Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.11.1982, Az.: 12 WF 333/82
Zulässigkeit eines Auskunftsbegehrens und Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages; Auskunftsanspruch erst nach Ende des Güterstandes; Voraussetzungen von Zugewinnausgleichsforderungen; Zeitpunkt des Eintritts der Gütertrennung; Zulässigkeit der Stufenklage auf Beendigung der Zugewinngemeinschaft und Zahlung eines sich daraus ergebenden Betrages
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.11.1982
- Aktenzeichen
- 12 WF 333/82
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1982, 16058
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1982:1129.12WF333.82.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Alfeld - 28.10.1982 - AZ: 6 F 82/82
Rechtsgrundlagen
- § 1363 Abs. 2 BGB
- § 1372 BGB
- § 1386 Abs. 3 BGB
- § 1388 BGB
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Alfeld vom 28. Oktober 1982 wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 DM.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin, hat keinen Erfolg.
Das Familiengericht hat der Klägerin Prozeßkostenhilfe für die Stufenklage, mit der die Klägerin Auskunft und nach erfolgter Rechnungslegung einen Zugewinnausgleichsbetrag begehrt, im Ergebnis zu Recht versagt.
Die Klage auf Auskunft und auf Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages ist zur Zeit nicht zulässig. Eine solche Klage ist erst möglich, wenn das Ende des bisherigen Güterstandes, der Zugewinngemeinschaft zwischen beiden Eheleuten, herbeigeführt worden ist. Erst mit dem Ende des Güterstandes ergibt sich ein Auskunftsanspruch und ein Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Zugewinnausgleichsforderung. Die Zahlung eines bestimmten Betrages als Zugewinnausgleich kann nicht gefordert werden, bevor die Zugewinngemeinschaft beendet worden ist. Dies ergibt sich aus den einzelnen gesetzlichen Vorschriften. So bestimmt § 1363 Abs. 2 Satz 2 BGB, daß der Zugewinn ausgeglichen wird, wenn die Zugewinngemeinschaft endet. Auch § 1372 BGB setzt die Beendigung des Güterstandes als Voraussetzung für eine Zugewinnausgleichsforderung voraus. Eine solche Gütertrennung tritt im Falle des § 1386 Abs. 3 nicht bereits mit der Erhebung der Klage, sondern nach § 1388 BGB erst mit der Rechtskraft des Urteils ein, das auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erkennt. Lediglich für die anschließend vorzunehmende Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung tritt an die Stelle des Zeitpunktes der Beendigung des Güterstandes - also der Rechtskraft des Urteils nach §§ 1386 Abs. 3, 1388 BGB - der Zeitpunkt, in dem die Klage auf vorzeitigen Ausgleich erhoben, also zugestellt worden ist (§ 1387 BGB). Auch die Auskunftspflicht wird in § 1379 Abs. 1 BGB ausdrücklich an die Beendigung des Güterstandes geknüpft. Vorher kann ein Ehegatte von dem anderen nicht Auskunft über den Bestand des Endvermögens verlangen. Anderenfalls würde er eine Auskunft erhalten können, obgleich noch nicht rechtskräftig feststeht, ob überhaupt ein Ende des Güterstandes herbeigeführt wird. Lediglich für den Fall der Scheidung ist in § 1379 Abs. 2 BGB eine Ausnahme vorgesehen worden; danach kann bereits Auskunft mit der Stellung des Scheidungsantrags begehrt werden. Diese Vorschrift ist durch das neue Ehescheidungsrecht bedingt. Während früher zunächst das Scheidungsverfahren durchgeführt wurde, bevor auf Zugewinnausgleich geklagt werden konnte, also zunächst mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft herbeigeführt wurde und erst danach Auskunft und Zugewinn verlangt werden konnten, ist dieses unter Geltung des neuen Eherechts seit dem 1. Juli 1977 anders. Nach dem neuen Ehescheidungsrecht soll mit der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs gleichzeitig über die Folgen der Scheidung entschieden sein. Dazu bedarf es bereits einer vorherigen Klärung der Vermögenslage, so daß bereits mit dem Scheidungsausspruch auch der Zugewinn entschieden werden kann. Dies aber ist ein Ausnahmefall gegenüber den sonstigen Tatbeständen der Beendigung der Zugewinngemeinschaft. Für diese bleibt es bei der bisherigen Regelung, daß zunächst das Ende der Zugewinhgemeinschaft herbeizuführen ist, bevor die sich daraus ergebenden Folgen der Auskunftspflicht und eines Zahlbetrages eingeklagt werden können.
Dem steht nicht entgegen, daß nach der überwiegenden Meinung die Klage auf Beendigung der Zugewinngemeinschaft mit der Stufenklage auf anschließende Auskunft und Zahlung eines sich danach ergebenden Betrages verbunden werden kann (Münch.Komm./Gernhuber, §§ 1385, 1386 Rdn. 36; Erman/Heckelmann, 7. Aufl., § 1385 Rdn. 4; Soergel/Lange, 11. Aufl., § 1385 Rdn. 9; Jauernig/Schlechtriem, 2. Aufl., §§ 1385, 1386 Anm. 5; Palandt/Diederichsen, 41. Aufl., § 1385 Anm. 2; a.A. Baur, FamRZ 1962, 509). Soweit eine Verbindung bejaht wird, wird nämlich gleichzeitig gefordert, daß über den ersten Teil, die Beendigung des Güterstandes, zunächst durch Teilurteil entschieden wird und daß erst nach Rechtskraft dieses Teilurteiles die damit verbundene Stufenklage fortgeführt werden darf.
Wenn § 1386 Abs. 3 BGB von einer Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns spricht, so ist damit nicht eine Klage auf Zahlung eines bestimmten Betrages gemeint, sondern eine Klage, mit der von dem Gericht die Anordnung des vorzeitigen Zugewinnausgleichs verlangt wird. Das Gericht hat ein Gestaltungsurteil in diesem Sinne, etwa mit dem Tenor "Der Zugewinn der Parteien ist vorzeitig auszugleichen" zu erlassen, wenn die Voraussetzungen nach § 1386 Abs. 3 BGB gegeben sind. Dieses Gestaltungsurteil beendet mit seiner Rechtskraft den bisherigen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und führt die Gütertrennung ein (§ 1388 BGB). Wäre mit § 1386 Abs. 3 BGB die Klage auf einen Zahlbetrag gemeint, so könnte sie von dem Beklagten durch Zahlung des entsprechenden Betrages abgewendet werden, ohne daß es gleichzeitig zur Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft kommt, da es ja dann nicht mehr zu einem Urteil über die Klage kommt. Auch kann die Klage nach § 1386 Abs. 3 BGB ebenso wie diejenige nach § 1385 BGB nicht nur von dem Ausgleichsberechtigten, sondern auch von dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten erhoben werden, wenn dieser z.B. vermeiden will, daß der Unterschiedsbetrag zwischen beiden Endvermögen noch größer oder verschleierter wird. Daß unter einer Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns im Sinne der §§ 1385, 1386 BGB etwas anderes zu verstehen ist als die Einklagung eines Zahlbetrages, sei es auch mit einer Stufenklage, ergibt sich auch aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den Streitwert einer solchen Klage. Dazu hat der Bundesgerichtshof (NJW 1973, 369) entschieden, daß der Streitwert einer solchen Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns in der Regel mit 1/4 des zu erwartenden Zugewinnausgleichsanspruchs anzusetzen sei.
An einem solchen Begehren auf Erlaß eines Gestaltungsurteils fehlt es im vorliegenden Fall. Dem Klagvorbringen lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß die Klägerin zunächst ein Urteil des Familiengerichts über die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft erstrebt, um erst danach Auskunft zu erhalten. Ihr Begehren geht vielmehr in erster Linie auf eine Auskunftserteilung, weil sie davon ihr weiteres Verhalten abhängig machen will. Sollte eine vollständige Auskunft des Beklagten ergeben, daß die Klägerin keine Zugewinnausgleichsforderung gegen den Beklagten hat oder gar umgekehrt dieser eine solche gegen die Klägerin haben könnte, so würde die Klägerin das Verfahren nach Auskunfterteilung nicht weiter betreiben. Dann hätte sie eine Auskunft nach § 1379 BGB erlangt, ohne daß die Voraussetzung dafür, nämlich die vorherige Beendigung des Güterstandes, herbeigeführt worden wäre. Mit Rücknahme oder Nichtfortführung des Verfahrens bliebe der bisherige Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhalten. Das Begehren der Klägerin kann daher nur Erfolg haben, wenn zunächst auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns geklagt wird. Daran fehlt es bisher. Deswegen kann Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden.
Vorsorglich wird auf folgendes hingewiesen:
Die Parteien leben seit Februar 1982 getrennt. Sofern eine der Parteien beabsichtigt, die Scheidung der Ehe zu beantragen, kann bereits nach Zustellung des Scheidungsantrages Auskunft über den Bestand des Endvermögens verlangt werden (§ 1379 Abs. 2 BGB). Im Verfahren auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns kann dagegen Auskunft erst verlangt werden, wenn in einem Urteil rechtskräftig - unter Umständen erst nach einem Berufungs- oder Revisionsverfahren - dahin erkannt ist, daß der vorzeitige Ausgleich des Zugewinns durchzuführen ist.
Im übrigen besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der nach § 1386 Abs. 3 BGB erforderlichen beharrlichen Verweigerung einer Unterrichtung und dem Inhalt einer Auskunft, wie sie § 1379 BGB erwähnt. Für die Unterrichtung i.S. des § 1386 BGB wird nicht verlangt werden können, daß das Vermögen im einzelnen angegeben und vor allem mit Unterlagen belegt wird. Sinn dieser Unterrichtungspflicht oder Obliegenheit innerhalb der ehelichen Gemeinschaft ist jedenfalls nicht, daß ein Ehegatte dem anderen sämtliche Unterlagen und Berechnungen vorzulegen hat. Anders ist dies bei der Pflicht zur Auskunft im Sinne des § 1379 BGB. Hierzu müssen die erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden. Allerdings bezieht sich dies nur auf den Bestand des Eridvermögens, Sofern die Klägerin geltend machen will, der Beklagte habe auch weiterhin auf nicht angegebenen Konten erhebliches Vermögen, während der Beklagte die Vollständigkeit seiner Auskunft unter Umständen später an Eides Statt versichern wird, wird sich eine Klärung des Streits der Parteien unter Umständen nur dadurch herbeiführen lassen, daß die Klägerin ein bestimmtes früheres Vermögen des Beklagten behauptet und dafür Beweis antritt. Der Beklagte hat es im übrigen seinerseits in der Hand, den Verbleib etwaiger früher vorhandener Gelder durch Vorlage von Kontoauszügen nachzuweisen.
Eine Erstattung der dem Gegner im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten findet in entsprechender Anwendung des § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht statt.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 DM.
Bei der Festsetzung des Streitwertes des Beschwerdeverfahrens hat der Senat zugrunde gelegt, daß die Klägerin offenbar einen höheren Zugewinnausgleichsbetrag erstrebt, als er mit 10.000 DM unter den Parteien früher einmal im Gespräch war. Der Senat ist von einer Größenordnung von etwa 20.000 DM für die Klage ausgegangen. Daraus ergibt sich für das Prozeßkostenhilfebeschwerdeverfahren ein Wert von 2.000 DM.