Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 27.03.2020, Az.: 11 U 21/18

Anspruch auf Zahlung von Kranmieten; Inanspruchnahme als persönlich haftende Gesellschafterin; Einrede der Verjährung; Unsubstantiierter Vortrag zu einer Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
27.03.2020
Aktenzeichen
11 U 21/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 66531
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 21.02.2018 - AZ: 18 O 222/17

In dem Rechtsstreit
AA, Aktiengesellschaft belgischen Rechts, vertreten durch die Direktoren BB und CC, Ort1,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
(...)
Geschäftszeichen: (...)
gegen
DD Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Ort2,
vertreten durch die Komplementärin
EE-GmbH,
diese vertreten durch ihre Geschäftsführer Diplom-Ingenieur FF,
Diplom-Ingenieur GG u. a.,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. (...), den Richter am Oberlandesgericht (...) und den Richter am Amtsgericht (...) auf die mündliche Verhandlung vom 28.02.2020 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung der Klägerin vom 23.03.2018 gegen das am 21.02.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Osnabrück, Az. 18 O 222/17, wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

  3. 3.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Gläubigers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% desjenigen Betrags abwenden, der aufgrund des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Urteils vollstreckbar ist, wenn nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

  4. 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. 5.

    Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 35.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Zahlung von Kranmieten und damit zusammenhängenden Nebenleistungen. Die Klägerin, die ihren Sitz in Belgien hat, betreibt ein Unternehmen u.a. zur Vermietung von Baukränen. Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen. Die Beklagte hatte zusammen mit der HH GmbH die JJ Ort 3 (Im Folgenden: JJ) gegründet, die mit dem Neubau der ...anlage Ort3 beauftragt war. Die HH GmbH ist seit 2014 insolvent. Die JJ wurde aufgelöst. Die Klägerin nimmt die Beklagte als persönlich haftende Gesellschafterin in Anspruch.

Die Klägerin bot der JJ mit Schreiben vom 26.4.2010 sowie 1.5.2010 unter Hinweis auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihre Leistungen an (Mietangebote Nr.: 04-26-366, 04-26-367a-T, 04-26-367-T, 04-26-363-T, 04-26-364-T, 04-26-365-T; Anlagen B1 und 2). Die Klägerin unterhielt zu dieser Zeit eine durch den Herrn Dipl.-Ing. KK geleitete "Repräsentanz Deutschland" in Ort4. Über der Anschrift des Adressaten sowie in der Fußzeile enthielten die Angebote die belgische Anschrift der Klägerin. Rechts neben der Anschrift des Adressaten enthielten die Angebote den Hinweis auf die Repräsentanz Deutschland samt Kontaktdaten, bestehend aus einer Postanschrift in Deutschland, einer Telefon- und Telefaxnummer, einer Mobilfunknummer, einer E-Mail Anschrift und WWW-Adresse mit jeweils deutscher Länderkennung. Die Angebote waren in der deutschen Sprache verfasst.

Mit Schreiben vom 11.6.2010 (Anlage B3) erklärte die JJ "auf der Grundlage der Verhandlungen am 1.6.2010 zwischen Ihrem Herrn KK und dem Herrn LL vom JJpartner EE sowie den Herren MM und NN vom JJpartner HH" die Bestätigung des "bereits mündlich vorab geschlossenen Vertrages über die Anmietung von 3 Stück Turmdrehkranen". Das Schreiben enthielt unter dem Punkt "Mietdauer" den Passus: "Durch Schlechtwetter während des Schlechtwetterzeitraumes ausgefallene Arbeitstage bleiben mietfrei".

Die Klägerin stellte die Kräne in der Folgezeit zur Verfügung.

Hierfür stellte die Klägerin im Zeitraum vom 13.8.2010 bis 29.4.2013 gegenüber der JJ diverse Rechnungen (Anlagen K1 bis 22), die nur teilweise bzw. gar nicht beglichen wurden.

Mit Schreiben vom 6.12.2010 (Anlage B10) gerichtet an die "Repräsentanz Deutschland" widersprach die JJ der Rechnung der Klägerin Nr. 201003072 vom 19.11.2010 mit der Begründung, dass ein Quertransport vertraglich vereinbart und Kosten aus Wartezeiten nicht entstanden seien.

Mit weiterem Schreiben vom 5.1.2011 gerichtet an die "Repräsentanz Deutschland" erklärte die JJ die Kürzung diverser Rechnungen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 5.1.2011 Bezug genommen (Anlage B17).

Auf die Rechnungen Nr. 201003328, 201003329 und 201003330 mit einer Gesamtsumme von 13.500 € zahlte die JJ am 13.01.2011 wie im Schreiben 05.01.2011 angekündigt lediglich einen Betrag in Höhe von 90,61 €

Mit weiterem Schreiben vom 21.2.2012 (Anlage B26) teilte die JJ der Klägerin mit, dass die Arbeiten in der Zeit vom 1.2.2012 bis 13.2.2012 aufgrund der Witterung eingestellt gewesen seien und dieser Zeitraum daher gemäß Vertrag mietfrei zu stellen sei.

Die Rechnung Nr. 201200369 vom 1.2.2012 wurde um einen Betrag in Höhe von 694,83 € und die Rechnung Nr. 201301446 vom 29.5.2013 um einen Betrag in Höhe von 750,- € gekürzt.

Die Klägerin mahnte die JJ mit Schreiben vom 3.12.2013, 16.12.2013, 7.1.2014 und 14.1.2014 (Anlagen K24a bis d).

Im Sommer 2014 nahm die Klägerin die JJ vor dem Handelsgericht Gent, Belgien, in Anspruch. Die Zustellung der Klage erfolgte am 29.8.2014. Mit Entscheidung vom 15.12.2015 erklärte sich das Gericht für unzuständig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung vom 15.12.2015 Bezug genommen (Deutsche Übersetzung, Bl. 112ff).

Mit Schriftsatz vom 13.7.2017 erhob die Beklagte die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO finde das belgische Recht Anwendung. Nach Art. 2262 des belgischen Bürgerlichen Gesetzbuches (BW) verjähren Ansprüche erst nach zehn Jahren. Bei der "Repräsentanz Deutschland" der Klägerin handele es sich nicht um eine "Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung" im Sinne des Art. 19 Abs. 2 Rom-I-VO. Auch sei der Vertrag nicht in diesem Sinne "im Rahmen des Betriebes" mit derselben "geschlossen" worden. Diese sei auch nicht "für die Erfüllung gemäß dem Vertrag verantwortlich" gewesen. Dazu hat sie behauptet, Herr KK habe von Anfang an und bei allen Gesprächen deutlich gemacht, dass die Vertragsabschlüsse letztlich durch die belgische Hauptniederlassung erfolgten und die Verträge stets erst von dieser "abgesegnet" werden müssten. Seine Anschrift sei nur deshalb auf dem Briefkopf vermerkt, um den Kunden einen Ansprechpartner "vor Ort" im Sinne eines Kundendienstes anzubieten. Die Forderungen seien aber auch nach deutschem Recht nicht verjährt. Dazu hat sie behauptet, dass hinsichtlich der Rechnungen Nr. 201003328, 201003329 und 201003330 ein Anerkenntnis erfolgt sei. Auch seien langwierige Verhandlungen bis ins Jahr 2014 erfolgt. Die Klägerin hat zudem behauptet, die sachlichen Einwendungen der Beklagten seien nicht begründet. Minderungsgründe seien nicht substantiiert vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.08.2017 Bezug genommen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, aus Art. 10 der Allgemeinen Verkaufsbedingungen ergebe sich ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von jährlich 12 %. Aus Art. 11 ergebe sich zudem ein Anspruch auf pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 1.860,- €.

Die Klägerin hat mit der am 16.6.2017 zugestellten Klage beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 32.512,34 € nebst Zinsen in Höhe von 12 %, hilfsweise in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, aus 1.686,88 € seit dem 13.9.2010, weiteren 456,- € seit dem 13.9.2010, weiteren 1.497,92 € seit dem 24.10.2010, weiteren 350,- € seit dem 20.11.2010, weiteren 63,34 € seit dem 21.11.2010, weiteren 1.050,- € seit dem 5.12.2010, weiteren 1.790,- € seit dem 19.12.2010, weiteren 1.550,- € seit dem 1.1.2011, weiteren 1.550,- € seit dem 1.1.2011, weiteren 1.550,- € seit dem 1.1.2011, weiteren 800,- € seit dem 7.1.2011, weiteren 3.500,- € seit dem 13.1.2011, weiteren 3.500,- € seit dem 13.1.2011, weiteren 6.500,- € seit dem 13.1.2011, weiteren 465,- € seit dem 10.02.2011, weiteren 200,- € seit dem 10.2.2011, weiteren 465,- € seit dem 10.02.2011, weiteren 1.566,83 € seit dem 9.7.2011, weiteren 1.807,67 € seit dem 23.10.2011, weiteren 809,48 € seit dem 14.11.2011, weiteren 694,83 € seit dem 1.3.2012 und weiteren 750,- € seit dem 29.5.2013 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.860,34 € Verzugsvertragsstrafe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Forderungen der Klägerin seien verjährt. Es sei deutsches Recht anzuwenden. Die Verträge seien mit der deutschen Vertretung der Klägerin geschlossen worden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien zu keiner Zeit übergeben worden und auch nicht bekannt. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Abzüge seien berechtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.07.2017 Bezug genommen.

Das Landgericht Osnabrück hat mit Urteil vom 21.2.2018 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.444,83 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 694,83 € seit dem 1.3.2012 und aus 750,- € seit dem 29.5.2012 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß Art. 4 Abs.1b, 19 Rom-I das deutsche Recht anwendbar sei. Bei der Repräsentanz der Klägerin Deutschland handele es sich um eine Zweigniederlassung. Aus der Anwendung des deutschen Rechts folge, dass die Forderungen aus den Rechnungen der Jahre 2010 und 2011 gemäß §§ 195, 199 verjährt seien. Die Forderung aus den Rechnungen aus dem Jahr 2010 seien bereits am 31.12.2013 und damit noch vor der Klage vor dem Handelsgericht in Gent verjährt gewesen. Hinsichtlich der Forderungen aus dem Jahre 2011 sei zunächst durch die Klageerhebung vor dem Handelsgericht in Gent Hemmung eingetreten. Verjährung sei im Laufe des Monats September 2016 eingetreten. Die hiesige Klage jedoch erst am 17.5.2017 eingegangen. Lediglich die Forderungen aus den Jahren 2012 und 2013 seien begründet. Die Klausel der JJ, wonach die durch Schlechtwetter während des Schlechtwetterzeitraums ausgefallenen Arbeitstage mietfrei bleiben sollten, sei nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung der Parteien geworden. Die Einwendungen gegen die Rechnung vom 29.4.2013 seien nicht weiter substantiiert gewesen, obwohl dies aufgrund der Vereinbarung einer Pauschale notwendig gewesen wäre. Ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 12 % aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bestünde ebenfalls nicht. Die Klägerin habe schon nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die AGB dem Angebot beigefügt gewesen seien. Zudem hätten diese nicht in der deutschen Sprache vorgelegen, was Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung gewesen wäre.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 23.3.2018. Zur Begründung führte die Klägerin insbesondere aus, dass das belgische Recht und damit die längere Verjährungsfrist gelte. Bei der Repräsentanz handele es sich nicht um eine Niederlassung. Aber auch bei einer Anwendung des deutschen Rechts sei keine Verjährung eingetreten. Die Parteien hätten langwierige Verhandlungen geführt. Zudem sei das Schreiben der JJ vom 5.1.2010 als Anerkenntnis zu werten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Osnabrück vom 21.2.2018, Aktenzeichen: 18 O 222/17, die Beklagte über den tenorierten Umfang hinaus zu verurteilen,

1. an sie 32.512,34 € nebst Zinsen in Höhe von 12 %, hilfsweise in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, aus 1.686,88 € seit dem 13.9.2010, weiteren 456,- € seit dem 13.9.2010, weiteren 1.497,92 € seit dem 24.10.2010, weiteren 350,- € seit dem 20.11.2010, weiteren 63,34 € seit dem 21.11.2010, weiteren 1.050,- € seit dem 5.12.2010, weiteren 1.790,- € seit dem 19.12.2010, weiteren 1.550,- € seit dem 1.1.2011, weiteren 1.550,- € seit dem 1.1.2011, weiteren 1.550,- € seit dem 1.1.2011, weiteren 800,- € seit dem 7.1.2011, weiteren 3.500,- € seit dem 13.1.2011, weiteren 3.500,- € seit dem 13.1.2011, weiteren 6.500,- € seit dem 13.1.2011, weiteren 465,- € seit dem 10.02.2011, weiteren 200,- € seit dem 10.2.2011, weiteren 465,- € seit dem 10.02.2011, weiteren 1.566,83 € seit dem 9.7.2011, weiteren 1.807,67 € seit dem 23.10.2011, weiteren 809,48 € seit dem 14.11.2011, weiteren 694,83 € seit dem 1.3.2012 und weiteren 750,- € seit dem 29.5.2013 zu zahlen.

2. an sie 1.860,34 € Verzugsvertragsstrafe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Oberlandesgericht hat durch die Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 28.02.2020 verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass das deutsche Recht anwendbar ist und infolgedessen die Forderungen der Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 verjährt sind.

1. Anwendbares Recht

Im vorliegenden Fall ist deutsches Recht anzuwenden.

Da die Klägerin ihren Sitz in Belgien hat und die Beklagte in Deutschland, richtet sich die Frage des anwendbaren Rechts nach der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-VO).

Die Parteien des Vertrages haben von ihrer grundsätzlich freien Rechtswahl nach Art. 3 Abs. 1 Rom-I-VO weder ausdrücklich noch konkludent Gebrauch gemacht.

An einer ausdrücklichen Vereinbarung fehlt es.

Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend erfolgen. Die Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl setzt allerdings voraus, dass ein entsprechender Parteiwille "eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles" entnommen werden kann (Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom-I-VO). Daher genügen vage Anhaltspunkte nicht. Vielmehr muss sich die Rechtswahl mit Bestimmtheit ergeben. Ein bloß hypothetischer Parteiwille genügt nicht. Es kommt nicht darauf an, was die Parteien gewollt hätten, sondern was sie gewollt haben. Das setzt voraus, dass sie die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu bestimmen, auch tatsächlich erkannten. Gefordert ist ein aktuelles Erklärungsbewusstsein im Sinne eines Rechtswahlbewusstseins. Anders als im internen deutschen Sachrecht reicht ein bloß potenzielles Erklärungsbewusstsein nicht aus. Es bedarf eines kollisionsrechtlichen Gestaltungswillens. Lässt sich ein realer Wille nicht ermitteln, muss objektiv angeknüpft werden (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 3 Rn. 49 m.w.N.). Der Parteiwille ist anhand von Indizien zu ermitteln. Gewichtiges Indiz ist etwa die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands, einer Schiedsklausel oder die ausdrückliche Bezugnahme des Vertrages auf Vorschriften oder Rechtsinstitute einer bestimmten Rechtsordnung (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 3 Rn. 51ff.). Andere Indizien, etwa der Abschlussort des Vertrages, die Vereinbarung eines einheitlichen Erfüllungsortes, die Vertragssprache, die Vertragswährung haben dagegen lediglich eine untergeordnete Bedeutung (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 3 Rn. 61). Hiernach lässt sich vorliegend ein Parteiwille nicht erkennen. Insbesondere haben die Parteien keine Gerichtsstandsvereinbarung oder eine ähnliche Vereinbarung getroffen. Der vorliegende Streit sowie der bereits davor geführte Rechtsstreit in Belgien zeigen, dass die Parteien möglicherweise die Möglichkeit der Rechtswahl gar nicht erkannt haben.

Lässt sich eine Rechtswahl der Parteien nicht feststellen, bestimmt sich das anwendbare Recht nach Art. 4 Rom-I-VO. Die genaue rechtliche Einordnung des vorliegenden Vertrages, als Dienstvertrag, Mietvertrag über bewegliche Sachen oder typengemischter Vertrag, kann dahinstehen, da es bei allen Vertragstypen vorliegend auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" der Klägerin ankommt. Denn nach Abs. 1 b) unterliegen Dienstverträge dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Handelt sich dagegen um einen Mietvertrag über bewegliche Sachen oder einen typengemischten Vertrag, unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO). Die charakteristische Leistung ist vorliegend der Aufbau und die Überlassung von Baukränen. Diese Leistung hat die Klägerin erbracht.

Der "gewöhnliche Aufenthalt" ist nach Art. 19 Rom-I-VO zu bestimmen.

Bei Gesellschaften und juristischen Personen ist dies nach Abs. 1 der Ort ihrer Hauptverwaltung. Vorliegend hat die Klägerin ihre Hauptverwaltung in Belgien. Demnach wäre belgisches Recht anwendbar.

Nach Abs. 2 kann sich der gewöhnliche Aufenthalt jedoch auch am Ort einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung ergeben, wenn der Vertrag im Rahmen des Betriebs einer solchen geschlossen oder erfüllt wurde. Die Vorschrift hat den Zweck, den Vertrag mit derjenigen Niederlassung - und ihrem Recht - zu verknüpfen, zu der die engste Verbindung besteht, wenn der geschäftliche Vertragspartner mehrere Niederlassungen oder gleichgestellte Repräsentanzen hat (Staudinger/Magnus (2016) ROM-I-VO Art 19 Rom I-VO, Rn. 21). Die Begrifflichkeiten "Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung" werden zusammenfassend auch als Nebenniederlassung bezeichnet und entsprechend dem Begriff in Art. 5 Nr. 5 EUGVVO definiert (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 19 Rn.6). Mit Nebenniederlassung ist der "Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsgeschäft mit dem im Ausland ansässigen Stammhaues begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist" (EuGH, Entscheidung vom 22.11.1978 - 33/78 = NJW 1988, 625).

Eine Nebenniederlassung hat daher folgende Merkmale:

- die Nebenniederlassung muss tatsächlich nach außen hin tätig werden, was etwa bei Produktionsstätten nicht der Fall ist (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 19 Rn.6; Staudinger/Magnus (2016) ROM-I-VO Art 19 Rom I-VO, Rn. 25 m.w.N.).

- die geschäftliche Tätigkeit durch die Nebenniederlassung muss auf Dauer erbracht werden können, was eine entsprechende Ausstattung und Organisation (namentlich eine Geschäftsführung vor Ort) voraussetzt. Lager, Messestände, Schiffe oder Büros erfüllen diese Voraussetzungen nicht, notwendig ist vielmehr eine geplante Dauer von mindestens einem Jahr (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 19 Rn.6; Staudinger/Magnus (2016) ROM-I-VO Art 19 Rom I-VO, Rn. 25 m.w.N.).

- die Nebenniederlassung unterliegt der Aufsicht und Leitung des Stammhauses (Ringe in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, Art. 19 Rom I-VO, Rn. 17; Staudinger/Magnus (2016) ROM-I-VO Art 19 Rom I-VO, Rn. 25 m.w.N).

- Die Bezeichnung der Nebenniederlassung (etwa als Zweigstelle, Repräsentanz, Vertretung) ist irrelevant, solange nur die genannten materiellen Kriterien gegeben sind (Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP, Rom I-VO Art. 19 Rn.6; Staudinger/Magnus (2016) ROM-I-VO Art 19 Rom I-VO, Rn. 26).

Die Merkmale sind bzw. waren vorliegend bei der "Repräsentanz Deutschland" der Klägerin in Ort4 erfüllt.

Die "Repräsentanz Deutschland" der Klägerin wurde nach außen hin tätig. In Person des Herrn KK wurden zunächst unstreitig die mündlichen Vor- und Zwischenverhandlungen geführt. Dies ergibt sich etwa für die mündlichen Verhandlungen zwischen Angebot und Annahme aus dem Schriftsatz der JJ vom 11.6.2010 (Anlage B3). In diesem wird ausdrücklich Bezug genommen auf ein mündliches Gespräch mit Herrn JJ. Auch hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass weitere Person seitens der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen involviert waren. Auch die schriftlichen Angebote (Anlagen B1 und B2) stammen nicht nur tatsächlich, sondern auch rein äußerlich bei verständiger Würdigung von der "Repräsentanz Deutschland". Die Angebote enthalten im Briefkopf in Fettdruck einen deutlichen Hinweis auf die "Repräsentanz Deutschland" mit vollständiger postalischer Anschrift sowie weitere Kontaktmöglichkeiten über Telefon, Telefax, Mobilfunk, E-Mail sowie WWW. Die Klägerin selbst wird lediglich mit ihrer postalischen Anschrift in Belgien und in der Fußzeile mit der Umsatzsteueridentnummer erwähnt. Eine in der heutigen Zeit wichtige telefonische Kontaktmöglichkeit oder Kontaktmöglichkeit per E-Mail der Klägerin selbst fehlt. Die Angebote sind von Herrn KK zum Teil mit dem Zusatz "i.A.", zum Teil ohne diesen Zusatz unterzeichnet. Hierzu hat der Zeuge angegeben, dass der fehlende Zusatz "i. A." auf einem Versehen beim Kopieren der Vorlage beruhte.

Auch war die Tätigkeit der "Repräsentanz Deutschland" auf eine gewisse Dauer mit dem Vorhandensein einer dafür notwendigen Ausstattung und Organisation ausgerichtet. Zwar ist die genaue Dauer des Bestehens der Repräsentanz nicht bekannt. Der Zeuge KK hat angegeben, seit dem Jahr 2006 oder 2007 für die Klägerin tätig gewesen und allein für die Firma HH, auch vor dem Jahr 2010, 30 bis 40 Krane vermietet zu haben. Damit war die Tätigkeit der Repräsentanz Deutschland auf eine längere Dauer ausgerichtet.

Entgegen der Ansicht der Klägerin lag auch die dafür notwendige Ausstattung und Organisation vor. Dies wird bereits daraus deutlich, dass die Repräsentanz in Person des Herrn KK die Verhandlungen führte, Angebote erstellte und den technischen Kundendienst übernahm. Auch verfügte die Repräsentanz offensichtlich über die notwendige Ausstattung. Die Angebote wurden maschinell erstellt. Die Repräsentanz verfügte über Telefon-, Telefax-, Mobilfunkanschlüsse sowie über eine E-Mail Anschrift und einen Auftritt im WWW. Der Zeuge KK hat anschaulich dargestellt, dass seine Aufgabe als Repräsentant darin bestanden hat, Vorverhandlungen zu führen, Baustellen zu besichtigen, Termine für den Aufbau der Krane zwischen Baustelle und seinem Arbeitgeber abzustimmen, bei technischen Problemen während der Mietzeit als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und den Einsatz von Monteuren für Reparaturarbeiten zu beauftragen oder zu koordinieren.

Hinsichtlich des Merkmals des Vorhandenseins einer Geschäftsführung verkennt die Klägerin, dass es gerade nicht darauf ankommt, dass die Geschäftsführung völlig unabhängig vom Stammhaus handeln kann bzw. darf. Im Gegenteil, ein weiteres Merkmal der Nebenniederlassung ist es gerade, dass sie der Leitung und Aufsicht des Stammhauses untersteht. Dieses Merkmal ist unstreitig erfüllt. Die Klägerin trägt selbst vor, Herr KK hätte die Vertragsschlüsse letztlich durch die belgische Hauptniederlassung "absegnen" lassen müssen.

Zwar liegt nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH Slg 1981, 820, [829] [139/80, Blanckaert & Willems v Trost]) in Abgrenzung zu einer Handelsvertretung dann keine Nebenniederlassung vor, wenn der Handelsvertreter des Stammhauses im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, ohne dass das Stammhaus befugt ist, ihm Weisungen zu erteilen, wenn es ihm zugleich gestattet ist, mehrere Unternehmer zu vertreten, die bei der Herstellung oder beim Vertrieb identischer oder gleichartiger Erzeugnisse miteinander konkurrieren und wenn er schließlich nicht tatsächlich an der Abwicklung und Ausführung der Geschäfte beteiligt ist, sondern sich im Wesentlichen darauf beschränkt, Aufträge an den von ihm vertretenen Unternehmer weiterzuleiten. Der Zeuge KK hat beschrieben, dass er für die Klägerin anfangs als festangestellter Mitarbeiter und - nachdem er einige Aufträge vermittelt hatte - später auf Provisionsbasis tätig geworden ist. Er hat darüber hinaus auch angegeben, dass er neben dem Geschäft mit der Klägerin noch eine Handelsvertretung für OO-Gerüste betrieben hat. Beides spricht zwar für eine gewisse Selbstständigkeit des Zeugen. Allerdings hat der Zeuge - was im vorliegenden Fall entscheidend ist - auch angegeben, dass er persönlich umfassend in die Abwicklung der Mietverträge eingebunden gewesen ist und den entsprechenden Kundendienst geleistet hat. Die Repräsentanz Deutschland der Klägerin sollte nach Außen gerade einen entsprechenden Kundendienst gewährleisten und in diesem Sinn das Geschäft der Klägerin in Deutschland führen. Insoweit ist der Rechtsschein nach Außen maßgeblich (EuGH Slg 1978, 2184 [2193] [33/78, Somafer v Saar-Ferngas]), während es auf die genaue Arbeitsorganisation im Innenverhältnis nicht ankommt. Der Zeuge MM hat, was angesichts der technischen Komplexität und der Bedeutung der Krane für einen reibungslosen Ablauf der Bauarbeiten auch nachvollziehbar ist, geschildert, dass die Verträge ohne einen entsprechend kompetenten Mitarbeiter vor Ort mit entsprechend kurzen Reaktionszeiten nicht abgeschlossen worden wären. Dem Zeugen KK kam - was diesem auch bewusst war - die Aufgabe zu, als deutscher Repräsentant seiner Firma deren Geschäfte in Deutschland zu führen.

Daneben müsste der streitgegenständliche Vertrag gerade im Rahmen des Betriebes der Nebenniederlassung geschlossen worden sein oder aber die Niederlassung muss für die Erfüllung des Vertrages verantwortlich gewesen seien.

Ein eindeutiger Fall liegt dann vor, wenn die Nebenniederlassung den Vertrag im eigenen Namen abschließt und dieser Vertragsschluss im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs liegt (BeckOGK/Rass-Masson, 1.8.2018, Rom I-VO Art. 19 Rn. 31). Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass der klägerseits handelnde Herr KK von Anfang an und bei allen Gesprächen mit den Verhandlungspartnern der JJ diesen gegenüber deutlich gemacht habe, dass die Vertragsabschlüsse letztlich durch die belgische Hauptniederlassung erfolgten, die Verträge stets erst von dieser "abgesegnet" werden müssten. Dieser Vortrag ist mehrdeutig. Es bleibt unklar, welche internen Vereinbarungen und welche Abläufe es zwischen der belgischen Hauptniederlassung und Herrn KK gab. Es macht bereits sprachlich einen Unterschied, ob ein Vertragsschluss "mit" oder "durch" jemanden erfolgt. Die Erklärung, der Vertragsschluss erfolge "mit der Hauptniederlassung" stellt einen Hinweis auf eine Stellvertretung dar, § 164 BGB. Hingegen ist die Erklärung, der Vertragsschluss erfolge letztlich "durch die Hauptniederlassung" mehrdeutig. Die Erklärung kann auch so gedeutet werden, dass die Hauptniederlassung lediglich im Innenverhältnis das "letzte Wort" hat, der Vertragsschluss selbst aber im Namen der Nebenniederlassung erfolgt. Hierfür spricht im Übrigen auch der Zusatz, dass die Hauptniederlassung den Vertrag hat "absegnen" lassen müssen. Selbst aber wenn dieser Vortrag der Klägerin dahingehend zu verstehen ist, dass der Zeuge Herr KK bei Vertragsschluss erklärt habe, als Vertreter im Namen der belgischen Hauptniederlassung zu handeln, ist dieser bestrittene Vortrag rechtlich unerheblich. Denn die Zuordnung des Vertrages zur Nebenniederlassung ist auch dann gegeben, wenn der Vertrag von der Nebenniederlassung zwar im Namen des Stammhauses abgeschlossen wurde, die Leistung jedoch im Staat der Nebenniederlassung zu erfüllen ist, wodurch davon auszugehen ist, dass die Nebenniederlassung für die Erfüllung verantwortlich ist. Es genügt also, dass die Nebenniederlassung Dritten gegenüber den Eindruck erweckt, selbstständige Verträge abschließen zu können, selbst wenn der tatsächliche Vertragspartner das Stammhaus ist (EuGH Slg 1978, 2183 [2193] [33/78, Somafer v Saar-Ferngas]; MünchKomm/Martiny Art 19 Rom I-VO Rn 15; NK-BGB/Doehner Art 19 Rom I-VO Rn 6; Palandt/Thorn Art 19 Rom I-VO Rn 4). Ebenso reicht es aus, dass die Nebenniederlassung die Vertragsleistung erbringt und Ansprechpartner für die Erfüllung des Vertrages, z.B. bei Beanstandungen, ist, auch wenn der Vertrag nicht von der Nebenniederlassung abgeschlossen wurde (BeckOGK/Rass-Masson, 1.8.2018, Rom I-VO Art. 19 Rn. 31; Staudinger/Magnus (2016) ROM-I-VO Art 19 Rom I-VO, Rn. 23). Vorliegend wurden sämtliche mündlichen Verhandlungen mit Herrn KK von der Repräsentanz Deutschland geführt, oftmals vor Ort auf der Baustelle. Auch sämtliche schriftlichen Angebote stammten von der Repräsentanz Deutschland. Insoweit hat der Zeuge KK angegeben, dass er die Angebote - wie im vorliegenden Fall - oft selbst verfasst hat, wenn es schnell gehen musste. Im vorliegenden Fall sind die Aufträge auf der Baustelle mündlich erteilt und später verschriftlicht worden. Die von der Beklagten benannten Zeugen haben angegeben, dass ihnen kein Ansprechpartner der Firma in Belgien bekannt gewesen ist, sondern sie sich wegen der Vertragsdurchführung und bei Problemen immer an den Zeugen KK wenden sollten. Der Zeuge KK stand den Mitarbeitern der Beklagten dabei mit seinem technischen Sachverstand zur Verfügung. Die Zeugen der Beklagten haben geschildert, dass bei der JJ der Eindruck bestand, dass der Zeuge KK sich gut mit Baukränen auskannte. Auch der Zeuge KK hat geschildert, dass er umfassend mit der Vertragsanbahnung und der späteren Abwicklung betraut war. Er habe die Baustellen besichtigt und insbesondere die Fahrbarkeit der Baustelle für den Aufbau der Krane kontrolliert. Er habe die Termine für den Aufbau zwischen dem Kunden und der Firma AA koordiniert. Es sei seine Aufgabe gewesen, bei technischen Problemen durch Rücksprache mit der Firma AA für den Einsatz eines Mechanikers zu sorgen. Entweder habe die Firma den Auftrag für einen solchen Einsatz erteilt, oder er habe selbst für die Firma ein deutsches Serviceunternehmen beauftragt.

Die JJ wandte sich bei Reklamationen auch tatsächlich an die Repräsentanz Deutschland, woraufhin auch eine Reaktion erfolgte. Letztlich war die Repräsentanz Deutschland in Person des Herrn KK nach dem eigenen Vortrag der Klägerin Ansprechpartner vor Ort im Sinne eines Kundendienstes. In der Gesamtschau ist der Vertrag damit der Nebenniederlassung zuzuordnen.

2. Verjährung der Ansprüche

Die Ansprüche aus den Jahren 2010 und 2011 sind verjährt. Die Verjährungsfrist für die streitgegenständlichen Forderungen beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

a) Forderungen aus dem Jahr 2010

Die Verjährungsfrist der Forderungen aus dem Jahr 2010 gemäß Rechnungen (Anlage K1 bis 14) begann demnach am 31.12.2010 und endete am 31.12.2013.

aa) Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen, § 203 BGB

Soweit sich die Klägerin auf eine Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB berufen will, ist ihr Vortrag unsubstantiiert.

Grundsätzlich obliegt der Klägerin als Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast zumindest für den Beginn von Verhandlungen (Staudinger/Peters/Jacoby (2014) BGB § 203, Rn. 19).

Verhandlungen führen die Parteien, wenn es unter ihnen zu einem Meinungsaustausch kommt, auf Grund dessen der Gläubiger davon ausgehen darf, dass sein Begehren von der Gegenseite noch nicht endgültig abgelehnt wird (BGHZ 93, 64, 66 f; BGH NJW 1990, 245, 247; NJW 2007, 587 Rn 10; Soergel/Niedenführ § 203 Rn 4; MünchKomm/Grothe Rn 5; Palandt/Ellenberger Rn 2; Staudinger/Peters/Jacoby (2014) BGB § 203, Rn. 7). Der Gläubiger bietet keine Verhandlungen an, der nur kategorisch das ihm Zustehende einfordert, z.B. durch eine Mahnung. Ebenso kann ein klares Nein des Schuldners Verhandlungen nicht einleiten, sondern nur beenden (Staudinger/Peters/Jacoby (2014) BGB § 203, Rn. 7).

Vorliegend hat die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, die einen solchen Meinungsaustausch erkennen lassen. Vielmehr hat die Klägerin Rechnungen erstellt, die JJ wies die Rechnungen mit Schreiben vom 5.1.2011 zurück und sodann erfolgten lediglich noch Mahnungen der Klägerin.

bb) Neubeginn durch Anerkenntnis, § 212 Abs.1 Nr. 1 BGB

Soweit sich die Klägerin auf eine Anerkenntnis der Rechnungen vom 13.12.2010 (Anlage K 12 bis 14) durch das Schreiben der JJ vom 5.1.2011 bezieht, so ändert dies nichts an der Verjährung.

Zwar kann ein Anerkenntnis des Schuldners i. S. von § 212 Abs.1 Nr. 1 BGB nach der Rechtsprechung des BGH auch in der Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung gegen eine unbestrittene Forderung liegen (BGHZ 107, 342 = NJW 1989, 2469 [2470]). Doch beginnt nach einem Anerkenntnis die Verjährung erneut, wird die Verjährungsfrist am darauf folgenden Tag in Lauf gesetzt. Denn die ultimo-Regel des § 199 Abs.1 Halbs. 1 BGB gilt im Anwendungsbereich des § 212 Abs.1 BGB nicht. Die Verjährung beginnt vielmehr an dem Tag, der dem Anerkenntnis folgt (vgl. BGHZ 139, 214 = NJW 1998, 2972 [2973]; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 212 Rdnr. 8).

Vorliegend datiert das Schreiben, welches möglicherweise als Anerkenntnis zu werten ist, vom 5.1.2011. Die Verjährungsfrist würde demnach am 6.1.2011 begonnen habe, sodass am 6.1.2014 Verjährung eingetreten wäre.

cc) Hemmung durch Klage beim Handelsgericht in Gent, § 204 Abs. 1 Nr.1 BGB

Die Zustellung der Klage im Verfahren vor dem Handelsgericht in Gent erfolgte erst am 29.8.2014 (Nr. 6 des Urteils). Zu diesem Zeitpunkt waren die Forderungen aus dem Jahr 2010 nach den obigen Ausführungen bereits verjährt.

b) Forderungen aus dem Jahr 2011

Die Verjährungsfrist der Forderungen aus dem Jahr 2011 gemäß Rechnungen (Anlage K15 bis 20) begann demnach am 01.01.2012 und endete am 31.12.2014.

Hinsichtlich der Hemmung durch Verhandlungen gelten die obigen Ausführungen.

Jedoch wurde die Verjährung durch die Erhebung der Klage vor dem Handelsgericht in Gent, d. h. Zustellung der Klage am 29.8.2014, gemäß § 204 Abs. 1 Nr.1 BGB gehemmt. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass auch die Klage vor ausländischen Gerichten im Geltungsbereich der EUGVVO die Verjährung hemmt, wenn das Gericht nicht zuständig ist (Düss NJW 78, 1752 [OLG Düsseldorf 09.12.1977 - 16 U 48/77]).

Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung des Handelsgerichts Gent. Das Urteil wurde am 15.12.2015 verkündet. Die Hemmung endete demnach gem. §§ 187 ff. BGB am 15.6.2016.

Nach § 209 BGB ist die Verjährungsfrist in konkreter Berechnung um die Hemmungszeit zu verlängern. Die Hemmung dauerte vorliegend vom 29.8.2014 bis 15.6.2016 (=657 Tage). Somit trat am 18.10.2016 Verjährung ein. Die vorliegende Klage ging erst am 17.5.2017 beim Landgericht Osnabrück ein. Zu dem Zeitpunkt waren die Forderungen aus dem Jahr 2011 bereits verjährt.

3. Forderungen aus dem Jahr 2013

Die Forderungen aus den Jahren 2012 und 2013 sind nicht verjährt. Das Urteil des Landgerichts Osnabrück ist insoweit nicht angegriffen worden.

4. Nebenforderungen

Ein Anspruch auf Zahlung einer Verzugsvertragsstrafe besteht nicht. Unabhängig davon, dass die Nebenforderungen vom Schicksal der Hauptforderung abhängig ist und in der geltend gemachten Höhe ohnehin nicht berechtigt ist, hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht in den Vertrag mit einbezogen wurden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin lagen lediglich in niederländischer bzw. französischer Sprache vor. Es spricht der herrschenden Meinung, dass die Verhandlungssprache der Parteien auch für die Sprache der Allgemeinen Geschäftsbedingungen maßgeblich ist (Staudinger/Schlosser (2013) BGB § 305, Rn. 105). Die Verhandlungen wurden vorliegend auf Deutsch geführt.

Nach alledem hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 543 Abs. 2 ZPO keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.