Landgericht Verden
Beschl. v. 12.12.1994, Az.: 2 T 167/94
Sachliche Entscheidung über die Legitimation eines Kindes durch nachfolgende Ehe; Anwendung ausländischen Rechts für eine Legitimation
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 12.12.1994
- Aktenzeichen
- 2 T 167/94
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1994, 17220
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGVERDN:1994:1212.2T167.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Verden - 10.06.1994 - AZ: 11 III 26/94
Rechtsgrundlagen
- § 49 Abs. 1 S. 2 Abs. 2 PStG
- § 31 Abs. 2 PStG
- Art. 21 Abs. 1 EGBGB
- Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB
Fundstelle
- IPRspr 1994, 195
Verfahrensgegenstand
Legitimation des Kindes
In der Personenstandssache
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden
auf die Beschwerde des Beteiligten zu 4) vom 27.06./06.07.1994
gegen den Beschluß des Amtsgerichts Verden vom 10. Juni 1994 - 11 III 26/94 -
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Landgericht ...
des Richters am Landgericht ... und
der Richterin am Landgericht ...
am 12. Dezember 1994
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: DM 5.000,-.
Gründe
Der Beteiligte zu 1) ist am ... nicht ehelich geboren worden. Seine Mutter, die Beteiligte zu 2), besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Beteiligte zu 3) ist italienischer Staatsangehöriger und hat am 16. Januar 1989 die Vaterschaft anerkannt.
Am 18. Dezember 1993 haben die Beteiligten zu 2) und 3) in Italien die Ehe geschlossen. Ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben die Beteiligten zu 2) und 3) vor und seit der Eheschließung in Deutschland.
Gemäß § 31 Abs. 2 PStG hat der Standesbeamte beim Amtsgericht um Entscheidung darüber nachgesucht, ob die Legitimation des Beteiligten zu 1) in das Familienbuch der Eltern einzutragen ist, weil für die Legitimation ausländisches Recht anzuwenden sei.
Das Amtsgericht hat mit angefochtener Entscheidung den Antrag des Standesbeamten abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Anwendung ausländischen Rechts komme nicht in Betracht. Die Legitimation des Beteiligten zu 1) bestimme sich zweifelsfrei nach deutschem Recht gemäß Art. 21 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 5) als Aufsichtsbehörde des Beteiligten zu 4). Er führt dazu aus der Standesbeamte sei schon wegen § 291 Abs. 3 Satz 1 seiner Dienstanweisung gehalten, bei jeder Auslandsberührung um die Entscheidung des Amtsgerichts nachzusuchen. Entscheidend sei nicht, daß sich die Legitimation des Beteiligten zu 1) letztlich nach deutschem Recht bestimme. Allein der Umstand, daß ein Elternteil nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, rechtfertige, unabhängig davon, ob der Standesbeamte die Anwendung deutschen Rechts für unproblematisch hält, die Vorlage an das Amtsgericht.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 2 Abs. 2 PStG), sachlich jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht eine sachliche Entscheidung über die Legitimation des Kindes durch nachfolgende Ehe gemäß § 31 Abs. 2 PStG abgelehnt.
Nach dieser Vorschrift hat der Standesbeamte die Entscheidung des Amtsgerichts über die Eintragung herbeizuführen, wenn für die Legitimation die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt. Zur Vorlage an das Amtsgericht ist der Standesbeamte immer dann verpflichtet, wenn der Eintritt der Legitimation nach ausländischem Recht zu beurteilen ist. Darüber hinaus besteht eine Vorlagepflicht auch dann, wenn die Anwendung ausländischen Rechts lediglich in Betracht kommt.
Wann diese Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einhellig beurteilt. Nach BayObLGZ NJW RR 88, 770 soll eine Vorlage bereits dann erfolgen, wenn eine Anwendung ausländischen Rechtes überhaupt zu erwägen ist, selbst dann, wenn diese Frage letztlich zu verneinen ist. Anderer Ansicht nach (OLG Frankfurt BJW 88, 1472, OLG Hamm NJW RR 90, 11; LG München StRZ 88, 14) ist eine Vorlage nur dann angezeigt, wenn der Standesbeamte die Frage der Anwendung ausländischen Rechts nicht selbst zutreffend und zweifelsfrei dahingehend klären kann, daß für die Legitimation ausländisches Recht nicht anzuwenden sei.
Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß Sinn der Vorlagepflicht ist, den Standesbeamten davon zu entlasten, schwierige Rechtsfragen nachzuprüfen, deren Entscheidung ihm angesichts seines wirklichen Aufgabengebietes jedenfalls dann nicht zuzumuten ist, wenn er Zweifel hat, ob lediglich deutsches Recht anzuwenden ist (vgl. OLG Frankfurt, NJW 88, 1473).
Unter Berücksichtigung des mit dieser Vorschrift verfolgten Zweckes ist für eine Vorlage durch den Standesbeamten dann kein Raum, wenn dieser selbst vorab bei eigener Prüfung zutreffend und zweifelsfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß für die Legitimation ausländisches Recht nicht anzuwenden ist.
So liegt der Fall hier. Der Standesbeamte hatte offenbar bei seiner Prüfung keinerlei Zweifel daran, daß sich die Legitimation des Beteiligten zu 1) nach Art. 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB richtete und somit ausschließlich deutsches Recht anzuwenden war. Allein die Tatsache, daß ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, rechtfertigt mangels ernsthafter Zweifel an der Anwendbarkeit deutschen Rechts die Vorlage an das Amtsgericht nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 127 Abs. 2, 131 Abs. 1 Ziff. 1 KostO.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: DM 5.000,-.
Der Beschwerdewert ist gemäß § 30 Abs. 2 KostO festgesetzt worden.