeit vom 30. März bis 16. August 1997 (4 Monate und 17 Tage) steht dies unzweifelhaft fest, weil die Klägerin in dieser Zeit bei ihrem damaligen Arbeitgeber in einer Vollzeitstelle (40 Wochenstunden) beschäftigt gewesen war. Die fehlenden Tage an dem notwendigen 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraum werden erreicht durch die Hinzurechnung des 14-wöchigen Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3 Abs 2 und 6 Abs 1 MuSchG, welches die Klägerin an der Ausübung einer Beschäftigung hinderte. Nach § 3 Abs 2 MuSchG dürfen werdende Mütter in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. Eine solche Erklärung hat die Klägerin nicht abgegeben; sie befand sich seit dem 16. August 1997 im Mutterschutz. Nach § 6 Abs 1 MuSchG dürfen Wöchnerinnen bis zum Ablauf von 8 Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Die Zeiten dieses Beschäftigungsverbotes sind den Zeiten der vorher ausgeübten tatsächlichen Beschäftigung hinzuzurechnen, so dass die Klägerin in dem Zeitraum von 3½ Jahren vor der Entstehung des Anspruchs am 30. September 2000 in einem mehr als 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraum in einer Vollzeitbeschäftigung tätig war. Der Einwand der Beklagten, wonach maßgeblich nur tatsächlich ausgeübte Beschäftigungen maßgeblich seien, ist nicht erfolgreich. So bestehen keine Zweifel, dass bei Unterbrechung einer Vollzeitbeschäftigung durch Krankheit mit Lohnfortzahlung oder durch Urlaub der 6-Monatszeitraum des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III erfüllt werden kann. Es besteht daher kein Anlass, die Zeiten des Beschäftigungsverbotes, die aus Gründen des Mutterschutzes gelten, als Ausübung einer Beschäftigung iS dieser Vorschrift auszunehmen. Einerseits ist zu bedenken, dass die Mutter, die vor Beginn des Beschäftigungsverbotes in einer Vollzeittätigkeit gearbeitet hat, während der Zeiten des Beschäftigungsverbotes ein Entgelt bzw Mutterschaftsgeld nach dem zuvor verdienten Arbeitsentgelt erhält, also entsprechend ihrer Vollzeittätigkeit, §§ 11, 13, 14 MuSchG, § 200 Reichsversicherungsordnung (RVO). Dies verdeutlicht, dass die Zeiten des Beschäftigungsverbotes einer Vollzeittätigkeit gleich geachtet werden. Durch die genannten Regelungen soll erreicht werden, dass die Kosten für den Lohnersatz zwischen Arbeitgebern, gesetzlichen Krankenkassen und Staat geteilt werden, weil die im Arbeitsverhältnis stehende Mutter und das Kind vor arbeitsplatzbedingten Gefahren, Überforderungen und Gesundheitsschädigungen zu schützen ist (vgl Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 18. November 2003 – 1 BvR 302/96 – Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht ( NZA ) 2004, 33 zur Frage der Verfassungswidrigkeit von § 14 Abs 1 Satz 1 MuSchG). Maßgeblich für die Auslegung von § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III, wonach Zeiten des Beschäftigungsverbotes gemäß §§ 3 Abs 2, 6 Abs 1 MuSchG als ausgeübte Beschäftigungszeiten iS des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III zu werten sind, ist Artikel (Art) 6 Abs 4 Grundgesetz (GG). Danach hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Die Regelung des Art 6 Abs 4 GG konkretisiert das Sozialstaatsprinzip. Diese Vorschrift sieht von Ehe und Familie ab und hat ausschließlich den Sachverhalt der Schwangerschaft bzw Mutterschaft im Auge. Ziel der Vorschrift ist es, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft entstehenden Belastungen auszugleichen, allerdings nicht notwendigerweise alle. Zunächst enthält Art 6 Abs 4 GG einen bindenden Auftrag an den Gesetzgeber für Schutz und Fürsorge. Daneben enthält diese Vorschrift eine Grundsatzentscheidung für das gesamte private und öffentliche Recht mit Bindungswirkung für alle staatlichen Stellen bei der Gesetzesanwendung und –auslegung. Es anerkennt die Mutterschaft und Kindesbetreuung, die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für kindliches Leben als nicht nur private, sondern auch im Interesse der Gemeinschaft liegende Leistungen. Weiterhin verbietet Art 6 Abs 4 GG jede Diskriminierung (vgl zum Vorstehenden Sachs/Schmitt-Kammler, Kommentar zum Grundgesetz, 2. Auflage 1999, Art 6 Rdnr 79ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 5. Auflage 2000, Art 6 Rdnr 43). Bei der Auslegung des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III kann weiterhin die Entscheidung des BSG vom 21. Oktober 2003 (- B 7 AL 28/03 R -) berücksichtigt werden. In dieser Entscheidung hat das BSG ausgesprochen, dass Art 6 Abs 4 GG eine Ausnahme von der unbedingten Geltung der 4-jährigen Verfallsfrist des § 147 Abs 2 SGB III für den eng umgrenzten Sonderfall gebietet, dass während der Zeit des Beschäftigungsverbots nach § 6 MuSchG die 4-Jahresfrist abläuft und dadurch ein zuvor bereits entstandener Alg-Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Bei dem vorliegenden Fall handelt es sich um eine der BSG-Entscheidung zugrunde liegende ähnliche Fallgestaltung, so dass die dortigen Grundsätze auf diese Entscheidung übertragen werden können. Nach den dargestellten durch Art 6 Abs 4 GG gebotenen Grundsätzen soll die Mutter in besonderer Weise geschützt, gefördert und in ihren Rechtsansprüchen nicht diskriminiert werden. Dies muss durch eine entsprechende Gesetzesauslegung erreicht werden, wenn sich der entsprechende Schutz nicht unmittelbar aus der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift ergibt, da nicht angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber den besonderen Schutzauftrag des Art 6 Abs 4 GG missachten wollte. Nach dem weiter oben dargestellten Gesetzeszweck des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III soll dadurch die Bereitschaft der Arbeitnehmer gefördert werden, von einer Vollzeitbeschäftigung aufgrund einer Teilzeitvereinbarung auf einen Teilzeitarbeitsplatz zu wechseln, in welchem sich das niedrigere Entgelt unter bestimmten zeitlichen Vorgaben auf die Bemessung des Alg nicht auswirkt. Mütter wie die Klägerin kämen grundsätzlich niemals in den Genuss der Vorschrift des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III, wenn die Zeiten des Beschäftigungsverbotes nicht als Ausübung einer Beschäftigung angesehen würden. Denn der Erziehungsurlaub nach §§ 15 Abs 1 BErzGG dauerte im Regelfall 3 Jahre (bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes). Soweit Erziehungsurlaub in Anspruch genommen wurde, war eine Erwerbstätigkeit nur bis zur Wochenarbeitszeit von 19 Stunden zulässig, § 15 Abs 4 Satz 1 BErzGG. Entsprechendes galt für den Bezug von Erziehungsgeld (§ 2 Abs 1 Satz 1 BErzGG). Dies bedeutet, dass der Klägerin lediglich das halbe Jahr vor Beginn des Erziehungsurlaubes bzw vor Beginn des Anspruchs auf Erziehungsgeld verblieb, eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit auszuüben, da sie ansonsten nicht in den Genuss der Vergünstigungen des BErzGG gelangt wäre. Am Ende dieses halben Jahres liegt die Geburt des Kindes, welches den Anspruch auf Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld auslöst, mit den damit verbundenen Zeiten des 6-wöchigen Beschäftigungsverbotes vor der Geburt. Mithin kann im Regelfall eine Mutter eine 6-monatige tatsächliche Ausübung einer Vollzeittätigkeit nicht erreichen, wenn sie die Möglichkeiten des BerzGG in Anspruch nimmt und wäre damit von der Vergünstigung des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III ausgeschlossen. Dies stellt eine offensichtliche Diskriminierung dar, welche durch die entsprechende Auslegung, wie sie oben dargestellt worden ist, auszugleichen ist. Die Klägerin ist daher so zu behandeln, als ob sie während der Zeiten des Beschäftigungsverbotes tatsächlich in ihrer Vollzeittätigkeit gearbeitet hat (ebenso SG Darmstadt, Urteil vom 23. Mai 2001 – S 11 AL 1205/00 – info also 2002, Seite 22; Valgolio in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Loseblattsammlung, § 131 Rdnr 45). Rechtsfolge des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III ist, dass bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes die Zeiten der Teilzeitvereinbarung außer Betracht bleiben. Mithin ist der Bemessungszeitraum rückwirkend ab 31. Dezember 1997 zu bestimmen und umfasste daher das gesamte Jahr 1997. Andererseits muss § 133 Abs 4 SGB III berücksichtigt werden, wonach als äußerste Grenze der Berücksichtigung von erzieltem versicherungspflichtigem Entgelt der 3-Jahres-Zeitraum ab Entstehung des Anspruchs auf Alg ist. Hier entstand der Anspruch auf Alg am 30. September 2000. Es lassen sich in dem 3-Jahres-Zeitraum davor keine berücksichtigungsfähigen 39 Wochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ermitteln. Es muss daher die von § 133 Abs 4 SGB III vorgesehene fiktive Einstufung der Klägerin vorgenommen werden, wonach Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung ist, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Die Klägerin ist gelernte Bauzeichnerin. Der für sie günstigste Tarifvertrag ist der Tarifvertrag für das Baugewerbe. Danach könnte sie nach den Maßstäben für September 2000 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 4.204,00 DM bei einer wöchentlichen Stundenzahl von 39 Stunden erreichen. Eine entsprechende Hilfsberechnung hat die Beklagte bereits in ihrer Verwaltungsakte vorgenommen (Bl 13 VA). Unter Berücksichtigung der eingeschränkten Verfügbarkeit der Klägerin (25 Wochenstunden), die gemäß § 133 Abs 3 SGB III zu berücksichtigen ist, ergibt sich ein Bemessungsentgelt von 680,00 DM (4.204,00 DM monatliches Bruttoarbeitsentgelt x 3 : 13 = 970,15 DM Wochenarbeitsentgelt : 39 Wochenstunden x 25 Stunden Verfügbarkeit = 621,89 DM + 10 von Hundert für Einmalzahlungen entsprechend § 434c Abs 1 SGB III = 684,08 DM, gerundet gemäß § 132 Abs 3 SGB III auf 680,00 DM). Nach den Maßstäben des sozialgerichtlichen Urteils hätte sich ein geringfügig höheres Bemessungsentgelt ergeben, so dass das Urteil insoweit geändert werden musste. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klägerin im Wesentlichen obsiegt, muss die Beklagte ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten tragen. Die Revision bedarf der Zulassung, § 160 SGG. Diese ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).