Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 18.03.1994, Az.: 4 U 51/93

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
18.03.1994
Aktenzeichen
4 U 51/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 25339
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1994:0318.4U51.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 26.08.1993 - AZ: 10 O 127/93

Fundstellen

  • BauR 1994, 667 (amtl. Leitsatz)
  • IBR 1994, 413 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 1994 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht . und der Richter am Oberlandesgericht . und .

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 26. August 1993 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Beschwer der Klägerin beträgt 60.172,06 DM.

Tatbestand:

1

Die Klägerin macht mit der Berufung einen Teil ihres erstinstanzlichen Klaganspruchs weiterhin geltend. Sie begehrt aufgrund des § 6 Nr. 6 VOB/B Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden ist, daß Geräte, die sie zur Ausführung von Tiefbauarbeiten im Auftrage der Beklagten einsetzen wollte, aufgrund eines Umstandes, den die Beklagte zu vertreten habe, vom 25. Juni 1992 12.00 Uhr bis zum 12. Juli 1992 einschließlich stillstanden.

2

Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (UA S. 2) Bezug genommen.

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Im ersten Rechtszuge hat die Klägerin gestutzt auf die sog. Baugeräteliste (BGL) 91 unter Hinzunahme des 13. Juli 1992 als Stillstandstag für insgesamt 100 Arbeitsstunden an zwölfeinhalb Arbeitstagen 88.156,56 DM Stillstandskosten nebst Verzugszinsen verlangt.

4

Wegen des Vorbringens der Klägerin im einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (UA S. 3) sowie die in der I. Instanz eingereichten Schriftsätze der Klägerin verwiesen.

5

Insgesamt hat die Klägerin im ersten Rechtszuge beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie Klägerin 102.622,46 DM nebst 13,5 % Zinsen seit dem 06.08.1992 zu zahlen.

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Die Beklagte hat

7

Klagabweisung

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beantragt.

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Sie hat die Auffassung vertreten, daß sie die Unterbrechung der Bauarbeiten nicht zu vertreten habe. Zur Schadenshöhe hat sie sich auf ein Privatgutachten der Firma . GmbH vom 16. September 1992 berufen, das vor allem durch die Anwendung eines geringeren Abschreibungssatzes zu geringeren Stillstandskosten kommt. Die weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens ergeben sich aus den in I. Instanz eingereichten Schriftsätzen, auf die verwiesen wird.

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Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 14.465,90 DM zzgl. 13,5 % Verzugszinsen vom 06. August 1992 an verurteilt und die Klage im übrigen, nämlich wegen der Gerätestillstandskosten, abgewiesen. Es hat die Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus § 6 Nr. 6 VOB/B bejaht, die Gerätestillstandskosten als Schaden jedoch nicht anerkannt, weil die Klägerin insoweit den Schaden nicht konkret berechnet habe. Die Klägerin hätte hinsichtlich jedes Geräts darlegen müssen, daß es ohne das Schadensereignis anderweitig genutzt worden wäre. Im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

11

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Klägerin Gerätestillstandskosten auf der Grundlage des Gutachtens der Firma . und führt zur Begründung aus, sie habe die Baugeräte, die aufgrund eines von der Beklagten zu vertretenden Umstandes stillgestanden hätten, in dieser Zeit nicht anderweitig einsetzen können; ohne das Schadensereignis wären die Geräte während der üblichen Betriebsstunden im Einsatz gewesen; sie sei mit ihren Geräten auftragsgemäß 1992 voll ausgelastet gewesen.

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Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte über den ausgeurteilten Betrag hinaus zu verurteilen, an sie 60.172,06 DM nebst 13,5 % Zinsen seit dem 06.08.1992 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

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und führt hierzu aus, daß die Klägerin auch in der Berufung die erforderliche konkrete Schadensberechnung nicht vorgelegt habe.

15

Auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 10. November 1993, die Erwiderung der Beklagten vom 17. Januar 1994 und die Sitzungsniederschrift vom 15. Februar 1994 wird Bezug genommen.

Gründe

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Die zulässige Berufung ist zurückzuweisen. Die Klage, soweit sie mit der Berufung weiterverfolgt wird, ist nicht begründet, weil die Klägerin die Höhe des durch den Gerätestillstand entstandenen Schadens nicht ausreichend konkret i.S. des § 6 Nr. 6 VOB dargelegt hat.

17

Die Klägerin hätte vortragen müssen, welche zusätzliche Einsatzzeit sich für jedes für die Baustelle in . benötigte Gerät dadurch ergab, daß es in der Zeit zwischen dem 25. Juni 1992 um 12.00 Uhr und dem 09. Juli 1992 einschließlich nicht eingesetzt werden konnte. Sie hätte also vortragen müssen, bis zu welchem Zeitpunkt bei störungsfreiem Ablauf jedes Gerät gebraucht worden wäre, ob und wo es anschließend eingesetzt worden wäre und wie lange es infolge des Stillstandes auf der Baustelle tatsächlich eingesetzt wurde und eingesetzt werden mußte und welche Folgen die für den nachfolgend geplanten Geräteeinsatz hatte.

18

Hierzu fehlt jegliche Vereinzelung. Auch soweit die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat behauptet hat, die auf der Baustelle der Beklagten eingesetzte Fräse hätte ab 05. August 1992 in . und anschließend in . eingesetzt werden sollen; durch die Verzögerung auf der Baustelle der Beklagten hätten sie die Nachfolgeaufträge nur deshalb ausführen können, weil sie die Fräse Tag und Nacht im Einsatz gehabt habe, ist ein Verzögerungsschaden von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden. Inwiefern durch die notwendige Intensivierung des Geräteeinsatzes der Klägerin ein Schaden entstanden ist, kann dem Vorbringen der Klägerin nicht entnommen werden. Dies aber wäre zur Darlegung eines konkreten Schadens notwendig gewesen.

19

Der Stillstand der Geräte als solcher führt noch nicht zu einem Schaden, denn bei störungsfreier Durchführung der Bauarbeiten wären die Geräte in der Stillstandszeit, die praktisch am Anfang der gesamten Bauzeit lag, für den Auftrag der Beklagten im Einsatz gewesen. Die Klägerin hätte die Geräte also nicht anderweitig verwenden können (vgl. KG ZfBR 1984, 129). Auf die Entscheidung des Kammergerichts, die dezidiert feststellt, daß die Stillstandszeit der Geräte als solche noch nicht die Grundlage einer konkreten Schadensberechnung i.S.d. § 6 Nr. 6 VOB/B sein kann, ist die Klägerin im angefochtenen Urteil hingewiesen worden. Ihre pauschale Behauptung, ihre Geräte seien 1992 auftragsgemäß voll ausgelastet gewesen, reicht weder aus für die konkrete Schadensdarlegung, noch ist sie als Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO ausreichend.

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Es ist aber auch im Rahmen einer konkreten Schadensberechnung nicht zulässig, ohne Rücksicht auf den geplanten Bauablauf einerseits und den tatsächlichen Bauablauf andererseits davon auszugehen, daß jedes Gerät genauso lange, wie die Stillstandszeit dauerte, auf der Baustelle länger verbleiben mußte, als es dort hätte verbleiben müssen, wenn der Stillstand nicht eingetreten wäre. Gerade der Vergleich der durch den Stillstand eingetretenen Lage mit derjenigen, die bestanden hätte, wenn der Stillstand als schadensstiftendes Ereignis nicht eingetreten wäre, muß konkret angestellt werden (Vgl. BGHZ 97, 163). Keineswegs muß sich die Bindung eines jeden Geräts an die Baustelle in . im Bauablauf, wie er tatsächlich stattgefunden hat, genau oder auch nur mindestens um die Stillstandszeit verlängert haben. Das Gerät kann nach Wiederaufnahme der Arbeiten -;etwa durch höheren Personaleinsatz oder zusätzlichen Einsatz von Maschinen und Geräten-; kürzer genutzt worden sein, als dies ohne den Stillstand geplant war und in die Tat umgesetzt worden wäre. Diese Möglichkeit kann im Rahmen einer konkreten Schadensberechnung nicht vernachlässigt werden. Auf die konkrete Darlegung der Verlängerung des Einsatzes jedes Gerätes auf der Baustelle, richtiger seine Bindung an die Baustelle durch Stillstand und Betreiben des Geräts zusammen infolge des Stillstandes, kann also nicht verzichtet werden.

21

Der Klägerin war auch ein substantiierter Tatsachenvortrag zum tatsächlichen und zum hypothetischen Bauablauf möglich und zuzumuten. Erst dieser Vortrag hätte dem Senat eine hinreichende Schätzungsgrundlage wenigstens für die Ermittlung eines gewissen Mindestschadens verschafft (vgl. BGH, a.a.O.).

22

Für die Berücksichtigung des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 21. Februar 1994 besteht angesichts der Tatsache, daß die Klägerin bereits im angefochtenen Urteil auf die Notwendigkeit einer konkreten Schadensberechnung hingewiesen worden ist, und insbesondere die Beklagte mit der Berufungserwiderung vorgetragen hat, daß auch das Berufungsvorbringen der Klägerin der zu fordernden genügenden Schadensberechnung nicht genüge, keine Veranlassung.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO. Die Beschwer der Klägerin ist gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt worden.