Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 17.12.1990, Az.: 3 U 152/88
Pflichtverletzung durch einen Konkursverwalter; Rechtmäßigkeit eines formularmäßigen Globalsicherungsübereignungsvertrages; Freigabeklauseln in einem Sicherungsübereignungsvertrag; Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung wegen Übersicherung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 17.12.1990
- Aktenzeichen
- 3 U 152/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 15880
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1990:1217.3U152.88.0A
Rechtsgrundlagen
- § 82 KO
- § 9 Abs. 1 AGBG
Fundstellen
- NJW-RR 1992, 1280 (red. Leitsatz)
- NJW-RR 1991, 869-870 (Volltext mit red. LS)
- WM 1991, 802-804 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1991, 116
- ZIP 1991, 362-364 (Volltext mit red. LS)
- ZIP 1991, A31 (Kurzinformation)
Prozessführer
Kommanditgesellschaft in Firma ...,
vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter ...
Prozessgegner
Rechtsanwalt ...
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine formularmäßige Globalzession zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung zwischen der kreditgewährenden Bank und ihrem Kunden ist wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, wenn es an dem erforderlichen Schutz des Kunden gegen Übersicherung der Bank fehlt.
- 2.
Der Sicherungsgeber von Waren ist nicht weniger schutzwürdig, als derjenige, der sicherungshalber Forderungen im Wege der formularmäßig vereinbarten Globalzession abtritt. Der Umstand, dass die Sicherungsübereignung im allgemeinen für den Sicherungsnehmer eine geringere Sicherheit bietet als die Sicherungszession, kann nur für die Frage der Übersicherung der Bank von Bedeutung sein, d.h., eine Übersicherung ist bei der Globalzession grundsätzlich eher zu bejahen als im Fall der Globalsicherungsübereignung, wobei der Umfang der zulässigen Sicherung auch von der Art der sicherungsübereigneten Waren abhängig ist.
- 3.
Eine formularmäßige Globalsicherungsübereignung ist nur dann wirksam, wenn der Sicherungsübereignungsvertrag eine Freigabeklausel enthält, die geeignet ist, eine unangemessene Übersicherung zu verhindern. Hierzu ist erforderlich, dass die Freigabeklausel durch eine zahlenmäßig bestimmte Deckungsgrenze konkretisiert wird und die Verpflichtung des Sicherungsnehmers enthält, die überschießende Deckung freizugeben.
- 4.
Für die Frage einer unangemessenen Benachteiligung wegen Übersicherung kommt es nicht auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalles, sondern darauf an, ob durch geeignete Ausgestaltung der Geschäftsbedingungen eine unverhältnismäßige Übersicherung von vornherein ausgeschlossen ist.
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteile des Landgerichts ... vom 29. Juni 1988 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,- DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin ist in Höhe von 224.442,03 DM beschwert.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe als Konkursverwalter ihr gegenüber obliegende Pflichten schuldhaft verletzt.
Der Beklagte ist Konkursverwalter über das Vermögen der Firma ... Woll ... in .... Mit der Inhaberin dieser Firma schloß die Klägerin unter dem 05.02./20.03.1985 einen Sicherungsübereignungsvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:
"1.1.
Zur Sicherung aller bestehenden und künftigen - auch bedingten oder befristeten - Ansprüche, die der Bank und allen anderen Geschäftsstellen des Gesamtinstituts aus der Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufender Rechnung und aus der Gewährung von Krediten aller Art), aus Bürgschaften und aus abgetretenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Forderungen sowie aus Wechseln (auch soweit diese von Dritten hereingegeben worden sind) gegen den Sicherungsgeber und/oder gegen ... Woll ... und/oder ... Söhne GmbH und/oder ... Betriebs- und Verwaltungs GmbH und/oder ... und/oder ... und/oder ... und/oder ...zustehen, übereignet der Sicherungsgeber der Bank hiermit den gesamten jeweiligen Bestand an (nachstehend "Sicherungsgut" genannt),
Wolle und Handarbeitszubehör,
der sich in (nachstehend "Sicherungsgebiet" genannt). ... Parkhaus ...,
befindet und in Zukunft verbracht wird.
...
4.1.
Der Wert des Sicherungsgutes muß stets mindestes- Vierhundert - 400 %
der Kreditinanspruchnahme ... Woll ...
gegenüber der Bank betragen (Deckungsgrenze). Die Bank gestattet dem Sicherungsgeber, vorbehaltlich des aus wichtigem Grund zulässigen Widerrufs über das Sicherungsgut im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes zu verfügen, sofern die vereinbarte Deckung erhalten bleibt. Unterschreitet der Wert des Sicherungsgutes die Deckungsgrenze, so ist der Sicherungsgeber zu einer entsprechenden Ergänzung des Sicherungsgutes verpflichtet.
4.2.
für die Bewertung des Sicherungsgutes ist, soweit es vom Sicherungsgeber gekauft wurde, der Einkaufspreis und, soweit es der Sicherungsgeber selbst erzeugt oder es be- oder verarbeitet hat, der Gestehungspreis maßgebend; liegt der Wert des Sicherungsgutes unter dem Einkaufs- oder Gestehungspreis, so ist der Zeitwert maßgebend...
13.
Nach Abdeckung ihrer durch die Übereignung gesicherten Forderungen hat die Bank das Eigentum an dem noch vorhandenen Sicherungsgut auf den Sicherungsgeber zurückzuübertragen.Die Bank ist schon vorher verpflichtet, auf Verlangen des Sicherungsgebers Teile des Sicherungsgutes nach Ihrer Wahl freizugeben, soweit der Wert des Sicherungsgutes die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend überschreitet."
Wegen des vollen Wortlauts des Sicherungsübereignungsvertrages wird auf Bl. 326, 327 d.A. Bezug genommen.
Kurz vor Abschluß des Sicherungsübereignungsvertrages bezifferte die Gemeinschuldnerin gegenüber der Klägerin den bei ihr vorhandenen, nicht unter Eigentumsvorbehalt stehenden freien Warenwert nach Einkaufspreisen mit 1.758.000,- DM. Die Kreditinanspruchnahme der Gemeinschuldnerin betrug am 05.02.1985 etwa 350.000,- DM und am 20.03.1985 ca. 390.000,- DM. In der Folgezeit beliefen sich die Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin gegenüber der Klägerin auf etwa 400.000,- DM; der freie Warenbestand nach Einkaufspreisen betrug etwa das Vier- bis Fünffache.
Im Frühjahr und im Sommer 1986 kam es auf dem Wollmarkt zu erheblichen Preiseinbrüchen. Im Herbst 1986 kündigte die Klägerin das auf 560.000,- DM angestiegene Kreditengagement und forderte die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 04.11.1986 zur Herausgabe des Sicherungsgutes auf. Nach der am 14.11.1986 erfolgten Eröffnung des Konkursverfahrens wiederholte sie die Aufforderung mit Schreiben vom 24.11., 02.12. und 10.12.1986 gegenüber dem Beklagten als Konkursverwalter. Der Beklagte gab in der Zeit zwischen dem 16.01. und dem 26.02.1987 an die Klägerin Waren im Einkaufswert von 612.411,88 DM heraus. Die Klägerin erzielte für diese Waren einen Verkaufserlös von 87.811,80 DM.
Die Klägerin hat vorgebracht: Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung sei bei der Gemeinschuldnerin freie Ware im Einkaufswert von 1.246.240,98 DM vorhanden gewesen. Der Beklagte sei aufgrund des Sicherungsübereignungsvertrages verpflichtet gewesen, den gesamten Warenbestand alsbald an sie herauszugeben. Wurde er dies getan haben, so hätte sie im Dezember 1986 einen Verkaufserlös in Höhe von 26,5 % des Einkaufswertes = 330.253,83 DM erzielt. Ihr Schaden belaufe sich demnach auf die Differenz zwischen dem erzielbar gewesenen Verkaufserlös von 330.253,83 DM und dem tatsächlich erzielten Verkaufserlös von 87.811,80 DM = 224.442,03 DM (rechnerisch richtig: 242.442,03 DM).
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 224.442,03 DM nebst 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, er habe der Klägerin weder Sicherungsgut vorenthalten noch dieses verspätet an sie herausgegeben. Für die herausgegebene Wolle wäre auch im Dezember 1986 kein höherer Erlös zu erzielen gewesen als der von der Klägerin später tatsächlich erzielte Verkaufserlös.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Klägerin habe keinen Beweis für die Behauptung angetreten, daß im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens ein in ihrem Sicherungseigentum stehender Bestand an Ware im Einkaufswert von mehr als 647.439,26 DM (612.411,88 DM zzgl. 35.027,38 DM vom Beklagten verkaufter Ware) vorhanden gewesen sei. Ferner sei nicht ersichtlich, daß der Beklagte die Herausgabe schuldhaft verzögert habe. Eine Herausgabe habe erst nach der ersten Gläubigerversammlung verlangt werden können; zudem habe das umfangreiche Warenlager gesichtet und das Sicherungsgut von dem übrigen Warenbestand separiert werden müssen. Schließlich könne nicht angenommen werden, daß der Klägerin durch die späte Herausgabe ein Schaden entstanden sei. Es habe sich um saisonbedingt überalterte Wolle in Kleinstpartien gehandelt, für die auch im November und Dezember 1986 kein höherer Erlös zu erzielen gewesen wäre. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 07.07.1988 zugestellte Urteil am 04.08.1988 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 21.11.1988 begründet. Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, der Sicherungsübereignungsvertrag sei rechtswirksam.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 224.442,03 DM zzgl. 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch er wiederholt und vertieft sein vorinstanzliches Vorbringen und vertritt unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1989 - VIII ZR 228/88 - (abgedruckt u.a. in NJW 1990, 716 [BGH 29.11.1989 - VIII ZR 228/88]) die Ansicht, der Sicherungsübereignungsvertrag sei wegen Übersicherung sittenwidrig und damit nichtig. Ferner sei die Sicherungsübereignung mangels hinreichender Bestimmbarkeit der sicherungsübereigneten Gegenstände unwirksam. Über die Deckungsgrenze von 400 % (Nr. 4 des Vertrages) sei nicht gesprochen worden, diese sei von der Klägerin ohne jede Erläuterung vorgegeben worden. Im Senatstermin vom 06.06.1990 habe der Prokurist der Klägerin, ..., angegeben, daß der Wert des freien Sicherungsgutes stets mindestens 400 % der Kreditinanspruchnahme habe betragen müssen.
Die Klägerin meint erwidernd, daß die in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1989 zur Globalzession genannten Grundsätze nicht ohne weiteres auf die Sicherungsübereignung übertragen werden könnten. Bei der Sicherungsübereignung sei unklar, ob die Ware überhaupt, in welchem Zeitraum und zu welchem Preis verkäuflich sei. Da es sich bei Wolle um einen modischen und zum Teil saisongebundenen Artikel handele, seien selbstverständlich erheblich höhere Bewertungsabschläge als bei Globalzessionen erforderlich gewesen. Durch Nr. 13 Abs. 2 des Vertrages sei zudem eine sittenwidrige Übersicherung ausgeschlossen. Ferner habe der Verwertungserlös eindeutig gezeigt, daß eine Übersicherung nicht vorgelegen habe, vielmehr sei der Sicherheitenerlös deutlich unter der vereinbarten Sicherheitenmarge geblieben. Bei der Festlegung der Deckungsgrenze seien die Risiken abgewogen worden. Die dazu von ihr angestellten Überlegungen (vgl. Bl. 370 d.A.) seien mit der Gemeinschuldnerin erörtert und von dieser akzeptiert worden. Der Sicherungsübereignungsvertrag sei nicht mangels Bestimmbarkeit der übereigneten Gegenstände unwirksam. Es habe sich um einen sog. Raum-Sicherungsübereignungsvertrag gehandelt; damit sei der jeweilige Warenbestand, der sich in dem Sicherungsgebiet befunden habe, automatisch an sie, die Klägerin, übereignet gewesen.
Hinsichtlich des berufungsinstanzlichen Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten und mündlich vorgetragenen zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, jedoch sachlich nicht gerechtfertigt und daher zurückzuweisen.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach § 82 KO nicht zu, weil der formularmäßige Globalsicherungsübereignungsvertrag vom 05.02./20.03.1985 wegen unangemessener Benachteiligung der Gemeinschuldnerin gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist, so daß der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe des vermeintlichen Sicherungsgutes nicht zustand.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1989, NJW 1990, 716 [BGH 29.11.1989 - VIII ZR 228/88], ist eine formularmäßige Globalzession zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung zwischen der kreditgewährenden Bank und ihrem Kunden wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, wenn es an dem erforderlichen Schutz des Kunden gegen Übersicherung der Bank fehlt. Nach Auffassung des Senats gelten diese Grundsätze gleichermaßen für die in der vorliegenden Sache formularmäßig vereinbarte Globalsicherungsübereignung, da der Sicherungsgeber von Waren nicht weniger schutzwürdig ist, als derjenige, der sicherungshalber Forderungen im Wege der formularmäßig vereinbarten Globalzession abtritt. Der Umstand, daß die Sicherungsübereignung im allgemeinen für den Sicherungsnehmer eine geringere Sicherheit bietet als die Sicherungszession, kann nur für die Frage der Übersicherung der Bank von Bedeutung sein, d.h., eine Übersicherung ist bei der Globalzession grundsätzlich eher zu bejahen als im Fall der Globalsicherungsübereignung, wobei der Umfang der zulässigen Sicherung auch von der Art der sicherungsübereigneten Waren abhängig ist. Handelt es sich wie in der vorliegenden Sache- um Waren, die in ihrem Wert der wechselnden Mode unterworfen sind, so ist im Hinblick auf das berechtigte Sicherungsbedürfnis der kreditgewährenden Bank eine höhere Deckungsgrenze als zulässig anzusehen, als im Falle der globalen Sicherungsübereignung von wertbeständigeren Gütern, wie etwa Kraftfahrzeugen oder Maschinen.
Daß es sich bei der in Nr. 1 Abs. 1 des Sicherungsübereignungsvertrages enthaltenen Vereinbarung um eine formularmäßige Globalsicherungsübereignung handelt, kann nicht zweifelhaft sein. Eine solche Sicherungsübereignung ist nur dann wirksam, wenn der Sicherungsübereignungsvertrag eine Freigabeklausel enthält, die geeignet ist, eine unangemessene Übersicherung zu verhindern. Hierzu ist erforderlich, daß die Freigabeklausel durch eine zahlenmäßig bestimmte Deckungsgrenze konkretisiert wird und die Verpflichtung des Sicherungsnehmers enthält, die überschießende Deckung freizugeben (vgl. BGH, a.a.O.). Zwar enthält der vorliegende Vertrag in Nr. 4 Abs. 1 eine zahlenmäßig bestimmte Deckungsgrenze und in Nr. 13 Abs. 2 die Verpflichtung der Klägerin, auf Verlangen des Sicherungsgebers Teile des Sicherungsgutes nach ihrer Wahl freizugeben, soweit der Wert des Sicherungsgutes die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend überschreitet. Die Bestimmung in Nr. 4 Abs. 1, daß der Wert des Sicherungsgutes stets mindestens 400 % der Kreditinanspruchnahme betragen müsse, ist jedoch nicht geeignet, eine unangemessene Übersicherung zu verhindern; das Gegenteil ist der Fall. Die Deckungsgrenze von 400 % bezieht sich nach Nr. 4 Abs. 2 des Vertrages auf die Einkaufspreise und für den Fall, daß der Wert des Sicherungsgutes unter dem Einkaufspreis liegt, auf den Zeitwert. Ferner ist zwischen den Parteien unstreitig, daß es sich bei dem Sicherungsgut, dessen Wert stets mindestens 400 % der Kreditinanspruchnahme betragen mußte, ausschließlich um nicht unter Eigentumsvorbehalt stehendes, also freies Sicherungsgut handeln sollte. Daß die Deckungsgrenze von 400 % nach Einkaufspreisen, hilfsweise nach dem Zeitwert, nicht geeignet ist, eine unangemessene Übersicherung zu verhindern, ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Geht man davon aus, daß der Verkaufspreis regelmäßig höher liegt als der Einkaufspreis, so überstieg der Wert des Sicherungsgutes die ohnehin hohe Deckungsgrenze von 400 % der Kreditinanspruchnahme. Nach Darstellung der Klägerin erzielte die Gemeinschuldnerin im Geschäftsjahr 1985 eine Handelsspanne von 101 % (Bl. 369 d.A.); das bedeutet praktisch eine Verdoppelung der Deckungsgrenze (einer Kreditinanspruchnahme von etwa 400.000,- DM hätte Sicherungsgut im Verkaufswert von mindestens 3,2 Millionen D-Mark gegenübergestanden). Die Klägerin weist allerdings darauf hin, daß ihr vorsichtiger Bewertungsansatz später durch die erzielten Verwertungserlöse eindrucksvoll bestätigt worden sei. Dies beruhte indes auf dem bei Abschluß des Sicherungsübereignungsvertrages nicht vorhersehbaren Zusammenbruch des ... im Frühjahr/Sommer 1986. Für die Frage einer unangemessenen Benachteiligung wegen Übersicherung kommt es jedoch nicht auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalles, sondern darauf an, ob durch geeignete Ausgestaltung der Geschäftsbedingungen eine unverhältnismäßige Übersicherung von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH, a.a.O., S. 718). Das war hier nicht der Fall. Vielmehr sollte durch Nr. 4 Abs. 2 des Vertrages sichergestellt werden, daß Sicherungsgut stets mindestens in Höhe von 400 % der Kreditinanspruchnahme vorhanden war. Die Bewertung sollte - wie ausgeführt - nach dem Einkaufspreis erfolgen und für den Fall, daß der Wert des Sicherungsgutes unter dem Einkaufspreis lag, nach dem Zeitwert. In diesem Fall sollte der Sicherungsgeber nach Nr. 4 Abs. 1 verpflichtet sein, entsprechende Ergänzungen des Sicherungsgutes vorzunehmen, und zwar, bis der Wert des Sicherungsgutes mindestens wieder bei 400 % der Kreditinanspruchnahme lag. Danach wäre die Gemeinschuldnerin im Frühjahr/Sommer 1986, als der Wert der Wolle stark nachgab, verpflichtet gewesen, in großem Umfang Wolle nachzukaufen, um den Wert des Sicherungsgutes auf 400 % der Kreditinanspruchnahme aufzufüllen. Sie wäre mithin zu einem wirtschaftlich ruinösen und finanziell kaum möglichen Verhalten verpflichtet gewesen. Die andere Möglichkeit wäre die Kreditablösung gewesen hierzu hätte sie die Wolle zu "Schleuderpreisen" verkaufen müssen. Als Sicherungsobjekt für eine anderweitige Kreditaufnahme wäre die Wolle im Falle der Wirksamkeit der globalen Sicherungsübereignung nicht in Betracht gekommen.
Den Umständen nach wäre möglicherweise eine Deckungsgrenze von bis zu 200 % nicht zu beanstanden. Eine Deckungsgrenze von 400 % stellt dagegen eine unangemessene Benachteiligung der Gemeinschuldnerin dar, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die Deckungsgrenze von der Klägerin ohne jede Erläuterung vorgegeben wurde, wie der Beklagte vorträgt, oder aber, ob die Klägerin, entsprechend ihrem Vorbringen, ihre Risikoüberlegungen mit der Gemeinschuldnerin erörterte und diese daraufhin die Deckungsgrenze akzeptierte.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß die Absicherung des Kredits der Klägerin nicht nur durch die Sicherungsübereignung erfolgen, sondern, daß nach der Hausmitteilung der Klägerin vom 30.05.1984 (Bl. 376 d.A.) zusätzliche Sicherheit durch selbstschuldnerische unlimitierte Bürgschaften der Eheleute ... sowie der Söhne ... und ... geleistet werden sollte. Der Prokurist der Klägerin, ... hat hierzu im Senatstermin vom 19.11.1990 angegeben, die Bürgschaftserklärungen seien abgegeben worden, die Klägerin habe daraus bisher jedoch nichts erhalten; über das Vermögen der Eheleute ... sei das Konkursverfahren eröffnet, gegen die Söhne sei bislang erfolglos vollstreckt worden.
Da der Sicherungsübereignungsvertrag aus den genannten Gründen unwirksam ist, kann dahingestellt bleiben, ob die Sicherungsübereignung - wie der Beklagte meint - mangels hinreichender Bestimmbarkeit der sicherungsübereigneten Gegenstände unwirksam wäre.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Die Klägerin ist in Höhe von 224.442,03 DM beschwert.