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  • ab 01.01.2009 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 2 ErschImRdErl - 2. Schädliche Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen

Bibliographie

Titel
Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen
Redaktionelle Abkürzung
ErschImRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
28500

Eine für Anlagenbetreiber und Überwachungsbehörden gleichermaßen bundesweit rechtsverbindliche Klärung der Frage, wann Erschütterungsimmissionen auf bauliche Anlagen und auf Menschen in Gebäuden als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, existiert nicht. Die Bewertung der Erheblichkeit von Belästigungen bzw. Nachteilen durch Erschütterungseinwirkungen i. S. des BImSchG ist daher anhand von Regelwerken sachverständiger Organisationen oder von einzelfallbezogenen Gutachten vorzunehmen.

Die in Nummer 2.2 genannten Normen können als antizipierte Sachverständigengutachten zur Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkung herangezogen werden. Sie dürfen jedoch nicht schematisch angewandt werden.

2.1
Schädlichkeit von Erschütterungseinwirkungen

Erschütterungsimmissionen sind schädliche Umwelteinwirkungen i. S. von § 3 Abs. 1 BImSchG, wenn sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Diese Hinweise enthalten Beurteilungsmaßstäbe für die Grenzen der Schädlichkeit von Erschütterungsimmissionen, die auf Gebäude und auf Menschen in Gebäuden bei üblicher Nutzung einwirken. Werden diese Beurteilungsmaßstäbe eingehalten, ist immer auch der Gefahrenschutz, insbesondere der Gesundheitsschutz von Menschen, sichergestellt.

  1. a)

    Erschütterungseinwirkungen auf Gebäude

Erschütterungseinwirkungen auf Gebäude übersteigen die Grenze der schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn sie geeignet sind, erhebliche Nachteile hervorzurufen. Unter Nachteilen sind dabei Vermögenseinbußen, insbesondere durch Schäden an Gebäuden und Gebäudeteilen, zu verstehen. Die Verminderung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit eines Gebäudes ist in der Regel ein erheblicher Nachteil. Durch Erschütterungen entstandene Schäden an Gebäuden, die deren Standfestigkeit beeinträchtigen, sind stets als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen. Im Übrigen hängt die Bewertung von Erschütterungseinwirkungen von der Gebäudeart und der Nutzung der Bauten ab.

Bei Wohngebäuden und in ihrer Konstruktion und/oder ihrer Nutzung gleichartigen Bauten sowie bei besonders erhaltenswerten (z. B. unter Denkmalschutz stehenden) Bauten sind darüber hinaus Erschütterungseinwirkungen als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen, wenn sie

  • Risse im Putz von Decken und/oder Wänden,

  • Vergrößerung von bereits vorhandenen Rissen in Gebäuden oder

  • Abreißen von Trenn- und Zwischenwänden von tragenden Wänden oder Decken

verursachen.

Bei einer Werkhalle sind Erschütterungseinwirkungen, die die Standfestigkeit nicht berühren, in der Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen.

  1. b)

    Erschütterungseinwirkungen auf Menschen in Gebäuden

Erschütterungseinwirkungen auf Menschen in Gebäuden können insbesondere erhebliche Belästigungen hervorrufen. Belästigungen ergeben sich aus der negativen Bewertung von Erschütterungseinwirkungen und deren Folgeerscheinungen (z. B. sichtbare Bewegungen oder hörbares Klappern von Gegenständen). Zur Belästigung tragen auch die mit Erschütterungen verbundenen Beeinträchtigungen bestimmungsgemäßer Nutzungen von Gebäuden und Gebäudeteilen bei. Die Erheblichkeit hängt nicht nur vom Ausmaß der Erschütterungsbelastung, sondern auch von anderen Faktoren (siehe DIN 4150-2 Nr. 4) ab, die die Zumutbarkeit für den betroffenen Menschen bestimmen. Ein Hinweis auf die Fühlbarkeit der Erschütterungseinwirkung ist in der Erläuterung zu Abschnitt 6 des Anhangs Dm der DIN 4150-2 gegeben.

2.2
Messung und Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen

Die Normen

DIN 4150     "Erschütterungen im Bauwesen",
-3:1999-02"Einwirkungen auf bauliche Anlagen",
-2:1999-06"Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden,"
DIN 45669"Messung von Schwingungsimmissionen",
-1:1995-06"Schwingungsmesser, Anforderungen, Prüfung
und
-2:2005-06"Messverfahren"

enthalten sachverständige Angaben zur Messung und Beurteilung der Einwirkung von Erschütterungen auf Gebäude und auf Menschen in Gebäuden.

In ihrem Anwendungsbereich markieren die Anhaltswerte der DIN 4150-2 die Schwelle zwischen schädlichen und nicht schädlichen Umwelteinwirkungen. Diese Markierung stellt keine scharfe Grenze dar. Sie ist aber eine geeignete Grundlage für eine Immissionsbeurteilung, die auch die besonderen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt.

Hinweise zur Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen auf Menschen liefert auch die VDI-Richtlinie:

VDI 2057"Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen",
Blatt 1"Ganzkörperschwingungen" (September 2002)
und
Blatt 3"Beurteilung" (Juni 2006, Berichtigung November 2007).

Zweck der VDI-Richtlinie 2057 Blatt 1 ist es, ein einheitliches Verfahren zur Beurteilung der Einwirkung mechanischer Ganzkörperschwingungen auf den Menschen und allgemeine Hinweise zur Ermittlung der Beurteilungsgrößen anzugeben. Diese Richtlinie enthält einige Richtwerte und Hinweise für die Beurteilung bestimmter Belastungen im Hinblick auf die zu erwartenden Wirkungen auf den Menschen. I. S. dieser Richtlinie wird die Beanspruchung durch eine von außen einwirkende Schwingungsbelastung verursacht. Sie wird nach den Kriterien "Wohlbefinden", "Leistungsfähigkeit" und "Gesundheit" in Bereiche unterteilt. Sie gibt jedoch keine Hinweise zur Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen auf Menschen in Gebäuden im Hinblick auf "erhebliche Belästigungen" i. S. des BImSchG. Eine uneingeschränkte Anwendung der Richtlinie auf Wohnbereiche würde zu nicht sachgerechten Beurteilungen führen, weil der Grad der Belästigung in hohem Maße von den situativen Bedingungen abhängig ist (siehe DIN 4150-2 Nr. 4). Im Übrigen sind nach allgemeiner Lebenserfahrung spürbare Erschütterungen in Wohnungen wesensfremd.