Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.05.1982, Az.: 8 OVG A 73/81

Gerichtliche Überprüfbarkeit der von einem Fachgremium übertragenen Beurteilung der künstlerischen Qualität von Arbeiten eines Künstlers oder Kunsthandwerkers, von der die Aufnahme in die sog. Baueignungsliste abhängt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.05.1982
Aktenzeichen
8 OVG A 73/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 13176
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1982:0527.8OVG.A73.81.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig-Holstein - AZ: 12 A 135/80

Verfahrensgegenstand

Aufnahme eines Künstlers oder Kunsthandwerkers in sog. Baueignungsliste (beim Kultusminister) geführte Liste von Künstlern und Kunsthandwerkern, die für einen mit Landesmitteln geförderten Auftrag zur "Kunst-am-Bau" in Betracht kommen

Gemeinsamer Bunderlaß des Innenministers, des Finanzministers und des Kultusministers vom 31. August 1979 (AmtsBl. f. Schl.-H. S. 653)

Aufnahme in die Baueignungsliste.

Prozessführer

des Malers ...

Prozessgegner

den Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein, ...

Amtlicher Leitsatz

Die einem Fachgremium übertragene Beurteilung der künstlerischen Qualität von Arbeiten eines Künstlers oder Kunsthandwerkers, von der die Aufnahme in die sog. Baueignungsliste (Liste von Künstlern und Kunsthandwerkern, denen mit Landesmitteln geförderte Aufträge zur "Kunst-am-Bau"übertragen werden können) abhängt, ist gerichtlich nicht voll überprüfbar. Dem Fachgremium steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu.

In der Verwaltungsrechtssache
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts
für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 1982
durch
den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dörffler,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Marx,
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Jenke sowie
die ehrenamtlichen Richter Hamel und
Hansen
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - XII. Kammer - vom 5. Mai 1981 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung in Höhe von 100,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Aufnahme in die von Beklagten geführte sog. Baueignungsliste. Aus dieser Liste werden in Schleswig-Holstein die Künstler und Kunsthandwerker ausgewählt, denen die Aufträge für künstlerische und kunsthandwerkliche Arbeiten an Hochbauten übertragen werden, die mindestens mit 30 % vom Land bezuschußt werden.

2

Der Kläger ist seit über 20 Jahren unter dem Künstlernamen ... als freischaffender Maler und Bildhauer tätig. Er betreibt in Kampen auf "... Galerie" (Gegenständliche Kunst der Moderne) und verdient nach seinen Angaben damit seinen Lebensunterhalt. Seine Ehefrau ... betreibt, ebenfalls in ... das Gästehaus ... (Appartements).

3

Der die "Beteiligung von Kunst und Kunsthandwerk bei kommunalen Hochbauvorhaben im Lande Schleswig-Holstein" regelnde Gemeinsame Erlaß des Innenministers, des Finanzministers und des Kultusministers vom 31. August 1979 (Amtsblatt für Schleswig-Holstein, S. 653) sieht unter Ziffer 5 für die Auswahl der zu beauftragenden Künstler die folgende Regelung vor:

(1)
Um die Auswahl der zu beauftragenden Künstler oder Kunsthandwerker zu erleichtern und um zu erreichen, daß die wesentlich mit Landesmitteln errichteten Bauten künstlerisch qualitätsvoll ausgestaltet werden, führt der Kultusminister in Zusammenarbeit mit den zuständigen Berufsverbänden eine Liste über die geeigneten im Lande tätigen freischaffenden Künstler und Kunsthandwerker. Aus dieser Liste sollen die zu beauftragenden Künstler oder Kunsthandwerker in der Hegel ausgewählt werden. Die Liste wird auf Anforderung vom Kultusminister zur Verfügung gestellt.

(2)
In die obige Liste werden solche Künstler aufgenommen, die mit einer ihrer Arbeiten seit 1954 mindestens einmal in der Landesschau bildender Künstler vertreten waren, oder die aufgrund eines besonderen Antrages von der Jury für die Aufnahme in die Liste benannt werden.

Lehnt die Jury die Aufnahme ab, so kann der Künstler einen Dreierausschuß anrufen, der beim Kultusministerium gebildet ist. Dieser setzt sich zusammen aus einem Vertreter des Kultusministeriums als Vorsitzendem sowie einem freischaffenden Künstler und einem Kunsthistoriker, die beide vom Kultusminister berufen werden.

(3)
....

4

Nach Ziffer 6 schließt sich das weitere Verfahren an:

(1)
Stehen mehr als 15.000,00 DM zur Verfügung, sollte ein beschränkter Wettbewerb mit mehreren Künstlern oder Kunsthandwerkern durchgeführt werden. In der Ausschreibung ist das Preisgericht (fünf Personen einschließlich Architekt) zu benennen.

(2)
....

5

Ziffer 7 regelt die Bindungswirkung der Baueignungsliste wie folgt:

(1)
Soweit das Land den Bauträgern Zuschüsse gewährt, die mindestens 30 % der zuwendungsfähigen Gesamtbaukosten betragen, erfolgt die Bewilligung dieser Mittel unter der Bedingung, daß die vorstehende Regelung eingehalten wird. Der Bauträger ist in diesem Falle bei der Auswahl der Künstler bzw. Kunsthandwerker an die in Nummer 5 erwähnte Liste gebunden. ...

(2)
Ausnahmen von der Regelung des Absatzes 1 Satz 1 und 2 bedürfen der Zustimmung des Kultusministers.

....

6

Unter dem 13. Oktober 1978 beantragte der Kläger beim Beklagten seine Aufnahme in die Baueignungsliste. Zur Begründung führte er an, daß das Krankenhaus in ... ihm gerade vier Bilder abgekauft habe und er auf der zur Zeit stattfindenden 25. Landesschau des Bundesverbandes Bildender Künstler - Landesverband Schleswig-Holstein erfolgreich vertreten sei. Der Beklagte fragte daraufhin beim Bundesverband an, ob der Kläger bereits an einer früheren Landesschau teilgenommen habe. Die auf der 25. (Jubiläums-)Landesschau ausgestellten Arbeiten könnten nicht zur Aufnahme in die Baueignungsliste führen, da diese Teilnahme ausnahmsweise ohne vorherige Begutachtung durch die Jury möglich gewesen sei. Sollte der Kläger nicht an einer früheren Landesschau teilgenommen haben, bat er um die Herbeiführung einer Entscheidung der Jury. Mit Schreiben vom 3. November 1978 teilte der Bundesverband dem Beklagten als geschäftsführende Stelle für den Arbeitsausschuß/Jury mit, daß dem Antrag des Klägers im Hinblick auf die von ihm bereits vor längerer Zeit vorgelegten und nicht als ausreichend angesehenen Arbeiten nicht zugestimmt werden könne. In der Sitzung der Jury vom 10. Oktober 1979 (Herren Backschat, Gnaß und Wiese) fanden die vom Kläger eingereichter Arbeiten keine Mehrheit. Der Beklagte bat um nähere Begründung dieser Auffassung. Nach einer weiteren Sitzung des Ausschusses am 27. Februar 1980 teilte der Bundesverband dem Beklagten mit, die Jury habe mit der Begründung an ihrer Auffassung festgehalten, daß er keine berufsbezogene Ausbildung genossen habe und er nicht in der Lage sei, baugebundene Arbeiten zu lösen. Nach einer - dritten - Sitzung im Juni 1980 kam die Jury einstimmig zu dem Ergebnis, "daß die Qualität der abgebildeten Werke nicht annähernd den Qualitätsmaßstäben entsprechen (würde), die für die Kunst am Bau gefordert werden muß".

7

Der auf den Antrag des Klägers am 26. August 1980 zusammengetretene Dreierausschuß (Dr. ... vom Kultusministerium als Vorsitzender, Prof. Dr. ... Kunsthalle zu ... als Kunsthistoriker und Herr ... als freischaffender Künstler) beschloß, nachdem er die vom Kläger übersandten 69 Diapositive begutachtet hatte, einstimmig, die Aufnahme des Klägers in die Baueignungsliste ebenfalls nicht zu befürworten. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 1980 den Antrag des Klägers mit einer auf die Stellungnahme des Dreierausschusses zurückgehenden Begründung ab, daß seine Arbeiten auffällig konventionell im Sinne eines eine künstlerische Aussage vermissen lassenden Wohnstubengeschmacks seien. Darüber hinaus seien sie von oberflächlicher Fertigkeit, die lediglich laienhafte Vorstellungen von einem Bildkunstwerk befriedige. Die plastischen Arbeiten ließen weder formale noch inhaltliche Bewältigung erkennen.

8

Mit dem am 3. November 1980 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen vorgetragen hat: Das im Gemeinsamen Erlaß in Ziffer 5 geregelte Auswahlverfahren verstoße gegen die Grundrechte der Berufsfreiheit, der Freiheit der Kunst und des Gleichheitsgrundsatzes. Unabhängig davon trage die ihm mitgeteilte Begründung für die Ablehnung seiner Aufnahme in die Baueignungsliste nicht die getroffene Entscheidung. Warum nämlich der Arbeitsausschuß und der Dreierausschuß seine Aufnahme nicht befürwortet hätten, habe er nicht erfahren. Die von Beklagten in dem angegriffenen Bescheid angeführte Begründung berechtige nicht dazu, ihn in seiner beruflichen und künstlerischen Entwicklung zu behindern. Darüber, was unter den Begriffen "konventionell, Wohnstubengeschmack, oberflächlicher Fertigkeit, laienhafte Vorstellungen von einem Bildkunstwerk und formaler und inhaltlicher Bewältigung" zu verstehen sei, lasse sich trefflich streiten. Abgesehen davon, daß die im Bescheid angeführte Begründung aber nicht einmal brauchbar sei, treffe sie auch inhaltlich nicht zu. Er sei - wie der Verkauf seiner Werke zeige - ein durchaus anerkannter und geschätzter Künstler.

9

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 8. Oktober 1980 anzuweisen, ihn in die Baueignungsliste aufzunehmen.

10

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Er hat erwidert: Durch das in dem Gemeinsamen Erlaß geregelte Verfahren werde gerade keine staatliche Kunststeuerung bewirkt. Damit sei vielmehr eine die Bedeutung der Kunst am Bau und die Interessen der mit ihr befaßten Künstler gleichermaßen berücksichtigende Regelung getroffen worden. Die vom Kläger gerügten Grundrechtsverletzungen seien demnach nicht gegeben. Dies gelte namentlich für die von ihm gegen die Führung der Baueignungsliste grundsätzlich vorgebrachten Bedenken. Diese Liste gebe den im Umgang mit Kunst und Künstlern oftmals unsicheren Kommunen eine wirksame Hilfe. Die in dem angegriffenen Bescheid angeführte Begründung sei im übrigen sehr zurückhaltend formuliert worden. Bei den künstlerischen Produkten des Klägers handele es sich tatsächlich um auf den Publikumsgeschmack abgestellte, teilweise dem Kitsch nahekommende Arbeiten, die in der Regel eine eigene künstlerische Aussage vermissen ließen. Statt dessen zielten seine Arbeiten auf eine dem technokratischen Leben entgegengesetzte Gefühlswelt ab, die er mit neuromantischen Effekten anreichere. Der Kläger bewege sich in der Wahl seiner Motive (z.B. Mond über der Nordsee) auf einer Ebene, die eine qualitative Beurteilung aus künstlerischer Sicht kaum zulasse. Die kritisierte Formulierung "oberflächliche Fertigkeit" beziehe sich z.B. darauf, daß der Kläger Bilder in großer Zahl mit vergleichbaren Inhalten und Techniken produziere. Hinzu komme, daß der Kläger primär malerisch tätig sei.

12

Seine künstlerische Eignung für Kunst-am-Bau-Aufträge sei daher von vornherein als recht gering einzuschätzen, da die künstlerische Ausgestaltung von Bauvorhaben durch den Ankauf von Bildern die Ausnahme sei.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. Mai 1981 als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt: Die Führung der Baueignungsliste verstoße weder gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG noch gegen Art. 7 Abs. 1 der Landessatzung Schleswig-Holstein. Aus diesen Vorschriften könne kein Anspruch für alle Kunstschaffenden auf staatliche Zuschüsse hergeleitet werden. Im Übrigen gelte hinsichtlich der Zulässigkeit einer derartigen Bewerberliste nichts anderes als für Listen, die auf anderen Rechtsgebieten üblich und zulässig seien (z.B. Architektenliste, Schulbuchliste). Es sei auch nicht Aufgabe eines Verwaltungsgerichts, abschließend festzustellen, was Kunst sei. Ausreichend sei es vielmehr, daß ein dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragendes Verfahren eingehalten werde, welches die Gewähr dafür biete, daß die zur Verfügung stehenden Mittel nicht willkürlich vergeben würden. Das im Erlaß vom 31. August 1979 geregelte Auswahlverfahren sei nicht zu beanstanden. Werde einem fachlich vorgebildeten Kollegialorgan eine derartige wertende Entscheidung übertragen, sei dem Richter, ähnlich wie im Prüfungsrecht, ein eigenes, gegebenenfalls abweichendes urteil verwehrt. Allerdings sei es nicht so, daß der Beklagte bei seiner Entscheidung über die Eintragung eines Bewerbers in die Baueignungsliste vom Urteil der Jury und des Dreierausschusses völlig frei sei.

14

Gegen das ihm am 14. August 1981 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. September 1981 Berufung eingelegt. Er hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen die Führung der Baueignungsliste aufrecht und führt ergänzend aus: Es gehe ihm nicht - wie das Verwaltungsgericht ausführe - um seine Förderung bzw. Bezuschussung, sondern darum, daß bestimmte Künstler vom Wettbewerb ausgeschlossen würden. Im übrigen sei es nicht so, daß er schon mit der Aufnahme in die Baueignungsliste gefördert werde. Eine Auftragserteilung komme erst nach dem sich an die Ausschreibung anschließenden beschränkten Wettbewerb in Betracht. Daran zeige sich die Überflüssigkeit der Baueignungsliste besonders deutlich. Unzutreffend sei auch, daß dem Gericht die volle gerichtliche Überprüfung verwehrt sei.

15

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - XII. Kammer - vom 5. Mai 1981 nach dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.

16

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

17

Er bezieht sich im wesentlichen auf seinen Vortrag in der ersten Instanz.

18

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

19

1.

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

20

Für die Klage auf Aufnahme in die Baueignungsliste des Landes Schleswig-Holstein ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegeben. Der öffentlich-rechtliche Charakter der Streitigkeit folgt allerdings nicht schon daraus, daß die Baueignungsliste einem öffentlichen Zweck, der Pflege der Kunst (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG; vgl. BVerfG, Urt. vom 05.03.1974 - 1 BvR 712/68 - BVerfGE 36, 321, 331 [BVerfG 05.03.1974 - 1 BvR 712/68]) [BVerfG 05.03.1974 - 1 BvR 712/68], dienen soll. Der Staat kann sich zur Erreichung öffentlicher Zwecke grundsätzlich auch auf dem Boden des Privatrechts bewegen. Der Schluß von der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben auf die hoheitliche Form ihrer Erfüllung ist nicht zwingend (BVerwG, Urt. vom 03.12.1974 - BVerwG I C 30.71 - Buchholz 11 Art. 5 GG Nr. 32 = DVBl. 1975, 258; BVerwG, Urt. vom 13.03.1970 - BVerwG VII C 80.67 - BVerwGE 35, 103 = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 88). Die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses folgt hier jedoch aus dem durch den Gemeinsamen Erlaß des Innenministers, des Finanzministers und des Kultusministers vom 31. August 1979 (Amtsblatt für Schleswig-Holstein S. 653) öffentlich-rechtlich gestalteten Verfahren der Auswahl der in die Baueignungsliste aufzunehmenden Künstler. Das Bekehren des Klägers um Aufnahme in die Baueignungsliste stellt sich damit von der wirklichen Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses her als Folge eines Sachverhalts dar, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (OVG Lüneburg, Urt. vom 09.02.1972 - V OVG A 8/70 - OVGE 28, 378 = DVBl. 1972, 393 = SchlHA 1972, 124; vgl: auch VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 17.08.1976 - X 20/74 - DVBl. 1976, 951, der für eine Streitigkeit zwischen Künstler und Staatlicher Kunsthalle wegen einer Juryentscheidung, die die Teilnahme an einer Ausstellung versagt, den Verwaltungsrechtsweg verneint; dagegen Schwarze, JUS 1978, 94).

21

2.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

22

über die Einrichtung und Führung einer Baueignungsliste - die jene Künstler und Kunsthandwerker aufnimmt, denen vom Staat dem kommunalen Auftraggeber gegenüber mit Landesmitteln geförderte Aufträge zur "Kunst-am-Bau"übertragen werden können - gibt es keine gesetzlichen Vorschriften.

23

Es handelt sich um eine von der Exekutive im Erlaßwege - durch den Gemeinsamen Erlaß des Innenministers, des Finanzministers und des Kultusministers vom 31. August 1979 über die "Beteiligung von Kunst und Kunsthandwerk bei kommunalen Hochbauvorhaben im Lande Schleswig-Holstein" - geschaffene Einrichtung. Mit dieser soll den Kommunen für die Vergabe entsprechender Aufträge ein Hilfsmittel bei der Auswahl geeigneter Künstler oder Kunsthandwerker an die Hand gegeben und zugleich erreicht werden, daß die wesentlich mit Landesmitteln errichteten Bauten künstlerisch qualitätsvoll ausgestaltet werden (vgl. Ziff. 5 Abs. 1 des Gemeinsamen Erlasses). Die Einrichtung und Führung einer Baueignungsliste zu den genannten Zwecken steht der Exekutive frei. Sie ist hieran durch rechtliche Vorschriften nicht gehindert. Über die vom Kläger verneinte Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Liste hat der Senat nicht zu befinden.

24

Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste sowie des Aufnahmeverfahrens haben sich die am Erlaß beteiligten Landesministerien selbst gebunden.

25

Der im Erlaßwege ohne gesetzliche Grundlage getroffenen Regelung steht der Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entgegen. Die Regelung des Gemeinsamen Erlasses hat keinen unmittelbaren berufsrechtlichen Charakter. Sie könnte daher den nach Art. 12 Abs. 1 GG gesicherten Freiheitsraum nur dann berühren, wenn sie infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die nicht in die Liste aufgenommenen Künstler geeignet wäre, deren Berufsfreiheit mittelbar zu beeinträchtigen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Nichtaufnahme in die Baueignungsliste hat für den Betroffenen keine schwerwiegenden tatsächlichen Auswirkungen. Die Aufnahme in die Liste begründet kein Recht des Künstlers, irgendwann einmal tatsächlich einen Auftrag zu erhalten, sondern sie begründet lediglich eine gewisse Chance, bei der Vergabe eher berücksichtigt zu werden als der nicht in der Liste aufgeführte Künstler. Auch dieser ist aber von einer mit Landesmitteln geförderten Auftragsvergabe nicht schlechthin ausgeschlossen, da der Erlaß lediglich bestimmt, daß aus der Liste "die zu beauftragenden Künstler oder Kunsthandwerker in der Regel ausgewählt werden" und in Ziffer 7 Abs. 2 Ausnahmen vorsieht. Die Nichtaufnahme in die Liste wirkt sich demnach für den Betroffenen tatsächlich nicht derart schwer aus, daß der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt würde und die Einrichtung einer Baueignungsliste deshalb einer gesetzlichen Grundlage bedürfte.

26

Die Erlaßregelung verstößt dadurch, daß nur "ausgewählte" Künstler und Kunsthandwerker in der Liste Aufnahme finden, auch inhaltlich nicht gegen rechtliche Vorschriften, insbesondere nicht gegen die verfassungsrechtlich geschützte Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ("Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei") und des Art. 7 Abs. 1 der Landessatzung für Schleswig-Holstein in der Fassung vom 15. März 1962 (GVOBl. S. 123, "Das Land fördert und schützt Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre"). Danach ist der Staat zu kulturpolitischer Neutralität und kulturpolitischer Toleranz verpflichtet, ihm ist jedes kulturpolitische Diktat, jeder Versuch kulturpolitischer Uniformierung und jeder die Künste inhaltlich bestimmende Dirigismus (sog. Kunstrichtertum) untersagt (BVerfGE 30, 173, 188 ff [BVerfG 24.02.1971 - 1 BvR 435/68]; Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, 1967, S. 177 f; Erbel, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, 1966, S. 99 f). Als objektive Wertentscheidungen "für" die Freiheit der Kunst stellt die verfassungsrechtliche Garantie dem modernen Staat, der sich auch als Kulturstaat versteht, zugleich die Aufgabe, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern (BVerfG, Urt. vom 05.03.1974, a.a.O. S. 331). Art. 7 Abs. 1 der Landessatzung für Schleswig-Holstein führt die "Förderung" der Kunst ausdrücklich an.

27

Bei der Anerkennung förderungswürdiger Aktivität steht dem Staat indessen das Recht zur sachlichen Auswahl und zur sachgerechten Differenzierung zu. Im Gegensatz zum freiheitlichen "Eingriffs" - Verbot ist im Rahmen von Förderungsmaßnahmen ein - entsprechend begrenztes - künstlerisches Werturteil staatlicher Instanzen nicht nur notwendig, sondern sogar erforderlich (vgl. Erbel, a.a.O., S. 177; Graul, Künstlerische Urteile im Rahmen der staatlichen Förderungstätigkeit, 1970, S. 66 ff; Knies, a.a.O., S. 224 ff; Scholz in Maunz-Dürig, Komm. z. GG Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 8, 40; von Münch in Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 1981, Art. 5 RdNr. 60; BVerfG, Urt. vom 29.05.1973 - 1 BvR 424/71 und 325/72 - BVerfGE 35, 80, 114 ff; OVG Lüneburg, Urt. vom 12.03.1971 - VII OVG A 77/69 - OVGE 27, 395, 398).

28

Es ist demnach mit der Kunstfreiheitsgarantie durchaus vereinbar, daß der Gemeinsame Erlaß die Aufnahme in die Baueignungsliste von der Eignung des Künstlers oder Kunsthandwerkers zu "künstlerisch qualitätsvoller" Ausgestaltung von Bauwerken abhängig macht, diese Voraussetzung zugleich aber auch bei allen Künstlern bejaht, die seit 1954 mindestens einmal in der Landesschau bildkünstlerisch vertreten sind. Mit dieser generellen Anerkennung der Eignungsvoraussetzungen bei allen Künstlern, die auch nur ein einziges Mal auf einer (jurierten) Landesausstellung vertreten sind, ist sichergestellt, daß die Entscheidung weder staatlichem Kunstrichtertum überlassen ist noch einseitiger Kunstgeschmack ausschlaggebend sein soll.

29

3.

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der Richtlinien des Gemeinsamen Erlasses und läßt auch sonst Rechtsfehler nicht erkennen.

30

Die Eintragungsvoraussetzungen der Ziffer 5 Abs. 2, erster Satz liegen nicht vor. Danach setzt die Eintragung voraus, daß der Künstler mit einer Arbeit seit 1954 mindestens einmal in der Landesschau bildender Künstler vertreten war oder aufgrund eines besonderen Antrages von der Jury für die Aufnahme in die Liste benannt worden ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor. Der Kläger war zwar auf der 25. Landesschau vertreten, doch war die Teilnahme an dieser Jubiläums-Landesschau an eine Qualifikation nicht gebunden und juryfrei. Eine "Teilnahme an einer Landesschau" setzt nach Sinn und Zweck der Erlaßregelung voraus, daß die Teilnahme von einer vorherigen Begutachtung durch eine Jury oder den Arbeitsausschuß abhing. Der Kläger ist auch nicht aufgrund eines besonderen Antrages von der Jury für die Aufnahme in die Baueignungsliste benannt worden. Der Arbeitsausschuß hat in seinen Sitzungen vom 10. Oktober 1979, 27. Februar und im Juni 1980 eine Aufnahme nicht befürwortet.

31

Auch die Eintragungsvoraussetzungen der Ziffer 5 Abs. 2, zweiter Satz sind nicht gegeben. Die Regelung sieht vor, daß der Künstler, wenn die Jury die Aufnahme abgelehnt hat, einen Dreierausschuß anrufen kann, der beim Kultusminister gebildet ist und der sich aus einem Vertreter des Kultusministeriums als Vorsitzendem sowie einem freischaffenden Künstler und einem Kunsthistoriker, die beide vom Kultusminister berufen werden, zusammensetzt. Der nach Maßgabe dieser Vorschrift zusammengesetzte, vom Kläger angerufene Dreierausschuß hat die Juryentscheidung bestätigt und gleichfalls eine Aufnahme des Klägers in die Baueignungsliste abgelehnt. Diese Entscheidung, die der Beklagte in der Begründung des angefochtenen Bescheides übernommen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

32

Die eben beschriebene Erlaßregelung hat die Beurteilung der künstlerischen Eignung desjenigen, der um Aufnahme in die Baueignungsliste nachsucht, ohne an einer Landesschau teilgenommen zu haben oder von der Jury benannt worden zu sein, einem besonderen, von Weisungen unabhängigen Gremium, dem sogenannten Dreierausschuß, übertragen. Ob der Kultusminister mit dieser Regelung die Beurteilung der künstlerischen Eignung der Bewerber im Wege der Selbstbindung vollständig aus der Hand gegeben hat oder ob er unter bestimmten Voraussetzungen (etwa wegen rechtlich unzutreffender Bewertungskriterien) von der Beurteilung des Dreierausschusses ohne Richtlinienverstoß abgehen darf, kann hier dahinstehen, da sich der Kultusminister die Beurteilung des Dreierausschusses zu eigen gemacht hat.

33

Die Beurteilung des Ausschusses unterliegt nach Auffassung des Senats nicht in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Dem Dreierausschuß kommt vielmehr hinsichtlich der Beurteilung der künstlerischen Eignung des Bewerbers um Aufnahme in die Baueignungsliste ein Beurteilungs- oder Bewertungsermessen zu. Der gegenteiligen Auffassung des früher für Streitigkeiten der vorliegenden Art zuständig gewesenen V. Senats des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 9. Februar 1972 (- V OVG A 8/70 -, a.a.O.) folgt der Senat nicht.

34

Für die rechtliche Wertung, ob ein Künstler die Befähigung besitzt, künstlerisch qualitätsvolle Arbeit an einem Bauwerk zu leisten, gibt es keine hinreichend exakten Beurteilungskriterien, die das Urteil begründen könnten, daß nur eine einzige Entscheidung im Rechtssinne richtig sei. Es handelt sich bei der Bewertung einer Befähigung zu qualitätsvoller künstlerischer Gestaltung um einen Akt wertender Erkenntnis, in der der Sache nach sowohl die eine als auch die andere Entscheidung als rechtens vertretbar anzusehen ist. Der außerrechtlichen Beschaffenheit des Kunstbegriffs gemäß ist ein rein juristisch-definitorisches Begriffsverständnis ausgeschlossen (Scholz in Maunz-Dürig, a.a.O. RdNr. 25, 42). Die Zusammensetzung des Dreierausschusses bietet die Gewähr, daß bei der Entscheidung über die Aufnahme in die Liste besondere Sachkunde wirksam wird. Zum Wesen der Entscheidungen eines derartigen Gremiums gehört die Unvertretbarkeit seiner Meinungsbildung. Es wäre widersprüchlich, wenn die Verwaltungsgerichte befugt wären, aufgrund eigener Ermittlungen mit Hilfe von Sachverständigen ihre Entscheidung an die Stelle der Beurteilung des Dreierausschusses zu setzen (vgl. BVerwG, Urt. vom 16.12.1971 - BVerwG 1 C 31.68 - BVerwGE 39, 197 = Buchholz 436.52 § 1 GjS Nr. 8 zum Beurteilungsspielraum der Bundesprüfstelle nach dem GjS; vgl. ferner BVerwG, Urt. vom 13.12.1979 - BVerwG 5 C 1.79 - BVerwGE 59, 213 = Buchholz 431.1 Architekten Nr. 3 zum Beurteilungsspielraum des Eintragungsausschusses einer Architektenkammer).

35

Die Annahme eines Bewertungsermessens des Dreierausschusses hat zur Folge, daß die Verwaltungsgerichte nur zu prüfen haben, ob die Behörde den angewandten Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.

36

Hiernach ist die Ablehnung der Aufnahme des Klägers in die Baueignungsliste nicht zu beanstanden. Der Dreierausschuß ist bei seiner Begutachtung der Arbeiten des Klägers - in einwandfreiem Verfahren - zu der Auffassung gelangt, daß die Aufnahme des Klägers in die Liste nicht zu befürworten sei. Die vom Beklagten in seinem Bescheid übernommene Begründung des Ausschusses stellt darauf ab, daß die Arbeiten des Klägers oberflächlich gefertigt und auffallend konventionell im Sinne eines Wohnstubengeschmacks seien; sie befriedigten lediglich laienhafte Vorstellungen von einem Bildkunstwerk und die plastischen Arbeiten ließen weder formelle noch inhaltliche Bewältigung erkennen. Diese Begründung ist nicht sachfremd; sie bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Mitglieder des Dreierausschusses von unrichtigen Bewertungskriterien ausgegangen sind, etwa, wie der Kläger meint, bestimmte Kunstrichtungen bevorzugt und deshalb unter Verkennung der grundgesetzlich gewährleisteten Freiheit der Kunst die Qualität der Arbeiten des Klägers im Hinblick auf ihre Eignung für die "Kunst-am-Bau" nicht für ausreichend angesehen hätten.

37

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts keinen Erfolg haben.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

39

Der Senat läßt die Revision nicht zu, weil er weder über klärungsbedürftige revisible Fragen von grundsätzlicher Bedeutung entscheidet noch von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht (§§ 132, 137 VwGO).

Streitwertbeschluss:

Beschluß

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,00 DM festgesetzt.

Dörffler Dr. Marx Dr. Jenke

Dörffler Dr. Marx Dr. Jenke