Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 01.10.1998, Az.: 2 U 63/98

Formularmäßiger Ausschluss der Gewährleistung im Gebrauchtwagenhandel; Werkvertraglicher Charakter einer eingeräumten Nachbesserungsgarantie; Verjährungsfrist im Rahmen von Gebrauchtwagen-Garantiebedingungen

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
01.10.1998
Aktenzeichen
2 U 63/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 18325
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1998:1001.2U63.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG ... - 18.02.1998 - AZ: 9 O 329/97

Fundstellen

  • MDR 1999, 294 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 1998, 352-353

In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts B.
auf die mündliche Verhandlung
vom 17. September 1998
durch
den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Landgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Februar 1998 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts ... wird auf seine kosten und vorläufig vollstreckbar zurückgewiesen.

Beschwer des Klägers: Wertstufe bis DM 25.000,00.

Entscheidungsgründe

1

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

2

1.

Soweit der Kläger eine Kaufpreisrückzahlung nach Wandlung nebst damit zusammenhängender Folgekosten und Verzugsschäden begehrt (§§ 462, 465, 467, 346, 348, 286 BGB), kann er mit diesen Ansprüchen schon deshalb nicht durchdringen, weil Wandlungsansprüche nach Ziff. VII der wirksam in den Vertrag einbezogenen Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen und nach Ziff. VI Abs. 3 Satz 2 der gleichfalls vereinbarten Gebrauchtwagen-Garantiebedingungen in zulässiger Weise ausgeschlossen worden sind. Es ist mit Blick auf § 11 Nr. 10 AGBG anerkannt, daß im Gebrauchtwagenhandel, um den es vorliegend geht, die Gewährleistung auch formularmäßig ausgeschlossen werden kann (BGH 23.11.1994 NJW 1995, 516, 517) [BGH 23.11.1994 - VIII ZR 19/94]. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf vorstehend genannte Entscheidung die Auffassung vertreten hat, daß er auch im Falle einer Nachbesserungsgarantie bei Scheitern der Nachbesserung die Wandlung des Kaufvertrages verlangen könne, scheitert das dort gewonnene Auslegungsergebnis vorliegend schon daran, daß im Gegensatz zur dortigen Fallgestaltung die angesprochenen Gebrauchtwagen-Verkaufs- und Gebrauchtwagen-Garantiebedingungen wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen sind und mögliche Wandlungsansprüche nach ihrem klaren Wortlaut in jedem Falle ausschließen. Darüber hinaus greift auch gegenüber diesem Anspruch die nachstehend erörterte Verjährungseinrede durch.

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2.

Die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Reparaturkostenerstattung scheitern allein schon an der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede (§ 222 Abs. 1 BGB). Die zum Lauf der Verjährungsfrist vom Kläger herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (20.12.1978 NJW 1979, 645; 12.03.1986 NJW 1986, 1927, 1928) [BGH 12.03.1986 - VIII ZR 332/84] ist schon deshalb nicht einschlägig, weil es dort um Auslegungsfragen im Rahmen einer unselbständigen, die gesetzliche Gewährleistung überlagernden Garantie geht. Vorliegend ist die gesetzliche Gewährleistung dagegen vollständig ausgeschlossen und durch einen hiervon in wesentlicher Hinsicht abweichende Nachbesserungsgarantie ersetzt worden. Diese wiederum bestimmt unter Ziff. III Abs. 3 der Gebrauchtwagen-Garantiebedingungen mit einer Eindeutigkeit, die abweichende Auslegungsmöglichkeiten verschließt, daß sämtliche Ansprüche aus der Garantie in 18 Monaten seit der am 01.06.1995 erfolgten Auslieferung verjähren.

4

Wegen des spätestens am 02.12.1996 erfolgten Verjährungseintritts hat das erst am 10.02.1997 vom Kläger beantragte selbständige Beweisverfahren (LG ... 9 OH 2/97) keine Verjährungsunterbrechung mehr bewirken können. Das gilt auch dann, wenn man angesichts des werkvertraglichen Charakters der eingeräumten Nachbesserungsgarantie die Verjährung für diejenigen Zeiten entsprechend § 639 Abs. 2 BGB als gehemmt ansehen will, in denen sich die Beklagte für bestimmte Mängel einer Mangelprüfung und -beseitigung unterzogen hat. Soweit es um die unter Ziff. 3 des Beweissicherungsantrages beanstandeten Motorgeräusche geht, hat sich die Beklagte nach eigenem Vorbringen des Klägers in der Verhandlung vor dem Senat Anfang 1996 einmal über einen Zeitraum von max. 4 bis 6 Wochen hinweg um eine Beseitigung der beanstandeten Motorgeräusche bemüht und bei dieser Gelegenheit zweimal Hydrostößel ausgewechselt. Auf die erneute Mängelrüge vom 12.11.1996 und die damit einhergehende Mangelbeseitigungsaufforderung vom 25.11.1996 hat die Beklagte dagegen nicht mehr reagiert, so daß wegen dieses angeblichen Mangels die Verjährung allenfalls bis Mitte Januar 1997 gehemmt war.

5

Hinsichtlich der weiterhin gerügten im Beweissicherungsantrag unter Ziff. 1 und 2 aufgegriffenen Getriebemängel hat der Kläger in der Verhandlung vor dem Senat selbst erklärt, daß er im März/April 1996 sowohl gegenüber der Werkstatt als auch gegenüber der Geschäftsleitung der Beklagten unzulässige Getriebegeräusche beanstandet habe, ohne daß hierauf reagiert worden sei. Eine Verjährungshemmung ist zu diesem Zeitpunkt also nicht eingetreten. Die Verjährung war vielmehr im Anschluß an die am 07.08.1996 durchgeführte Reparatur für zunächst einmal höchstens 1 Woche gehemmt. Denn nach den eigenen Erklärungen des Klägers hat sich die Beklagte bei Beendigung dieser Reparatur gerade nicht bereit erklärt, am Getriebe selber noch etwas zu machen. Diese Haltung hat sie zwar aufgrund einer erneuten Mängelbeseitigungsaufforderung des Klägers vom 20.09.1996 wieder geändert und sich nach einer am 25.09.1996 durchgeführten Probefahrt zu einem Getriebeaustausch bereit erklärt. Die damit zusammenhängenden Reparaturen haben sich allerdings nur bis zum 20.11.1996 hingezogen. An diesem Tage hat die Beklagte nach eigenem Vorbringen des Klägers die Mängel als beseitigt angesehen und eine tags darauf erneut geltend gemachte Mängelrüge wiederum abschlägig beschieden, so daß spätestens am 21.11.1996 eine Verjährungshemmung beendet war. Rechnet man beide Hemmungszeiträume zusammen, kommt man auf höchstens 64 Tage, so daß auch hinsichtlich des als fehlerhaft beanstandeten Getriebes die Verjährungsfrist spätestens am 05.02.1997 abgelaufen war und eine Verjährungsunterbrechende Wirkung des Beweisverfahrens ins Leere gegangen ist.

6

Ohne Erfolg macht der Kläger schließlich zur Bemessung der in Ziff. III Abs. 3 der Gebrauchtwagen-Garantiebedingungen geregelten Verjährungsfrist geltend, daß ein Fristablauf ohne Rücksicht auf eine Erledigung der bis dahin gegenüber der Beklagten geltend gemachten Gewährleistungsansprüche zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden führe und deshalb einer Inhaltskontrolle am Maßstab des AGBG nicht standhalte. Denn das der Nachbesserungsgarantie am nächsten liegende dispositive Recht, nämlich das Werkvertragsrecht, sieht in § 638 Abs. 1 BGB eine vergleichbare Verjährungsregelung vor. Danach beginnt die Verjährung mit der Abnahme in 6 Monaten unabhängig vom Zeitpunkt der Entdeckung oder Entdeckbarkeit des Mangels, so daß eine Mangelverjährung selbst dann eintritt, wenn der Besteller infolge fehlender Mangelkenntnis oder wegen Auftretens eines Mangels kurz vor Verjährungseintritt praktisch keine Möglichkeit mehr hat, noch rechtzeitig Mangelansprüche durchzusetzen (Münchener Kommentar/Soergel, BGB, Bd. 4, 3. Aufl., § 638 Rdnr. 44). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihren Gewährleistungsbedingungen eine vergleichbare, mit einer längeren Verjährungsfrist ausgestattete Regelung gewählt hat.

7

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwer des Klägers: Wertstufe bis DM 25.000,00.