Arbeitsgericht Lüneburg
Urt. v. 19.06.2000, Az.: 4 Ca 258/00
Betriebsveräußerung im Konkurs ; Haftung des Betriebserwerbers nach Eröffnung des Konkursverfahrens ; Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung ; Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung im Insolvenzverfahren ; Arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen ; Sanktionierung vertragswidrigen Verhaltens ; Betriebsübergang vor Insolvenzeröffnung; Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Lüneburg
- Datum
- 19.06.2000
- Aktenzeichen
- 4 Ca 258/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 10980
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGLG:2000:0619.4CA258.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 613 a BGB
- § 41 Abs. 1 InsO
- § 42 InsO
Fundstelle
- NZA-RR 2001, 314-316 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
Die von der Rechtsprechung des BAG entwickelten Grundsätze über die Haftung des Betriebserwerbers nach Eröffnung des Konkursverfahrens gelten auch nach Einführung der Insolvenzordnung für das Insolvenzverfahren. Nach der Rechtsprechung des BAG sind die Gläubiger des Gemeinschuldners im Konkursverfahren grundsätzlich gleich zu behandeln. Für die Abwicklung aller Ansprüche, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits entstanden sind, sieht die Konkursordnung ein Verfahren vor, das von dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung beherrscht ist. Ein anteiliger Anspruch auf tarifliche Sonderzahlung gegen die Gemeinschuldnerin entsteht nur dann, wenn es sich bei der Sonderzahlung um einen Vergütungsbestandteil handelt, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung eingebunden wäre und mit dem kein weiterer Zweck verfolgt würde, als die Entlohnung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung. Ein Betriebserwerb i. S. § 613 a Abs. 1 BGB liegt vor, sobald der Betriebserwerber aufgrund rechtsgeschäftlicher Übereinkunft in die Lage versetzt worden ist, die Leitungsmacht im Betrieb mit dem Ziel der Betriebsfortführung auszuüben. Nur dann, wenn der Betriebsübergang bereits vor Insolvenzeröffnung stattgefunden hat, haftet der Betriebserwerber für zuvor entstandene Ansprüche.
In dem Rechtsstreit
hat das Arbeitsgericht in Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 29.05.2000
durch
den Richter ... als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Der Streitwert wird auf 1.242,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur anteiligen Zahlung einer tariflichen Sonderzuwendung.
Die Klägerin war zunächst bei der Firma ... einem Baubetrieb, als Finanzbuchhaltungskraft mit einem Gehalt von zuletzt 3.870,00 DM beschäftigt. Durch Beschluss des Amtsgerichtes Lüneburg vom 01.10.1999 wurde über das Vermögen der Firma ... das Insolvenzverfahren eröffnet. Durch Kaufvertrag vom 11.10.1999 erwarb die Beklagte den Betrieb. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging auf die Beklagte über.
Mit Datum vom 07.10.1999 schlossen der Insolvenzverwalter und der im Betrieb der Firma ... bestehende Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan. Am 14.10.1999 sprach der Insolvenzverwalter gegenüber zahlreichen Mitarbeitern der ... Kündigungen aus.
Mit Gehaltsabrechnung für November 1999 zahlte die Beklagte an die Klägerin auf der Grundlage des Tarifvertrages über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes für die Monate Oktober und November 1999 eine anteilige Zuwendung in Höhe von 357,00 DM brutto.
Bereits mit Abrechnung für September 1999 hatte der vorläufige Insolvenzverwalter an die Klägerin einen anteiligen Betrag in Höhe von 532,12 DM brutto bezahlt.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung des Restbetrages des 13. Monatseinkommens für 1999. Den Anspruch beziffert sie wie folgt:
Gesamtbetrag: | 2.128,50 DM |
---|---|
abzüglich geleisteter | 887,12 DM |
= | 1.241,38 DM. |
Da das 13. Gehalt erst mit der Novemberabrechnung fällig werde, schulde die Beklagte als Betriebsübernehmerin der Klägerin den gesamten Restbetrag. Auf den Schutz der Insolvenzordnung könne die Beklagte sich nicht berufen.
Die Beklagte habe bereits vor dem 01.10.1999 die Leitungsmacht über den erworbenen Betrieb ausgeübt. Dies folge daraus, dass der Geschäftsführer der Beklagten bereits vor dem 01.10.1999 in den Geschäftsräumen der Firma ... seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und Mitarbeiter der Beklagten - damals noch in Gründung - tätig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.241,38 brutto nebst 9,5 % Zinsen auf den Nettobetrag ab dem 01.12.1999 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hafte bereits deshalb nicht, da sie die Leitungsmacht über den Betrieb aufgrund des Kaufvertrages vom 11.10.1999 erst mit dem 15.10.1999 und damit nach Insolvenzeröffnung erworben habe. Dem Vertragsabschluss seien intensive Verhandlungen vorausgegangen, in deren Verlauf die Übernahme des Betriebes mehrfach zu scheitern gedroht habe. Am 11.10.1999 hätten sich die Parteien schließlich auf die Übernahme des Betriebes durch die Beklagte geeinigt. In dem Vertrag sei der 15.10.1999 als Tag der Übergabe der Kaufgegenstände und der Leitungsmacht bestimmt worden. Zur Vereinfachung hätten die Parteien lediglich vereinbart, dass die Beklagte ab dem 01.10.1999 nachträglich die Lohn- und Lohnnebenkosten der Arbeitnehmer sowie alle ab dem 01.10.1999 bis zum Übergabestichtag entstandenen und entstehenden Kosten des Geschäftsbetriebes übernehme. Im Gegenzug habe die Beklagte die seit dem 01.10.1999 erwirtschafteten Erlöse übertragen bekommen.
Im übrigen beruft sich die Beklagte auf die Haftungsprivilegierung der Insolvenzordnung und auf das Eingreifen der tariflichen Verfallfristen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 09.03. und 29.05.2000 verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.241,38 DM brutto aufgrund des Tarifvertrages über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes (TV 13. Monatseinkommen) in der Fassung vom 26.05.1999.
1.
Der TV 13. Monatseinkommen ist auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Hiervon gehen die Parteien aufgrund ihres übereinstimmenden Vortrages aus.
2.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aufgrund der hier maßgeblichen Vorschriften des § 2 13. Monatseinkommen nicht zu.
Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
1.
"Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres (Stichtag) mindestens zwölf Monate (Bezugszeitraum) ununterbrochen besteht, haben Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen in Höhe von 55 v. H. ihres Tarifgehalts. Das 13. Monatseinkommen ist kaufmännisch auf einen durch 5 teilbaren DM-Betrag auf- oder abzurunden.2.
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch nicht zwölf Monate ununterbrochen besteht, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie bis zum Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Abs. 1, wenn das Beschäftigungsverhältnis am Stichtag mindestens drei Monate besteht.3.
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag endet, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie seit dem letzten Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Abs. 1, wenn das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 3 Monate ununterbrochen bestanden hat. Ein Anspruch besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis durch außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde oder wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus dem nicht einvernehmlich aufgehobenen Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Stirbt ein Arbeitnehmer, so ist an den Ehegatten oder, falls der Arbeitnehmer nicht verheiratet war, an die Unterhaltsberechtigten ein anteiliges 13. Monatseinkommen nach Maßgabe des Satzes 1 zu zahlen.4.
Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen gemäß den Abs. 1-3 haben nur diejenigen Arbeitnehmer, die im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung von mindestens 10 Arbeitstagen erbracht haben oder wegen kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfalls und/oder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, die auf einen Arbeitsunfall bei ihrer Tätigkeit zurückzuführen ist, nicht erbringen konnten.5.
Ruht das Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme des gesetzlichen Erziehungsurlaubs oder wegen der Vereinbarung unbezahlten Urlaubs im Bezugszeitraum, so verringert sich das 13. Monatseinkommen für jeden angefangenen Kalendermonat des Ruhens des Arbeitsverhältnisses um ein Zwölftel; das gilt jedoch nicht für den Monat, in dem die Arbeit wieder aufgenommen wird. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis während des gesamten Bezugszeitraumes ruht, haben keinen Anspruch; § 3 bleibt unberührt. Satz 1 gilt nicht bei Vereinbarung unbezahlten Urlaubs zum Zweck einer betriebsbezogenen beruflichen Fortbildung."
Danach stand der Klägerin der auch rechnerisch und der Höhe nach unstreitige Teilanspruch zu. Die Haftung der Beklagten ist indes auf den nach Betriebsübernahme entfallenden Anteil begrenzt:
Zu Gunsten der Beklagten kommen die von der Rechtsprechung des BAG entwickelten Grundsätze über die Haftung des Betriebserwerbers nach Eröffnung des Konkursverfahrens zur Anwendung. Diese Grundsätze gelten auch nach Einführung der Insolvenzordnung für das Insolvenzverfahren.
Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG 17.01.1980, AP-Nr. 18 zu § 613 a BGB), der sich das Gericht anschließt, sind die Gläubiger des Gemeinschuldners im Konkursverfahren grundsätzlich gleich zu behandeln. Für die Abwicklung aller Ansprüche, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits entstanden sind, sieht die Konkursordnung ein Verfahren vor, das von dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung beherrscht ist. Ansprüche der Arbeitnehmer sind teilweise bevorzugt zu befriedigen, teilweise auch durch das Konkursausfallgeld gesichert. Wenn die bei der Veräußerung eines Betriebes übernommene Belegschaft einen neuen zahlungskräftigen Haftungsschuldner für bereits entstandene Ansprüche erhielte, wäre sie im Vergleich zu anderen Gläubigem und vor allem auch gegenüber den ausgeschiedenen Arbeitnehmern unangemessen bevorzugt. Eine so ungleiche Verteilung der Lasten wäre mit dem geltenden Konkursrecht nicht vereinbar. § 613 a BGB entfalte bei einer Betriebsveräußerung im Konkurs insoweit keine Geltung, als bei Konkurseröffnung bereits entstandene Ansprüche abzuwickeln sind. Diese Haftungseinschränkung bezieht sich indes nur auf Konkursforderungen.
Entsprechendes gilt für das Insolvenzverfahren:
Maßgeblich für die Frage der Haftung ist es daher, ob der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden konnte. Ein anteiliger Anspruch wäre gegen die Gemeinschuldnerin nur dann entstanden, wenn es sich bei der Sonderzahlung um einen Vergütungsbestandteil handeln würde, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung eingebunden wäre und mit dem kein weiterer Zweck verfolgt würde, als die Entlohnung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung. Derartige arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen werden als Vergütungsbestandteile im jeweiligen Abrechnungsmonat verdient, jedoch aufgespart und dann erst am vereinbarten Fälligkeitstag ausbezahlt. In einem solchen Fall entstehen die Ansprüche auf eine Sonderzahlung "pro rata temporis", werden allerdings erst am vereinbarten Auszahlungstermin fällig. Der Zweck einer tariflichen Jahressonderzahlung ergibt sich allein aus den im Tarifvertrag normierten Voraussetzungen, Ausschluss- und Kürzungstatbeständen (BAG NZA 1996, Seite 432, 433 [BAG 11.10.1995 - 10 AZR 984/94]).
Der von der Klägerin gegenüber der Beklagten noch verfolgte Anspruch auf das 13. Monatseinkommen war im Zeitpunkt der Betriebsübernahme durch die Beklagte bereits anteilig gegenüber der Gemeinschuldnerin entstanden und kann von der Klägerin deshalb im Insolvenzverfahren verfolgt werden.
a.)
Die Leistung nach dem TV 13. Monatseinkommen hat ausschließlich Entgeltcharakter.
Hierfür sprechen sowohl die formalen als auch inhaltlichen Regelungen des § 2 TV 13. Monatseinkommen. Die Regelung ist ausdrücklich als "13. Monatseinkommen" bezeichnet und nicht etwa als Weihnachtsgeld oder Gratifikation.
Für den Entgeltcharakter spricht weiter, dass Arbeitnehmer, die den Bezugszeitraum im Betrieb noch nicht vollständig zurückgelegt haben, nach 3 Monaten für jeden vollen Beschäftigungsmonat ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens erhalten (§ 2 Ziffer 2 TV 13. Monatseinkommen). Gleiches gilt für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem Stichtag endet. Auch diese erhalten grundsätzlich für jeden vollen Beschäftigungsmonat, der seit dem letzten Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt wurde, ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens (§ 2 Ziffer 3 TV 13. Monatseinkommen). Für den Entgeltcharakter sprechen schließlich die Regelungen in § 13 Ziffer 4 und Ziffer 5 TV 13. Monatseinkommen. Danach ist für den Bezug Voraussetzung, dass im Bezugszeitraum mindestens eine Arbeitsleistung von 10 Arbeitstagen erbracht wurde oder dass ein Arbeitsausfall auf Kurzarbeit oder Krankheit aufgrund Arbeitsunfall beruht (Ziffer 4). Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses besteht ebenfalls nur ein anteiliger Anspruch (Ziffer 5). Gerade diese Regelungen sprechen dafür, dass die Zahlung des 13. Monatseinkommens im Austauschverhältnis steht und damit Entgeltcharakter für im Bezugszeitraum geleistete Arbeit besitzt. Das 13. Monatseinkommen entsteht damit grundsätzlich "pro rata temporis" während des Bezugszeitraumes im Sinne der Ziffer 1 TV 13. Monatseinkommen.
Gegen den Entgeltcharakter spricht nicht die Regelung des § 2 Ziffer 3 Satz 2 TV 13. Monatseinkommen, wonach ein Anspruch nicht besteht, wenn das Arbeitsverhältnis durch außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde oder der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus dem nicht einvernehmlich aufgehobenen Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.
Zwar handelt es sich bei dieser Regelung um eine Vorschrift, die den Anspruch von der vertragsgemäßen Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb abhängig macht. Hierdurch wird indes nicht ein Mischcharakter des Anspruches auf das 13. Monatseinkommen begründet. Nach ihrem Sinn und Zweck handelt es sich um eine anspruchsvernichtende Regelung. Der "pro rata temporis" erworbene Anspruch entfällt, soweit der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund zur Kündigung setzt oder selbst ohne wichtigen Grund vorzeitig ausscheidet. Die geregelten Tatbestände knüpfen indes nicht an eine Betriebstreue des Arbeitnehmers an, sondern sanktionieren vertragswidriges Verhalten. Die Vorschrift nimmt damit den Charakter einer tariflichen Vertragsstrafenregelung an. Eine (berechtigte) fristlose Kündigung des Arbeitgebers setzt einen (regelmäßig in der Person des Arbeitnehmers bestehenden) wichtigen Grund voraus. Ebenso wird eine Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund regelmäßig zugleich eine vertragswidrige vorzeitige Beendigung darstellen. Die Sanktionierung vertragswidrigen Verhaltens nimmt der Regelung des § 2 TV 13. Monatseinkommen nicht den reinen Entgeltcharakter.
Die Auslegung des § 2 TV 13. Monatseinkommen und die hieraus resultierende Haftungsprivilegierung eines Betriebsübernehmers im Konkurs steht auch mit der Systematik der InsO in Einklang. Gemäß § 41 Abs. 1 InsO gelten nicht fällige Forderungen als fällig. Nach § 42 InsO werden auflösend bedingte Forderungen, so lange die Bedingung nicht eingetreten ist, im Insolvenzverfahren wie unbedingte Forderungen berücksichtigt.
Hieraus folgt, dass zum einen der von der Klägerin "pro rata temporis" erworbene Anspruch auf die Sonderzuwendung bezüglich der Insolvenz der Gemeinschuldnerin bereits vor dem Stichtag des § 2 Ziffer 1 TV 13. Monatseinkommen als fällig galt. Darüber hinaus war der Ausnahmetatbestand des § 2 Ziffer 3 Satz 2 TV 13. Monatseinkommen nicht eingetreten. Bereits vor dem Stichtag war der Anspruch deshalb entsprechend § 42 InsO im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderung zu behandeln. Er konnte damit auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin durch die Klägerin geltend gemacht werden. Die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Haftungsbeschränkung eines Betriebserwerbers im Insolvenzverfahren liegen damit vor.
b.)
Die Haftungsbeschränkungen kommen der Beklagten im konkreten Fall zu Gute.
Die Beklagte hat den Betrieb der Gemeinschuldnerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.10.1999 übernommen.
Ein Betriebserwerb i. S. § 613 a Abs. 1 BGB liegt vor, sobald der Betriebserwerber aufgrund rechtsgeschäftlicher Übereinkunft in die Lage versetzt worden ist, die Leitungsmacht im Betrieb mit dem Ziel der Betriebsfortführung auszuüben. Nur dann, wenn der Betriebsübergang bereits vor Insolvenzeröffnung stattgefunden hat, haftet der Betriebserwerber für zuvor entstandene Ansprüche (BAG 26.03.1996, NZA 1997, Seite 94 [BAG 26.03.1996 - 3 AZR 965/94] zum Betriebserwerb im Konkurs).
Die Beklagte hat nachvollziehbar Tatsachen dargelegt, aufgrund derer auf einen Betriebsübergang jedenfalls erst nach dem 01.10.1999 und damit nach Insolvenzeröffnung zu schließen ist.
Gegen einen Übergang der Leitungsmacht bereits vor dem 01.10.1999 spricht bereits die Tatsache, dass der Insolvenz Verwalter noch am 07.10.1999 mit dem Betriebsrat der Gemeinschuldnerin einen Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen und am 14.10.1999 Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern ausgesprochen hat. Dies legt nahe, dass jedenfalls zu den genannten Zeitpunkten der Insolvenzverwalter noch die Leitungsmacht über den Betrieb ausübte. Für eine Übernahme der Leitungsmacht erst nach dem 01.10.1999 spricht auch das Datum des Kaufvertrages vom 11.10.1999. Die Klägerin ist auch dem weiteren Vortrag der Beklagten nicht mehr entgegengetreten, in dem Kaufvertrag sei eine Übernahme der Leitungsmacht zum 15.10.1999 vereinbart, im Gegenzug habe die Beklagte die nach dem 01.10.1999 erwirtschafteten Erlöse übertragen bekommen.
Die Klägerin hat hingegen ihre Behauptung, der Geschäftsführer der Beklagten sei bereits vor dem 01.10.1999 "in seiner Eigenschaft" als Geschäftsführer der zu diesem Zeitpunkt in Gründung befindlichen Beklagten tätig gewesen, nicht durch weiteren Tatsachenvortrag untermauert. Da die Beklagte vorgebracht hat, der jetzige Geschäftsführer der Beklagten sei lediglich in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter und ehemaliger Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin tätig gewesen, hätte die Klägerin weiter vortragen müssen, aus welchen Tatsachen sie eine Tätigkeit des ehemaligen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin für die Beklagte unter Ausübung der Leitungsmacht im Betrieb bereits vor dem 01.10.1999 herleitet. Dies hat die Klägerin nicht getan.
3.
Da der Klägerin ein teilweiser Anspruch gegen die Beklagte auf ein 13. Monatseinkommen für das Jahr 1999 bereits dem Grunde nach nicht zusteht, kam es auf die Frage eines (zumindest teilweisen) Verfalls des Anspruches gemäß § 13 des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (RTV Angestellte) nicht an.
II.
Gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO trägt die Klägerin als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreites. Der Streitwert war gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 3 ff. ZPO in Höhe der Klageforderung festzusetzen.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 1.242,00 DM festgesetzt.