Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 10.05.2006, Az.: 5 B 82/06
Abschiebungsschutz; AKP-I; API; Arbeiterkommunistische Partei Irans; Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Ausländer; Exilpolitik; exilpolitische Aktivität; exilpolitische Betätigung; exponierte Stellung; Folgeantrag; Hambastegi; IFIF; IFIR; Iran; Nachfluchtgrund; politische Verfolgung; Verfolgung
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 10.05.2006
- Aktenzeichen
- 5 B 82/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53364
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs 2 AsylVfG 1992
- § 71 Abs 5 S 1 AsylVfG 1992
- § 71 Abs 5 S 2 AsylVfG 1992
- § 60 Abs 3 AufenthG 2004
- § 60 Abs 2 AufenthG 2004
- § 60 Abs 7 AufenthG 2004
- § 60 Abs 5 AufenthG 2004
- § 60 Abs 1 AufenthG 2004
- § 51 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Ausschlusstatbestand des § 28 Abs. 2 AsylVfG findet auch für Asylbewerber Anwendung, die sich bereits vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes (01.01.2005) exilpolitisch betätigt haben.
2. Eine exponierte exilpolitische Betätigung liegt nicht schon dann vor, wenn der Asylbewerber aktives Mitglied der Arbeiterkommunistischen Partei Irans (AKP-I) ist und zusätzlich einer örtlichen Sektion der Internationalen Föderation Iranischer Flüchtlinge - Hambastegi vorsteht.
3. Es existieren bislang keine verlässlichen Anhaltspunkte für eine Verschärfung des Verfolgungsdrucks bei exiloppositioneller Betätigung im Zuge der Wahl Ahmadinedschads zum Staatspräsidenten des Iran (Anschluss an Hess. VGH, Urteil vom 27.02.2006, 11 UE 2252/04.A).
Gründe
I. Die Antragsteller sind iranische Staatsangehörige. Der Antragsteller zu 1. reiste nach eigenen Angaben unter Nutzung eines gefälschten Passes mit Visum am 23.06.2002 auf dem Luftweg vom Flughafen Teheran/Mehrabad kommend nach Hamburg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seinen am 02.07.2002 gestellten Asylantrag begründete er mit Hinweis auf ein Verhältnis zu einer Frau, die mit einem iranischen Geistlichen als Zweitfrau auf Zeit verheiratet gewesen sei. Der Geistliche habe ihn mit seiner Geliebten in deren Ehebett in flagranti ertappt und deswegen bedroht, sodass er diesen beiseite gestoßen habe und geflohen sei. Anschließend habe er sich bei einem Freund verborgen gehalten. Sein Vater habe während dessen einen Schlepper besorgt, der die Ausreise organisiert habe. Unerwähnt ließ der Antragsteller zu 1. gegenüber dem Bundesamt den Umstand, dass ihm von der Deutschen Botschaft in Teheran kurz zuvor am 30.04.2002 auf Einladung einer in der Bundesrepublik ansässigen Kunststofffirma ein für die Zeit vom 12. bis 19.05.2002 gültiges Besuchervisum erteilt worden war, dass in dessen am 24.10.2001 ausgestellten iranischen Reisepass eingetragen worden war.
Am 15.08.2002 trat der Antragsteller zu 1. in die Arbeiterkommunistische Partei des Iran (AKP-I/API) mit Sitz in London ein. In der Folgezeit nahm er an Demonstrationen dieser exiloppositionellen Bewegung teil und betrieb für diese im Bezirk Bremen Öffentlichkeitsarbeit.
Die Antragsteller zu 2. und 3. reisten nach eigenen Angaben am 05.01.2003 mit einem Flug von Teheran über Dubai und Frankreich, wo sie übernachteten, nach Hamburg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ein Schlepper habe sie als dessen Frau und Kind in dessen Reisepass eintragen lassen. Den am 15.01.2003 gestellten Asylantrag begründeten die Antragsteller zu 2. und 3. unter Hinweis auf erhebliche Schwierigkeiten mit der Sittenpolizei im Iran, die nach dem Antragsteller zu 1. gesucht habe.
Durch Bescheide vom 21.01.2003 (Antragsteller zu 1.) und 17.02.2003 (Antragsteller zu 2. und 3.) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG gegeben seien. Den Antragstellern wurde eine Ausreisefrist von jeweils einem Monat nach Bestandskraft der Entscheidung gesetzt und die Abschiebung in den Iran angedroht.
Die hiergegen erhobenen Klagen wies die Kammer durch Urteil vom 17.03.2003, 5 A 51/03, ab. Der beim Nds. OVG gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ebenfalls ohne Erfolg (Beschluss vom 06.10.2003, 5 LA 258/03). Seither werden die Antragsteller in Deutschland geduldet, da eine Abschiebung mangels Vorlage iranischer Reisepässe der zuständigen Ausländerbehörde nicht möglich ist.
Unter dem 08.02.2006 stellten die Antragsteller einen Asylfolgeantrag, den sie mit den exilpolitischen Aktivitäten des Antragstellers zu 1. für die Arbeiterkommunistische Partei Irans begründeten. Dieser habe seit 2002 an zahlreichen deutschlandweiten Demonstrationen - u.a. vor dem iranischen Konsulat und der iranischen Botschaft -, Versammlungen, Informationstischen und anderen Veranstaltungen der Organisation teilgenommen und sei dabei in vorderster Reihe aktiv z.B. als Redner / Sprecher / Organisator u.a. auch durch Rufen regimefeindlicher Parolen in Erscheinung getreten. Er verfasse regelmäßig gegen die Islamische Republik gerichtete Artikel, die im Internet und in Zeitungen der Partei mit seinem Namen und Bild veröffentlicht würden, und habe für das Zentralkomitee der Partei in Deutschland kandidiert. Er stehe nach wie vor in stetigem Kontakt mit den führenden Köpfen der AKP-I. Am 24.10.2005 habe er zudem die „Hambastegi - Internationale Föderation Iran-Flüchtlinge“, Sektion Osnabrück (kurz IFIF / engl. IFIR), gegründet, die aus 11 Exiliranern bestehe, die in Osnabrück und Umgebung lebten, und deren Bezirksleiter bzw. Generalsekretär er sei. Vorbereitungen zur Gründung einer Sektion der AKP-I seien in die Wege geleitet. Er - der Antragsteller zu 1. - sei dadurch den iranischen Stellen als ernstzunehmender Regimekritiker aufgefallen und unter den in Osnabrück und Umgebung lebenden Exiliranern bekannt. Bei einer Rückkehr in den Iran drohten ihm als Regimekritiker deshalb schwerwiegende Übergriffe bis hin zu Misshandlungen und Folterungen, unter Umständen auch eine Verurteilung wegen staatsfeindlicher Aktivitäten wider der Grundsätze eines fairen Verfahrens nach internationalen Regeln.
Mit Bescheid vom 07.04.2006 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung der Bescheide vom 21.01. und 17.02.2003 unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 und 2 AsylVfG ab. Der Antragsteller zu 1. sei erst nach unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Asylantrags in der nunmehr vorgetragenen Weise exilpolitisch tätig geworden. Seine Mitgliedschaft in der AKP-I habe er zudem schon im Klageverfahren 5 A 51/03 geltend gemacht. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG seien auch nicht hinsichtlich der Abschiebungshindernisse des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG gegeben. Zwar könne davon ausgegangen werden, dass die Aktivitäten des Antragstellers zu 1. den iranischen Sicherheitsbehörden nicht verborgen geblieben seien, indes seien die bisherigen Aktivitäten nicht geeignet, ihn als ernstzunehmenden Regimekritiker erscheinen zu lassen, den es zu bekämpfen gilt. Die Bedeutung der IFIR (Hambastegi) als Oppositionsgruppe des säkularistisch-linksextremistischen Spektrums und als Auslandsorganisation der AKP-I, die ihrerseits praktisch ausschließlich im kurdisch dominierten Grenzgebiet zwischen dem Iran und dem Irak tätig sei und darüber hinaus im Iran keine politische Rolle spiele, sei gering. Sie beschränke sich im Wesentlichen auf Lobbypolitik zu Gunsten von Auslandsiranern. Weder die IFIR noch die AKP-I wirkten in den Iran mit dem Ziel des Sturzes des derzeitigen Regimes hinein, sodass keine beachtliche Wahrscheinlichkeit der politischen Verfolgung bei Rückkehr in den Iran bestehe. Es sei angesichts der Vielzahl von regimekritischen Internetseiten namentlich nicht davon auszugehen, dass die vom Antragsteller zu 1. verfassten und veröffentlichten Artikel im Iran überhaupt von der breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen worden seien. Die Steigerung der Quantität der vom Antragsteller zu 1. unternommenen niedrig profilierten Aktivitäten sei daher nicht geeignet, Abschiebungshindernisse zu begründen.
Die Ablehnung der Anträge teilte die Antragsgegnerin am 07.04.2006 dem Landkreis Osnabrück als zuständiger Ausländerbehörde gem. § 24 Abs. 3 AsylVfG mit.
Hiergegen haben die Antragsteller am 12.04.2006 die unter dem Aktenzeichen 5 A 158/06 weiterhin anhängige Klage erhoben und gleichzeitig um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Aus ihrer Sicht seien die vorgetragenen exilpolitischen Aktivitäten des Antragstellers zu 1. nicht schon gemäß § 28 AsylVfG unbeachtlich. Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 AsylVfG greife insbesondere nicht für Asylbewerber, die bereits vor dem 01.01.2005 exilpolitisch tätig gewesen seien. Er habe bei Aufnahme seiner Aktivitäten im Jahre 2002 darauf vertrauen dürfen, dass diese ihm im Rahmen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 1 AufenthG später nicht zum Nachteil reichten. Im Übrigen wiederholen und vertiefen sie ihr bisheriges Vorbringen im Folgeantragsverfahren und treten der Einschätzung der Antragsgegnerin entgegen, die Tätigkeit eines Vorstands einer lokalen Sektion der IFIR bzw. AKP-I sei zu unbedeutend, um von einer ernsthaften Gefahr für das iranische Regime ausgehen zu können.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
der Antragsgegnerin aufzugeben, dem Landkreis Osnabrück als zuständiger Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der Mitteilung vom 07.04.2006 abgeschoben werden darf.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und verweist zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II. 1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft.
Die Antragsgegnerin hat die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung der Bescheide vom 21.01. und 17.02.2003 abgelehnt, ohne eine weitere Abschiebungsandrohung zu erlassen, § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG. Mangels einer erneuten Abschiebungsandrohung bildet die in den Bescheiden vom 21.01. und 17.02.2003 enthaltene Abschiebungsandrohung in Verbindung mit der unter dem 07.04.2006 an den Landkreis Osnabrück als zuständiger Ausländerbehörde ergangenen Mitteilung der Antragsgegnerin, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG die Grundlage für den Vollzug einer Abschiebung. Da die auf §§ 24 Abs. 3, 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG gestützte Mitteilung kein Verwaltungsakt ist (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.05.2000, 2 R 186/00; Funke-Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Loseblatt-Kommentar, 73. Erg.lfg. Februar 2006, § 71 Rn. 223; Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 71 AsylVfG Rn. 43), somit in der Hauptsache nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden kann, ist vorläufiger Rechtsschutz (hierzu grundlegend BVerfG, Beschluss vom 16.03.1999, 2 BvR 2131/95, InfAuslR 1999, 256) nach zutreffender Auffassung nicht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, sondern dergestalt zu gewähren, dass der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der nach Ablehnung des Folgeantrags an sie ergangenen Mitteilung gem. § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG abgeschoben werden darf (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.12.1997, A 14 S 3104/97, InfAuslR 1998, 193 [VGH Baden-Württemberg 02.12.1997 - A 14 S 3104/97], und vom 13.09.2000, 11 S 988/00, EzAR 632 Nr. 35; Funke-Kaiser, a.a.O., § 71 Rn. 239 mwN). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde kommt nur in begründeten Ausnahmefällen, etwa dann in Betracht, wenn angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles zu befürchten ist, dass die Antragsgegnerin gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde nicht mehr rechtzeitig den Vollzug der Abschiebung durch die beschriebene Mitteilung verhindern kann (Funke-Kaiser, a.a.O., § 71 Rn. 240; Hailbronner, Ausländerrecht, Loseblatt-Kommentar, 44. Erg.lfg. Dezember 2005, § 71 AsylVfG Rn. 120 f.; Renner, a.a.O., § 71 AsylVfG Rn. 49).
Dies gilt auch für die Sicherung des Wiederaufnahmebegehrens betreffend die Feststellung von Abschiebungshindernissen gem. § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG. Nach der Asylantragstellung obliegt dem Bundesamt gemäß § 24 Abs. 2 AsylVfG die alleinige Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG. An diese Entscheidung ist die zuständige Ausländerbehörde gem. § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Wirkungsvoller Rechtsschutz ist damit im spezifisch asylrechtlichen Verfahren gewährleistet. Das zu sichernde Wiederaufnahmebegehren zielt darauf ab, im Wege der Änderung der früheren Entscheidung nunmehr eine positive Feststellung des Bundesamtes für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses zu erlangen. Dieses Ziel ist nach Erlass eines ablehnenden Bescheides mit der Verpflichtungsklage gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verfolgen (vgl. BVerwG, Urteil v. 07.09.1999, 1C 6.99, InfAuslR 2000, 16), dementsprechend ist auch hier vorläufiger Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gegenüber dem Bundesamt zu gewähren.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet. Es besteht kein Anlass, zur Sicherung des behaupteten Anspruches eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung u.a. zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Dabei ist der zu sichernden Anspruch (Anordnungsanspruch) und dessen Gefährdung (Anordnungsgrund) gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
a) Vorliegend vermag das Gericht schon keine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung streitet, denn die Antragsteller werden seit bestandskräftiger Ablehnung ihrer ersten Asylanträge im Jahre 2003 in Deutschland geduldet, weil eine Rückführung in den Iran mangels gültiger Reisepässe unmöglich und auch nicht absehbar ist, dass die Antragsteller in naher Zukunft ihrer Mitwirkungspflichten nachkommen, indem sie vorhandene Pässe der Ausländerbehörde vorlegen oder aber die Ausstellung neuer Dokumente bei der Auslandsvertretung des Iran in Deutschland beantragen. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24.03.2006 (Seite 37) stellen die iranischen Auslandsvertretungen in Deutschland Heimreisedokumente grundsätzlich nur dann aus, wenn die betreffende Person persönlich vorgesprochen und dabei zu erkennen gegeben hat, dass sie freiwillig in den Iran zurückkehrt. Der Antragsteller zu 1. lehnt ausweislich des Schriftsatzes seines Prozessbevollmächtigten vom 19.08.2005 im verwaltungsbehördlichen Verfahren zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis jegliche Mitwirkung an der Beschaffung iranischer Pässe wegen Unzumutbarkeit ab, sodass nach Auffassung des Gerichts fest steht, dass die Antragsteller jedenfalls gegenwärtig nicht in den Iran abgeschoben werden können (vgl. Beschluss der Kammer vom 21.04.2006, 5 B 58/06).
b) Unabhängig davon fehlt es auch an der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches, denn es bedarf im Falle der Antragsteller der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist nach Stellung eines Folgeantrages ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, wenn sich die der ersten Sachentscheidung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten (Nr. 2) oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Erforderlich ist weiter, dass der Betroffene nicht ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Betroffene muss den Antrag zudem binnen 3 Monaten seit Kenntniserlangung von dem Grund für das Wiederaufgreifen stellen (§ 51 Abs. 3 VwVfG), sofern er nicht aus besonderen Gründen daran gehindert gewesen ist. Der im vorliegenden Verfahren maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Verfügung ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.04.2006 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO analog (zur Anwendbarkeit der Norm auf Beschlüsse vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 117 Rn. 24).
aa) Soweit die Antragsteller hinsichtlich der primär erstrebten Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG geltend machen, die Vorschrift des § 28 Abs. 2 AsylVfG greife nicht für den Antragsteller zu 1., da er bereits vor dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 exilpolitisch tätig gewesen sei und bei Aufnahme seiner Aktivitäten im Jahre 2002 darauf vertraut habe, dass diese ihm im Rahmen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 1 AufenthG später nicht zum Nachteil reichten, vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen. Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist nach Auffassung des Gerichts auf alle Asylverfahren anzuwenden, die - wie vorliegend - vor dem 01.01.2005 unanfechtbar abgeschlossen wurden (Funke-Kaiser, a.a.O., § 28 Rn. 46.1). Hierzu hat das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 05.01.2006 (6 A 10761/05.OVG, juris) ausgeführt:
„a) Bei der rechtlichen Betrachtung des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist dem Verwaltungsgericht zunächst darin zu folgen, dass diese Ausschlussklausel auf das vorliegende Verfahren Anwendung finden muss. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die in Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes enthaltenen Änderungen des Asylverfahrensgesetzes, zu denen die Regelung des § 28 Abs. 2 gehört, nach Art. 15 Abs. 3 Zuwanderungsgesetz am 1. Januar 2005 in Kraft getreten sind. Zum anderen folgt dies daraus, dass nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist. Eine Übergangsregelung, die in Bezug auf § 28 Abs. 2 AsylVfG etwas Abweichendes bestimmt, enthält das Asylverfahrensgesetz nicht, denn dessen § 87b bezieht sich nur auf die Änderung des § 6 AsylVfG . § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gilt im Übrigen für alle Streitigkeiten aufgrund dieses Gesetzes, womit das Asylverfahrensgesetz 1992 mit seinen nachfolgenden Änderungen gemeint ist. Dazu zählt auch das Asylverfahrensgesetz in der Fassung, die es durch das Zuwanderungsgesetz erhalten hat, so dass die Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auch der nunmehr geltenden Fassung dieses Gesetzes zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Februar 2005 - 1 C 29.03 - NVwZ 2005, 1087 ff.).
b) Bei der rechtlichen Betrachtung des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist dem Verwaltungsgericht ferner darin zu folgen, dass bei der Anwendung diese Bestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt keine unzumutbaren Härten auftreten. Zwar wird die Rechtsposition eines Schutzsuchenden, der bereits zu einem Zeitpunkt, als die Einführung des § 28 Abs. 2 AsylVfG noch nicht absehbar war, Nachfluchtgründe geschaffen hat, jedenfalls im Asylfolgeverfahren mit dieser Vorschrift weithin entwertet. Doch nimmt § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG diesen Effekt bewusst in Kauf, denn die Norm dient nicht der Einzelfallgerechtigkeit (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 1997 - 1 B 5.97 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG Nr. 8).
Auch die verfassungsrechtlichen Maßstäbe der Rückwirkung bzw. der tatbestandlichen Rückanknüpfung von Gesetzen werden nicht dadurch verletzt, dass das Folgeverfahren des Klägers der Regelung des § 28 Abs. 2 AsylVfG unterworfen wird. Hierin liegt insbesondere kein Fall von echter Rückwirkung, denn er zeichnet sich dadurch aus, dass der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs der Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt wird, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist (vgl. BVerfGE 72, 200 [241]; 97, 67 [78 f.]; 105, 17 [37 f.]). Gegenstand des Instituts der echten Rückwirkung ist mithin die Anordnung, dass eine Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitpunkt eintreten soll. Das ist hier aber nicht der Fall, denn die Rechtsfolgen des § 28 Abs. 2 AsylVfG treten offenkundig erst für einen Zeitraum ein, der nach dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegt. Freilich erfasst der Tatbestand des § 28 Abs. 2 AsylVfG auch Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung der Norm „ins Werk gesetzt“ worden sind (vgl. BVerfGE 31, 275 [292 ff.]; 72, 200 [242]), denn er bezieht fraglos den im Jahre 2004 vollzogenen Beitritt des Klägers zur Babbar Khalsa-International, Sektion Deutschland ebenso wie die für diese Gruppierung im Verlauf des Jahres 2004 entfalteten exilpolitischen Aktivitäten in den sachlichen Anwendungsbereich der Norm ein. Damit liegt insoweit ein Fall tatbestandlicher Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) vor, der allerdings vorbehaltlich der aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip sich ergebenden Grenzen, verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich ist (vgl. BVerfG 95, 64 [86]; 101, 239 [263]; 103, 392 [403]). Zu einer Überschreitung dieser Grenzen kommt es freilich erst dann, wenn die gesetzlich angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszweckes nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.
Solche Ausnahmetatbestände greifen hier nicht ein. Die gesetzlich angeordnete unechte Rückwirkung ist zur Erreichung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Zielsetzung ohne weiteres geeignet und erforderlich. Nach den Gesetzesmaterialien bezweckt die Neuregelung des § 28 Abs. 2 AsylVfG „den bislang bestehenden Anreiz zu nehmen, nach unverfolgter Ausreise und abgeschlossenen Asylverfahren aufgrund neu geschaffener Nachfluchtgründe ein Asylverfahren zu betreiben, um damit zu einem dauerhaften Aufenthalt zu gelangen“ (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 109). Durch diese gesetzliche Vorgabe und die ihr beigelegte unechte Rückwirkung soll zugleich „die hohe Anzahl der beim Bundesamt anhängigen Folgeverfahren langfristig reduziert werden“ (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 110). Die angesprochenen Zielsetzungen (Entlastungseffekt, Attraktivitätsminderung für Folgeverfahren) erfahren ohne Zweifel dadurch eine Wirkungssteigerung, dass sie nicht nur künftige Sachverhalte erfassen, sondern sich auch des Instituts der tatbestandlichen Rückanknüpfung bedienen.
Stellt man den so gekennzeichneten Änderungsgründen des Gesetzgebers das Bestandsinteresse des Klägers gegenüber, so erweist sich letzteres jedenfalls nicht als gewichtiger. Aufgrund der Versagung des kleinen Asyls im Folgeverfahren wegen der in den Zeitraum des Jahres 2004 fallenden Umstände ergibt sich für den Betroffenen im Vergleich zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung kaum eine substantielle Minderung seiner aufenthaltsrechtlichen Position. Ihm bleibt nämlich in Ansehung dieser Umstände die Möglichkeit erhalten, worauf die amtliche Begründung zu § 28 Abs. 2 AsylVfG zu Recht hinweist (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 109 f.), den erforderlichen Schutz im Rahmen der Prüfung von Abschiebungshindernissen durch das Bundesamt zu erlangen, ohne den aufenthaltsrechtlichen Status zu verfestigen. Mit der Verweisung des Schutzsuchenden auf diese rechtlichen Optionen verletzt die Bundesrepublik Deutschland, entgegen der Auffassung des Klägers, nicht ihre völkervertragsrechtlich übernommenen Pflichten aus der Genfer Flüchtlingskonvention. Letztere schreibt nämlich den Staaten nur die Beachtung des Refoulement-Verbots gemäß Art. 33 GFK vor, dem insbesondere durch Abschiebungsschutz wegen der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgezählten Schutzgüter Leib, Leben oder Freiheit hinreichend Rechnung getragen werden kann (so Funke-Kaiser, in: GK- AsylVfG § 28 Abs. 2 Rdnr. 48). Nach alledem wahrt die Regelung des § 28 Abs. 2 AsylVfG die verfassungsrechtlichen Schranken der tatbestandlichen Rückanknüpfung.“
Dem schließt sich das erkennende Gericht auch für den vorliegenden Fall an. Die Antragsteller haben jedenfalls nichts vorgebracht, dass für eine vom Sachverhalt, den das OVG Rheinland-Pfalz zu beurteilen hatte, abweichende Interessenabwägung im hiesigen Verfahren streiten könnte.
bb) Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 AsylVfG liegen - wie die Antragsteller selbst einräumen - vor. Der Antragsteller stützt sein Vorbringen namentlich auf Umstände im Sinne des Abs. 1, die nach der unanfechtbaren Ablehnung seines früheren Antrags entstanden sind. Er ist erst nach der Einreise in die Bundesrepublik und Stellung eines Asylantrags im August 2002 in die Arbeiterkommunistische Partei Irans eingetreten. Zuvor - namentlich im Iran - hat er sich weder oppositionspolitisch betätigt noch einer regimekritischen Vereinigung angehört. Seine verstärktes regimekritisches Engagement, vor allem die Teilnahme an Demonstrationen und Aufzügen, setzte zum Jahreswechsel 2002 / 2003 ein; die Annahme, der Antragsteller zu 1. sei aus der Masse der anonymen Regimekritiker herausgetreten, ist frühestens mit dessen Kandidatur zur Delegiertenwahl und seiner Rede auf dem 4. Parteitag der AKP-I im Dezember 2003 in Erwägung zu ziehen.
Allerdings bedarf die Vorschrift des § 28 Abs. 2 AsylVfG wegen ihres weiten Wortlautes einer Einschränkung dahingehend, dass die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nur hinsichtlich subjektiver selbst geschaffener Nachfluchtgründe ausgeschlossen ist, sofern diese nicht ausnahmsweise beachtlich sind. Dies folgt aus der gesetzessystematischen Einordnung der Vorschrift sowie dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Renner, a.a.O., § 28 Rn. 21). Dazu hat das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 05.01.2006 (a.a.O.) zutreffend ausgeführt:
„c) Schließlich ist § 28 Abs. 2 AsylVfG für den vorliegenden Fall auch einschlägig, so dass schon deswegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht festgestellt werden dürfen. Zwar erweist sich die Regelung des § 28 Abs. 2 AsylVfG von ihrem Wortlaut her als problematisch. Der dort in Bezug genommene Abs. 1 bezieht sich nämlich - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend - sowohl auf die unbeachtlichen als auch auf die ausnahmsweise beachtlichen Nachfluchtgründe, die als Fortsetzung einer bereits im Heimatland innegehabten und erkennbar betätigten Überzeugung erscheinen. Gleichwohl stellt sich der Sinn der Regelung unter Berücksichtigung ihrer gesetzessystematischen Einordnung als Abs. 2 des § 28 AsylVfG und der Begründung, die die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren dazu gegeben hat (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 109 f.), als eindeutig dar.
Mit § 28 Abs. 2 AsylVfG geht es dem Gesetzgeber ersichtlich darum, die Beachtlichkeit der subjektiven Nachfluchtgründe für die Gewährung des kleinen Asyls im sog. Nachfluchtverfahren einerseits und die für die Gewährung des großen Asyls andererseits, tatbestandlich so zu koordinieren, dass sie auch in ihren aufenthaltsrechtlichen Rechtsfolgen gleichgestellt werden können. Um dies zu rechtfertigen, knüpft § 28 Abs. 2 AsylVfG zunächst am Tatbestand des Absatzes 1 dieser Vorschrift an, der die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Asylrelevanz von Nachfluchtgründen in das einfache Gesetzesrecht überträgt. Hiernach setzt das Asylgrundrecht regelmäßig den kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus. Bei subjektiven Nachfluchtgründen, die der Asylbewerber nach Verlassen des Heimatstaates aus eigenem Entschluss geschaffen hat, kann mithin eine Asylanerkennung nur dann in Betracht kommen, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatland vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung darstellen (so BVerfG, Beschluss vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 - BVerfGE 74, 51 ff.). Das in § 28 Abs. 1 AsylVfG angelegte Regel-Ausnahmeverhältnis sowie die für das Verständnis dieser Bestimmung maßgeblichen Grundsätze und Abgrenzungskriterien überträgt der Gesetzgeber sodann im Rahmen des Ausschlusstatbestandes des § 28 Abs. 2 AsylVfG auf die Fälle, in denen über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG in einem Folgeverfahren zu entscheiden ist. Aus dieser Orientierung folgt, dass nach § 28 Abs. 2 AsylVfG die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 AufenthG in der Regel entfallen soll, wenn nach Abschluss des ersten Asylverfahrens vom Asylbewerber aus eigenem Entschluss geschaffene Verfolgungsgründe mangels Kausalität zwischen Verfolgung und Flucht ihrerseits - der Regel entsprechend - asylrechtlich unbeachtlich bleiben müssten. Eine Ausnahme von der Regel der Unbeachtlichkeit des subjektiven Nachfluchtgrundes ist sowohl für den Anwendungsbereich des großen wie des kleinen Asyls jeweils dann zugunsten des Antragstellers zu machen, wenn dessen Nachfluchtaktivitäten sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatland vorhandenen und erkennbar betätigten Überzeugung darstellen oder wenn der Ausländer sich aufgrund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte (so OVG NRW, Urteil vom 12. Juli 2005 - 8 A 780/04.A -; VG Göttingen, Urteil vom 2. März 2005 - 4 A 38/03 - Asylmagazin 2005, 37 f.). Eine andere Strukturierung des Regel-Ausnahmeverhältnisses würde der gesetzlichen Koordinierungspflicht in Bezug auf die Beachtlichkeit von subjektiven Nachfluchtgründen im Bereich des großen wie des kleinen Asyls nicht gerecht.“
Der Antragsteller zu 1. kann sich indes nicht auf einen derartigen Ausnahmefall berufen, denn die von ihm geltend gemachte, erst nach bestandskräftiger Ablehnung des Asylerstantrags einsetzende - quantitativ gesteigerte - exilpolitische Aktivität stellt den Regelfall dar, der nach dem Willen des Gesetzgebers unter § 28 Abs. 2 AsylVfG fallen soll, damit der Anreiz für ein Asylfolgeverfahren mit dem Ziel der Zuerkennung des sog. „kleinen Asyl“ künftig entfällt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 109 f.; Funke-Kaiser, a.a.O., § 28 Rn. 48.9).
cc) Ungeachtet des Eingreifens des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist den Antragstellern nach wie vor die Berufung auf den subsidiären Schutz des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG grundsätzlich möglich (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 28 Rn. 47.1), sofern die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens bzgl. der Feststellungen zu den § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Daneben ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Möglichkeit eröffnet, nach freiem Ermessens über das Wiederaufgreifen des Verfahrens gem. § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 21.03.2000, 9 C 41/99, BVerwGE 111,77), wobei im Einzelfall aufgrund der Wirkung der Grundrechte eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen kann (Nds. OVG, Urteil vom 28.01.1999, 11 L 4582/98, AuAS 1999, 100).
Die Antragsgegnerin hat allerdings zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG hinsichtlich der Feststellungen zu den § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG verneint und das ihr eröffnete Ermessen nach § 51 Abs. 5 VwVfG fehlerfrei ausgeübt. Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird Bezug genommen. Ergänzend weist das Gericht auf Folgendes hin:
(1) Nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG dürfen die Antragsteller nicht abgeschoben werden, sofern ihnen bei ihrer Rückkehr in den Iran die in den genannten Absätzen des § 60 AufenthG beschriebenen Gefahren drohen. Ob eine derartige Bedrohung vorliegt, ist für unverfolgt aus ihrem Heimatstaat ausgereiste Schutzsuchende nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, 9 C 21.92, BVerwGE 91, 150, 154; OVG Lüneburg, Urteil vom 21.9.2000, 5 L 3136/99, Urteil vom 9.1.2001, 5 L 462/00, jew. m. w. Nachw.). Der sogenannte herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab (es genügen ernstliche Zweifel an der Sicherheit vor (erneuter) politischer Verfolgung bei Rückkehr in das Heimatland) würde nur im Falle der Vorverfolgung gelten (vgl. BVerwGE, Urteil vom 25.9.1984, 9 C 17.84, BVerwGE 70, 169). Danach ist vorliegend vom Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszugehen, denn die Antragsteller sind nicht vorverfolgt ausgereist.
Das Nds. OVG hat zur Annahme einer politischen Verfolgung wegen exiloppositioneller Tätigkeit unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ausgeführt (vgl. u.a. Urteil vom 12.02.2002, 5 L 317/00):
„Die Annahme einer zur politischen Verfolgung führenden Einstufung als politischer Gegner des iranischen Staates ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nur gerechtfertigt, wenn die exilpolitische Tätigkeit den Staatssicherheitsbehörden des iranischen Staates bekannt geworden und anzunehmen ist, dass diese Behörden die Aktivitäten als erhebliche, den Bestand des Staates gefährdende oppositionelle Aktivitäten bewerten (vgl. OVG Lüneburg, Urteile v. 09.03.1993, 23.09.1993 - 5 L 2541 u. 2572/91 -). An dieser Einschätzung, die der jüngeren Rechtsprechung anderer Obergerichte entspricht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 26.05.1997 - A 12 S 1467/95 -; Bay. VGH, Beschl. v. 12.01.1998 - 19 AA 96.35512 -; OVG Hamburg, Urt. v. 11.05.1995 - OVG Bf 5 2494/94 -; OVG NW, Beschl. v. 10.08.1999 - 1 A 5410/96.A -), hat der Senat unter Berücksichtigung der am 9. Juli 1996 in Kraft getretenen Änderung des iranischen Gesamtstrafgesetzbuches und nach Auswertung der übrigen maßgeblichen Erkenntnisquellen festgehalten (Urteile v. 26.10.1999 - 5 L 3180/99 -; v. 21.09.2000 - 5 L 31367 -; v. 27.4.2001 - 5 L 605/00 -; v. 12.6.2001 - 5 L 769/00). In diesen Entscheidungen hat der Senat ausgeführt, dass die Frage, ob auf Grund der strafgesetzlichen Bestimmungen und der Übrigen im Iran gegenwärtig herrschenden Umstände eine exilpolitische Tätigkeit zu einer Einstufung des Betroffenen als Regimegegner und damit zu politischer Verfolgung führt, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen ist und grundsätzlich nur angenommen werden kann, wenn der Ausländer sich bei seinen Aktivitäten persönlich exponiert hat, also im organisatorischen Bereich aufgefallen oder sonst namentlich in Erscheinung getreten ist, und dass eine einfache Mitgliedschaft in oder Teilnahme an Veranstaltungen der von den Staatssicherheitsbehörden im Iran für oppositionell und regimefeindlich gehaltenen Organisationen nicht zu einer Einstufung als Gegner des iranischen Staates führt.“
Eine exponierte exilpolitische Betätigung kann danach beispielsweise angenommen werden, wenn Führungs- und Funktionsaufgaben in der Organisation wahrgenommen werden, die nur führenden Mitgliedern vorbehalten sind, oder wenn die Verantwortung für Presseerzeugnisse, öffentliche Veranstaltungen oder wirtschaftliche Belange der Organisation übernommen wird. Die Aktivitäten müssen in jedem Fall erheblich und öffentlichkeitswirksam sein (Urteil des Nds. OVG vom 12.02.2002, a.a.O.).
Zu einer Verschlechterung der Situation von einfachen Mitgliedern oder Anhängern von im westlichen Ausland aktiven iranischen Exilgruppen hat auch die jüngste Verschärfung der politischen Lage nach der Wahl des als fundamentalistisch bekannten früheren Teheraner Bürgermeisters J. zum Staatspräsidenten nicht geführt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat hierzu in seinem Urteil vom 27.02.2006 (11 UE 2252/04.A) ausgeführt:
„Zwar hat die Ankündigung des neuen Staatspräsidenten zur Restauration der politischen Vorstellungen und gesellschaftlichen Verhältnisse der islamischen Revolution und der schwere außenpolitische Konflikt mit dem Westen wegen der Wiederaufnahme des iranischen Atomprogramms und die gegen Israel gerichteten Bemerkungen des Staatspräsidenten auch die Befürchtung einer verstärkten Repression gegen Andersdenkende im Land geweckt (vgl. z.B. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. August 2005 „Das neue Dreieck der Macht“). Es gibt indessen keine verlässlichen Anhaltspunkte für eine merkliche Zunahme des Verfolgungsdrucks gegen die Opposition im Iran. Zwar wird in einigen Zeitungsberichten von einer Verhaftungswelle gegen Dissidenten berichtet (Die Welt „Wer ist Ahmadi-Nedschad wirklich ?“ und Frankfurter Rundschau „Khamenei ermahnt Irans neuen Präsidenten“, jeweils vom 4. August 2005). Über den Umfang dieser Verhaftungsaktionen und den Kreis der hiervon betroffenen Personen (auch einfache Oppositionelle oder lediglich prominente Regimekritiker wie etwa der Journalist Akbar Ganji, der nach Beendigung eines Hungerstreiks und medizinischer Behandlung wieder in Haft genommen wurde ?) liegen indessen keine Informationen vor. Mangels entsprechender Meldungen aus jüngster Zeit über weitere Repressalien gegen Regimekritiker muss davon ausgegangen werden, dass es sich - falls es die erwähnten Verhaftungen tatsächlich gegeben haben sollte - nur um eine vorübergehende Aktion zur Warnung der Opposition gehandelt hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die konservativ-fundamentalistischen Kräfte im Iran unter Führung Ayatollah Khamenei bereits vor der Präsidentschaftswahl im Juni 2005 den Sicherheits- und Justizapparat beherrschten und schon in dieser Zeit keine Gelegenheit ungenutzt gelassen haben, politisch missliebige Personen mit Verfolgungsmaßnahmen zu überziehen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.12.2004, Abschnitt I 1., Seite 7).“
(2) Die vorgetragenen exilpolitischen Aktivitäten des Antragstellers zu 1. rechtfertigen nach Auffassung des Gerichts nicht die Annahme, es sei beachtlich wahrscheinlich, dass dieser bei den bei seiner Rückkehr in den Iran zu erwartenden Nachforschungen als ernstzunehmende politischer Gegner des iranischen Staates eingestuft wird und deswegen den in § 60 Abs. 2,3, 5 und 7 AufenthG beschriebenen Gefahren ausgesetzt ist.
(a) Hinsichtlich der Organisationen Arbeiterkommunistische Partei Iran (AKP-I) geht das Gericht in Übereinstimmung mit der Antragsgegnerin zunächst davon aus, dass die Organisation aufgrund ihres kurdischen Hintergrunds im Iran selbst allenfalls im kurdisch dominierten Grenzgebiet eine politische Rolle spielt bzw. gespielt hat. Ansonsten beschränken sich die Aktionen der AKP-I im Wesentlichen auf das Ausland, vornehmlich Europa (Gutachten des Deutschen Orient-Instituts an das VG Frankfurt vom 04.05.2004, S. 2). Ausweislich der Auskunft des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 12.03.2003 an das VG Wiesbaden hat sich die AKP-I im Jahre 1991 von der Kommunistischen Partei Irans (KPI) abgespalten. Sie hat sich die Errichtung eines Arbeiterstaates und die Realisierung des ökonomischen und politischen Programms des Arbeitersozialismus zum Ziel gesetzt, das zwangsläufig mit dem Umsturz der Islamischen Republik als Voraussetzung hierfür einhergeht. Die AKP-I ist in der Vergangenheit vereinzelt durch unfriedlichen Protest in Form von Störungen von Konferenzen mit iranischen Regierungsvertretern in Europa aufgefallen (Auskunft des Bundesamtes für Verfassungsschutz an das VG Wiesbaden vom 12.03.2003, Seite 2). Gleichwohl erwähnt der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24.03.2006 die AKP-I nicht ausdrücklich als eine der verbotenen Organisationen, bei der schon wegen der bloßen Mitgliedschaft vom iranischen Regime Strafen verhängt werden (Seite 16; von einer verbotenen Partei geht dagegen das Deutsche Orient-Institut in seinem Gutachten vom 04.05.2004, Seite 7, aus). Grundsätzlich gilt danach, dass sich die Situation für politische Gruppen, die unterhalb der Schwelle des bewaffneten Kampfes das Regime in Frage stellen, in den letzten Jahren entspannt hat (Seite 17 des Lageberichts). Da die AKP-I nach eigenen Angaben des Antragstellers zu 1. im Rahmen des Anhörungsverfahrens jede Form von Gewalt im politischen Kampf ablehnt - diese Grundhaltung der Organisation sei auch im Parteiprogramm der AKP-I verankert -, sich daher auch nicht an gewaltsamen Aktionen anderer exiloppositioneller Gruppen wie der Volksmudjaheddin oder aber der Komalah, auf die die Wurzeln der AKP-I ausweislich des Gutachtens des Deutschen Orient-Instituts an das VG Frankfurt vom 04.05.2004 zurückgehen sollen, beteiligt, sondern das iranische Volk bei einem möglichen Aufstand in sonstiger Weise unterstützen würde, spricht auch sonst nichts dafür, dass die AKP-I zu den Organisationen zählt, deren sämtliche Mitglieder nach Einschätzung der zuständigen iranischen Stellen eine ernstzunehmende Gefahr für das herrschende Regime darstellen, zumal die AKP-I seit der Abspaltung der Gruppe unter Führung Modaresi’s und der Neugründung der Arbeiterkommunistischen Partei Iran-Hekmatist im August 2004 ohnehin als personell und finanziell geschwächt gilt (vgl. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2005, Seite 92; www.im.nrw.de/verfassungsschutz). Eine ernsthafte, im Rahmen der Abs. 2 bis 7 des § 60 AufenthG relevante Gefährdung bei Rückkehr in den Iran kann daher nur für Führungspersonen der AKP-I oder sonstigen Mitgliedern der Partei mit Außenwirkung angenommen werden (Auskunft des Bundesamtes für Verfassungsschutz an das VG Wiesbaden vom 12.03.2003, Seite 3).
(b) Die Hambastegi - Internationale Föderation Iranischer Flüchtlinge (IFIF) ist nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Auskunft vom 12.03.2003 an das VG Wiesbaden) eine Nebenorganisation der AKP-I mit Hauptsitz in London, die Teilorganisationen in zahlreichen europäischen Ländern besitzt, u.a. in Deutschland 16 Büros unterhält. Der Verein verfolgt als Ziel die Hilfe iranischer Flüchtlinge in ihren jeweiligen Gastländern. Diese Einschätzung teilt auch das Deutsche Orient-Institut in seinem Gutachten vom 04.05.2004 an das VG Frankfurt. Als Auslandsorganisation der AKP-I, mit der die Bewegung organisatorisch und personell verflochten bzw. verbunden ist und mit der sie im Zweifel gleichgesetzt würde (Gutachten Seite 6), betreibt sie strikte Lobbypolitik zugunsten iranischer Flüchtlinge, indem sie sich z.B. mit den Schicksalen iranischer Flüchtlinge beschäftigt und hierbei die Asyl- und Flüchtlingspolitik bzw. -praxis der europäischen Aufnahmestaaten kritisiert und hierauf Einfluss zu nehmen versucht (Gutachten Seite 3 f.). Der Aktionsradius der Hambastegi beschränkt sich bestimmungsgemäß ausschließlich auf das Ausland; Aktionen, die in den Iran hineinwirken, sind nicht bekannt (vgl. Gutachten Seite 5, 8; ebenso Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Frankfurt vom 03.02.2004). Die Kritik am derzeitigen Regime des Irans steht dagegen im Hintergrund und dient augenscheinlich nur als Basis des Engagements zur besseren Durchsetzung der primär verfolgten Parteinahme für die Exiliraner (Gutachten Seite 4 f.). Da den iranischen Stellen bekannt ist, dass eine große Zahl der Exiliraner aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, in Deutschland ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen und hierzu Asylverfahren betreiben, in deren Verlauf eine oppositionelle Betätigung an den Tag gelegt und als Asylgrund geltend gemacht wird (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24.03.2006, Seite 26), ist davon auszugehen, dass die Hambastegi als oppositionelle Bewegung in den Augen der iranischen Stellen kaum Bedeutung beigemessen wird (Gutachten Seite 8), sodass ein konkretes und ernstliches Verfolgungspotential hinsichtlich der Hambastegi - Mitglieder, die in den Iran zurückkehren (müssen), mangels in den Iran hinein zielender oder wirkender Aktionen bzw. politischer Programme der Hambastegi nicht erkennbar ist (Gutachten Seite 9).
(c) Aufgrund der zahlreichen Teilnahmen des Antragstellers zu 1. an Demonstrationen, Protestmärschen und sonstigen Aktionen der AKP-I bzw. der Hambastegi, insbesondere auch vor den iranischen Auslandsvertretungen, sowie den verfassten und im Internet auf den Seiten der Hambastegi namentlich veröffentlichten Texten teilt das Gericht die Einschätzung der Antragsgegnerin, der Antragsteller zu 1. sei aus der anonymen Masse Exiloppositioneller herausgetreten und den zuständigen iranischen Stellen in Deutschland namentlich bekannt; die Annahme einer persönlich exponierten Stellung des Antragstellers zu 1., mithin die eine Einstufung als politischer Gegner des iranischen Staates im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Nds. OVG rechtfertigen die vorgetragenen Aktivitäten und sein Amt als Bezirksleiter bzw. Generalsekretär der Hambastegi, Sektion Osnabrück, indes nicht. Namentlich die Größe der Sektion - nach eigenen Angaben des Antragstellers zu 1. sei die Sektion ein Zusammenschluss von 11 Iranern, die in Osnabrück und Umgebung lebten -, die Anzahl von lokalen Untergliederungen der Hambastegi in Deutschland - nach Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Frankfurt vom 03.02.2004 verfügt die IFIF in zahlreichen deutschen Städten über Ansprechpartner - und der europaweite Aktionsradius der Organisation machen es äußerst unwahrscheinlich, dass die iranischen Sicherheitsbehörden gerade in der Sektion Osnabrück und den ihr vorstehenden Personen ernsthafte Regimekritiker erblicken, zumal der erst im vergangenen Herbst gegründete Sektion naturgemäß keine herausragende Stellung im Gesamtgefüge der Hambastegi - Verband Deutschland zukommt und selbst noch nicht durch öffentlichkeitswirksame Aktionen mit regimekritischen Inhalten aufgefallen ist. Der Antragsteller zu 1. hat gegenüber der Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren angegeben, dass die Gründung der Sektion vorrangig der Idee einer Solidargemeinschaft entsprungen sei, um Forderungen nach einer Legalisation des Aufenthalts in Deutschland, der bei einigen der Mitglieder seit ca. 11 Jahren lediglich auf fortwährender Duldung basiere, zur Durchsetzung zu verhelfen. Neben der Organisation von Demonstrationen und Zusammenkünften befasse er sich in seiner Eigenschaft als Bezirksleiter mit der Verbreitung von Informationen zur Situation von Asylbewerbern in Deutschland sowie der Sammlung von Spenden für die IFIF. Eine für das iranische System bedrohliche Weise der politischen Betätigung ist hierin nicht zu erblicken. Damit korrespondiert, dass nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (Auskunft an das VG Frankfurt vom 03.02.2004) und des Deutschen Orient-Instituts (Gutachten an das VG Frankfurt vom 04.05.2004) weder einfache Mitglieder noch Vorstände der lokalen Sektionen der Hambastegi im Falle einer Rückkehr in den Iran mit staatlichen oder staatlich geduldeten Repressalien zu rechnen haben (ebenso Hess. VGH Urteil vom 27.02.2006, 11 UE 2252/04.A).
(d) Eine exponierte Stellung kann auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass der Antragsteller zu 1. zusätzlich aktives Mitglied der AKP-I ist, das an zahlreichen Demonstrationen in vorderster Reihe teilgenommen und dabei regimefeindliche Parolen gerufen hat, regimekritische Texte unter Nennung seines Namens im Internet und in Parteizeitungen veröffentlicht hat bzw. veröffentlicht, in Kontakt zu führenden Persönlichkeiten der AKP-I Sektion Deutschland steht, als Ordner auf Parteiveranstaltungen bzw. Organisator einer Vortragsveranstaltung und eines Informationstisches der AKP-I in Bremen tätig geworden ist, zur Delegiertenwahl zur Teilnahme am 4. Parteitag der AKP-I bzw. zur Wahl des Zentralkomitees der AKP-I Sektion Deutschland kandidiert und auf dem 4. Parteitag eine Rede gehalten hat. Das VG Düsseldorf hat in seinen Urteilen vom 21.09.2004 (2 K 1529/02.A, juris) und vom 23.09.2005 (2 K 4125/03.A, juris) zu derartigen Betätigungen ausgeführt:
„Indes kann nicht jeder in irgendeiner Weise exilpolitisch tätige Iraner namentlich erfasst werden. Vor allem aber ist in Rechnung zu stellen, dass den iranischen Behörden gerade auf Grund ihrer intensiven Beobachtungen bewusst ist, dass ein nach außen zum Ausdruck gebrachtes politisches Engagement vielfach nicht wirklich ernsthaft ist und nur zur Erlangung von Vorteilen im Asylverfahren an den Tag gelegt wird, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. April 1999, a.a.O., S. 11; Bundesamt für Verfassungsschutz, Auskunft an das VG Ansbach vom 2. Juli 1999, Auskunft an das VG Köln vom 11. Dezember 2000 und Auskunft an das Schleswig- Holsteinische Verwaltungsgericht vom 28. Januar 2003; Deutsches Orient-Institut, Auskunft an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht vom 26. Mai 2003; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Iran vom 3. März 2004, S. 23.
Angesichts dessen werden die iranischen Stellen die schwierigen und aufwändigen Ermittlungen zur Identifizierung von iranischen Asylsuchenden auf die diejenigen Personen beschränken, die auf Grund besonderer Umstände über die massentypischen und niedrigprofilierten Erscheinungsformen exilpolitischer Proteste hinaus Funktionen wahrgenommen und/oder Aktivitäten entwickelt haben, die den jeweiligen Iraner aus der Masse der mit dem Regime in Teheran Unzufriedenen herausheben und als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen, OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Juli 2004, a.a.O. und vom 16. April 1999, a.a.O., S. 12 m.w.N.; Deutsches Orient-Institut, Auskunft an das Schleswig- Holsteinische Verwaltungsgericht vom 26. Mai 2003.
Dies schließt es von vorneherein aus, der - üblichen - Mitgliedschaft iranischer Asylsuchender in Exilorganisationen von im Iran verbotenen oppositionellen Parteien, der Teilnahme an Veranstaltungen dieser Organisationen, der Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen und das hierbei übliche Tragen von Plakaten und sowie Rufen von Parolen, der Teilnahme an sonstigen regimekritischen Veranstaltungen, der - ebenfalls typischen - Betreuung von Büchertischen und dem Verteilen von Informations- und Propagandamaterial in Fußgängerzonen eine Bedeutung für die Feststellung einer Verfolgungsgefahr beizumessen, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. April 1999, a.a.O., vom 10. März 1999 - 9 A 612/99.A -, vom 19. August 1998 - 9 A 3415/98.A - und vom 13. Juli 2004 - 5 A 2711/04.A -.
Hieran ändert auch die mehrfache Teilnahme an Demonstrationen und anderen Veranstaltungen nichts, da die Erhöhung der Quantität niedrig profilierter Tätigkeiten allein nicht zu einer Qualitätsänderung der Gesamtaktivität führt. Gerade der, der über einen längeren Zeitraum im Rahmen zahlreicher Veranstaltungsteilnahmen nach außen hin deutlich macht, dass er lediglich "dabei ist", liefert gegenüber dem iranischen Nachrichtendienst den Beweis, dass von ihm allenfalls Unzufriedenheit, nicht aber - gegebenenfalls im Zusammenwirken mit anderen - eine ernst zu nehmende Gefahr für das Mullah-Regime in Teheran ausgeht.“
Nichts anderes gilt im Falle des Antragstellers zu 1. hinsichtlich der geltend gemachten Teilnahmen an Demonstrationen und Protestmärschen sowie der im Internet auf den Seiten der Hambastegi namentlich veröffentlichten Texte.
Der Qualifizierung der Aktivitäten des Antragstellers zu 1. als niedrig profiliert steht zudem weder die einminütige Rede des Antragstellers zu 1. auf dem 4. Parteitag im Dezember 2003, die nach eigenem Vorbringen ohnehin keinen regimefeindlichen Inhalt, sondern dessen Kritik an der Praxis der AKP-I hinsichtlich der Zulassung der Gründung lokaler Sektionen, nach der eine Mindestmitgliederzahl Gründungsvoraussetzung sei, zum Gegenstand hatte, noch die seinerzeitige Kandidatur für die genannten Parteiämter entgegen. Insbesondere vermag diese aufgrund der hohen Zahl von Kandidaten, die das erkennende Gericht anhand der zu den Verwaltungsvorgängen befindlichen, in der Parteizeitung veröffentlichten Kandidatenliste auf rund 250 schätzt, nicht den Schluss auf eine exponierte exilpolitische Betätigung rechtfertigen. Die in der Antragsschrift weiterhin angeführten Vorträge und Reden, in denen das Regime des Iran schärfstens angegriffen werde, sind durch nichts glaubhaft gemacht.
In Anbetracht der Vielzahl der Veranstaltungen der iranischen Exilorganisationen kommen den für den Antragsteller zu 1. belegten, gegenüber der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen durchaus abgehobenen Aktivitäten auch in der Gesamtschau noch nicht ein solches Gewicht zu, dass der Antragsteller zu 1. sich allein hierdurch als ein für die iranischen Behörden ernst zu nehmender Gegner herauskristallisiert hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Antragsteller zu 1. ersichtlich ohne jeden Bezug auf eine frühere Tätigkeit im Iran im Bundesgebiet seine politische Aktivität ausübt (vgl. VG Dresden, Urteil vom 18.06.2003, 14 A 30769/99.A, juris), die augenscheinlich von einer Orientierung an der Absicht getragen wird, seinem Asylverfahren zum Erfolg zu verhelfen, sodass vieles dagegen spricht, der iranische Staat nähme sie insgesamt zum Anlass, im Falle der Rückkehr in den Iran gegen ihn gezielt asylrelevante Maßnahmen zu ergreifen (zu den Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 05.11.1991, 9 C 118/90, NVwZ 1992, 582).
Das erkennende Gericht vermag insoweit dem VG Düsseldorf in seiner Einschätzung, eine exponierte exilpolitische Tätigkeit sei schon bei einem aktiven Mitglied der AKP-I, das zugleich als Vorsitzender einer lokalen Sektion der Hambastegi fungiere und mit führenden Kadern der AKP-I auf diversen Podien gesessen habe, anzunehmen (Urteil vom 23.09.2005, a.a.O.), nicht zu folgen, denn sie berücksichtigt nicht in ausreichendem Maße die oppositionspolitische Bedeutung der Hambastegi für das iranische Regime sowie die zahlreichen Untergruppierungen und Sektionen der Organisation in Deutschland und Europa.
Daher lässt auch eine Gesamtbetrachtung der angeführten möglichen Verfolgungsgründe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Verfolgungsrisiko des Antragstellers zu 1. bei einer möglichen Rückkehr in den Iran nicht erkennen.
Da die Antragsteller zu 2. und 3. keine eigenen Verfolgungsgründe geltend gemacht haben, war der Antrag insgesamt abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 83 b Abs. 1 AsylVfG, § 154 Abs. 1 VwGO.