Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.09.1968, Az.: V OVG A 8/67
Anerkennung der Mumpserkrankung einer Lehrerin als Dienstunfall; Kinderkrankheiten als Dienstunfall; Schutzzweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.09.1968
- Aktenzeichen
- V OVG A 8/67
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1968, 16502
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1968:0911.V.OVG.A8.67.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 13.12.1966 - AZ: I A 91/66
Rechtsgrundlagen
- § 154 Abs. 4 NBG
- § 76 Abs. 2 S. 2 PersVG
Verfahrensgegenstand
Dienstunfall.
Der V. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 1968 in Oldenburg
durch
Senatspräsident Lindner,
die Oberverwaltungsgerichtsräte Dr. Winkelvoß und Neumann sowie
die ehrenamtlichen Verwaltungsrichter Raddatz und Sander
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - I. Kammer - vom 13. Dezember 1966 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand und Entscheidungsgründe
I.
Die Klägerin ist als Volksschullehrerin Beamtin des Landes Niedersachsen auf Lebenszeit. Sie unterrichtete im Jahre 1963 als Klassenlehrerin die Schüler und Schülerinnen des zusammengefaßten 1. und 2. Schuljahres. Die 34 Kinder ihrer Klasse hatten ein Durchschnittsalter von 6 1/2 Jahren. Zum April/Mai 1963 im Falle voon Mumps auf, die Sommerferien dauerte vom 4.7.1963. und dazu vom 24,8. - 3.9.1963 von v.3.9. - 10.9.1963 von ah 2.10.1963. Nach der Herbferien (4.10.- 14.10.1963) erkrankte ein Kind der Klasse vom 15.10 - 19.10.1963. Nach den Sommerferien fehlten von den Kindern er Klasse der Klägerin wegen einer Erkrankung am Mumps (Ziegenpeter) jeweils ein Kind.
Anfang Oktober 1963 erkrankte die Klägerin selbst an Mumps. Sie begab sich während der Herbstferien am 5. Oktober 1963 in ärztliche Behandlung und meldete sich nach den Ferien am 14. Oktober 1963 krank. Während ihrer Erkrankung kam es zu Komplikationen. Die Klägerin mußte in die Innere Abteilung eines Krankenhauses eingewiesen werden. Sie wurde dort vom 6. November bis 18. Dezember 1963 wegen einer linksseitigen Bein- und Beckenvenenthrombose stationär und anschließend ambulant behandelt. Im März 1964 machte die Klägerin eine Heilkur zur Nachbehandlung, am 8. April 1964, trat sie ihren Dienst wieder an.
Die Klägerin begehrte mit dem am 23. September 19/65 eingereichten Antrage von dem Beklagten, ihre Anfang Oktober 1963 aufgetretene Erkrankung an Mumps als Dienstunfall sowie eine nachträglich erlittene Gehirnhautentzündung und eine Bein- und Beckenvenenthrombose als Folgen der Mumpserkrankung anzuerkennen. Der Beklagte lehnte ihren Antrag durch Bescheid vom 10. November 1965 ab, da er die Gefahr einer Erkrankung an Mumps nicht als typisch für den Lehrerberuf ansah und deshalb die Infektion nicht als Dienstunfall werte. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und meinte, bei einem Lehrer sei die Ansteckungsgefahr mit bestimmten Kinderkrankheiten typisch und in erheblichen höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden. Der Beklagte wies den Rechtsbehelf der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 1966 zurück mit der Begründung, eine Infektionskrankheit sei nur dann ein Dienstunfall, wenn im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit eine besondere Wahrscheinlichkeit für diese Krankheit bestehe. Mumps sei aber keine Krankheit, die für die dienstliche Verrichtung eines Lehrers typisch sei. Da kein Dienstunfall vorgelegen habe, sei es ein Mitglied des Personalrates (nicht notwendig gewesen)zuzuziehen
Die Klägerin hat daraufhin den Verwaltungsrechtsweg beschritten und vorgetragen: Sie sei Anfang Oktober an Mumps erkranktet und durch ihren Beruf wie alle Lehrer dieser Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt gewesen. Bei der für den Dienstunfall geforderten hohen Wahrscheinlichkeit komme es auf die relative Wahrscheinlichkeit an. Entscheidend sei daher, daß von denjenigen Erwachsenen, die für eine Infektion noch empfänglich seien, die Lehrer wesentlich häufiger als die Angehörigen anderer Berufe erkrankten. Die erlittene Gehirnhautentzündung und die Thrombose seien bei ihr durch Mumps ausgelöst worden.
Die Klägerin hat beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Beklagten zu verpflichten, die Mumpserkrankung im Herbst 1963 als Dienstunfall anzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat erwidert: Mumps sei keine Krankheit, die gerade Lehrkräfte besonders häufig befalle. Der Gegenteil sei der Falle von den etwa 5.700 Lehrern seines Bezirkes sei bisher nur noch ein weiterer Fall von Mumps bekannt geworden. Dies beweise, daß es auch bei Lehrern allein darauf ankomme, ob sie bereits in der Kindheit diese Krankheit durchgemacht hätten. Soweit dies nicht geschehen sei, bestehe für jeden Erwachsenen die Möglichkeit, sich später zu infizieren. Es müsse daher hier das gleiche gelten wie bei einer Grippeerkrankung oder eine Tuberkulose.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil im wesentlichen mit folgenden Gründen abgewiesen:
Die Ausschlußfrist sei gewahrt worden, da die Meldung der Klägerin am 23. September 1965 eingegangen sei. Der Beklagte habe jedoch einen Dienstunfall zu Recht verneint, da es sich weder mit der erforderlichen Bestimmtheit feststellen lasse, daß die Krankheit durch einen Schüler der Klägerin übertragen worden in noch zu ermitteln sei, bei welcher Gelegenheit und zu welchem Zeitpunkt die Klägerin angesteckt 4 sei. Die Klägerin könne sich auch nicht auf den 1/54 Absatz 4 4 NBG berufen. Ziegenpeter gehöre zwar zu den Infektionskrankheiten der Berufskrankheiten-Verordnung. Es genüge jedoch nicht, daß der Beamte sich eine Krankheit zugezogen habe, die in der Berufskrankheiten-Verordnung genannt sei. Es müsse vielmehr außerdem hinzukommen, daß der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr gerade dieser Erkrankung besonders ausgesetzt gewesen sei, wobei die besondere Gefahr der Erkrankung generell, also nicht nur aufgrund zufälliger Umstände gegeben sein müsse. Der Gefahr, im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit mit Trägern übertragbarer Krankheiten zusammen zu treffen und sich dabei anzustecken, seien jedoch nicht nur Lehrer ausgesetzt. Auch sei die Art der Erkrankung der Klägerin nicht typisch, da Mumps überwiegend nur im Kindesalter auftrete. Soweit jedoch ein Erwachsener für diese Krankheit noch empfänglich sei, beschränke sich die Möglichkeit der Infektion nicht auf die Berührung mit Kindern. Bei Ziegenpeter möge zwar die Ansteckung durch Kinder überwiegen. Es könne aber nicht gesagt werden, andere Berufsgruppen kämen so wenig mit Kindern in Berührung, daß demgegenüber die Lehrer allgemein einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt seien, Anders wäre es nur dann, wenn es zu den dienstlichen Obliegenheiten der Klägerin gehört hätte, sich mit erkrankten Kindern näher zu befassen. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die fehlende Mitwirkung eines Mitgliedes des Personalrates sei nicht zu beanstanden. Das Gesetz bestimme diese Mitwirkung nur für die Untersuchung der besonderen Ursachen eines Dienst- oder Arbeitsunfalles. Für eine derartige Untersuchung habe aber die Erkrankung der Klägerin keinen Anlaß geboten.
Gegen das ihr am 9. Januar 1967 Zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Februar 1967 Berufung eingelegt. Die Klägerin trägt vor: Nur die Vorschrift des komme in Betracht. Sie, die Klägerin, sei nach der Art ihrer dienstlichen Tätigkeit der Gefahr der Erkrankung an Mumps besonders ausgesetzt gewesen. Der Umstand, daß die Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten im allgemeinen überhaupt als gering anzusehen sei, stehe logisch nicht der Feststellung entgegen, daß ein Beamter nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung dieser - im allgemeinen geringfügigen Gefahr - gleichwohl besonders ausgesetzt sein könnte. Denn es komme hier nur auf die relative Wahrscheinlichkeit an. Es sei nicht richtig, daß eine Erkrankung an Mumps in der Regel nur im Kindesalter auftrete. Der Kreis derjenigen Lehrer, die im Kindesalter nicht an Ziegenpeter erkrankt und daher nicht immunisiert worden seien, sei genügend groß, um eine normative Regelung zu begründen. Es sei daher zu fragen, ob ein Lehrer, der selbst nicht gegen Mumps immun sei, nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an Ziegenpeter besonders ausgesetzt sei. Unrichtig sei ferner die Ansicht, das Ausmaß der Gefahr hänge weder von der Häufigkeit der Berührung noch von der Anzahl der erkrankten Kinder ab, weil bereits ein einmaliger Kontakt mit einem kranken Kind genüge. Gewiß bestehe die Möglichkeit einer Infektion allein schon aufgrund einmaliger Berührung. Im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen müsse aber der nicht immunisierte Lehrer, der in einer Klasse mit latent am Mumps erkrankten Kindern unterrichte, ständig immer wieder mit den Krankheitsträgern in engste Berührung treten. Dies sei besonders bei den Kindern der ersten Volksschulklasse der Fall. Daraus ergebe sich einmal für ihn ein hohes Risiko für eine Infektion. Darüber hinaus werde aber die Abwehrkraft seines Körpers auch quantitativ erschöpft, weil die ständige Berührung mit Virusträgern seine Abwehrkraft schwäche. Nach alledem bestehe gegenüber einem Arzt, der in einem Krankenhause Kranke mit ansteckenden Krankheiten betreue, kein Unterschied. Es sei ferner ein Denkfehler, anzunahmen, die Erkrankung könne nur dann als Dienstunfall anerkannt werden, wenn der Beamte sich mit erkrankten Kindern befasse, ein Dienstunfall aber zu verneinen, wenn die bestehende Krankheit noch nicht offen zutage getreten sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach dem Klageantrage erster Instanz zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte erwidert: Auch er sei der Auffassung, es sei nur 154 Abs 4 NBGanzuwenden. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, ob die Klägerin nach der Art ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besondersausgesetzt gewesen sei. Die Ansicht der Klägerin, es komme auf die Gefahr für einen Nicht immunisierten an, sei abzulehnen. Die Ursache einer Erkrankung liege dann nicht mehr in der ausgeübten Tätigkeit, sondern in dem Fehlen der Immunisierung. Im übrigen sei er der Ansicht, die Erkrankung der Klägerin an den später eingetretenen Krankheiten sei nicht durch Mumps verursacht worden. Eine Beteiligungspflicht des Personalrates bestehe nicht.
Der Senat hat aufgrund seines Beweisbeschlusses den zuständigen Amtsarzt über folgende Fragen als Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung gehört: Ob in der Zeit von August bis Oktober 1963 in der Klasse der Klägerin Mumps epidemis unaufgetreten sei, ob die zur Zeit der Infektion ausgeübte dienstliche Tätigkeit der Klägerin im ganzen gesehen erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade an Mumps in sich geborgen habe, ob eine über die allgemeine Gefahrenlage hinausgehende besondere Gefährdung der Klägerin durch die Art ihrer dienstlichen Verrichtungen vorgelegen habe oder ob sich die Klägerin mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch anderweitig angesteckt haben könnte. Ferner, ob die Gehirnhautentzündung und die Beinvenen- und Beckenvenenthrombose der Klägerin durch ihre Mumpserkrankung bedingt sei.
Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. September 1968 nebet Anlagen Verwiesen (Bl. 74, ff der Gerichtsakten).
Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Dem Senat haben die Akten des Beklagten (Beiakte A) vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Berufung der Klägerin ist frist- und formgerecht, ihr ist jedoch der Erfolg zu versagen.
Die Klägerin hat die Frist zur Anmeldung ihrer Unfallfürsorgeansprüche eingehalten. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 NB in der zur Zeit der Erkrankung der Klägerin als auch heute noch geltenden Fassung sind Unfallfürsorgeansprüche innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Dienstunfalles bei dem unmittelbaren Vorgesetzten des Verletzten anzumelden. Diese Frist hat die Klägerin, - die Anfang Oktober 1963 erkrankte, durch ihren am 23. September 1965 dem Schulrat des Schulaufsichtskreises ... zugegangenen Antrag auf Anerkennung ihrer Erkrankung als Dienstunfall eingehalten.
Nach § 154 Abs. 1 NBG wird einem Beamten, der durch einen Dienstunfall verletzt worden ist, Unfallfürsorge gewährt. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zutreffend gehen die Parteien mit dem Verwaltungsgericht davon aus, daß ein Unfall im Sinne dieser Bestimmung deshalb nicht gegeben ist, weil das Ereignis nicht genügend zeitlich bestimmbar ist. Dieser Ansicht ist zuzustimmen, da - von selbenen Ausnahmen abgesehen - bei einer Infektionskrankheit der Zeitpunkt der Infektion wie hier nicht feststellbar ist, sondern nur eine Zeitspanne in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1960 - VI C 144.58 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 4 -). Als Anspruchsnorm für die Klägerin kommt nur § 154 Abs. 4 NBG in Betracht. Diese Vorschrift lautet in der Fassung vom 21. Dezember 1962 GVBl 1962, 279) die zur Zeit des Unfalles galt:
"Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen. Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies als Dienstunfall, es sei denn, daß der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Welche Krankheiten in Betracht kommen, bestimmen sich nach der Verordnung zu § 135 des Bundesbeamtengesetzes."
Nach. § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 135 BBG (Bestimmung von Krankheiten für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge) vom 12. Mai 1958 - BGBl. I S. 340 - ist für die in Betracht kommende Krankheit die damals geltende Sechste Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 28. April 1961 - BGBl, I S. 505 - anzuwenden. Diese Verordnung erwähnt im § 1 unter der laufenden Nr. 37 die "Infektionskrankheiten". Hierbei ist die weitere Beschränkung auf bestimmte Arbeitsplätze in der Spalte III zur laufenden Nr. 37 nicht anzuwenden (vgl. Plog-Wiedow, Komm. BBG RdNr. 30 zu § 135; BVerwG Urteil vom 20. Februar 1963 - VI C 33/61 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 8 -).
Die Mumpserkrankung der Klägerin ist eine Infektionskrankheit, weil sie, wie der Sachverständige in Übereinstimmung mit die herrschende Lehre, dar, inneren Medizin zutreffend ausgeführt hat, hauptsächlich in Folge Tröpfcheninfektion durch Viren auf den Menschen übertragen wird
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt jedoch eine Infektion nur dann als Dienstunfall im Sinne des § 154 Abs. 4 S. 1 NBG (gleichlautend § 135 Abs. 3 S. 1 BBG), wenn die zur Zeit der Infektion ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß im ganzen gesehen ihrer Art nach eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung in sich birgt (vgl. BVerwG Urteil vom 9. November 1960 - VI C 144/58 - Buchholz a.a.O. § 135 BBG Nr. 4 Beschluß vom 31. Oktober 1961 - VI B 20/61 - ZBR 1962, 189; Urteil vom 10. März 1964 - II C 74/62 - ZBR 1965, 181 [182] = Buchholz 237, 1 Art. 122 Bay BG 46 Nr. 1; Urteil vom 11. Februar 1965 - II O 11/62 - ZBR 1965, 244 [BVerwG 10.03.1964 - BVerwG II C 74.62][BVerwG 11.02.1965 - II C 11.62]
In dem o.a. Urteil des Bankveranstaltunggerichts vom 11. Februar 1965
Fall einer Infektion durch Tuberkel-Bakterien [ZBR 1965 8.24] u.a.:" Das Bankveranstaltunggericht hat in seinem Anteil vom 10.März 1964 - BVerwG, 674. 62 ausgeführt! Es komme darauf an, ob die zur Zeit der Infektion ausgeübte besondere Tätigkeit der betroffenen Beamten im ganzen gesehen ihrer Art und erfahrunggemäß eine feste Wahrähnlichkeit der Erkrankung gerade an derjenigen Anfechtigungskrankheit in sich vom [XXXXX]
"das Zusammentreffen im dienstlichen Bereich mit nur einer an dieser ansteckenden Krankheit leidenden Person entspreche ungeachtet der erhöhten konkreten Gefährdung noch der Ansteckungsgefahr, der ein Beamter immer ausgesetzt sein kann, der mit dem Publikum in Berührung kommt, und mache die Beteiligung an dienstlichen Maßnahmen nicht zu einer Verrichtung, für welche die Gefahr einer Infektion an dieser Krankheit typisch sei. Eine über die allgemeine Gefahrenlage hinausgehende besondere Gefährdung des Klägers durch die Art seiner dienstlichen Verrichtungen hat nach den im angefochtenen Urteil getroffenen ... tatsächlichen Feststellungen nicht vorgelegen. Es kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, daß er bei seinen dienstlichen Verrichtungen nicht nur mit einer tuberkulosekranken Person, sondern wiederholt mit verschiedenen tuberkulosekranken Personen zusammengetroffen ist; das reicht aber nicht für die Feststellung aus, daß der Kläger nach der Art seiner dienstlichen Verrichtungen dem besonderen Risiko einer Tuberkuloseinfektion ausgesetzt war."
Diesen Aasführungen schliesst sich der Senat an. Sie mussten im vorliegenden Falle dazu, führen, dass der Senat aufgrund der gesamten Sachlage und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu der Ansicht gelangt ist, dass die Klägerin nicht die Voraussetzungen des § 154 Abs. 4 NBG erfüllt. Denn die Gefahr einer Ansteckung an Mumps ist auch für den Lehrer einer Anfängerklasse nicht typisch. Der Senat ist hierbei mit dem Bundesverwaltungsgericht der Auffassung, dass eine erhöhte konkrete Gefährdung des Beamten noch nicht genügt. Die Gefahr einer Infektion muss bei der dienstlichen Verrichtung typisch sein. Typisch ist eine Eigenschaft dann, wenn sie eigentümlich, üblich ist (vgl. Der grosse Duden, 1961, S. 696; Grosses Dudenlexikon, Bd. 8, 1968, S. 249). Eigentümlich oder üblich wäre die Gefährdung eines solchen Lehrers dann, wenn Mumpserkrankungen der Lehrer nach den Erfahrungen der Medizin die Regel und somit zwangsläufig mit dem Unterricht in einer Schulanfängerklasse verbunden wären. Von einer solchen-statistisch belegbaren-Erfahrungsregel Kann jedoch nach der Überzeugung des Senats nicht gesprochen werden. Dem Sachverständigen, der seit rund 14 Jahren beruflich sich als Amtsarzt mit Seuchen- und Schulmedizin befasst, ist bisher kein Fall eines an Mumps erkrankten Lehrers bekannt geworden. Im übrigen wird durch die unstreitige Darlegung des Beklagten, bei 5.700 Lehrern seines Verwaltungsbezirks sei bisher nur ein Fall von Mumps bekannt geworden, bestätigt, dass die zur Zeit der Infektion ausgeübte Tätigkeit der Klägerin im ganzen gesehen ihrer Art nach erfahrungsgemäss keine hohe Wahrscheinlichkeit in sich barg, gerade an Mumps zu erkranken. Es kann daher unerörtert bleiben, ob nicht schon damit, dass das letzte Kind am 3. September 1963 krank die Schule verlassen hat und die Klägerin nach ihren Angaben vom 9. September 1968 nicht erst am 5. Oktober 1963, sondern am 2. Oktober 1963 erkrankte - also 29 Tage später -, der Beweis des § 154 Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz-NBG geführt ist, dass also die Klägerin sich nicht in der Schule angesteckt bat, sondern an einem anderen Ort und bei einer anderen Gelegenheit, da z.B. auch Geschwister der Schüler Mumps hatten. Wie der Sachverständige dargelegt hat, beträgt nach den von dem Bundesgesundheitsamt herausgegebenen Richtlinien die Inkubationszeit durchschnittlich 18 Tage und längstens 26 Tage (nach einem von ihm näher genannten Lehrbuch 3-30 Tage). Es kann ferner unerörtert bleiben, welche Bedeutung es hat, dass die Klägerin erst fast zwei Jahre nach ihrer Erkrankung die Dienstunfallmeldung gemacht hat, sodass für den Beklagten Schwierigkeiten in der Beweislage entstehen Konnten bzw. entstanden sind.
Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge bezweckt nicht, alle gesundheitlichen Gefahren durch besondere Unfalleistungen abzugelten, gleichsam den Beamten gegen jede Krankheit "zu versichern". Es bleibt - wie der II. Senat des erkennenden Gerichts bereits in seinem Urteil vom 28. November 1961-II OVG A 139/60 -, bestätigt durch BVerwG (o.A. Urteil vom 11. Februar 1965), ausgeführt hat ein Bereich von gesundheitlichen Gefahren, die der Beamte wie jeder andere als rein persönliches Schicksal selbst zu übernehmen hat. Diese dem Begriff "Unfall" entsprechend enger gezogene Grenze der ünfallfürsorge steht nicht im Widerspruch zu einer Fürsorgepflicht des Dienstherrn und zu der Alimentierung, die dem Beamten zu gewähren ist. Der Gesetzgeber durfte die Unfallfürsorge bewußt enger regeln, weil der Beamte auch bei einer Nichtanerkennung einer Krankheit als Dienstunfall nicht in Not gerät. Denn der Dienstherr hat im Rahmen der allgemeinen Alimentierung dem Beamten auch bei einer Erkrankung die vollen Bienenzüge zu gewähren. Darüber hinaus muß er Beihilfen zahlen und kann Unterstützen gewähren.
Der Beklagte war nicht verpflichtet bei Erlaß der angefochtenen Bescheide ein Mitglied des Personalrates zu beteiligen. Nach § 76 Abs. 2 Satz 2 PersVG - Niedersachsen - ist die Zuziehung bei der Untersuchung von Biene- und Arbeitsunfällen vorgeschrieben die von der Dienststelle oder den für den Arbeitsschutz zuständigen Stellen vorgenommen werden. Für die Zuziehung eines Mitgliedes des Personalrates ist entsprechend dem Wortlaute des Gesetzes allein entscheidend, ob es sich um einen Unfall handelt, der untersucht wird. Der Personalrat soll damit in die Lage versetzt werden, seine vorgeschriebene Mitwirkung zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen nützlich und wirkungsvoll zu gestalten (vgl. BVerwG, Beschluß vom 8. Dezember 1961 - VII P 7/59 - DVBl. 1962, 184 = BVerwGE 13, 226[BVerwG 08.12.1961 - BVerwG VII P 7.59] [227]). Im vorliegenden Falle ist eine solche örtliche Untersuchung von dem Beklagten nicht durchgeführt worden. Der Beklagte war daher nicht gehalten, ein Mitglied des Personalrates zu beteiligen die, Erkrankung der Klägerin hierfür keinen Anlaß geboten hat. Aus der genannten Zweckbestimmung des § 76 Abs. 2 PersVG folgt zudem, daß das Mitglied des Personalrates nicht zur, Mitwirkung an der Entscheidung darüber, ob ein Unfall als Rückstandunfall zusehen ist, berufen ist (vgl. Engelhard-Ballerstedt, Komm., Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen, 1961 Rd. Nr. 4 zu § 76; vgl.auch Ballerstedt-Engelhard Komm. Bayer. Personalvertretungsgesetz, Rd. Nr. 3 u. 5 zu Art. 68).
Nach alledem war der Berufung der Erfolg zu versagen. Die Klägerin trägt als Unterlegene die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO), die für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind (§ 167 VwGO).
Die Revision war nach § 193 Nr. 1 NBG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, Uelzener Straße 40, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen.