Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 30.03.2005, Az.: 5 U 66/03
Arthrodese; Arzthaftung; Aufklärungspflicht; Behandlungsalternative; Bewegungseinschränkung; Beweislast; Darlegungslast; Entscheidungskonflikt; Gesundheitsbeschädigung; hypothetische Einwilligung; Implantat; Knieendoprothese; Knieversteifung; Körperverletzung; künstliches Kniegelenk; Narkosemobilisation; Nebenfolge; Operationsrisiko; Risikoaufklärung; Schadensersatzanspruch; Substantiierungspflicht
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 30.03.2005
- Aktenzeichen
- 5 U 66/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 51099
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BGH - 31.01.2006 - AZ: VI ZR 87/05
Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs 1 BGB
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 14.3.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A. Der Kläger verrenkte sich am 14.2.1995 im Rahmen seiner Tätigkeit als Wasserbauer das bereits durch Arthrose vorgeschädigte rechte Knie, wobei er eine Kreuzbandruptur erlitt. Die Verletzung wurde im Kreiskrankenhaus Ammerland behandelt. Trotz weiterer Behandlungen besserten sich die Kniebeschwerden des Klägers nicht. Am 29.3.1996 wurde ihm im Kreiskrankenhaus Aurich, dessen Träger der Beklagte ist, ein künstliches Kniegelenk implantiert. Die Beschwerden des Klägers dauerten nach seiner Entlassung fort, Anfang Juli 1996 unterzog er sich im Krankenhaus der Beklagten einer Schmerztherapie, wobei es zur Anlegung eines Periduralkatheters kam. Überdies wurde eine Narkosemobilisation des rechten Kniegelenks vorgenommen. Der Kläger wurde am 29.7.1996 in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Da sich eine Infektion der Katheter-Einstichstelle mit Abszessbildung eingestellt hatte, musste der Kläger in der Zeit vom 8.8. - 19.8.1996 erneut stationär im Krankenhaus des Beklagten aufgenommen werden, wo eine Revisionsoperation des Infektionsherdes durchgeführt wurde. Die Behandlung der Kniebeschwerden blieb ohne Erfolg. Es trat eine Versteifung des Kniegelenks auf, das die Beugungsfähigkeit verloren hat. Darüber hinaus klagt der Kläger über starke Schmerzen im rechten Bein, die bis in den Rücken ziehen.
Mit der Klage hat der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld verlangt sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagte zur Erstattung der künftigen Schäden gehalten ist, die ihm - dem Kläger - aus der Behandlung im Krankenhaus des Beklagten künftig noch entstehen. Die Implantation des künstlichen Kniegelenks sei nicht indiziert gewesen, fehlerhaft erfolgt und habe zu einer nicht notwendigen Versteifung des Kniegelenks geführt. Weiter müsse er davon ausgehen, dass er nach der Operation zu früh entlassen worden sei und die Mitarbeiter des Beklagten die Narkosemobilisierung des Kniegelenks im Juli / August 1996 nicht ordnungsgemäß durchgeführt hätten. Zudem hätten die Mitarbeiter des Beklagten die ärztlichen Sorgfaltspflichten bei dem Anlegen des Periduralkatheters und bei dessen Überwachung nicht eingehalten, was die aufgetretene schwerwiegende Infektion belege. Abgesehen davon sei er über mögliche Behandlungsalternativen wie eine Arthrodese nicht aufgeklärt worden, durch die zwar nicht die Versteifung des Kniegelenks, jedoch die jetzt vorliegenden starken Schmerzen hätten vermieden werden können. Die Eingriffsaufklärung sei ebenfalls ungenügend ausgefallen, weil er weder auf die Möglichkeit einer Versteifung des Kniegelenks noch auf die Gefahr einer Infektion als Folge der Periduralanästhesie hingewiesen worden sei. Demgegenüber hat der Beklagte behauptet, die Behandlung des Klägers habe dem ärztlichen Sorgfaltsmaßstab entsprochen. Der Kläger sei ausreichend über die Risiken des Eingriffs in Kenntnis gesetzt worden; andere Behandlungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden.
Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich hat nach Einholung von Sachverständigengutachten die Klage mit Urteil vom 14.03.2003 im Wesentlichen abgewiesen und dem Kläger lediglich ein Schmerzensgeld von 3.000,-€ zuerkannt. Letzteres hat sie damit begründet, dass die Periduralanästhesie nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Mangels entsprechender Dokumentation sei anzunehmen, dass ein Verbandswechsel und die damit verbundene erforderliche Überwachung der Einstichstelle des Katheters unterblieben sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dies zu der Abszessbildung geführt habe. Dagegen hat die Kammer Behandlungsfehler nicht festzustellen vermocht, die den Mitarbeitern des Beklagten bei der Einsetzung des künstlichen Kniegelenks unterlaufen seien. Ob eine Verletzung der Aufklärungspflicht gegeben sei, könne dahingestellt bleiben, da der Kläger mangels ernsthafter Alternative auf jeden Fall in die Implantation der Kniegelenksprothese eingewilligt hätte.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Das Landgericht habe zu Unrecht eine Verletzung der Aufklärungspflicht verneint und in seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, dass neben der Implantation einer Knieendoprothese eine Arthrodese als alternative Behandlung in Betracht gekommen sei. Darüber hinaus hätte er wie auf das Risiko einer Teilversteifung auch auf das einer vollständigen Versteifung des Kniegelenks hingewiesen werden müssen. Weiter sei das Landgericht seiner Behauptung nicht nachgegangen, dass er nach der Implantation der Endoprothese aus dem Krankenhaus entlassen worden sei, obwohl er zu diesem Zeitpunkt sein Kniegelenk lediglich um 20 ° habe beugen können. Im Übrigen stelle das Gutachten des Sachverständigen Prof. C. eine tragfähige Entscheidungsgrundlage nicht dar. Dieser habe etwa zur Ursache der Versteifung des Kniegelenks lediglich Vermutungen angestellt und sich bei seinen Ausführungen zur Notwendigkeit einer Kniespiegelung vor der Narkosemobilisation auf nicht näher begründete Feststellungen anderer, vom Gericht nicht beauftragter Ärzte berufen. Auch habe Prof. C. bei seinen Ausführungen die Einschätzung des Instituts für Röntgendiagnostik vom 25.11.2002 nicht in Betracht gezogen, wonach der Befund vom 15.2.1995 eine Implantation einer Knie-TEP nicht indiziert habe. Was schließlich die aufgetretene Infektion infolge einer fehlerhaften Periduralanästhesie betreffe, habe das Landgericht das ihm zuerkannte Schmerzensgeld insbesondere wegen seiner Schmerzen im Bereich der Lendenwirbel zu niedrig bemessen.
Der Kläger beantragt,
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aurich vom 14.3.03 (Az. 4 O. 630/99) wird der Beklagte verurteilt, an ihn über die im Urteil vom 14.3.03 zuerkannten 3.000,-€ hinaus ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm die aus Anlass der Behandlung im Kreiskrankenhaus Aurich vom 28.3.96 bis 8.4.96, 27.6.96 bis 29.6.96 und 8.8.96 bis 19.8.96 künftig entstehenden materiellen Schäden und die zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte meint, dass mit der Versteifung des Kniegelenks als Nebenfolge der Implantation einer Endoprothese nicht habe gerechnet werden müssen, so dass eine Aufklärung über ein solches Risiko nicht erforderlich gewesen sei. Eine Aufklärung über Behandlungsalternativen sei zu Recht unterblieben, da die Arthrodese, die die Versteifung des Kniegelenks bedeutet hätte, nicht ernsthaft in Betracht gekommen sei. Was die Periduralanästhesie anbelange, hätten seine Mitarbeiter auf das Infektionsrisiko hingewiesen; zudem seien dem Kläger die Risiken der Periduralanästhesie im Rahmen der vorangegangenen Behandlung im Kreiskrankenhaus Ammerland bekannt gemacht worden. Abgesehen davon scheide seine Haftung schon deshalb aus, weil die Versteifung des Kniegelenks nicht auf die Implantation der Endoprothese, sondern auf präoperative traumatische Unfälle und insbesondere vorbestehende schwere degenerative und arthrotische Veränderungen in den Kniegelenken des Klägers zurückzuführen sei. Die Versteifung und die Funktionseinschränkungen hätten sich auch dann eingestellt, wenn die Implantation unterblieben wäre. Zu der Operation in seinem Haus sei es erst gekommen, nachdem alle Versuche fehlgeschlagen seien, die Beschwerden des Klägers durch eine konservative Behandlung zu lindern. Eine verfrühte Entlassung des Klägers könne ihm ebenfalls nicht vorgeworfen werden, da der Kläger ausweislich der vorgelegten Arztberichte am 8.4.1996 beschwerdefrei gewesen sei. Bei der Durchführung und Überwachung der Periduralanästhesie hätten seine Mitarbeiter die erforderlichen ärztlichen Sorgfaltspflichten eingehalten. Da es sich um Standardmaßnahmen handele, habe es einer Dokumentation der Einhaltung der Desinfektionsvorschriften und der regelmäßigen Überprüfung der Einstichstelle nicht bedurft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das angefochtene Urteil verwiesen.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben aufgrund der Beschlüsse vom 10.9.2003 (Bd. II, Bl. 119 d.A.) sowie vom 31.3.2004 (Bd. II, Bl. 137 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 3.3.2004 (Bd. II, Bl. 131 d.A.) sowie das schriftliche Gutachten von Dr. K., Oldenburg, vom 2.1.2005 (Bd.II, Bl. 168 d.A.) Bezug genommen.
B. Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger stehen gegen den Beklagten über den bereits durch das Landgericht zuerkannten Betrag von 3.000,-€ hinaus weitergehende Forderungen nicht zu.
I.) Eine Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung (§§ 823, 831, 847 BGB i.V.m. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB) oder schuldhafter Vertragsverletzung scheidet aus, als es die Implantation eines künstlichen Kniegelenks mit anschließender Narkosemobilisation im Frühjahr / Sommer 1996 anbelangt.
1.) Der Kläger hat Behandlungsfehler des Beklagten bei der Implantation eines künstlichen Kniegelenks im März 1996, die die von ihm geklagten Gesundheitsbeeinträchtigungen verursacht haben, nicht nachgewiesen.
a.) Der Vorwurf des Klägers, die im Krankenhaus des Beklagten durchgeführte Implantation sei nicht indiziert gewesen, was durch eine Äußerung des Instituts für Röntgendiagnostik vom 25.11.2002 belegt werde, greift nicht durch. Es mag sein, dass die Diagnose auf der Grundlage der Röntgenbilder vom 15.2.1995 - „fortgeschrittene Arthrose im proximalen Tibiofibulargelenk“ - die Einsetzung eines künstlichen Kniegelenks noch nicht indiziert hat. In der Folgezeit hat sich jedoch nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. C. in seinem schriftlichen Gutachten eine erhebliche Funktionseinschränkung und Einsteifung des Kniegelenks eingestellt, der mit einer konservativen Behandlung nicht mehr sinnvoll hat begegnet werden können. Dementsprechend hat der Kläger selbst vor dem Landgericht erklärt, mit einer konservativen Therapie „praktisch alles versucht zu haben“. Unter diesen Umständen kann nach den Ausführungen des Sachverständigen an der Indikation für die Einsetzung eines künstlichen Kniegelenks kein Zweifel bestehen.
b.) Der Sachverständige Prof. C. hat Behandlungsfehler bei der Durchführung der Operation zur Einsetzung der Endoprothese ebenfalls nicht festzustellen vermocht, wie schon das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat. Bedenken gegen die Richtigkeit der Ausführungen von Prof. C. bestehen nicht. Dieser ist vielmehr unter Berücksichtigung der maßgeblichen Krankenunterlagen und einer eigenen Untersuchung des Klägers zu seinen Feststellungen gelangt. Er hat diese im Übrigen nachvollziehbar begründet; etwaige Unklarheiten hat er im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens beseitigt.
c.) Eine andere Beurteilung ist nicht geboten, wenn der Kläger - wie er behauptet - am 8.4.1996 entlassen worden ist, obwohl er zu diesem Zeitpunkt das operierte Knie nur 20 ° hat beugen können. Denn der Sachverständige Prof. C. hat seine schon vor dem Landgericht geäußerte Einschätzung vor dem Senat wiederholt und ergänzend dargelegt, dass es sich unter Berücksichtigung der Arztberichte vom 3.5., 24.5. und 20.6.1996 bei der vom Kläger behaupteten Einschränkung der Beugefähigkeit allenfalls um einen vorübergehenden Zustand gehandelt haben könne, weil diese Arztberichte eine Beugefähigkeit zwischen 60 und 75 Grad belegten. Unter diesen Umständen kann die vom Kläger beschriebene Bewegungseinschränkung des rechten Knies nicht ursächlich für die letztlich bei ihm aufgetretene Versteifung bzw. Totalversteifung des Knies gewesen sein - worauf der Sachverständige Prof. C. schon im Verhandlungstermin am 23.10.2002 vor dem Landgericht hingewiesen hat.
d.) Die Beweislast für das Vorliegen von ärztlichen Behandlungsfehlern sowie für einen Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Gesundheitsschaden obliegt dem Patienten, hier also dem Kläger (Gehrlein, VersR 2004, S. 1488, 1492; Müller, DRiZ 2000, S. 259, 262). Diesen Beweis hat der Kläger - wie o.a. - nicht führen können.
2. ) Der Beklagte haftet für die Folgen des Eingriffs - die Implantation der Knieendoprothese - auch nicht wegen Verletzung der Aufklärungspflicht.
a.) Der Beklagte ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. C. nicht gehalten gewesen, den Kläger auf die alternative Behandlungsmöglichkeit einer Arthrodese hinzuweisen.
Grundsätzlich ist der Arzt verpflichtet, den Patienten vor dem Eingriff über Behandlungsalternativen in Kenntnis zu setzen, wenn seine Methode nicht die der Wahl ist oder konkret eine echte Alternative mit gleichwertigen Chancen, aber andersartigen Risiken besteht (Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 9.A., Rdnr. 381). Prof. C. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jedoch noch einmal verdeutlicht, dass die Arthrodese neben einer Endoprothese keine ernsthafte Behandlungsalternative darstellt. Er hat hervorgehoben, dass sowohl die Implantation einer Endoprothese als auch die Arthrodese vorgenommen würden, um Schmerzen des Patienten abzuhelfen. Während die Arthrodese aber mit einer völligen Einsteifung des Gelenks verbunden sei, könne mit Hilfe einer Endoprothese die Beweglichkeit des Gelenks sogar verbessert werden. Prof. C. hat zudem klargestellt, dass durch eine Arthrodese vorhandene Schmerzen nicht sicherer als durch eine Endoprothese zu beseitigen seien.
b.) Vor der Vornahme eines Eingriffs hat der Arzt den Patienten weiter über die Gefahren des Eingriffs, nämlich über mögliche dauernde oder vorübergehende Nebenfolgen, die sich auch bei der Anwendung der gebotenen Sorgfalt, bei fehlerfreier Durchführung des Eingriffs nicht mit Gewissheit ausschließen lassen, aufzuklären (Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Hdb. des Arztrechts, 3.A., § 64 Rdnr. 1). Aufzuklären ist auch über sehr seltene, die Lebensführung des Patienten aber im Falle ihres Eintritts stark belastende gefährliche Nebenfolgen, allerdings nur dann, wenn nach dem medizinischen Erfahrungsstand im Zeitpunkt der Behandlung ein solches Risiko bekannt gewesen ist und mit seinem Eintritt zu rechnen war (BGH VersR 1990, S. 522, 523; Palandt-Sprau, BGB, 64.A., § 823 Rdnr. 154a; Steffen/Dressler, a.a.O., Rdnr. 391). Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. C. im Verhandlungstermin vor dem Senat und in seinem schriftlichen Gutachten hätten die Mitarbeiter des Beklagten den Kläger vor der Implantation eines künstlichen Kniegelenks im Jahre 1996 allerdings über das Risiko von Bewegungseinschränkungen als Nebenfolgen der Operation informieren müssen - was nach der Einverständniserklärung vom 28.3.1996 unterblieben ist. Gleichwohl kommt eine Haftung des Beklagten für die nach der Operation aufgetretene Knieversteifung und die damit verbundenen Schmerzen nicht in Betracht, weil der Kläger auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte (vgl. dazu BGH VersR 1992, S. 960, 962; VersR 1994, S. 682, 684; Steffen/Dressler, a.a.O., Rdnr. 441).
c.) Behauptet die Behandlungsseite - wie hier der Beklagte -, der Kläger habe keine andere Wahl als die durchgeführte Operation gehabt, hätte also bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Eingriff in gleicher Weise durchführen lassen, muss der Patient plausible Gründe dafür darlegen, dass er sich in diesem Fall in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte. Der Patient muss zur Überzeugung des Tatrichters plausibel machen, dass er, wären ihm die Risiken der Operation rechtzeitig verdeutlicht worden, vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, wobei allerdings an die Substantiierungspflicht zur Darlegung eines solchen Konflikts keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (Bundesgerichtshof VersR 1992, S. 960, 962; VersR 1994, S. 682, 684). Bei der Plausibilitätsprüfung ist davon auszugehen, in welcher persönlichen Entscheidungssituation der Patient bei ordnungsgemäßer und vollständiger Aufklärung über das Für und Wider des Eingriffs gestanden hätte, ob ihn diese Aufklärung ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er seine Einwilligung erteilen solle oder nicht (Bundesgerichtshof VersR 1992, S. 960, 962). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger einen derartigen Entscheidungskonflikt hier nicht nachvollziehbar dargestellt.
aa.) Der Kläger hat sich bei der Anhörung vor dem Senat auf die Erklärung beschränkt, nicht sagen zu können, ob er dem Eingriff zugestimmt hätte, wenn er vor der Implantation der Endoprothese auf das Risiko von Bewegungseinschränkungen hingewiesen worden wäre. Warum er die Operation habe durchführen lassen, wisse er nicht mehr. Diese Angaben reichen selbst bei Anlegung maßvoller Anforderungen nicht aus, um einen Entscheidungskonflikt plausibel erscheinen zu lassen.
bb.) Hinzu kommt, dass der Kläger noch vor dem Landgericht angegeben hat, er habe es zunächst mit einer konservativen Therapie versucht, er habe praktisch alles versucht. Danach muss - worauf schon das Landgericht zu Recht hingewiesen hat - davon ausgegangen werden, dass der Kläger vor der Implantation der Endoprothese unter erheblichen Beschwerden gelitten hat, die sich unter konservativer Behandlung nicht gebessert hatten. Davon ist im Übrigen auch der Sachverständige Prof. C. nach Auswertung der Behandlungsunterlagen ausgegangen. Unter diesen Umständen erscheint die Annahme als fernliegend, den Kläger hätte der zusätzliche Hinweis auf das Risiko von Bewegungseinschränkungen dazu veranlasst, von der Implantation einer Endoprothese zunächst Abstand zu nehmen - zumal wie o.a. ernsthafte Behandlungsalternativen etwa in Form einer Arthrodese nicht zur Verfügung gestanden haben.
3.) Ähnliches gilt für die anschließend im Krankenhaus des Beklagten vorgenommene Narkosemobilisation.
a.) Anzeichen für Behandlungsfehler bei der Durchführung der Narkosemobilisation hat der Sachverständige nicht wahrgenommen. Soweit Prof. C. in diesem Zusammenhang erwogen hat, dass vor der Narkosemobilisation eventuell eine Kniespiegelung angezeigt gewesen wäre, ist bereits unklar, welche Folgen aus dem Fehlen einer Kniespiegelung gezogen werden sollen. Zudem hat der Sachverständige die von ihm aufgeworfene Frage im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme nach Auswertung von Röntgenbildern verneint. Unerheblich ist dabei - entgegen der Auffassung des Klägers -, dass er sich zuvor mit anderen Ärzten beraten hat, weil der Sachverständige deren Einschätzung ausdrücklich geteilt hat, sie sich also nach eigener Prüfung zu eigen gemacht hat.
b.) Die Berechtigung der Rüge des Klägers, die Einschätzung des Sachverständigen zur Notwendigkeit einer Kniespiegelung sei mangels Begründung nicht nachvollziehbar, kann dahingestellt bleiben, weil der Kläger den Beweis nicht hat führen können, dass seine Beschwerden auf die Narkosemobilisation zurückzuführen sind. Denn das Landgericht hat sich - gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. C. - außerstande gesehen, die vom Kläger geklagten Kniebeschwerden / Knieversteifung auf diesen Eingriff zurückzuführen. Diese Feststellung hat der Kläger nicht angegriffen, vielmehr in der Berufungsinstanz ausdrücklich behauptet, Ursache der Versteifung sei die fehlerhafte Operation, d.h. die Einsetzung der Endoprothese. Im Hinblick darauf scheidet eine Haftung des Beklagten wegen Vornahme der Narkosemobilisation aus, selbst wenn diese fehlerhaft durchgeführt worden ist oder dem Eingriff eine hinreichende Aufklärung des Klägers nicht zugrunde gelegen hat.
II.) Das Landgericht hat dem Kläger bereits ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,-€ zuerkannt, weil es bei der Periduralanästhesie infolge grober Behandlungsfehler zu einer Infektion mit Abszessbildung gekommen sei. Weitergehende Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten kommen deswegen weder gemäß den §§ 823, 831, 847 BGB noch wegen schuldhafter Vertragsverletzung in Betracht. Ein höheres Schmerzensgeld erschien dem Senat nur dann als angemessen, wenn die vom Kläger geklagten weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Schmerzen im Bereich der Einstichstelle des Periduralkatheters, Rückenschmerzen, Verwachsungen mit Beeinträchtigungen der Darmtätigkeit Folgen der Periduralanästhesie wären. Diese Gesundheitsbeeinträchtigungen stehen jedoch nicht im Zusammenhang mit der Infektion der Einstichstelle, die im Juli 1996 aufgetreten ist.
1.) Der Sachverständige Dr. K. ist nach eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Auswertung der Krankenunterlagen zu der Einschätzung gelangt, dass die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der lokalen Infektion nach Anlage des Periduralkatheters sind. Er hat diese Beurteilung überzeugend damit begründet, dass durch eine Kernspintomographie am 11.7.1996 sowohl ein epiduraler Abszess als auch ein epidurales Hämatom habe ausgeschlossen werden können. Zudem habe er unter Berücksichtigung der neurologischen Untersuchung vom 15.7.1996 und einer eigenen Untersuchung des Klägers neurologische Störungen nicht feststellen können, die einen Hinweis auf die Schädigung des Rückenmarks gegeben hätten.
2.) Ähnlich verhält es sich mit den Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und mit Verwachsungen, die eine Störung der Darmtätigkeit herbeiführen: Insoweit hat der Sachverständigen Dr. K. sogar mit Sicherheit auszuschließen vermocht, dass zwischen der Infektion und den Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers ein Ursachenzusammenhang besteht.
3.) Dem Antrag des Klägers vom 21.2.2005 auf Anhörung des Sachverständigen war nicht zu entsprechen, weil die Fragen, die der Kläger dem Sachverständigen zur Erläuterung vorlegen will, entweder schon eindeutig beantwortet oder aber unerheblich sind, so dass sein Antrag als rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. dazu Zöller-Greger, ZPO, 25.A., § 411 Rdnr. 5a).
a.) Der Vorwurf des Klägers, Dr. K. habe bei seinen Ausführungen zur Anlegung der Periduralkatheter einen falschen Sachvortrag zugrunde gelegt, ist unerheblich, weil der Sachverständige nicht mit der Frage konfrontiert worden ist, ob dabei Behandlungsfehler aufgetreten sind. Vielmehr sollte dieser dazu Stellung nehmen, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers darauf zurückzuführen sind, dass sich im Rahmen der Periduralanästhesie eine Infektion entwickelt hat. Abgesehen davon ist aber der ganz allgemein gehaltene Vortrag des Klägers, er habe bei der Behandlung gehört, dass der Katheter nicht bei 6 bzw. 8 cm sondern bei 12 cm gelegen habe, und der am 1.7.1996 angebrachte Katheter sei nicht erst drei Tage später entfernt worden, nicht geeignet, die Richtigkeit der ärztlichen Dokumentation in Zweifel zu ziehen.
b.) Der Vorhalt des Klägers, er habe weder in die Anlegung der Katheter noch in die Durchführung der Narkosemobilisation eingewilligt, betrifft ebenfalls nicht die Fragen, zu deren Beantwortung der Senat den Sachverständigen Dr. K. eingeschaltet hat. Zudem hat bereits das Landgericht eine Haftung des Beklagten für die im Rahmen der Periduralanästhesie entstandene Infektion bejaht.
c.) Die bloße Behauptung des Klägers, bei ihm sei ein „periduraler“ Abszess mit bleibenden neurologischen Defiziten eingetreten, ist angesichts der eingehenden ausführlichen Darlegungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten nicht nachvollziehbar. Wie o.a., hat der Sachverständige danach einen epiduralen Abszess sowie eine Schädigung des Rückenmarks oder von Nervenwurzeln gerade ausschließen können und sich dabei insbesondere auf eine eigene Untersuchung des Klägers, eine neurologische Untersuchung des Klägers vom 15.7.1996 und eine kernspintomographische Untersuchung vom 11.7.1996 gestützt. Auf diese Feststellungen geht der Kläger nicht ein, so dass nicht ersichtlich ist, welcher weiterer Erläuterungen er noch bedarf.
d.) Nichts anderes gilt für die pauschale Behauptung des Klägers, er habe sich entgegen den Feststellungen des Sachverständigen eine „sehr tiefgehende Infektion“ zugezogen. Soweit der Kläger dazu einen Nuklearmedizinbefund vom 28.1.2005 eingereicht hat, erscheint die Bezugnahme darauf rätselhaft, weil aus dem Schreiben der Ammerland Klinik jedenfalls ohne nähere Erläuterung nicht zu entnehmen ist, dass der Kläger im Rücken eine tiefgehende Infektion erlitten hat.
e.) Wenn der Kläger den Sachverständigen schließlich im Einzelnen über die zuvor dargestellten Tatsachen befragen will, kann auf die Ausführungen oben verwiesen werden.
f.) Eine andere Beurteilung ist nicht unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 14.3.2005 geboten, in dem der Kläger seinen Antrag auf mündliche Erläuterung des Gutachtens wiederholt hat.
aa.) Die von dem Kläger in diesem Schriftsatz aufgeworfenen Fragen liegen im Wesentlichen neben der Sache. Der Kläger verkennt offenbar wiederum, dass bereits das Landgericht zu der Einschätzung gelangt ist, die Beklagten hafteten für die Durchführung der Periduralanästhesie sowie die dadurch entstandene Abszessbildung. Mit dieser Begründung hat das Landgericht dem Kläger ein Schmerzensgeld von immerhin 3.000,-€ zugesprochen. Im Hinblick darauf erschließt sich dem Senat der Sinn der Fragen nicht, ob Hinweise auf eine Falschbehandlung bei der Periduralanästhesie vorliegen, wo der Periduralkatheter angelegt, wann er entfernt worden ist, welche Stärke die Nadel gehabt hat, wann erstmals Anzeichen für eine Infektion der Einstichstelle aufgefallen sind, wo sich die Infektion genau entwickelt hat, ob der Kläger verfrüht entlassen, ob die Entzündung der Hautfistel fachgerecht beseitigt worden ist, ob eine Antibiotikatherapie hätte eingeleitet werden müssen und ob die Operation des Abszesses hätte vermieden werden können.
bb.) Soweit der Kläger nach Aufklärung und Einwilligung, betreffend die Behandlung mit Periduralkatheter und Narkosemobilisation, fragt, geht es um Fragen, die dem Sachverständigen Dr. K. nicht gestellt worden sind. Entsprechendes gilt ganz allgemein für Fragen des Klägers in Bezug auf die Narkosemobilisation, da deren Beantwortung in die Kompetenz des Sachverständigen Prof. C. fällt.
cc.) Nicht nachvollziehbar sind weiter die allgemein gehaltenen Fragen, ob die Schmerzkrankheit des Klägers oder ein Wurzelreizsyndrom L5 / S 1 auf Fehler bei der Periduralanästhesie zurückzuführen sind. Denn wie schon oben ausgeführt, hat der Sachverständige gerade diese Fragen in seinem ausführlichen, 24-seitigen Gutachten eindeutig beantwortet und seine Einschätzung eingehend begründet, ohne dass der Kläger sich auch nur ansatzweise mit dieser Begründung im Rahmen seines Schriftsatzes vom 14.3.2005 auseinandergesetzt hätte. Nicht anders verhält es sich mit den Fragen des Klägers, ob nicht eine (mechanische) Schädigung der Nervengewebes aufgetreten sein kann: Dabei geht der Kläger - wie schon oben ausgeführt - schlicht über die Erklärung des Sachverständigen hinweg, dass bei einer neurologischen Untersuchung am 15.7.1996 keine neurologischen Störungen festgestellt worden sind und der Sachverständige selbst ebenfalls bei der körperlichen Untersuchung des Klägers derartige Störungen nicht hat nachweisen können.
g.) Abgesehen davon hat der Kläger nunmehr mit Schriftsatz vom 21.3.2005 seinen Anhörungsantrag auch zurückgenommen.
C. Die Nebenentscheidungen stützen sich auf die §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.