Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 15.04.2021, Az.: 6 B 29/21

Ausgangsbeschränkung; Corona; Erforderlichkeit; Hochinzidenzgebiet; Inzidenzwerte; Kontrollen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
15.04.2021
Aktenzeichen
6 B 29/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71148
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Lässt sich der vermutliche Prozessausgang nicht ohne Weiteres übersehen, so entspricht es der Billigkeit, der Ungewissheit über den Verfahrensausgang durch eine anteilige Kostenbelastung im Sinne von § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO Rechnung zu tragen (so BVerwG, Beschl. v. 7.4.2008 - 9 VR 6/07 -, juris, Leitsatz; OVG NRW, Beschl. v. 14.1.2021 - 19 B 1959/20 -, juris Rn. 3).

Hier besteht Ungewissheit über den Verfahrensausgang, da die Kammer einerseits mit Beschluss vom 6. April 2021 (- 6 B 25/21 -) die vom Antragsgegner angeordnete Ausgangsbeschränkung für voraussichtlich rechtmäßig erachtet, andererseits das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. April 2021 (- 13 ME 166/21 -, betr. Stadt B-Stadt) erstmalig zu Ausgangsbeschränkungen entschieden und insbesondere die Anforderungen an die Erforderlichkeit der Ausgangsbeschränkungen konkretisiert hat. In den zeitlich danach entschiedenen und daran anknüpfenden Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Braunschweig ( - 4 B 105/21 - (LK C.), - 4 B 107/21 - (LK D.) und - 4 B 132/21 -(E.)) wird u.a. maßgeblich darauf abgestellt, welche Maßnahmen die jeweilige Kommune vorher getroffen hat (E.: Erklärung zur Hochinzidenzkommune, Lagerverbot für Grünflächen etc. nur für Ostertage, Wirksamkeit nicht abgewartet), welche Erkenntnisse sie zu Ansteckungsquellen gewonnen (LK C.: 43 % der Ansteckungen im privaten Bereich, 27 % nicht aufklärbar; LK D.: 88 % der Ansteckungen in privaten Haushalten) und wie oft sie Kontrollen und Ordnungswidrigkeitenverfahren (E.: 9 Einsätze in einem Monat; LK C.: 160 Bußgeldverfahren in einem Monat, 28 Vollzugsbeamte, Corona-Sonderstreifen der Polizei; LK D.: 2288 Kontrollen im gewerblichen Bereich seit Beginn der Pandemie) durchgeführt hat. Um nach diesen Maßstäben erneut über die Anordnung des Antragsgegners zu befinden, müsste die Kammer weitere Sachverhaltsermittlungen anstellen. Eine Beweiserhebung nach Erledigung der Hauptsache ist jedoch grundsätzlich nicht mehr zulässig; auch schwierige Rechtsfragen braucht das Gericht nicht mehr zu klären (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 161 Rn.15 m.w.N.). Daher ist das Gericht gehalten, von einem offenen Ausgang des Verfahrens auszugehen.

Etwas Anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass der Antragsgegner die streitgegenständliche Allgemeinverfügung mittlerweile aufgehoben hat. Der Landkreis hat sich durch die Aufhebung nicht freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben, sondern war angesichts des unter 100 abgesunkenen Inzidenzwertes rechtlich dazu verpflichtet.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.Eine Reduzierung des Streitwerts nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (NordÖR 2014,11) im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilverfahrens war nicht vorzunehmen, da es sich bei dem Antrag um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelte.