Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 27.10.2017, Az.: 1 W 34/17

Zulässigkeit eines Gerichtsstandsbestimmungsantrags des Beklagten

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
27.10.2017
Aktenzeichen
1 W 34/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 26430
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • ZIP 2018, 352

Amtlicher Leitsatz

1. Im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind von den Parteien grundsätzlich nur der Kläger und sein Nebenintervenient befugt, den Antrag auf eine Gerichtsstandsbestimmung zu stellen. Der Beklagte hat auch im Fall einer bereits anhängigen oder rechtshängigen Klage kein schützenswertes Interesse, an einer Gerichtsstandsbestimmung durch ein aktives Antragsrecht mitzuwirken.

2. Ist das angerufene Gericht zwar für ihn, nicht aber für einen mitverklagten Streitgenossen zuständig, so ist es - nach einer entsprechenden Rüge - dem Kläger überlassen, ob er ein Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einleitet, hinsichtlich dieses Beklagten Verweisungsantrag stellt oder in Kauf nimmt, dass die gegen diesen Beklagten gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Tenor:

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der vorliegende Gerichtsstandsbestimmungsantrag steht im Zusammenhang mit den derzeit vor den Braunschweiger und den Stuttgarter Gerichten anhängigen Prozessserien anlässlich der sog. "Dieselthematik". Gegenstand der zahlreichen kapitalmarktrechtlichen Klageverfahren sind Ansprüche auf Schadensersatz wegen angeblich aufgrund von Transaktionen mit V- und/oder PSE-Vorzugsaktien erlittenen Spekulationsverlusten. Die Antragstellerin wird in mehr als 1.500 Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Braunschweig und in 112 Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart teilweise allein, teilweise gemeinsam mit der Beklagten zu 2 auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die geltend gemachten Schäden betreffen sowohl Transaktionen mit V-Aktien als auch Transaktionen mit PSE-Vorzugsaktien. Sowohl das Landgericht Braunschweig als auch das Landgericht Stuttgart haben zwischenzeitlich Vorlagebeschlüsse nach dem KapMuG erlassen. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass für sämtliche Ausgangsverfahren nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO allein das Landgericht Braunschweig zuständig sei.

Sie beantragt deshalb,

das Landgericht Braunschweig gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständiges Gericht des Rechtsstreits für beide Beklagte zu bestimmen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dieser Antrag sei zulässig. Der Antrag könne insbesondere auch von der Beklagtenpartei gestellt werden.

Die Antragsbefugnis bestehe lediglich dann nicht, wenn der Antragsteller kein legitimes Interesse an der Klärung der Zuständigkeitsfrage habe, so dass ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies setze indes voraus, dass der Antragsteller das rechtliche Interesse an einer Verfahrenskonzentration auf anderem Wege durchsetzen könne. Diese Möglichkeit bestehe vorliegend aber nicht. Angesichts der rechtsmissbräuchlichen Klageerhebung in unterschiedlichen Gerichtsständen durch die klägerischen Prozessbevollmächtigten, die ihre parallele Inanspruchnahme der Beklagten in Braunschweig und Stuttgart öffentlich als vermeintlich erfolgreiche "Flügelzange" bewerben würden, sei das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin evident. Ein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin ergebe sich insbesondere auch daraus, dass hier entgegen Text, Regelungskontext und Telos des § 32b ZPO widersprechende Entscheidungen mit weitreichenden Folgen drohen würden. Die Antragstellerin habe daher ein überragendes rechtliches Interesse an der gerichtlichen Klärung der Zuständigkeitsfragen durch das Oberlandesgericht Braunschweig. Denn wenn die Kläger durch inkonsistente Klageerhebung bei verschiedenen Gerichten eine Zuständigkeitszersplitterung herbeiführten, müsse es der Antragstellerin möglich sein, diese Zersplitterung wieder zu beseitigen und sämtliche Ausgangsverfahren in ihrem allgemeinen Gerichtsstand zu konzentrieren. Die Antragstellerin habe auch ein schutzwürdiges Interesse an einer einheitlichen Klärung der vorliegenden streitigen Sach- und Rechtsfragen in einem einzigen Musterverfahren, zumal sie auf dessen Einleitung und Durchführung trotz ihrer Beklagtenstellung in den Ausgangsverfahren durch ihr Recht, eigene (ggf. auch ergänzende) Musterverfahrensanträge zu stellen, aktiv Einfluss nehmen könne. Insoweit sei sie ebenfalls "Rechtsuchende" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und damit i.R.d. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO antragsbefugt.

Der Bestimmungsantrag sei auch begründet.

Die Beklagten in den Hauptsacheverfahren, d.h. die Antragstellerin und die Beklagte zu 2 hätten verschiedene allgemeine Gerichtsstände. Der allgemeine Gerichtsstand der Antragstellerin befinde sich im Bezirk des Landgerichts Braunschweig und der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten zu 2 befinde sich im Bezirk des Landgerichts Stuttgart. Die Beklagten seien auch Streitgenossen. Dies ergebe sich daraus, dass beide aus demselben Anlass ("Diesel-Thematik") wegen behaupteter Verletzung von Ad-hoc-Pflichten verklagt würden und somit ein Fall der Gleichartigkeit im Sinne des § 60 ZPO vorliege. Im vorliegenden Fall bestehe zwar nach zutreffender Auffassung ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Antragstellerin und der Beklagten zu 2 für das Ausgangsverfahren am allgemeinen Gerichtsstand der Antragstellerin beim Landgericht Braunschweig. Aufgrund der bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Unsicherheiten sei ein Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aber gleichwohl geboten.

Die Antragstellerin vertritt die Rechtsauffassung, § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründe eine gerichtliche Zuständigkeit für alle Streitgenossen am Sitz des "Ankerbeklagten". Seien zwei Emittenten im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen desselben Kerngeschehens gemeinsam als Streitgenossen verklagt, sei der primär betroffene Emittent als "Ankerbeklagte" anzusehen.

Als zuständiges Gericht sei das Landgericht Braunschweig zu bestimmen. Es sei allein derjenige Emittent "betroffen" im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dessen Unternehmensdaten und -informationen für die kapitalmarktrechtliche Bewertung der Klageansprüche maßgeblich seien. Dies seien vorliegend praktisch ausschließlich Unternehmensinformationen der Antragstellerin.

Die vorstehende Auslegung folge aus dem Normzweck des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bestehe der Normzweck des § 32b ZPO darin, eine Vielzahl individueller Anlegerklagen wegen kapitalmarktrechtlicher Streuschäden in einem einzigen Gerichtsstand zu konzentrieren, um eine Zersplitterung der örtlichen Zuständigkeiten sowie die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zu vermeiden. Die Erfüllung dieses Normzwecks erfordere zwingend, dass möglichst alle sachlich zusammenhängenden individuellen Anlegerklagen in einem einzigen Gerichtsstand kanalisiert und gebündelt würden. Auch bei mehreren potentiell "betroffenen" Emittenten mit unterschiedlichen Sitzgerichtsständen müsse daher eine Konzentration bei einem Gericht erfolgen. Eine Parallelität mehrerer dasselbe Kerngeschehen betreffender Prozessserien an unterschiedlichen Gerichtsständen widerspräche evident dem Sinn und Zweck des § 32b ZPO. Hierfür spreche auch das von dem Gesetzgeber mit der Schaffung des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO verfolgte Ziel der Ressourcenschonung.

Dieses Ergebnis werde durch eine systematische Auslegung des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestätigt. Denn § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründe einen ausschließlichen Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft am Sitz des jeweiligen "Anker-" oder "Hauptbeklagten". Folglich würden nicht nur die unmittelbar gegen den Ankerbeklagten gerichteten Klagen in dessen allgemeinem Gerichtsstand (§§ 12, 17 ZPO) gebündelt, sondern auch alle sonstigen sachlich zusammenhängenden Klagen gegen andere Beklagte. Die Regelung des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründe somit eine "Annexzuständigkeit" für sachlich eng zusammenhängende kapitalmarktrechtliche Klagen, bei denen der jeweilige Hauptbeklagte gleichzeitig der "Ankerbeklagte" für alle weiteren Klagen gegen etwaige weitere Beklagte sei, sofern zwischen den jeweiligen Einzelklagen ein (enger) Sachzusammenhang bestehe. Die Ankerfunktion des betreffenden Hauptbeklagten führe dazu, dass mehrere Beklagte mit unterschiedlichen allgemeinen Gerichtsständen i.S.d. §§ 12, 17 ZPO stets gemeinsam im allgemeinen Gerichtsstand des Ankerbeklagten zu verklagen seien. Um eine Aushöhlung der von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO intendierten Verfahrenskonzentration zu verhindern, sei die Vorschrift auch in den Fällen, in denen mehrere Beklagte Emittenten im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO seien, anzuwenden. In diesem Fall müsse lediglich nach den maßgeblichen teleologischen und systematischen Kriterien entschieden werden, am Sitzgerichtsstand welches Beklagten der Rechtsstreit zu konzentrieren sei.

Für die Betroffenheit sei ausschließlich das Kriterium maßgeblich, bei welchem Emittenten die Unternehmensdaten und -informationen vorlägen, die für die kapitalmarktrechtliche Beurteilung des Falles relevant seien. Demgegenüber sei das "Finanzinstrument", dessen Kursverluste klageweise geltend gemacht würden, als Anknüpfungskriterium für die "Betroffenheit" im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO völlig untauglich. Dies würde nämlich der in Fällen des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO gesetzgeberisch nicht erwünschten "Verfahrenzersplitterung" geradezu Vorschub leisten. Denn bei zwei Emittenten gäbe es zwangsläufig stets zwei "Finanzinstrumente", so dass für die Frage in welchem der beiden in Betracht kommenden allgemeinen Gerichtsständen die Anlegerklagen zu konzentrieren seien, nichts gewonnen würde. Die Verfahrenskonzentration am Sitz des "Ankerbeklagten" folge ferner auch aus der Verfahrensstruktur des Kapitalanleger-Musterverfahrens. Denn ein Musterverfahren nach dem KapMuG könne nur dann sachgerecht durchgeführt werden, wenn die entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen von einem Ausgangsgericht formuliert und dem Oberlandesgericht vorgelegt würden. Die Zuständigkeitskonzentration solle zudem die Abwicklung der Ausgangsverfahren in der ersten Instanz erleichtern, indem beweiserhebliche Fragen durch ein gemeinsames Sachverständigengutachten geklärt werden könnten.

Die Anknüpfung an den Sitz des jeweiligen primär betroffenen Emittenten in den Fällen der passiven Streitgenossenschaft mehrerer Emittenten entspreche auch der deliktischen Rechtsnatur der ausschließlichen Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Denn diese Vorschrift begründe in der Sache für all jene potentiellen Streitgenossen, die nicht "Ankerbeklagte" seien, einen ausschließlichen "besonderen" Deliktsgerichtsstand am Sitz des Ankerbeklagten. Der Gesetzgeber habe nämlich zutreffend erkannt, dass sich die Ziele des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht verwirklichen ließen, wenn einzelne Sachverhalte, aus denen die Kläger jeweils einen Anspruch oder mehrere Ansprüche im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegen mehrere potentielle Streitgenossen mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen ableiten würden, von mehreren Gerichten verhandelt werden könnten. Besondere Bedeutung habe in diesem Zusammenhang der Gesichtspunkt der Sach- und Beweisnähe. Besondere Deliktsgerichtsstände würden insbesondere mit der Erwägung gerechtfertigt, dass dasjenige Gericht am besten geeignet sei, über einen deliktischen Anspruch zu entscheiden, das aufgrund seiner größeren Nähe zum deliktischen Geschehen regelmäßig besser als das Gericht am Beklagtensitz in der Lage sei, einen Sachverhalt aufzuklären, über ihn Beweis zu erheben und ihn zu entscheiden. Dieselben Überlegungen hätten den Gesetzgeber auch bei der Schaffung des § 32b ZPO geleitet.

Auch unabhängig von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO und den mit dieser Norm verbundenen teleologischen und systematischen Erwägungen sei es aufgrund allgemeiner Zweckmäßigkeitserwägungen nach der zu § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergangenen Rechtsprechung geboten, das Landgericht Braunschweig am allgemeinen Gerichtstand der Antragstellerin als allein für das Ausgangsverfahren zuständig zu bestimmen.

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO habe stets nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit zu erfolgen. Der Rechtsstreit und die zugrunde liegende Dieselthematik seien für die Antragstellerin von überragender Bedeutung. Die Beklagte zu 2 sei hingegen allenfalls reflexhaft von der Dieselthematik betroffen. Außer im Rahmen der Anlegerklagen sei sie rechtlich nicht in die Dieselthematik involviert. Sie könne deshalb auch nichts zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Für die Bestimmung des Landgerichts Braunschweig sprächen neben dem Sinn und Zweck des KapMuG und des § 32b ZPO (siehe oben) auch die Vielzahl der beim Landgericht Braunschweig bereits anhängigen Parallelverfahren. Auch der örtliche Schwerpunkt des vorliegenden Rechtsstreits sei eindeutig bei der Antragstellerin zu lokalisieren. Die materiell-rechtliche Frage, ob ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Kapitalmarktinformationen gegen die Antragstellerin und die Beklagte zu 2 bestehe, setze voraus, dass die Antragstellerin ihre kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten verletzt habe. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2 könne somit, wenn überhaupt, in diesem Fall nur gegeben sein, wenn auch die Antragstellerin hafte. Umgekehrt hätten die Geschehnisse bei der Beklagten zu 2 keinerlei Bedeutung für die Haftung der Antragstellerin. Der lokale Schwerpunkt beim Landgericht Braunschweig werde ferner auch durch die Beweisnähe deutlich. Die entscheidenden Unterlagen befänden sich am Sitz der Antragstellerin und zur Aufklärung des Vorfalls könnten nur Zeugen beitragen, die bei der Antragstellerin tätig seien oder tätig gewesen seien. Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass für die Antragstellerin und ihre Aktionäre nach § 29 der Satzung der Antragstellerin für Schadenersatzklagen wegen unterlassener Kapitalmarktinformationen ein ausschließlicher Gerichtsstand am Sitz der Antragstellerin gelte. Hieraus ergebe sich eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung für Klagen von Aktionären gegen die Antragstellerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne ein Gericht im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung deshalb nur das Gericht am Sitz der Antragstellerin als zuständig bestimmen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Bestimmung des Landgerichts Braunschweig als gesamthaft zuständiges Gericht für das Ausgangsverfahren werde auch nicht durch den Stuttgarter Vorlagebeschluss infrage gestellt. Dem Erlass des Stuttgarter Vorlagebeschlusses habe die Sperrwirkung des Braunschweiger Vorlagebeschlusses entgegengestanden. Schon deshalb habe er nicht herangezogen werden könne, um die Zuständigkeitsthese der Beklagten zu 2 zu stützen. Der Stuttgarter Vorlagebeschluss sei darüber hinaus in vielerlei Hinsicht rechtlich hochproblematisch. Nicht zuletzt aufgrund seiner gravierenden rechtlichen Mängel sei der Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart für die Beurteilung der vorliegend zu klärenden Zuständigkeitsfrage vollkommen unerheblich.

Die Antragstellerin ist ferner der Auffassung, es bestehe ein dringendes Bedürfnis, das vorliegende Gerichtsstandsbestimmungsverfahren im Wege der Divergenzvorlage dem BGH vorzulegen. Die beiden mittlerweile mit der Frage der örtlichen Zuständigkeit und der Auslegung des § 32b ZPO parallel befassten Oberlandesgerichte könnten theoretisch zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. In diesem Fall wäre jedenfalls das zeitlich etwas später entscheidende Oberlandesgericht nach § 36 Abs. 3 ZPO verpflichtet, das Verfahren dem Bundesgerichtshof vorzulegen, falls es von der zeitlich vorangehenden Entscheidung abweichen wolle. Da es letztlich vom Zufall abhänge, welches Gericht zuerst entscheide und das andere Oberlandesgericht die zufällig zeitlich kurz zuvor ergangene Entscheidung des anderen Oberlandesgerichts möglicherweise noch gar nicht kenne, sei eine unbeabsichtigte Regelungslücke anzunehmen, die nur durch eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 3 ZPO geschlossen werden könne. Eine Vorlage an den BGH sei vorliegend deshalb auch ohne eine vorherige abweichende Entscheidung durch das jeweils andere mit der Frage der Zuständigkeit und der Auslegung des § 32b ZPO befasste Oberlandesgericht geboten. Eine Klärung durch den BGH sei insbesondere auch deshalb geboten, weil eine Perpetuierung rechtswidriger Zustände drohe, da zwei sich bezüglich der zu klärenden Tatsachenfragen überschneidende, widersprüchliche Vorlagebeschlüsse existierten, deren Wirksamkeit und Reichweite derzeit vollkommen ungewiss sei.

Schließlich beantragt die Antragstellerin, über den vorliegenden Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung mündlich zu verhandeln. Das Gerichtsstands-bestimmungsverfahren sei für sie von überragender rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren sei der Bedeutung der anstehenden Entscheidung nicht angemessen.

Die Kläger sind der Auffassung, die Antragstellerin habe kein "schützenswertes Interesse, an einer Gerichtsstandsbestimmung durch aktives Antragsrecht mitzuwirken".

Sie vertreten ferner die Ansicht, für die Anlegerklagen wegen der "Dieselaffäre" seien sowohl bei dem Landgericht Braunschweig als auch bei dem Landgericht Stuttgart ausschließliche Gerichtsstände eröffnet. Zwischen diesen Gerichtsständen bestünde ein Wahlrecht der Klagepartei gemäß § 35 ZPO. § 32b ZPO regele auch die Fälle, in denen nicht nur ein Emittent "betroffen" sei, sondern mehrere Emittenten. Sinn und Zweck des § 32b ZPO gebiete es, dass auch mehrere betroffene Emittenten unter die ausschließliche gerichtliche Zuständigkeitsnorm fielen. Ganz entscheidend für die Schaffung des § 32b ZPO sei die bezweckte Konzentrationswirkung, welche eine "Zersplitterung der örtlichen Zuständigkeit" vermeiden sollte. Würde der Fall mehrerer betroffener Emittenten nicht unter § 32b ZPO fallen, wären multiple Gerichtsstände eröffnet, namentlich die Gerichtsstände nach § 17 ZPO sowie nach § 32 ZPO. Multiple Zuständigkeiten würden aber Sinn und Zweck des § 32b ZPO zuwiderlaufen.

Betroffen im Sinne des § 32b Abs. 1 Var. 1 ZPO sei derjenige, dessen Wertpapier "Gegenstand der fehlgeschlagenen Kapitalanlage" sei. Für den Fall, dass unterschiedliche Finanzinstrumente unterschiedlicher Emittenten betroffen seien, folge hieraus, dass an den jeweiligen Sitzen dieser betroffenen Emittenten der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b ZPO eröffnet sei. Zwischen diesen Gerichtsständen stehe dem Kläger ein Wahlrecht zu. Dem Wahlrecht stünden auch nicht vereinzelte Stimmen in der Literatur entgegen, wonach es sich bei § 32b ZPO um einen Gerichtsstand der "Sachnähe" handele. Selbst wenn einer der Zwecke des § 32b ZPO der der "Sachnähe" wäre, würde dieser von dem vorrangigen Ziel der Verhinderung einer Zersplitterung von Gerichtsständen und damit dem Ziel der Konzentrationswirkung überlagert.

Die Beklagte zu 2 vertritt die Rechtsauffassung, für sie bestehe eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Soweit im zugrunde liegenden Rechtsstreit Schäden in Vorzugsaktien der Beklagten zu 2 geltend gemacht würden, sei diese der betroffene Emittent im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach der Rechtsprechung sei betroffener Emittent im Sinne des § 32b Abs. 1 ZPO das Unternehmen, auf dessen Wertpapiere sich die streitgegenständliche vermeintlich unterlassene Kapitalmarktinformation ausgewirkt haben soll. Diese Auffassung werde auch von der Literatur geteilt. Für die Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 ZPO komme es mithin bei Klagen bezogen auf angebliche Schäden in Vorzugsaktien der Beklagten zu 2, die auf angeblich unterlassene Kapitalmarktinformationen gestützt würden, auf den Sitz der Beklagten zu 2 an. Dieses Ergebnis entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Ziel des § 32b ZPO sei es, Verfahren hinsichtlich einer öffentlichen Kapitalmarktinformation an einem Ort zu bündeln. Dadurch sollten divergierende Entscheidungen verschiedener Gerichte hinsichtlich einer Kapitalmarktinformation verhindert werden. Darüber hinaus wolle der Gesetzgeber durch die Bestimmung eines ausschließlich zuständigen Gerichts für eine Kapitalmarktinformation eine effiziente und kostengünstige Durchführung der einzelnen Verfahren ermöglichen. Insbesondere sollten etwaige Beweisaufnahmen erleichtert werden.

Der Wille des Gesetzgebers führe im vorliegenden Rechtsstreit zur ausschließlichen Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart, jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2. Etwa relevante Unternehmensdaten der Beklagten zu 2 befänden sich an ihrem Sitz, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts Stuttgart liege. Das gelte insbesondere für die (zu verneinende) Frage, ob und inwieweit die Beklagte zu 2 zurechenbare Kenntnis von den internen Vorgängen bei der Antragstellerin hinsichtlich der Dieselthematik gehabt habe. Ebenso könne nur anhand der Unternehmensdaten der Beklagten zu 2 entschieden werden, inwieweit die Beklagte zu 2 von den angeblichen internen Vorgängen bei der Antragstellerin unmittelbar betroffen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 3 WpHG a.F. sei.

Der systematische Zusammenhang des § 32b ZPO mit dem KapMuG bestätige die Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart hinsichtlich der Beklagten zu 2. Das KapMuG ziele darauf ab, Rechts- und Tatsachenfragen zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation und ihrer angeblichen Auswirkungen gemeinsam zu verhandeln und zu entscheiden. Durch die Bündelung sollten nicht nur die Ausgangsverfahren, sondern auch etwaige Musterverfahren effizienter geführt werden können. Wegen angeblicher Schäden in Vorzugsaktien der Beklagten zu 2 erhobene Klagen seien nach richtigem Verständnis allesamt beim Landgericht Stuttgart zu erheben. Damit trete die vom Gesetzgeber angestrebte Bündelung ein. Das Gericht, das einen Vorlagebeschluss erlasse, entscheide dann auch über eine Aussetzung der Ausgangsverfahren nach § 8 Abs. 1 KapMuG.

Der durch das Landgericht Stuttgart am 28.02.2017 erlassene Vorlagebeschluss werde auch zu einer Verhandlung und Entscheidung von Feststellungszielen hinsichtlich der Beklagten zu 2 am Oberlandesgericht Stuttgart führen. Der Braunschweiger Vorlagebeschluss entfalte keine Sperrwirkung. Insbesondere liege den beiden Vorlagebeschlüssen kein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde. Gemäß § 7 KapMuG sperre ein Vorlagebeschluss die Durchführung eines weiteren Musterverfahrens aber nur dann, wenn beide Musterverfahren den gleichen Lebenssachverhalt beträfen. Maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen gleichem und ungleichem Lebenssachverhalt sei die in Rede stehende Kapitalmarktinformation bzw. der Informationsträger, der sie verkörpere. Bei den streitgegenständlichen, vermeintlich gebotenen Ad-hoc-Mitteilungen handele es sich um unterschiedliche Kapitalmarktinformationen der Antragstellerin einerseits und der Beklagten zu 2 andererseits. Der Braunschweiger Vorlagebeschluss beschäftige sich insbesondere damit, inwieweit bestimmte tatsächliche Vorgänge im Zusammenhang mit der Dieselthematik veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen darstellten und daher von der Antragstellerin durch eine Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen gewesen wären. Angebliche Ad-hoc-Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 seien nicht Gegenstand des Braunschweiger Vorlagebeschlusses. Demgegenüber betreffe der Stuttgarter Vorlagebeschluss Fragen der Haftung der Beklagten zu 2. Im Hinblick auf diese stelle sich (nur) die Frage, ob sie von internen Vorgängen bei der Antragstellerin sowie von Vorgängen bezogen auf die Antragstellerin überhaupt unmittelbar betroffen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG a. F. sein könne.

Damit gehe es um unterschiedliche Feststellungsziele, unterschiedliche Prüfprogramme für die Gerichte und, wenn Ad-hoc-Mitteilungen geschuldet gewesen wären, auch um unterschiedliche öffentliche Kapitalmarktinformationen. Es fehle daher nicht nur an gleichgerichteten Musterverfahrensanträgen (§ 4 Abs. 1 KapMuG), sondern die Entscheidung des Rechtsstreits und der weiteren gegen die Beklagte zu 2 wegen angeblicher Schäden in von der Beklagten zu 2 emittierten Aktien gerichteten Klagen sei auch nicht von der Entscheidung über die Feststellungsziele des Braunschweiger Vorlagebeschlusses abhängig (§ 8 Abs. 1 KapMuG).

Eine andere Bewertung folge auch nicht aus dem Feststellungsziel XXIV. des Braunschweiger Vorlagebeschlusses. Mit diesem Feststellungsziel begehrten die Kläger die Feststellung, dass die Antragstellerin auch für Schäden von Anlegern hafte, die Vorzugsaktien der Beklagten zu 2 (und gerade keine Aktien der Antragstellerin) erworben hätten. Den Klägern gehe es dabei jedoch ausschließlich um angebliche Ad-hoc-Pflichtverletzungen der Antragstellerin.

Eine Zuständigkeit des Landgerichts Braunschweig lasse sich auch nicht dadurch begründen, dass die Beklagte zu 2 im Zusammenhang mit der "Dieselthematik" in sechs Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig verklagt würde. Das Landgericht Braunschweig sei gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 71 Abs. 2 Nr. 3 GVG unzuständig, soweit die Kläger gegenüber der Beklagten zu 2 angebliche Schäden in Vorzugsaktien der Beklagten zu 2 geltend machten. Insoweit seien die gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Klagen vor dem Landgericht Braunschweig schlicht zurückzuweisen. Anlass oder Rechtfertigung für einen Antrag nach § 36 ZPO bestehe nicht. Von der (ausschließlichen) gesetzlichen Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart könne nicht aufgrund angeblicher Effizienzgesichtspunkte abgewichen werden. Diese bestünden im Übrigen auch im Hinblick auf die Beklagte zu 2 und die gegen sie gerichteten Klagen wegen angeblicher Schäden in Vorzugsaktien nicht. Vielmehr würden es Effizienzgesichtspunkte (in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage) gebieten, die derzeit in Braunschweig anhängigen Verfahren hinsichtlich der Beklagten zu 2 und der von ihr emittierten Wertpapiere an das Landgericht Stuttgart zu verweisen. Am Landgericht Stuttgart seien im Zusammenhang mit der Dieselthematik ca. 160 Verfahren gegen die Beklagte zu 2 anhängig. Es habe dort auch am 30.09.2016 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. In diesen Verfahren würden (angebliche) Ad-hoc-Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 und angeblich daraus folgende Schäden in Vorzugsaktien der Beklagten zu 2 behandelt.

Gleiches gelte mutatis mutandis auch für die Antragstellerin, soweit Ansprüche gegen sie im Hinblick auf vermeintliche Schäden in ihren Aktien bzw. aufgrund angeblich unterlassener Ad-Hoc-Mitteilungen geltend gemacht würden. Aus der Tatsache, dass für Klagen im Zusammenhang mit der "Dieselthematik" hinsichtlich der Antragstellerin das Landgericht Braunschweig und hinsichtlich der Beklagten zu 2 das Landgericht Stuttgart ausschließlich örtlich zuständig seien, folge indes gerade nicht die Notwenigkeit einer Gerichtsstandsbestimmung für solche Verfahren nach § 36 ZPO. Es sei Sache eines Klägers, die beklagte Partei vor dem zuständigen Gericht zu verklagen. Ein Wahlrecht habe die Klägerseite nur, falls es mehrere zuständige Gerichte geben sollte. Das sei vorliegend nicht der Fall. Eine Gerichtsstandsbestimmung komme nach dem klaren Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch nur in Betracht, wenn es um verschiedene allgemeine Gerichtsstände gehe und für die Beklagten kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand begründet sei. Dies sei bei Klagen im Zusammenhang mit der "Dieselthematik" nicht der Fall. Für beide Beklagte sei vorliegend eine ausschließliche Zuständigkeit (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO) begründet.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung, wonach ausnahmsweise bei Vorliegen einer ausschließlichen Zuständigkeit eine Gerichtsstandsbestimmung möglich sein soll. Diese Entscheidungen beträfen entweder Verfahren, in denen lediglich für einen der Streitgenossen eine ausschließliche Zuständigkeit vorgelegen habe oder in denen es um Fragen der sachlichen Zuständigkeit gegangen sei. Diese Entscheidungen seien nicht auf den Fall übertragbar, dass für beide Beklagte eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit begründet sei.

II.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist unzulässig.

Im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind von den Parteien grundsätzlich nur der Kläger und sein Nebenintervenient befugt, den Antrag auf eine Gerichtsstandsbestimmung zu stellen (BGH, Beschluss vom 09.10.1986 - I ARZ 487/86; Beschluss vom 23.05.1990 - I ARZ 240/90; Beschluss vom 07.03.1991 - I ARZ 15/91; Roth, in: Stein-Jonas, 23. Aufl., § 37 Rn. 1; Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, 4. Aufl., § 37 Rn. 3; Patzina, in: MüKoZPO, 5. Aufl., § 36 Rn. 18; Zöller/Vollkommer, 31. Aufl, § 36 Rn. 1; Toussaint, in: BeckOKZPO, Stand 15.06.2017, § 37 Rn. 1; Musielak/Voit/Heinrich, 14. Aufl., § 37 Rn. 2).

Der Beklagte hat auch im Fall einer bereits anhängigen oder rechtshängigen Klage kein schützenswertes Interesse, an einer Gerichtsstandsbestimmung durch ein aktives Antragsrecht mitzuwirken (BGH, Beschluss vom 09.10.1986 - I ARZ 487/86). Sieht er sich vor einem unzuständigen Gericht verklagt, so kann er die Rüge der (örtlichen) Unzuständigkeit erheben und Klageabweisung beantragen (BGH, a.a.O.). Ist das angerufene Gericht zwar für ihn, nicht aber für einen mitverklagten Streitgenossen zuständig, so ist es - nach einer entsprechenden Rüge - dem Kläger überlassen, ob er ein Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einleitet, hinsichtlich dieses Beklagten Verweisungsantrag stellt oder in Kauf nimmt, dass die gegen diesen Beklagten gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen wird (BGH, a.a.O.). Das Interesse eines Beklagten, zusammen mit (einfachen) Streitgenossen verklagt zu werden, schützt die Zivilprozessordnung nicht (BGH, a.a.O.; BGH, Beschluss vm 07.03.1991 - I ARZ 15/91).

Nach diesen Maßgaben besteht kein Antragsrecht der Beklagten zu 1. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles führen nicht zu einer abweichenden Bewertung.

Weder das Interesse der Beklagten zu 1 an einer einheitlichen Klärung der streitigen Sach- und Rechtsfragen in dem "Dieselkomplex" in einem einzigen Musterverfahren noch die von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO intendierte Konzentrations- und Bündelungswirkung begründen im vorliegenden Verfahren ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an einer Gerichtsstandsbestimmung. Gleiches gilt für die von der Beklagten zu 1 in Bezug auf die Verfahrensbündelung angestellten Erwägungen der Zweckmäßigkeit und des übergeordneten allgemeinen Interesses an der effizienten Vorbereitung und Durchführung eines Musterverfahrens.

Für diese Zielsetzungen ist das vorliegende Gerichtsstandsbestimmungsverfahren nämlich ungeeignet. Das vorliegende Bestimmungsverfahren ist nicht auf die Bestimmung des zuständigen Gerichts für beide Musterverfahren gerichtet. Eine solche Konzentrierung verschiedener Musterverfahren gegen verschiedene Emittenten sieht § 36 ZPO auch nicht vor. Der Bestimmungsantrag ist deshalb auch - richtigerweise - nur auf die Bestimmung des zuständigen Gerichts für das Verfahren 5 O 255/17 gerichtet.

An das Ergebnis dieses Bestimmungsverfahrens wären aber das Landgericht und das Oberlandesgericht Stuttgart in Bezug auf die Zulässigkeit des Vorlagebeschlusses vom 28.02.2017 nicht gebunden. In den dem Vorlagebeschluss zugrunde liegenden Verfahren ist die hiesige Antragstellerin auch nicht beteiligt. Sie kann deshalb in diesen Verfahren folglich keine Gerichtsstandsbestimmung erwirken (vgl. Senat, Beschluss vom 10.04.2017 - 1 W 158/16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.08.2017 - 7 AR 2/17).

Eine mögliche Gerichtsstandsbestimmung des Senats würde vor diesem Hintergrund gerade nicht zu einer "endgültigen Klärung" der Zuständigkeitsproblematik führen.

Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus der "andersartigen Rolle" der Beklagten zu 1 im Musterverfahren. Das vorliegende Bestimmungsverfahren hat - wie vorstehend ausgeführt - keine Auswirkungen auf das oder die Musterverfahren. Die Rolle der Beklagten zu 1 im Musterverfahren wirkt sich deshalb auch nicht auf die Antragsbefugnis in diesem Bestimmungsverfahren aus.

Schließlich folgt eine Antragsbefugnis der Beklagten zu 1 auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer etwaigen Missbräuchlichkeit der Klageerhebung durch einzelne Kläger. Die Klägervertreter des hier zugrunde liegenden Ausgangsverfahrens vertreten die Rechtsauffassung, dass ihnen ein Wahlrecht gemäß § 35 ZPO zwischen den Gerichtsstandorten Braunschweig und Stuttgart zustehe. Unabhängig von der Frage, ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist, folgt aus der Klageerhebung "mal in Stuttgart und mal in Braunschweig" kein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Den Parteien eines Rechtsstreits ist es grundsätzlich nicht verwehrt, den Ort der Klageerhebung von prozesstaktischen Erwägungen abhängig zu machen. Der bloßen Umstand, dass die Klägervertreter dieses Vorgehen auf ihrer Internetseite als "Flügelzange" bewerben, führt nicht dazu, dass dieses grundsätzlich zulässige prozesstaktische Verhalten als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist.

Unabhängig hiervon fehlt ein schutzwürdiges Interesse an einer "verbindlichen Klärung" der Zuständigkeitsproblematik für den gesamten Verfahrenskomplex im vorliegenden Fall schon deshalb, weil der Senat in den parallelen Bestimmungsverfahren 1 W 31/17, 1 W 32/17, 1 W 33/17 und 1 W 35/17 die maßgeblichen Zuständigkeitsfragen in der Sache entscheidet.

Ein Anlass für die Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof gemäß § 36 Abs. 3 ZPO besteht nicht. Die Entscheidung weicht nicht von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs ab. Sie steht vielmehr im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s.o.). Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts, die eine Antragsberechtigung eines Beklagten für ein Gerichtsstandsbestimmungs-verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO im Fall einer "Prozessserie" nach § 32b ZPO oder eine analoge Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf solche "Prozessserien" bejaht haben, sind nicht ersichtlich.