Landgericht Verden
Beschl. v. 21.07.1993, Az.: 2 T 138/93

Versagung des Zuschlags bei einer Versteigerung gemäß § 85a Abs. l Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG)

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
21.07.1993
Aktenzeichen
2 T 138/93
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1993, 22664
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGVERDN:1993:0721.2T138.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Syke - 04.06.1993 - AZ: 9 K 56/92

Fundstelle

  • Rpfleger 1994, 34 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

Verfahrensgegenstand

Den im Grundbuch von Steimke Band 6 Blatt 156 eingetragenen Grundbesitz, Bestandsverzeichnis-Nr. 3, Gemarkung Steimke, Flur 3, Flurstück 4/4, Hof- und Gebäudefläche, Im Felde 1, Größe 1099 qm

In dem Zwangsversteigerungsverfahren
hat die 2. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Verden
auf die sofortige Beschwerde der betreibenden Gläubiger in ... ... vom 9. Juni 1993, eingegangen bei dem Amtsgericht Syke an demselben Tage,
gegen den Zuschlagsversagungsbeschluß des Amtsgerichts Syke vom 4. Juni 1993
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...
den Richter am Landgericht ... und
die Richterin am Landgericht ...
am 21. Juli 1993
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 57.000,-- DM.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

2

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht im Versteigerungstermin vom 4. Juni 1993 der Beschwerdeführerin als Meistbietender den Zuschlag versagt, weil das Gebot die Hälfte des festgesetzten Grundstücksverkehrswertes von 570.000,-- DM (=285.000,-- DM) nicht erreicht.

3

Zwar ist das Amtsgericht dabei irrtümlich lediglich von dem Bargebot von 10.000,-- DM ausgegangen, ohne § 85 a Abs. 3 ZVG zu beachten, wonach Abs. 1 dann nicht anzuwenden ist, wenn das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden ist und das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt diese Voraussetzung hier jedoch nicht vor. Die Berechnung ihres "Gesamtgebots" durch die Beschwerdeführerin mit

BargebotDM 10.000,--
18 % p.a. Zinsen auf DM 150.000,-- vom 2.10.1985 bis 18.6.1993DM 208.500,--
KapitalDM 150.000.--
DM 368.500,--
4

ist nach Auffassung der Kammer hinsichtlich der Zinsen unzutreffend. Eine Grundschuld des Meistbietenden ist nach § 85 a Abs. 3 ZVG seinem Gebot für einen Ausschluß des Versagungsgrundes nach § 85 a Abs. l ZVG mit dem dinglichen Gläubigeranspruch (§ 1191 BGB), sonach mit ihrem Nennbetrag (Hauptanspruch und wiederkehrende Leistungen, andere Nebenleistungen sowie Kosten) hinzuzurechnen (vgl. Zeller/Stöber, ZVG, 13. Aufl. 1989, § 85 a Nr. 4.3 a). Unter Nr. 3.6 zu § 114 a ZVG führt Zeller/Stöber aus:

"Der Gläubiger einer Grundschuld hat Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10 Abs. 1 Nr. 4) mit der aus diesem zu zahlenden bestimmten Geldsumme (§ 1192 I BGB) samt etwaigen Zinsen und anderen Nebenleistungen (§ 1191 II BGB) sowie den Rechtsverfolgungskosten (§ 10 Abs. 2 ZVG)."

5

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG sind Zinsen nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge zu berücksichtigen. Daraus folgt, daß Zinsansprüche wegen älterer Rückstände aus § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG für die Berechnung des Ausfallbetrages des Meistbietenden nicht zu berücksichtigen sind. Ausgehend davon, daß der letzte Fälligkeitstermin der 31. Dezember 1991 war, sind rückständige Zinsen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG daher nur ab 1. Januar 1989 berücksichtigungsfähig. Daraus ergibt sich die Berechnung des "Gesamtangebotes" wie folgt:

BargebotDM 10.000,--
18 % Zinsen v. 1.1.89 - 18.6.93DM 120.000,--
Abt. III/3 Grundschuld - KapitalDM 150.000,--
DM 280.600,--.
6

Dieses "Gesamtangebot" erreicht die 5/10-Grenze = 285.000,-- DM nicht, so daß der Zuschlag vom Amtsgericht im Ergebnis mit Recht versagt worden ist.

7

Da somit bereits nach der von der Beschwerdeführerin zugrundegelegten Berechnung des Ausfalls im Sinne von § 85 a Abs. 3 ZVG nach dem dinglichen Nominalbetrag die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht ist, kam es auf die in Rechtsprechung und Schrifttum streitige Frage, ob die Ausfallberechnung nach dem dinglichen Nominalbetrag (so Zeller/Stöber; Muth; Rechtspfleger 1985, 45, LG Lüneburg, Rechtspfleger 1986, 188, LG Frankfurt, Rechtspfleger 1988, 35 und LG Hanau, Rechtspfleger 1988, 77) oder nach der persönlichen Forderung (so OLG Koblenz, Rechtspfleger 1991, 486, LG Trier, Rechtspfleger 1986, 59) nicht an, da die persönliche Forderung regelmäßig niedriger liegt, ebenso wie auf die ebenfalls umstrittene Frage der rechtlichen Auswirkungen der (nach dem Vermerk des Rechtspflegers vom 10. Juni 1993 hier unterbliebenen) Hinweis- und Belehrungspflicht nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO in Bezug auf § 85 Abs. 3 ZVG (dafür: OLG Hamm, Rechtspfleger 1986, 441; dagegen: Muth, Rechtspfleger 1986, 417) nicht an.

8

Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 57.000,-- DM.

Der Beschwerdewert ist mit 1/10 des Verkehrswertes festgesetzt worden.