Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 02.02.2023, Az.: 1 Ws 395/22

Einziehungsentscheidung; Beschluss; Eröffnungsbeschluss; Beteiligungsanordnung; Freibeweis; Beweiswürdigung; Erbe

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
02.02.2023
Aktenzeichen
1 Ws 395/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 11972
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Aurich - 06.09.2022 - AZ: 15 KLs 6/20

Fundstelle

  • StraFo 2023, 152-154

Amtlicher Leitsatz

Zu den verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Anforderungen an das selbständige Einziehungsverfahren im Beschlusswege gem. §§ 435 ff StPO.

In dem selbständigen Einziehungsverfahren
betreffend die Strafsache
gegen Herrn Dr. med. AA,
geboren am TT.MM.1964 in (...),
verstorben am TT.MM.2021,
wegen Bestechlichkeit,
Einziehungsbeteiligter: Herr BB, wohnhaft (...),
Rechtsbeistand: (...),
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 02. Februar 2023
durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Einziehungsbeteiligten gegen den Beschluss der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Aurich vom 6. September 2022,

soweit gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 128.130,- Euro angeordnet worden ist,

wird auf dessen Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1.

Der Einziehungsbeteiligte ist Ehemann und Alleinerbe des am TT.MM.2021 verstorbenen Angeklagten. Dieser war von der Staatsanwaltschaft Osnabrück wegen Bestechlichkeit in 28 Fällen angeklagt worden. Die Anklage wurde vom Landgericht Aurich zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Nachdem das Verfahren gegen ihn zunächst abgetrennt worden war, ist die vormalige Mitangeklagte CC mit Urteil des Landgericht Aurich vom 29. Mai 2020 wegen Bestechung in sechs Fällen zu einer - zur Bewährung ausgesetzten - Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Im November 2021 begann sodann (erneut) die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten, welcher indes kurz darauf verstarb, so dass das gegen ihn geführte Strafverfahren gemäß § 206a StPO eingestellt werden musste.

2.

Nunmehr hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück im selbständigen Einziehungsverfahren mit Antragschrift vom 27. Juni 2022 beantragt, gegen den Einziehungsbeteiligten die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 128.339,50 Euro anzuordnen. Dem Antrag liegt folgender - der vorbezeichneten Anklage entsprechender - Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte Dr. AA sei als Facharzt für Neurochirurgie seit dem TT.MM.2007 bei der DD (...) als Leiter der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie angestellt gewesen. Einziger Gesellschafter der DD sei der Landkreis Ort1. Die Gesellschaft diene der Daseinsvorsorge; Unternehmensgegenstand sei die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens durch den Betrieb eines allgemeinen Krankenhauses.

Als Leiter der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie habe der Angeklagte maßgeblichen Einfluss darauf gehabt, welche Medizinprodukte in der Abteilung verwendet und von der Einkaufsabteilung des DD eingekauft worden seien. Zum einen habe er selbst entschieden, welche Produkte er bei der Behandlung seiner Patienten verwenden wollte; zum anderen sei er der ausschließliche fachmedizinische Ansprechpartner des DD gewesen für Unternehmen, die Medizinprodukte für den Bereich der Wirbelsäulenchirurgie an das DD verkaufen wollten. Insoweit habe der Angeklagte die Einkaufsabteilung aus medizinischer Sicht beraten; seine Meinung sei wesentlich für die Entscheidung der Einkaufsabteilung gewesen, ob mit einem Medizinproduktehersteller oder -vertrieb ein Konsignationslagervertrag abgeschlossen werden sollte.

Die schweizerische EE stelle Medizinprodukte her, unter anderem Implantate für die Wirbelsäulenchirurgie. Um die Produkte der EE in Deutschland zu vertreiben, habe das Unternehmen Anfang 2011 die FF mit Sitz in Ort2 gegründet. Die vormalige Mitangeklagte CC sei Geschäftsführerin der FF und zuständig für den Produktvertrieb in Norddeutschland gewesen.

Anfang 2011 habe diese versucht, den Angeklagten, von dem sie gewusst habe, dass er in einem DD in kommunaler Trägerschaft tätig gewesen sei, davon zu überzeugen, in seiner Abteilung von der FF vertriebene Produkte einzusetzen und auf die Einkaufsabteilung des DD einzuwirken, künftig Produkte von der FF zu beziehen. Um den Angeklagten, der bis dahin Implantate anderer Hersteller bevorzugt habe, zu überzeugen, sei ihm als Gegenleistung eine fortlaufende Vergütung in Höhe von 10 % des Umsatzes, den FF künftig bei der DD erziehen würde, angeboten worden.

Der Angeklagte habe sich, um sich eine fortlaufende erhebliche Einnahmequelle zu verschaffen, gegenüber der ehemaligen Mitangeklagten bereit gezeigt, zukünftig als Gegenleistung für die angebotene Provisionszahlung Produkte der EE zu verwenden und sich für den Abschluss eines Konsignationslagervertrages mit der FF und die Bestellung von EE-Produkten durch die Einkaufsabteilung der DD einzusetzen.

Zur Verschleierung der zwischen dem Angeklagten und der ehemaligen Mitangeklagten getroffenen Provisionsabrede habe die EE mit dem Angeklagten am TT.MM.2011 ein "consultancy agreement" geschlossen, mit dem sich der Angeklagte verpflichtet habe, das Unternehmen gegen eine Vergütung von 1.500,- Euro pro Tag und Übernahme der Reisekosten zu beraten und bei der Produktentwicklung zu unterstützen. Zugleich habe er versichert, dass die Geschäftsleitung der DD Kenntnis von der Beratungstätigkeit habe und diese genehmige.

In Umsetzung der tatsächlichen, mündlich getroffenen Provisionsvereinbarung habe der Angeklagte der FF in folgenden Fällen Rechnungen für tatsächlich oder vermeintlich erbrachte Beratungsdienstleistungen ausgestellt:

TatRechnungsdatumBetrag in EuroZahlungsdatum
114.07.20113.00021.07.2011
207.09.20113.00016.09.2011
307.12.20113.00016.12.2011
406.01.20123.00030.01.2012
509.05.20126.00018.05.2012
625.05.20123.00007.08.2012
704.06.20121.50012.06.2012
802.07.20126.00007.08.2012
929.09.20122.00021.12.2012
1028.11.20126.00010.12.2012
1117.12.20122.00028.12.2012
1227.03.20137.50012.06.2013
1302.05.20133.00018.06.2013
1410.06.20131.50020.06.2013
1518.09.20133.00020.01.2014
1625.10.20133.00020.01.2014
1705.11.20133.00021.01.2014
1819.11.20134.50021.01.2014
1819.11.20131.50021.01.2014
1918.12.20133.00022.01.2014
2003.02.20147.50029.09.2014
2105.03.20143.00029.09.2014
2208.04.20143.00025.09.2014
2310.05.20141.50025.09.2014
2409.07.20146.00025.09.2014
2515.08.20143.00024.11.2014
2515.08.20144.50021.11.2014
2630.09.20143.00023.11.2014
2725.02.20156.00010.03.2015
2801.03.20157.50010.03.2015
113.500

Die Rechnungsbeträge seien jeweils von der FF, veranlasst durch die ehemalige Mitangeklagte von CC, auf das Privatkonto des Angeklagten bei der GG überwiesen worden.

Der Angeklagte habe dabei gewusst, dass die in den Rechnungen angeführten Beratungsleistungen nur teilweise durch ihn erbracht worden seien und dass die Zahlungen insgesamt als Gegenleistung für seine gezeigte Bereitschaft, sich aufgrund des Provisionsversprechens bei der DD für den Einsatz und Einkauf von Produkten bei der FF einzusetzen, erbracht worden seien.

Im Februar und März 2016 habe der Angeklagte gegenüber der FF weitere 14.630,- Euro als Umsatzsteuer-Nachforderung zu den Rechnungen ab dem TT.MM.2012 geltend gemacht. Der Betrag sei in der Folgezeit von der FF auf das Konto des Angeklagten überwiesen worden.

Auf diese Weise habe der Angeklagte durch die Taten insgesamt einen Betrag in Höhe von 128.130,- Euro erlangt.

Zur Sicherung der Einziehung des Wertes des Taterlangten ist bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 3. November 2017 ein Vermögensarrest in Höhe von 113.709,50 Euro in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Angeklagten angeordnet worden. Zur Abwendung der diesbezüglichen Pfändung hat der Angeklagte eine Bürgschaft der GG eben dieser Höhe beigebracht.

3.

Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Aurich hat mit - der Verteidigerin am 9. September 2022 zugestellten - Beschluss vom 6. September 2022 das selbständige Einziehungsverfahren eröffnet und zugleich unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Staatsanwaltschaft die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 128.130,- Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die am 15. September 2022 eingegangene sofortige Beschwerde des Einziehungsbeteiligten, welche mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 28. Oktober 2022 und 1. Dezember 2022 näher begründet wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorbezeichneten Antrag sowie die vorerwähnten Entscheidungen und Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Das - mangels Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Eröffnung des selbständigen Einziehungsverfahrens (§ 435 Abs. 3 StPO i.V.m. § 210 Abs. 1 StPO) - ersichtlich allein gegen die im angefochtenen Beschluss (ebenfalls) getroffene Einziehungsentscheidung gerichtete Rechtsmittel ist gemäß §§ 436 Abs. 2, 434 Abs. 2 StPO als sofortige Beschwerde zulässig, jedoch unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht die Einziehung des Geldbetrages im tenorierten Umfang angeordnet; sowohl mit Blick auf das einzuhaltende Verfahren (dazu 1.) als auch in der Sache (dazu 2.) hält die Entscheidung rechtlicher Überprüfung stand. Die Entscheidung erweist sich überdies als verhältnismäßig (dazu 3.).

1.

a) In verfahrensrechtlicher Hinsicht setzt die Anordnung des selbständigen Einziehungsverfahrens nach den §§ 435 ff. StPO zunächst einen den Anforderungen an eine Anklageschrift entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft oder eines Privatklägers voraus (§ 435 Abs. 2 StPO). In dem Antrag muss angegeben werden, welche Tatsachen die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen, insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Bezeichnung der Anlasstat sowie aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Über die Eröffnung des selbständigen Einziehungsverfahrens entscheidet sodann das Gericht - soweit möglich - nach Durchführung eines dem Zwischenverfahren nach Anklageerhebung entsprechenden Verfahrens durch Beschluss (§§ 435 Abs. 3 Satz 1, 201 ff. StPO). Das Gericht muss dem Betroffenen die Antragsschrift mit dem Hinweis zustellen, dass er entsprechend § 201 StPO Einwendungen gegen den Antrag innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist erheben und gemäß §§ 436 Abs. 2, 434 Abs. 3 StPO die mündliche Verhandlung beantragen kann. Schließlich entscheidet das Gericht gemäß §§ 436 Abs. 2, 434 StPO durch Beschluss bzw. - nach mündlicher Verhandlung - durch Urteil über die Anordnung der selbständigen Einziehung (vgl. Senat, Beschluss vom 30.03.2022 - 1 Ws 118/22 [n.v.]).

b) Diese formellen Voraussetzungen liegen vor.

Unter dem 27. Juni 2022 hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück im selbständigen Einziehungsverfahren einen der Anklageschrift entsprechenden Antrag gestellt und darin sowohl die den Tatbestand der Bestechlichkeit nach § 332 StGB ausfüllenden Tatsachen als auch die den Tatverdacht begründenden Beweismittel aufgeführt. Zudem hat es mitgeteilt, dass dem Antrag auf selbständige Einziehung die Einstellung des (subjektiven) Verfahrens nach § 206a StPO aufgrund des zwischenzeitlichen Ablebens des Angeklagten vorausgegangen ist und dass sich die Einziehung nunmehr gemäß § 73b Abs. 1 Nr. 3 lit. a) StGB gegen den Erben des Angeklagten richtet. Nachdem das Landgericht Aurich dem Einziehungsbeteiligten die entsprechende Antragsschrift zugestellt und Letzterer von der ihm hierzu eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hatte, hat es die Antragsschrift mit Beschluss vom 6. September 2022 zugelassen, das selbständige Einziehungsverfahren eröffnet und zugleich die Einziehung des Geldbetrages im tenorierten Umfang angeordnet.

Der Umstand, dass das Landgericht in diesem Zusammenhang die Verfahrensbeteiligung des Einziehungsbeteiligten nicht explizit in einem gesonderten Beschluss nach §§ 435 Abs. 3 Satz 2, 424 Abs. 1, 3 StPO angeordnet hat, steht der angefochtenen Beschlussfassung nicht entgegen. Ob es für eine dahingehende (konkludente) Anordnung genügt, dass - wie hier geschehen - der Einziehungsbeteiligte zum Einziehungsantrag der Staatsanwaltschaft gehört und im Rubrum der Einziehungsentscheidung als solcher konkret aufgeführt wird (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.06.1970 - Ws 33/70, NJW 1970, 1758 [OLG Zweibrücken 30.06.1970 - Ws 33/70] zu § 431 StPO a.F.; Putzke/Scheinfeld, in MüKo-StPO, § 424 Rn. 4; a.A. Temming in BeckOK-StPO, 45. Ed., § 424 Rn. 7; Schmidt, in: KK-StPO, 8. Aufl., § 424 Rn. 15), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn jedenfalls dann, wenn einerseits das zugrundeliegende Strafverfahren endgültig abgeschlossen und insoweit die Beteiligung eines Einziehungsbeteiligten daran nicht mehr möglich ist, und andererseits sich das Einziehungsverfahren von vornherein ausschließlich gegen den Einziehungsbeteiligten selbst richtet, erweist sich eine konkludente Entscheidung als ausreichend. In einem derartigen Fall kommt der - ohnehin nur entsprechend anwendbaren - Anordnung der Beteiligung lediglich eine formale Bedeutung zu.

Die Tatsache, dass im angefochtenen Beschluss sowohl die Eröffnungs- als auch die Einziehungsentscheidung getroffen worden ist, vermag einen Verfahrensfehler ebenfalls nicht zu begründen. Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens der Entscheidung in der Sache vorauszugehen hat und nicht mit dieser zusammenfallen darf (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 08.02.2019 - 1 Ws 165/18, juris Rn. 3; OLG Koblenz, Beschluss vom 30.11.2021 - 2 Ws 682/21, juris Rn. 17; KG, Beschluss vom 01.11.2021 - 4 Ws 80/21, juris Rn. 5; ferner Ullenboom, Praxisleitfaden Vermögensabschöpfung, 2. Aufl., Selbständige Einziehung (§ 76a StGB) Rn. 263 m.w.N.). Hierbei ist indes in den Blick zu nehmen, dass diese Rechtsprechung in solchen Fallkonstellationen ergangen ist, in denen es an einer Eröffnungsentscheidung gänzlich fehlte und infolgedessen mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit zwei voneinander getrennter Entscheidungen allein die Annahme entkräftet werden sollte, in der Sachentscheidung zugleich die (konkludente) Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens zu erblicken. Im vorliegenden Fall indes ergibt sich sowohl aus dem Tenor als auch aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses, dass das Landgericht zunächst die Eröffnungsvoraussetzungen geprüft und im Ergebnis bejaht und erst in einem weiteren Schritt über die Einziehung in der Sache selbst entschieden hat, mithin die Eröffnungsentscheidung zeitlich wie inhaltlich der Sachentscheidung vorausgegangen ist.

Soweit mit der Beschwerde eingewandt wird, dass der Einziehungsbeteiligte im Bezugsverfahren nicht beteiligt war und jenes Verfahren aufgrund der Einstellung nach § 206a StPO ohne rechtskräftige Hauptsacheentscheidung geblieben ist, ist dagegen gleichfalls nichts zu erinnern. Denn zum einen setzt das selbständige Einziehungsverfahren gerade voraus, dass gemäß § 435 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76a StGB die Durchführung eines subjektiven Verfahrens - hier wegen des Todes des Angeklagten - unmöglich geworden ist und die Einziehung - wie die Vorschrift des § 73b Abs. 1 Nr. 3 lit. a) StGB belegt - nunmehr gegen den Erben gerichtet werden kann (vgl. Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 435 Rn. 14; Bode/Peters, ZWH 2018, 45 <50>). Zum anderen wurde der Einziehungsbeteiligte im Einziehungsverfahren bislang hinreichend beteiligt: So ist ihm im Zwischenverfahren rechtliches Gehör gewährt und insbesondere Gelegenheit gegeben worden, durch eine mögliche Antragstellung gemäß §§ 436 Abs. 2, 434 Abs. 3 Satz 1 StPO auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinzuwirken (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 27.09.2019 - 2 Ws 212-213/19, juris Rn. 6 ff.). Nachdem der Einziehungsbeteiligte indes von Letzterem keinen Gebrauch gemacht hatte, konnte das Landgericht ohne mündliche Verhandlung direkt im Beschlusswege entscheiden.

Dabei durfte es seine Entscheidung maßgeblich (auch) auf die durch eine nachvollziehbare Beweiswürdigung gestützten Ausführungen im rechtskräftigen Urteil gegen die vormalige Mitangeklagte CC stützen. Zwar greift insoweit nicht die in §§ 436 Abs. 2, 423 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgesehene Bindung an die in der Hauptsache ergangenen Feststellungen, weil zum einen das Ausgangsverfahren wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt worden ist (vgl. Scheinfeld/Langlitz, in MüKo-StPO, 1. Aufl., § 436 Rn. 7) und zum anderen der Einziehungsbeteiligte an jenem Verfahren nicht beteiligt war (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.11.2021 - 2 Ss 121/21, juris Rn. 7). Dies hat - entgegen der Ansicht der Verteidigung in der Beschwerde - das Landgericht auch nicht verkannt, indem es ausweislich des einleitenden Satzes unter Ziffer III. der Begründung gerade klargestellt hat, dass "mangels Vorliegens eines Urteils bzw. dessen Rechtskraft der Sachverhalt nicht gemäß §§ 423 Abs. 1 S. 2, 436 Abs. 2 StPO ohne weiteres zu Grunde zu legen ist." Da jedoch im Rahmen des Beschlussverfahrens das Gericht von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen formlose Ermittlungen nach den Regeln des Freibeweises anstellen kann (vgl. Ullenboom a.a.O., Rn. 288; Temming, in BeckOK-StPO, 45. Ed., § 436 Rn. 3; Scheinfeld/Langlitz, in MüKo-StPO, 1. Aufl., § 436 Rn. 9; Gaede, in LR-StPO, 27. Aufl., § 436 Rn. 8 i.V.m. 434 Rn. 7), durfte hier das Landgericht - ohne Rücksicht auf den Grundsatz der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit - alle ihm zugänglichen Erkenntnisquellen nutzen (vgl. Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 244 Rn. 9) und damit den gesamten Akteninhalt einschließlich des darin enthaltenen Urteils bzgl. der ehemalige Mitangeklagten CC für die inhaltliche Prüfung heranziehen und auswerten.

2.

a) In materiell-rechtlicher Hinsicht kann das Gericht gemäß § 76a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 StGB die selbständige Einziehung eines Gegenstands anordnen, wenn wegen der Straftat, zu deren Begehung der Gegenstand gebraucht wurde, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann und die Voraussetzungen für die Einziehung im Übrigen vorliegen. Insoweit muss - wie hier in den Fällen des § 73 StGB - feststehen, dass der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 30.03.2022 - 1 Ws 118/22 [n.v.]).

b) So liegt es hier.

Wie bereits ausgeführt, ist aufgrund der durch das Ableben des Angeklagten vorangegangenen Einstellung nach § 206a StPO die Anwendbarkeit des § 76a Abs. 1 StGB eröffnet und die selbständige Einziehung somit statthaft.

Zudem steht fest, dass der Angeklagte durch die oben unter Ziffer I. aufgeführten Bestechungsdelikte die Leistungen des Vorteilgebers unmittelbar als "Etwas" im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 73 Rn. 21 m.w.N.).

So ergibt sich unter zulässigem (s.o.) Rekurs auf die ausführlichen Gründe des Urteils bezüglich der Verurteilten CC insbesondere die Stellung des Angeklagten, welcher als Chefarzt Leiter der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie in der DD (...) maßgeblichen Einfluss darauf hatte, welche Medizinprodukte, insbesondere Implantate, in der Abteilung verwendet und von der Einkaufsabteilung des DD zu diesem Zwecke beschafft wurden. Diese Feststellungen beruhen maßgeblich auf den - in den Urteilsgründen im Einzelnen wiedergegebenen - Aussagen der vernommenen Zeugen HH, II, JJ, KK, LL, Dr. MM und NN.

Dem Umstand, dass hierbei - wie nunmehr die Verteidigung einwendet und ansonsten das Landgericht im Ausgangsverfahren gegen die Mitangeklagte CC auch nicht verkannt hat (vgl. S. 8 UA) - an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen HH durchaus Zweifel angebracht sind, vermag an der Richtigkeit der der Einziehung zugrunde gelegten Feststellungen nichts zu ändern. Denn zum einen kann trotz kritischer Würdigung den Bekundungen des Zeugen HH insoweit Glauben geschenkt werden, als sie insbesondere die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses des Angeklagten und das Beschaffungswesen der DD betreffen, zumal diese sich mit den diesbezüglichen Aussagen der übrigen Zeugen decken (vgl. S. 8 UA). Zum anderen ist in einer Gesamtschau mit den Urteilsgründen nicht ansatzweise erkennbar, inwiefern etwa der punktuelle Hinweis auf eine mögliche Manipulation des Dienstplans betreffend den 29. Januar 2014 Zweifel an den übrigen Feststellungen begründen soll. Vielmehr korrespondiert der Inhalt der in diesem Kontext beigefügten Screenshots ("Grüsse aus Dubai") dergestalt mit den Urteilsausführungen, als zum Rechnungsdatum 3. Februar 2014 (hier: Tat 20) die Leistungsbeschreibung auf "Beratung Dubai Arab Health 26.01.-30.01.2014" lautet und diese in der nachfolgenden Beweiswürdigung auch nicht widerlegt wird (vgl. S. 5, 18 ff. UA).

Dass im Übrigen der Angeklagte die tabellarisch aufgelisteten Leistungen in Rechnung gestellt und an diesen tatsächlich Zahlungen durch die FF erfolgt sind hat, ergibt sich wiederum aus den an die FF adressierten Rechnungen sowie den Kontounterlagen des Angeklagten, welche allesamt aktenkundig sind und - teilweise auch mit dem aus den Urteilsgründen ersichtlichen Inhalt - in das Ausgangsverfahren eingeführt wurden; dies trifft in gleicher Weise auf die in Rede stehenden Vertragsverhältnisse - etwa das "consultancy agreement" - zu (vgl. S. 14 f. UA). Soweit daneben die vom Angeklagten gegenüber der FF geltend gemachte Nachforderung in Höhe von 14.630,- Euro in Rede steht, ergeben sich die diesbezüglichen Feststellungen aus den im Zuge von Wohnungsdurchsuchungen sichergestellten und in der Beweismittelakte 3.5. asservierten Rechnungen vom 8. Februar 2016 (Rechnung IC/2016-02), 17. Februar 2016 (Rechnung IC/2016-03) und vom 15. März 2016 (Rechnung IC/2016-04), mit denen der Angeklagte für insgesamt 20 der vorbezeichneten Rechnungen nachträglich die Umsatzteuer in Höhe von 19% geltend gemacht hat. Der Betrag wurde von der FF gezahlt und am 12. April 2016 und 13. April 2016 auf dem Konto des Angeklagten bei der GG auch gebucht.

Diese Beträge unterliegen in vollem Umfang der Einziehung. Dies gilt im Hinblick darauf, dass der Angeklagte keinen Anspruch auf den Abschluss des ersichtlich allein zur Verschleierung der Provisionszahlungen dienenden "consultancy agreement" hatte, auch, soweit er dafür teilweise tatsächlich Beratungsleistungen erbracht haben sollte (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1999 - 5 StR 470/98, juris Rn. 7; sowie Urteil vom 21.06.2007 - 4 StR 69/07, juris Rn. 10).

Nimmt man schließlich in den Blick, dass die Stellung des insbesondere - wie hier - nach § 73b StGB in Anspruch genommenen Einziehungsbeteiligten nicht mit der eines Angeklagten, sondern eher derjenigen eines Beklagten im Zivilprozess vergleichbar ist, der sich einer quasi-bereicherungsrechtlichen Maßnahme ausgesetzt sieht (so die Gesetzesbegründung; vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 89), vermag das im Übrigen wenig substantiierte Beschwerdevorbringen bzw. das Schweigen des Einziehungsbeteiligten zu den weiteren Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss die Richtigkeit der dort getroffenen Feststellungen und Wertungen nicht in Zweifel zu ziehen.

3.

Die Anordnung der Einziehung erweist sich im Ergebnis auch als verhältnismäßig. Denn angesichts des Umstandes, dass die GG die durch die Abwendungsbürgschaft gesicherte Summe nur bei Vorlage einer rechtskräftigen Entscheidung auskehren wird und nichts dafür ersichtlich ist, dass der Einziehungsbeteiligte außergerichtlich auf die Arrestsumme bzw. den gesicherten Betrag verzichtet hat, kommen weniger einschneidende Maßnahmen als die selbständige Einziehung des tenorierten Betrags nicht in Betracht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.