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  • ab 01.01.2009 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 6 ErschImRdErl - 6. Verminderung von erheblichen Belästigungen durch Erschütterungsimmissionen

Bibliographie

Titel
Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen
Redaktionelle Abkürzung
ErschImRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
28500

6.1
Aktive Schutzmaßnahmen

Erschütterungen lassen sich am wirkungsvollsten durch Maßnahmen an der Erschütterungsquelle selbst vermindern. Dazu eröffnet der heutige Stand der Technik vielfältige Möglichkeiten.

Für die Minderung oder Vermeidung von Erschütterungen existiert eine Reihe häufig eingesetzter und bewährter Maßnahmen:

  • Schaffung optimaler Betriebsbedingungen, Wartung und Pflege von Maschinen und Werkzeugen, Vermeidung unnötiger Lagerspiele, Verwendung scharfer Werkzeuge (Bohrer, Meißel usw.), Wahl der richtigen Temperatur der Werkstücke beim Schmieden,

  • Übergang zu einer anderen Technik (z. B. Ersetzen von "Einrütteln" von Spundbohlen durch "Einpressen"),

  • sorgfältiges Auswuchten oder Einsatz von Massenausgleichern,

  • Auswahl unschädlicher Erregerfrequenzen,

  • Schwingungsisolierung mit Feder- und Dämpfungselementen, die den Kräften und Massen der Maschinen und ggf. der Masse des Fundaments entsprechend dimensioniert werden. Neben der Verminderung der Erschütterungen in der Nachbarschaft ermöglicht diese Art der Schwingungsisolierung auch eine Reduzierung der Masse der Unterkonstruktion (Fundament). Die Verminderung der Erschütterungsbeanspruchung betrieblicher Einrichtungen kann erheblich sein. Stützen der Unterkonstruktion können in die Gebäudestruktur integriert werden; Höhenausgleich und Nivellierung sind auch nachträglich leicht möglich.

Alle diese Maßnahmen müssen in jedem Einzelfall sorgfältig auf ihre Einsatzmöglichkeit geprüft werden. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass nach Durchführung der Maßnahmen nicht andere unbeabsichtigte Resonanzen entstehen können. Insbesondere aktive Schutzmaßnahmen können auch zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen durchgeführt werden.

6.2
Ausbreitungsweg

Erschütterungen werden in der Regel durch den Boden übertragen, wobei die mechanischen Eigenschaften des Bodens die Ausbreitung häufig in unvorhergesehener Weise beeinflussen.

Erschütterungen nehmen im Allgemeinen mit dem Abstand von der Quelle ab, ihre Wirkungen können deshalb durch Vergrößerung des Abstands im Normalfall vermindert werden.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Ausbreitung von Schwingungen im Erdboden durch vertikal eingebrachte Schlitze oder Kanäle rechtwinklig zur Ausbreitungsrichtung (mit gasgefüllten Matten) behindert werden kann. Die Schlitze wirken wie Schallschirme im akustischen Bereich und sollen möglichst nahe an der Quelle eingesetzt werden. Sie haben in einigen Fällen zu einer spürbaren Verminderung der Erschütterungen geführt.

6.3
Passive Schutzmaßnahmen

An den zu schützenden baulichen Anlagen können durch Veränderungen der Schwingungseigenschaften des Bauwerks oder von Bauteilen die Einwirkungen von resonanzbedingten Erschütterungen vermieden oder gemindert werden. Wegen des Aufwands bei der erforderlichen Versteifung des genannten Bauwerks oder von Bauteilen oder der Anbringung von Zusatzmassen sollten Versuche in dieser Richtung jedoch nur auf Einzelfälle beschränkt bleiben, zumal kaum vorhergesagt werden kann, ob die Maßnahmen Erfolg haben werden. Erfolgreich aber aufwendig ist auch die Abfederung von Gebäuden, über die vereinzelt berichtet wurde. Durch das Anbringen von Schwingungstilgern (ungedämpfte Zusatzmassen) an Bau- oder Maschinenteilen können Resonanzschwingungen vermindert werden. Da die Maßnahmen nicht an der verursachenden Anlage getroffen werden, lassen sie sich in aller Regel nur mit Zustimmung der Betroffenen realisieren.

6.4
Maßnahmen zur Verminderung erheblicher Belästigungen insbesondere bei nur vorübergehend betriebenen Anlagen (z. B. Baustellenanlagen)

Die psychischen Auswirkungen von Erschütterungseinwirkungen können vermindert werden durch:

  • Umfassende Information der Betroffenen z. B. über die Maßnahmen, die Verfahren, die Dauer und die zu erwartenden Erschütterungen aus dem Betrieb,

  • Aufklärung über die Unvermeidbarkeit von Erschütterungen und die damit verbundenen Belästigungen sowie Empfehlungen über Verhaltensweisen zur Minderung von Erschütterungswirkungen auf die Betroffenen,

  • Einrichtung einer Anlaufstelle für Beschwerden,

  • Zusätzliche betriebliche Maßnahmen zur Minderung und Begrenzung der Belästigungen (Pausen, Ruhezeiten usw.),

  • Nachweis der tatsächlich auftretenden Erschütterungen durch Messungen sowie deren Beurteilung bezüglich der Einwirkungen auf Menschen und Gebäude,

  • Nachweis des Nichtentstehens von Gebäudeschäden durch Beweissicherung.

6.5
Einzelfälle

Erschütterungen von Schmiedehämmern haben sich in einer Reihe von Fällen wirksam durch die Verwendung eines schwingungsisolierten Fundaments verringern lassen; im Allgemeinen wurde eine Verminderung der Erschütterungen um etwa 80 v. H. gegenüber einer festen Gründung nach DIN 4025 "Fundamente für Amboss-Hämmer (Schabottehämmer) - Hinweise für die Bemessung und Ausführung" erreicht. Bei der Neuaufstellung von größeren Schmiedehämmern ist die schwingungsisolierte Gründung heute nicht wesentlich teurer als die feste Gründung. Dies gilt in gleicher Weise für die sog. Direktabfederung von Schmiedehämmern und Schmiedepressen, bei der die Isolierelemente nicht unterhalb eines Fundaments, sondern direkt unter der Schabotte angeordnet werden.

Bei größeren Schmiedekurbelpressen entstehen durch den Anfahrimpuls beim Einrückvorgang des Kurbeltriebs, beim eigentlichen Arbeitsvorgang und beim Abbremsen starke horizontale Kräfte, die zu niederfrequenten Erschütterungen in horizontaler Richtung führen. Diese lassen sich durch entsprechend dimensionierte schwingungsisolierte Fundamente wirksam vermindern. Bei der elastischen Aufstellung ist in der Regel ein relativ großes Fundament zur Erhöhung des Trägheitsmoments erforderlich.

Pressen für die Blechverarbeitung lassen sich im Allgemeinen mit Feder-Dämpfer-Elementen direkt abfedern, ohne dass ein abgefedertes Fundament, wie bei Schmiedehämmern und Schmiedepressen, erforderlich ist. Auch bei dieser direkten Abfederung konnten die Erschütterungen gegenüber fester Aufstellung um etwa 80 v. H. vermindert werden.

Bei Webmaschinen kann durch eine Aktivisolierung eine gute Isolierung erreicht werden. Die Auslegung der elastischen Lagerung hängt von der Bauart der Webmaschinen, deren Drehzahl und von betrieblichen Gegebenheiten ab. Eine sehr gute Isolierung wird erzielt, wenn eine oder mehrere Webmaschinen auf einer gemeinsamen Grundplatte montiert werden und die gesamte Fundamentplatte elastisch gelagert wird.

Zur Verminderung von Erschütterungen, die von Sägegattern ausgehen, haben sich

  • große Abstände von schutzbedürftigen Gebäuden (darauf ist insbesondere in Gebieten mit hoch anstehendem Grundwasser zu achten),

  • große Fundamentmassen,

  • Änderungen der Drehzahl, falls Anregung in Resonanz vorliegt (die geänderte Drehzahl kann allerdings an anderer Stelle zu Resonanz führen),

  • Einbau spezieller Massenausgleichssysteme und die

  • Auslegung des Fundaments als Schwingfundament (Lagerung eines Fundamentblockes großer Masse auf Federisolatoren/Schwingungsdämpfern in einer Fundamentwanne)

bewährt.

Von Schrottplätzen ausgehende Erschütterungen lassen sich durch schwingungsisolierte Aufstellung von Shreddern, Scheren und Fallwerken vermindern.

Die von Schwingrinnen, Auspackrosten und -rohren in Gießereien ausgehenden Erschütterungen können durch doppelelastische Aufstellung vermindert werden. Bei Resonanzen kommen Drehzahländerungen in Betracht. Rüttel-Pressmaschinen lassen sich schwingungsisoliert aufstellen.

Schwingungsisolierte Aufstellungen zur Erschütterungsminderung sind ferner an Automaten zur Nagelherstellung, Bauschuttrecyclinganlagen, Betonsteinfertigern, Druckmaschinen, Prallmühlen, Pressen und Stanzen erfolgreich durchgeführt worden.

Erschütterungen von Gewinnungssprengungen können durch sprengtechnische Maßnahmen eingeschränkt werden. Auf die Größe der bei Sprengungen entstehenden Erschütterungen haben verschiedene Parameter wesentlichen Einfluss, insbesondere die Sprengstoffmenge je Zündzeitstufe und die Entfernung zu den schutzbedürftigen Objekten. Durch Verringerung der Lademenge (ohne Erhöhung der Verspannungen im Gebirge) und durch Vergrößerung der Entfernung zwischen Sprengstelle und schutzbedürftigen Objekten wurde eine Verminderung der Erschütterungsamplituden erreicht. Durch entsprechende Wahl von Zündfolge (Verzögerungssprengungen, durch Verwendung von Zeitzündern), Vorgabe, Bohrlochabstand, Sprengstoffmenge je Zündzeitstufe sowie durch geeignete Wahl der Abbaurichtung und Berücksichtigung der geologischen bzw. hydrogeologischen und örtlichen Verhältnisse, konnten Sprengerschütterungen gemindert werden.

Bei Sprengungen im Wasser ist eine erhebliche Verminderung der Erschütterungen durch Anordnung eines Luftschleiers im Wasser zwischen der Sprengstelle und dem Immissionsort erreicht worden.

Erschütterungen durch Baugrubensprengungen können ähnlich wie bei den standortgebundenen Steinbruchbetrieben durch Veränderung der Sprengstoffmengen, der Zündzeitfolge usw. gemindert werden. Gegebenenfalls sind andere Bauverfahren, wie Aufbrechen mit Meißel oder hydraulischen Gesteinsbrechern notwendig. Zur Verminderung von Erschütterungen durch Aufmeißeln kommt der Einsatz von Fräsen in Betracht. Bei Abbruchsprengungen ist meist die Fallenergie des gesprengten Bauwerkes für die Stärke der verursachten Erschütterungen maßgebend. Minderungen können hierbei durch Verkleinerung der abgesprengten Massen und die Anwendung von Fallbetten (Aufschüttungen) erzielt werden.

Erschütterungen, die bei Baumaßnahmen durch Vibrationsgeräte, Rammen oder Rüttler hervorgerufen werden, sind häufig durch Änderungen der Betriebsbedingungen dieser Geräte vermindert worden. Erschütterungen durch schwere Rammgeräte konnten, wenn dies die Bodenverhältnisse zuließen, durch Ausweichen auf andere Arbeitsverfahren, z.B. Bohren oder Schlitzen (Schlitzverfahren), vermindert werden. Es muss eine sorgfältige Prüfung der technischen und geologischen Voraussetzungen für den Einsatz entsprechender Geräte erfolgen.

Bei Einsatz von Rüttlern und Bodenverdichtern treten gelegentlich Resonanzschwingungen in einzelnen Bauteilen, besonders von Geschossdecken in Gebäuden auf. Diese sind fast immer nur im Nachhinein durch Änderung der Erregerfrequenzen, durch die Wahl eines anderen Baugerätes oder eines anderen Bauverfahrens zu beeinflussen. Die durch Vibrationsrammen verursachten Erschütterungsimmissionen können durch Spülverfahren oder durch Vorbohren vermindert werden. Bei Einpressverfahren zum Einbringen oder zum Ziehen von Rammgütern werden praktisch keine Erschütterungen verursacht.