Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.09.2019, Az.: 9 K 209/18

Abzugsfähigkeit von beruflich veranlassten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
18.09.2019
Aktenzeichen
9 K 209/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69204
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 12.01.2023 - AZ: VI R 39/19

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen des Klägers für eine doppelte Haushaltsführung, insbesondere die Frage einer ausreichenden finanziellen Beteiligung an den Kosten seiner Hauptwohnung.

Der Kläger ist von Beruf Elektroingenieur und erzielte im Streitjahr aus dieser Tätigkeit ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bereits seit Dezember 2013 unterhält er eine Mietwohnung in B. in der Nähe seiner Beschäftigungsstelle in L. Er fährt von dort aus täglich zu seiner Arbeitsstelle in L.. Die Wohnung am Beschäftigungsort besteht aus zwei Zimmern, Küche und Bad, die der Kläger allein bewohnt. Bezüglich der Einzelheiten der Wohnung in B. wird auf den vorliegenden Mietvertrag Bezug genommen.

Zudem bewohnt der Kläger in seinem Elternhaus in X., Ortsteil Y, eine nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss gemeinsam mit seinem Bruder. Nach dem Tod der Großeltern des Klägers und einem Umbau in 2013 waren seine Eltern, die zuvor mit im Oberschoss wohnten, Anfang 2014 ins Erdgeschoss umgezogen. Seither bewohnen der Kläger und sein Bruder die Räumlichkeiten im Obergeschoss allein. Diese Wohnung besteht aus zwei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Büro, einem kleinen Zimmer mit Sportgeräten, einem Bad und einer Küche. Die vorstehenden Räumlichkeiten im Obergeschoss sind nicht baulich getrennt von der Wohnung im Erdgeschoss, sondern über ein Treppenhaus vom Haupteingang des Hauses frei zugänglich. Zum Wäschewaschen nutzen der Kläger und sein Bruder die im Erdgeschoss befindliche Waschmaschine. Ein Mietvertrag bezüglich der Obergeschosswohnung in X. besteht nicht.

Nach eigenen Angaben verbringt der Kläger dort seine Wochenenden sowie in der Regel jeden einzelnen Tag seines Jahresurlaubs. Seit seinem 16. Lebensjahr ist der Kläger in X. Mitglied der freiwilligen Feuerwehr und zudem seit dem 1. Februar 2007 Mitglied im offiziellen ... Fanclub "...X.".

In den Jahren 2013 und 2014 erkannte der Beklagte die Kosten für die doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten an, weil aus Sicht des Finanzamts eine Beteiligung an den Kosten des Haushaltes in X. nicht nachgewiesen wurde.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens des vorherigen Veranlagungszeitraumes hatte der Vater des Klägers gegenüber dem beklagten Finanzamt in diesem Zusammenhang folgende Bestätigung abgegeben:

"Hiermit bestätige ich, dass ... die Wohnung im 1. OG bisher ohne finanzielle Beteiligung an den laufenden Nebenkosten bewohnen darf und in der Vergangenheit durfte.

So haben wir eine Abmachung getroffen, nach der ... sich um viele Arbeiten rund ums Haus an den Wochenenden sowie in seiner Urlaubszeit kümmert. Dazu gehören im Speziellen: - Rasen mähen

- Garten umgraben

- Helfen bei Umbaumaßnahmen/Renovierung

- Holz hacken und sägen

Dieses hatten wir allerdings nie schriftlich festgehalten.

..., den 18.10.2015"

In dem dortigen Verfahren hatte der Kläger darauf hingewiesen, dass er sich ab 2015 in angemessener Höhe mit einer Einmalzahlung finanziell beteiligen wolle, ab 2016 dann auch monatlich. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits wurde dann daraufhin ab Beginn des Jahres 2016 ein Haushaltskonto eingerichtet, auf das der Kläger (mtl. 100 €), sein Bruder (mtl. 150 €) und seine Eltern (mtl. 200 € - 250 €) einzahlen.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 beantragte der Kläger erneut die steuerliche Berücksichtigung von Kosten einer doppelten Haushaltsführung i.H.v. 6.746 € zzgl. Kosten für Familienheimfahrten i. H. v. 1.199 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Im Wesentlichen handelt es sich um Übernachtungskosten (Miete für Wohnung am Arbeitsort: 4.500 €/ Nebenkosten für die Zweitwohnung: 2.040 €) und Abschreibungsbeträge für Einbauküche (136 €) und Fernseher (69,86 €). Bei den Fahrtkosten handelt es sich um 47 Fahrten á 85 km (sogenannte Familienheimfahrten), die in der Summe einen Betrag von 1.198,50 € ausmachten. Diese Kosten sind zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitig.

Bereits mit der Steuererklärung gab der Kläger an, dass er sich in einer Gesamthöhe von 3.160,47 € im Jahr 2015 am Haushalt in X. beteiligt habe. Im Einzelnen legte der Kläger dar und wies mit Hilfe von Kreditkartenauszügen nach, dass er durchgängig das ganze Jahr über Lebensmitteleinkäufe für sich und seinen Bruder bei verschiedenen Händlern/ Märkten in X. i. H. v. 1.240,97 € getätigt hatte. Einkaufsbelege lagen zunächst nicht vor und wurden zum Teil - soweit vorhanden ab 11/2015 - im Klageverfahren nachgereicht. Zudem legte der Kläger die Kopie eines Kontoauszugs vor, aus der sich eine Überweisung an den Getränkeservice X. i. H. v. 169,50 € vom 23. Juni 2015 ergibt. Des Weiteren waren der Steuererklärung Kontoauszüge über eine Überweisung i. H. v. 1.200 € (Verwendungszweck: Nebenkosten/Telekommunikation) vom 7. Dezember 2015 sowie eine Überweisung über 550 € (Verwendungszweck: Anteil neue Fenster in 2015) vom 7. Dezember 2015 jeweils an den Vater des Klägers beigefügt.

Der Beklagte ging zwar davon aus, dass das Führen eines doppelten Haushaltes am Beschäftigungsort beruflich veranlasst war und die elterliche Wohnung in X. auch den Lebensmittelpunkt des Klägers darstellt. Gleichwohl berücksichtigte der Beklagte die Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht als Werbungskosten, da nach seiner Auffassung nicht nachgewiesen worden sei, dass der Kläger die Haushaltsführung in X. wesentlich mitbestimmt habe. Der Beklagte bemängelte insoweit das Fehlen von Nachweisen über eine finanzielle Beteiligung.

Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 10. Februar 2017 richtete sich der Einspruch des Klägers vom 2. März 2017. Nach Auffassung des Klägers war ausreichend nachgewiesen worden, dass er sich oberhalb der Bagatellgrenze von 10 % an den durchschnittlichen Kosten des Haushaltes beteiligt habe.

Gleichwohl hatte der Einspruch keinen Erfolg. Das beklagte Finanzamt verblieb bei seiner Auffassung, dass eine ausreichende finanzielle Beteiligung am Haushalt in X. nicht nachgewiesen sei. Die Lebensmitteleinkäufe seien für den eigenen Bedarf erfolgt, möglicherweise auch für seine Wohnung in B.. Er sei nicht verpflichtet gewesen, sich an den Kosten der Lebensführung zu beteiligen. Eine vom Kläger vorgenommene Umwidmung im Nachhinein sei insoweit irrelevant. Auch die Einmalzahlung i. H. v. 1.200 € am 7. Dezember 2015 sowie die Zahlung von 550 € könnten in diesem Zusammenhang nicht als finanzielle Beteiligung angesehen werden. Insbesondere sei eine Rückbeziehung der Zahlungen vom 7. Dezember 2015 nicht möglich, sodass allenfalls 1/12tel dieser Beträge berücksichtigt werden könnte.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage mit der der Kläger sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiterverfolgt.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Entgegen der Auffassung des Finanzamts beteilige sich der Kläger auch an den Lebenshaltungskosten (laufende Kosten der Haushaltsführung) in X.. Der Kläger habe durch Vorlage der Nachweise im Veranlagungsverfahren bereits nachgewiesen, dass er sich mit 3.160,47 € im Streitjahr 2015 oberhalb der maßgeblichen Bagatellgrenze der Finanzverwaltung finanziell am Haushalt in X. beteiligt habe. Unerheblich sei, dass die Lebensmitteleinkäufe wegen der getrennten Haushaltsführung nur für sich und seinen Bruder bestimmt waren. Nach Auffassung des Klägers müssten auch die Einmalzahlungen vom 7. Dezember 2015 für das Streitjahr in voller Höhe Berücksichtigung finden. Die Beteiligung des Klägers an den Kosten der Haushaltsführung im Streitfall stellten tatsächlich typische Beteiligungsleistungen an einem gemeinschaftlichen Haushalt dar und seien nicht im Mindesten vergleichbar mit regelmäßigen Unterhaltszahlungen zugunsten eines Unterhaltsberechtigten. Im Übrigen sei ab 2016 ein Haushaltskonto eingerichtet worden, auf das Kläger monatlich 100 €, sein Bruder 150 € und seine Eltern 200 € bis 250 € einzahlten.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 10. Februar 2017 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 25. Mai 2018 dergestalt zu ändern, dass weitere Werbungskosten i. H. v. 7.945 € bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Klageabweisungsantrages trägt der Beklagte wie folgt vor: Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 ergäben sich grundlegende Änderungen bei der steuerlichen Beurteilung einer doppelten Haushaltsführung. Durch eine gesetzliche Neuregelung sei das Innehaben einer Wohnung aus eigenem oder abgeleitetem Recht sowie eine finanzielle Beteiligung des Steuerpflichtigen am gemeinschaftlichen Haushalt erforderlich. Es genüge nicht, wenn der Arbeitnehmer zum Beispiel dem Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohne oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen werde. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung sei darzulegen und könne auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnten, nicht generell unterstellt werden. Eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung mit Bagatellbeträgen sei nicht ausreichend. Für die Anerkennung eines eigenen Hausstandes werde die Beteiligung an den gesamten Kosten der laufenden Haushaltsführung vorausgesetzt. Diese Kosten beinhalteten auch Kosten für Lebensmittel und Haushaltsbedarf, laufende Nebenkosten des Hauses sowie ggf. Zinsen für die Finanzierung und Kosten für Internet, Rundfunk, Telefon sowie andere Waren und Dienstleistungen. Der Kläger habe nicht dargelegt, in welcher Höhe monatlich regelmäßig laufende Kosten der Lebensführung für die Haushaltsführung entstanden seien. Deshalb seien diese Kosten anhand der Werte des Statistischen Bundesamtes sowie durch Schätzungen zu ermitteln. Danach ergäben sich monatlich regelmäßige anfallende Kosten des Haushaltes für 2015 i. H. v. insgesamt 1.879 €, ggf. zzgl. Kosten einer Fremdfinanzierung.

Der Beklagte geht weiterhin davon aus, dass die vom Kläger belegten Lebensmitteleinkäufe keine finanzielle Beteiligung an der Haushaltsführung in X. darstellen. Zudem vertritt der Beklagte weiterhin die Auffassung, dass eine Rückbeziehung der Einmalzahlungen vom 7. Dezember 2015 nicht zulässig ist. Insoweit beruft sich der Beklagte auf eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (Urteil vom 25. April 2018 VI R 35/16, BFHE 261, 319, BStBl II 2018, 643). Allenfalls könne deshalb ein Betrag in Höhe von 1/12tel als finanzielle Beteiligung an den laufenden Kosten der Haushaltsführung angenommen werden. Insgesamt könne danach nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger insgesamt über der maßgeblichen Bagatellgrenze von 10 v.H. der laufenden Kosten der Haushaltsführung finanziell am Haushalt in X. beteiligt habe.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 10. Februar 2017 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 25. Mai 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Zu Unrecht hat der Beklagte Aufwendungen i. H. v. 7.945 € für eine beruflich veranlasste doppelten Haushaltsführung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd berücksichtigt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG).

a. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der für das Streitjahr 2015 geltenden Fassung sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach dem Satz 2 dieser Vorschrift nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Vorliegen eines eigenen Haushalts setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1.000 € im Monat (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG).

Dass der Kläger in der Nähe seines Beschäftigungsortes (L.) in B. - beruflich veranlasst - eine Mietwohnung unterhält und die Räumlichkeiten in X. seinen Lebensmittelpunkt darstellen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird auch vom Senat nicht in Zweifel gezogen.

b. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Kläger im Streitjahr auch einen eigenen Haushalt in X., Ortsteil ..., unterhalten. Insbesondere hat er dort eine Wohnung innegehabt und sich an den Kosten der Lebensführung dieses Haushalts in ausreichender Höhe finanziell beteiligt.

aa. Gemäß des durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl. I 2013, 285) neu in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG eingefügten Satzes 3 setzt das Vorliegen eines eigenen Hausstands ab dem Veranlagungszeitraum - VZ - 2014 das Innehaben einer Wohnung und eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

(1) Nach der Gesetzesbegründung soll durch die gesetzliche Konkretisierung des Begriffs des eigenen Hausstandes zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen und Streitpotential vermieden werden. Das Vorliegen eines eigenen Hausstands außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte erfordert danach zukünftig neben dem Innehaben einer Wohnung aus eigenem Recht oder als Mieter auch eine angemessene finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Für das Vorliegen eines eigenen Hausstands im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG genügt es damit nicht mehr, wenn der Arbeitnehmer z.B. im Haushalt seiner Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird (vgl. BT-Drucks. 17/10774, S. 13, 14).

(2) Die Finanzverwaltung hat diese neue Gesetzesfassung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 30. September 2013 (IV C 5-S 2353/13/10004, BStBl. I 2013, 1279, Rz. 94; ebenso in der ergänzten Fassung vom 24. Oktober 2014 IV C 5-S 2353/14/10002, BStBl. I 2014, 1412, hier Rz. 100) ausgelegt. Zunächst versteht die Finanzverwaltung unter dem Begriff der "Lebensführung" einschränkend die "Haushaltsführung". Eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung mit Bagatellbeträgen sei nicht ausreichend. Es könne von einer finanziellen Beteiligung ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer mindestens 10 v.H. der laufenden Kosten der Haushaltsführung (etwa Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Lebens) mittrage. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung sei darzulegen und könne bei Ledigen nicht unterstellt werden. Lägen die Barleistungen unter der Bagatellgrenze von 10 v.H., könne der Arbeitnehmer eine hinreichende finanzielle Beteiligung auch auf andere Weise darlegen.

Die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 46/12, BFHE 240, 241, BStBl. II 2013, 627) soll nach Auffassung des BMF damit überholt sein. Nach dieser Rechtsprechung konnte ein eigener Hausstand auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil geführt wird. Einer gleichmäßigen Beteiligung des Kindes an den laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten bedurfte es hiernach nicht.

(3) In der steuerrechtlichen Literatur wird die Gesetzesänderung überwiegend kritisiert, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Unbestimmtheit und Konturenlosigkeit der Begriffe "finanzielle Beteiligung" und "Kosten der Lebensführung", die fehlende Praktikabilität und die Missbrauchsanfälligkeit (etwa Schneider, NWB 2013, 44, 49; Schmidt, NWB 2015, 1758, 1763; Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, 173. Aktualisierung, Oktober 2016, § 9 Rn. G 53 u. G 55; Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1029).

(a) Das neu ins Gesetz aufgenommene Merkmal des "Innehabens einer Wohnung" als Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Hausstandes enthält nach der überwiegenden Auffassung im Schrifttum keine substantiell verschärfende Wirkung gegenüber der vorherigen Rechtslage, insbesondere für die Fälle des Wohnens in einem Mehrgenerationenhaushalt (vgl. Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497). Der Arbeitnehmer müsse die Wohnung oder das Haus, in dem sich der Haushalt befindet, aus eigenem Recht nutzen (Eigentum, Miete, sonstige Nutzungsgestattung). Dies habe sich bereits zuvor aus dem Tatbestandsmerkmal "eigener Hausstand" in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG a.F. ergeben und habe eine unentgeltliche Nutzung eingeschlossen (vgl. Krüger in: Schmidt, EStG-Kommentar, 38. Aufl. 2019, § 9 EStG Rz. 225). Es werde weder eine entgeltliche Nutzung noch notwendig ein alleiniges Recht des Arbeitnehmers vorausgesetzt, ein gemeinsames bzw. abgeleitetes Recht genüge (a.A. dagegen Niermann, DB 2013, 1015, 1023). Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal "Innenhaben einer Wohnung" einen qualifizierten Wohnungsbegriff zur Abzugsvoraussetzung erhoben habe. Vielmehr müsse die Wohnungsunterkunft, in der der Steuerpflichtige seinen Hausstand führe (Ersthausstand/ Haupthausstand), weiterhin nicht den bewertungsrechtlichen Anforderungen an eine Wohnung genügen (vgl. etwa Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, 173. Aktualisierung, Oktober 2016, § 9 Rn. G 51; Niermann, DB 2013, 1015, 1024).

(b) In den zu den neuen Tatbestandsmerkmalen "finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung" im steuerrechtlichen Schrifttum ergangenen Stellungnahmen folgen die einzelnen Vertreter zunächst einhellig der Finanzverwaltung in der eingeschränkten Auslegung des Begriffs "Kosten der Lebensführung" in dem Sinne, dass hier nur "Kosten der Haushaltsführung" gemeint sein können (so etwa Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158; Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497: "Gemeint sind Haushalts- und sonstige Lebenshaltungskosten im Haupthausstand"; Wirfler, DStR 2013, 2660, 2665; Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1030).

(c) Teilweise werden als maßgebliche Kosten der Haushaltsführung die Kosten für Wohnraum (einschl. Innenausstattung und Versorgung), Lebensmittel und Telekommunikation gezählt; teilweise sollen auch Kosten für Bekleidung und Hygiene hinzukommen (Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158). Geserich (in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rn. G 53) stellt dagegen fest, dass weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ersichtlich sei, welche Kosten (Kosten der Wohnung und/oder Kosten des Haushalts im Übrigen) in welchem Umfang der Steuerpflichtige tragen müsse, damit auch weiterhin vom Unterhalten eines eigenen Hausstandes am Ort des Lebensmittelpunktes ausgegangen werden dürfe. Das Gesetz fordere keine Beteiligung an den Wohnungskosten, sondern lediglich eine Beteiligung an den Lebensführungskosten. Auch nach Bergkemper (in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497) genügt lediglich eine Beteiligung an den Haushaltskosten im Übrigen. Eine Beteiligung an den Wohnungskosten sei nicht erforderlich.

Köhler (in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1029) meint, ob und welche Kosten dem Steuerpflichtigen "daheim" entstehen, sei für die Frage des Lebensmittelpunkts irrelevant.

(d) Zudem stimmt die steuerrechtliche Literatur mit der Finanzverwaltung dahingehend überein, dass eine finanzielle Beteiligung mit Bagatellbeträgen nicht ausreichend sein soll. Übereinstimmend geht das Schrifttum davon aus, dass der Höhe nach eine maßgebende finanzielle Beteiligung anzunehmen ist, wenn die Beiträge für die Unterhaltung des Haushalts "nicht erkennbar unzureichend" sind (so wörtlich Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rn. G 54; Oertel in: Kirchhof, EStG-Kommentar, 18. Aufl. 2019, § 9 Rz. 104; Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174; Thürmer in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 142. Erg. Lfg., Juni 2018; § 9 EStG Rz. 356, 357:"Mehr als nur Bagatellbeträge"; Loschelder in: Schmidt, EStG-Kommentar, 38. Aufl. 2019, § 9 Rz. 227: "zumindest nicht unwesentliche Beteiligung"). Niermann (DB 2013, 1015, 1023) meint, es dürften an die finanzielle Mindestbeteiligung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.

Die Quantifizierung in Form einer 10 v.H.-Grenze, wie sie die Finanzverwaltung vornimmt, wird in diesem Zusammenhang im steuerrechtlichen Schrifttum zumindest nicht kritisiert, wenn auch hierzu eine ausdrückliche Zustimmung nicht ersichtlich ist.

(e) Das Schrifttum geht einhellig davon aus, dass eine finanzielle Beteiligung zunächst durch Geldleistungen erfolgen kann, und zwar in bar oder auch unbar (etwa Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1029: "alles andere macht keinen Sinn"). Geldleistungen werden aber nicht zwingend für erforderlich gehalten (etwa Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rn. G 53; Oertel in: Kirchhof, EStG-Kommentar, 18. Aufl. 2019, § 9 Rz. 104). Ein eigener Haushalt werde auch bei Kostentragung im Übrigen in einer unentgeltlich überlassenen Wohnung geführt (Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1029). So wird etwa die Anschaffung von Haushaltsgegenständen oder Möbeln oder die Beteiligung daran ebenfalls als finanzielle Beteiligung angesehen (Oertel in: Kirchhof, EStG-Kommentar, 18. Aufl. 2019, § 9 Rz. 104; Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3157; Schmidt, NWB 2015, 1758, 1763; Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174 jeweils unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 17. November 1978 VI R 93/77, BStBl II 1979, 146; Geserich in: Kirchhof /Söhn /Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rn. G 53). Auch das Tragen von Umzugs- oder Renovierungskosten (Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158) und die finanzielle Mitbeteiligung am Bau oder Erwerb eines Hauses oder einer Eigentumswohnung sollen ausreichend sein (Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174 unter Hinweis auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 27. Mai 1981 1 K 7/81, EFG 1982, 126).

Eine nur ideelle Beteiligung reiche dagegen nicht aus (so Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497). Im Hinblick auf Nachweisschwierigkeiten wird auch die Anrechnung körperliche Aktivitäten des Steuerpflichtigen im Haushalt (etwa körperlich schwere Arbeiten im Garten) nicht als finanzielle Beteiligung angesehen (Schmidt, NWB 2015, 1758, 1763).

(f) Nahezu einhellig abgelehnt wird die Auffassung der Finanzverwaltung, nach der eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten zu fordern ist. Auch einmalige oder außergewöhnliche Kosten seien zu berücksichtigen (etwa Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 46/12, BStBl II 2013, 627; Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174; Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158: "außerordentliche Kosten eingeschlossen"; Fuhrmann in: Korn, EStG, § 9 Rz. 114).

Teilweise wird vertreten, dass die finanzielle Beteiligung nicht in jedem Jahr mit gleicher Intensität zu erfolgen habe; die Verhältnisse über einen längeren Zeitraum seien maßgebend. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung gelte nicht, weil es nicht um den Abzug von Unterhaltszahlungen gehe (Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174).

(g) Hinsichtlich der Nachweiserfordernisse der finanziellen Beteiligung bei Ledigen wird teilweise vertreten, dass der Steuerpflichtige grds. zur Vorlage der Zahlungsbelege verpflichtet sei, den Darlegungspflichten bezüglich der Haushaltskosten insgesamt jedoch Grenzen gesetzt seien (Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3159). Da eine vollständige Dokumentation unzumutbar und unverhältnismäßig sei, erscheine ein Rückgriff auf statistische Daten zweckmäßig.

bb. Da die Begrifflichkeiten der gesetzlichen Neuregelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG - "Innehaben einer Wohnung" und "finanzielle Beteiligung in den Kosten der Lebensführung" - weder im Gesetz selbst noch in den Gesetzesmaterialien hierzu näher definiert sind, sind die Bedeutungsinhalte der Begriffe durch Auslegung zu ermitteln.

Der Senat nimmt diese Auslegung - neben dem Wortlaut - hauptsächlich anhand des Gesetzeszwecks vor. Erkennbar bezweckt der Gesetzgeber eine gegenüber der zuvor ergangenen BFH-Rechtsprechung zum Vorliegen eines eigenen Hausstandes wirkende Verschärfung in der Weise, dass nicht mehr genügen soll, wenn der Arbeitnehmer z.B. im Haushalt seiner Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird (so wörtlich BT-Drucks 17/10774, S. 13, 14). Nach der vorhergehenden Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 46/12, BFHE 240, 241, BStBl II 2013, 627; ebenso BFH, Urteil vom 5. Juni 2014 VI R 76/13, BFH/NV 2014, 1884 [BFH 14.05.2014 - VIII R 37/12]) war u. U. auch bei einer solchen Konstellation das Vorliegen eines eigenen Hausstandes denkbar, denn der BFH wertete das Merkmal einer finanziellen Beteiligung am Hausstand lediglich als - wenn auch gewichtiges - Indiz. Die Gesetzesergänzung hat daher erkennbar in erster Linie die Verhinderung der Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung in den vielen Fällen im Blick, in denen Kinder berufsbedingt einen eigenen Zweithaushalt am Tätigkeitsort begründen, weiterhin jedoch an den freien Wochenenden und während der Urlaubszeit - wie zuvor - unentgeltlich zusammen mit ihren Eltern/Großeltern/ggf. Geschwistern im elterlichen Haushalt (Mehrgenerationenhaushalt) wohnen und dort auch ihren Lebensmittelpunkt haben. Um dieses Ziel zu erreichen, fordert der Gesetzgeber nunmehr eine finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten dieses Haushaltes.

Nach der Überzeugung des Senats beschränkt sich diese - quasi rechtsprechungsbrechende - Gesetzesverschärfung jedoch allein auf den Umstand, dass das Merkmal der finanziellen Beteiligung nunmehr ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist, und damit - anders als die bisherige bloße Indizwirkung - zwingende gesetzliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Hausstandes. Dafür, dass darüber hinaus eine weitergehende Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung des BFH zum Merkmal der finanziellen Beteiligung bezweckt ist, insbesondere im Hinblick auf den Umfang und die Art der finanziellen Beiträge, hat der Senat keinerlei Anhaltspunkte. Eine solche weitergehende Verschärfung lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung entnehmen.

Daraus folgt für die Auslegung der Gesetzesergänzung zunächst, dass - entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - die Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 16. Januar 2013 (VI R 46/12, BFHE 240, 241, BStBl II 2013, 627) nicht gänzlich überholt ist, sondern lediglich im Hinblick auf die vom BFH angenommene Indizwirkung des Merkmals der finanziellen Beteiligung.

Gelten also im Übrigen die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze fort, so bedeutet das für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale "Innehaben einer Wohnung" und "finanzielle Beteiligung in den Kosten der Lebensführung" Folgendes:

(1) Der Senat geht mit der überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung davon aus, dass durch die Aufnahme des Merkmals des "Innehabens einer Wohnung" zur Konkretisierung des Begriffs des eigenen Hausstandes gegenüber der vorhergehenden Rechtslage keine Verschärfung der Anforderungen eingetreten ist. Wie zuvor wird daher - anders als die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/10774, S. 13f.) vermuten lässt - nicht das Bewohnen aufgrund eines entgeltlichen Nutzungsverhältnisses oder gar eines fremdüblichen Angehörigenmietvertrags gefordert. Im Gesetzestext finden sich hierfür jedenfalls keine Anhaltspunkte. Innehaben einer Wohnung ist gleichbedeutend mit Bewohnen, beschreibt damit einen tatsächlichen Vorgang ähnlich wie der unmittelbare Besitz einer Sache und verlangt lediglich nach einer abgeleiteten Nutzungsbefugnis (zutr. Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rn. G 52). Damit ist davon auszugehen, dass auch nach der Gesetzesergänzung ein lediger Arbeitnehmer in einem Mehrgenerationenhaushalt einen eigenen Hausstand unterhalten kann (so Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497 unter Hinweis auf BFH, Urteile vom 26. Juli 2012 VI R 10/12, BStBl II 2013, 208 und 16. Januar 2013 VI R 46/12, BStBl II 2013, 627; a.A. Plenker, DB 2014, Nr. 21 M 9).

Soweit man auch bei der ab 2014 geltenden Rechtslage verlangt, dass der Arbeitnehmer bei einem Zusammenleben mit den Eltern - in Abgrenzung zu einer schädlichen Eingliederung in einen fremden Haushalt - die Haushaltsführung wesentlich mitbestimmen muss, so ist dieses jedenfalls bei Arbeitnehmern, die wirtschaftlich selbstständig und berufstätig sind, und mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben, regelmäßig zu vermuten (sog. Regelvermutung, vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 46/12, BStBl II 2013, 627).

Dass es sich bei den vom Arbeitnehmer bewohnten Räumlichkeiten nicht um eine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne handeln muss, hatte der BFH bereits im Urteil vom 14. Oktober 2004 (VI R 82/02, BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98) entschieden. Die Räumlichkeiten müssen jedoch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestatten (BFH, Urteil vom 28. März 2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800).

Im Streitfall ist daher ohne Weiteres davon auszugehen und wird vom Beklagte auch nicht in Zweifel gezogen, dass der Kläger die Räumlichkeiten im Oberschoss des Elternhauses mit Nutzungsgestattung der Eltern zusammen mit seinem Bruder bewohnen durfte und dies auch tatsächlich getan hat. Die Größe der Wohnung und die Ausstattung mit Küche, Bad und Schlafzimmer gestatten ohne Weiteres ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften. Der Umstand, dass die Wohnung im Obergeschoss gegenüber der Wohnung im Erdgeschoss nicht abgeschlossen ist, ist unerheblich. An einem Mitbestimmen der Haushaltsführung bestehen keinerlei Zweifel.

Der Senat geht danach davon aus, dass der Kläger eine Wohnung im Hause seiner Eltern innehatte.

(2) Das Gesetz fordert jedoch - insoweit neu - darüber hinaus eine Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Der Begriff der Lebensführung umfasst an sich alle Kosten, die die Gestaltung des privaten Lebens mit sich bringt (vgl. Loschelder in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 38. Aufl. 2019, § 12 Rz. 8). Haushalts- und Wohnungskosten sind nur ein Ausschnitt aus dem Bereich der Kosten der Lebensführung mit der Folge, dass nach der gesetzgeberischen Wertung das Vorliegen eines Hausstandes eines ledigen Arbeitnehmers weiterhin nicht allein deshalb verneint werden kann, weil er im elterlichen Haushalt unentgeltlich einzelne Zimmer oder eine Wohnung bewohnt, sofern im Übrigen eine ausreichende finanzielle Beteiligung an den (übrigen) Lebensführungskosten festgestellt werden kann (vgl. hierzu bereits BFH, Beschluss vom 18. November 2008 VI B 37/08, BFH/NV 2009, 563).

Im Streitfall ist daher unschädlich, dass der Kläger die Räumlichkeiten im Hause seiner Eltern nicht aufgrund eines Mietvertrags genutzt und deshalb nicht laufend Miete gezahlt hat.

(3) Neben einer - nicht zwingenden - Beteiligung an den Wohnungs- oder Hauskosten ist daher auch eine (alleinige) Beteiligung an den übrigen Lebensführungskosten ausreichend. Auch wenn grundsätzlich hierunter alle übrigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens verstanden werden können, ist unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks (Konkretisierung des Begriffs des eigenen Hausstandes, BT-Drucks 17/10774, S. 13, 14) insoweit eine einschränkende Auslegung dergestalt geboten, dass hierunter nur die Kosten der Haushaltsführung im Übrigen (etwa Lebensmittel) verstanden werden können (so zu Recht: Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497: "Gemeint sind Haushalts- und sonstige Lebenshaltungskosten im Haupthausstand"; ähnlich Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158; Wirfler, DStR 2013, 2660, 2665; Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1030).

Unter Lebensführungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG versteht der Senat daher insgesamt diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens, die einen Haushaltsbezug aufweisen, im Wesentlichen also Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und -gegenständen, Kosten für Lebensmittel und Telekommunikationskosten. Nicht hierzu zählen mangels Haushaltsbezugs Kosten für Urlaub, Pkw, Freizeitgestaltung, Gesundheitsfürsorge, Kleidung usw. (ähnlich Schmidt, NWB 2015, 1758, 1763; anderer Ansicht: Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158, die auch Kosten für Bekleidung - nicht jedoch Ausgaben für die eigene Kleidung - als Kosten mit Haushaltsbezug ansehen).

Diese so verstandenen Kosten der Lebensführung dienen im Einzelfall als Vergleichsmaßstab für die Feststellung einer nach der Gesetzesbegründung erforderlichen "angemessenen" (BT-Drucks 17/10774, S. 13, 14) finanziellen Beteiligung des Steuerpflichtigen hieran.

Hierzu hat der Steuerpflichtige die gesamten Lebensführungskosten mit Haushaltsbezug in jedem Jahr dem Finanzamt gegenüber darzulegen. Da es sich bei § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG um einen steuermindernden Tatbestand handelt, trifft ihn insoweit zwar grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Bei einer im Regelfall anzunehmenden Unzumutbarkeit (Kosten sind zum Großteil außerhalb seiner Einflusssphäre) hält der Senat jedoch insoweit eine sachgerechte Schätzung für geboten. Hierbei bietet sich eine Schätzung anhand der Daten des Statistischen Bundesamtes an. Die entsprechenden Auswertungen erscheinen jährlich, enthalten eine spezielle Rubrik für die klassischen Fälle der Konsumausgaben in Mehrgenerationenhaushalten und können - entsprechend dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung - jährlich zu Kontrollzwecken herangezogen werden.

Da im Streitfall der Kläger seiner Darlegungspflicht insoweit nicht nachgekommen ist, war der Beklagte zur Schätzung dieser Kosten befugt und ist dabei zu Recht im Streitfall von den Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 15, Reihe 1, LWR 2015, Seite 35: "Einkommen und Einnahmen sowie Ausgaben privater Haushalte 2015") ausgegangen. Bei den Angaben zu den privaten Konsumausgaben (ab lfd. Nr. 50) wird hier nach Haushaltstypen unterschieden. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte zu Recht angenommen, dass im Streitfall ein "sonstiger Haushalt" vorliegt (Haushalte mit Kindern über 18 Jahren, Mehrgenerationenhaushalte, Wohngemeinschaften usw.). Der Senat geht im Streitfall von einem solchen Mehrgenerationenhaushalt aus. Zwar verfügt das Obergeschoss des streitbefangenen Hauses über alle Räumlichkeiten wie Küche, Bad, Schlafzimmer usw., die ein eigenständiges Wohnen ermöglichen. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass diese Räumlichkeiten weder räumlich noch baulich abgeschlossen sind gegenüber der Erdgeschosswohnung der Eltern. Zudem spricht für die Annahme eines Mehrgenerationenhaushaltes, dass offensichtlich gemeinsam gewirtschaftet wird (gemeinsames Nutzen der Waschmaschine im Erdgeschoss, ab 2016 gemeinsames Haushaltskonto).

Von den privaten Konsumausgaben 2015 für diesen Haushaltstyp sind nach Auffassung des Senates folgende Kostenpositionen bei der Schätzung der Kosten der Lebenshaltungskosten mit Haushaltsbezug zu berücksichtigen:

Lfd. Nr. 51 (Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren):498 €
Lfd. Nr. 53 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung):1.104 €
Lfd. Nr. 54 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände):180 €
Lfd. Nr. 57 (Post und Telekommunikation):84 €
Gesamtsumme monatlicher Haushaltskosten im Streitjahr (geschätzt):1.866 €

(4) Der Kläger hat sich an den vorstehenden Kosten der Lebensführung mit Haushaltsbezug auch "finanziell" beteiligt.

Eine finanzielle Beteiligung kann zunächst in direkter Form durch Leistung von Geldbeträgen an die Eltern in bar oder unbar erfolgen (vgl. Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1029). Direkte Geldleistungen sind aber nicht zwingend erforderlich (so zutr. Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rz. G 53; Oertel in: Kirchhof, EStG-Kommentar, 18. Aufl. 2019, § 9 Rz. 104).

Eine finanzielle Beteiligung kann auch indirekt erfolgen, etwa durch die Entlastung des Haushalts durch Übernahme von haushaltsbezogenen Lebensführungskosten durch den Steuerpflichtigen. Unter Berücksichtigung der bisher hierzu ergangenen - und weiter gültigen - Finanzrechtsprechung kann daher eine nur indirekte Beteiligung durch Anschaffung von Haushaltsgegenständen oder Möbeln oder die Beteiligung als finanzielle Beteiligung angesehen werden (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 17. November 1978 VI R 93/77, BStBl II 1979, 146; daher zutr. auch Oertel in: Kirchhof, EStG-Kommentar, 18. Aufl. 2019, § 9 Rz. 104; Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3157; Schmidt, NWB 2015, 1758, 1763; Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174; Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 9 Rz. G 53). Auch das Tragen von Umzugs-, Reparatur oder Renovierungskosten (so auch Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158) und die finanzielle Mitbeteiligung am Bau oder Erwerb eines Hauses oder einer Eigentumswohnung (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 27. Mai 1981 1 K 7/81, EFG 1982, 126) sieht der Senat als finanzielle Beteiligung an.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts ("finanzielle") können ideelle Beiträge (zutr. Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497) sowie Dienstleistungen in diesem Zusammenhang dagegen nicht als finanzielle Beiträge angesehen werden. Die vom Kläger übernommenen Arbeiten rund ums Haus an den Wochenenden sowie in der Urlaubszeit (Rasen mähen, Garten umgraben, Helfen bei Umbaumaßnahmen/Renovierung, Holz hacken und sägen) können daher insoweit keine finanzielle Beteiligung sein (so auch Schmidt, NWB 2015, 1758, 1763).

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann aus Sicht des Senates eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlichen laufenden Aufwendungen für Miete usw. nicht gefordert werden. Dies entspricht auch der bisherigen Auffassung des BFH (Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 46/12, BFHE 240, 241, BStBl II 2013, 627). Da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesbegründung auf ein solches Erfordernis hindeuten und der Gesetzeszweck das auch nicht nahelegt, verbietet sich eine entsprechende Auslegung. Daher können auch einmalige oder außergewöhnliche Kosten mitzählen (so zutr. Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG - Kommentar, § 9 EStG Anm. 497 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 46/12, BStBl II 2013, 627; Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174; Heine/Trinks, NWB 2015, 3156, 3158; Fuhrmann in: Korn, EStG, § 9 Rz. 114).

Auf den Zeitpunkt der Zahlungen - Anfang, Mitte oder Ende des jeweiligen Jahres - kann es im Ergebnis ebenfalls nicht ankommen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind Ende des Jahres geleistete Zahlungen auch nicht nur teilweise - nach einer Zwölftelung - zu berücksichtigen, sondern vielmehr in voller Höhe. Die vom Beklagten angeführte BFH-Rechtsprechung zu Unterhaltsleistungen (Urteil vom 25. April 2018 VI R 35/16, BFHE 261, 319, BStBl II 2018, 643) steht dem nicht entgegen. Der BFH hat hierzu bereits im Urteil vom 16. Dezember 1983 (VI R 3/81, BStBl II 1984, 521) entschieden, dass bei der Frage des Nachweises einer nicht unzureichenden Unterhaltung des Haupthaushaltes nicht dieselben Anforderungen zu stellen sind wie beim Nachweis von nach § 33a Abs.1 EStG abziehbaren Unterhaltsleistungen an Familienangehörige. Eine maßgebliche Beteiligung am Familienhaushalt kann danach auch dann bejaht werden, wenn die hierfür erforderliche Leistung eines finanziellen Beitrags erst im Laufe, etwa in der Mitte des Streitjahres, erbracht wird.

Auch eine Einbeziehung von Zahlungen außerhalb des Streitjahres (so Lochte in: Frotscher/ Guerts, EStG-Kommentar, 212. Aktualisierung 2019, § 9 Rz. 174) hält der Senat für denkbar, sofern die Zahlungen ihre wirtschaftliche Verursachung im jeweiligen Streitjahr haben (etwa Beteiligung an den Nebenkosten nach Vorlage der Nebenkostenabrechnung im Folgejahr). Das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG kann hier nicht gelten, da es nicht um den Abzug von Werbungskosten geht, sondern allein um den Nachweis für eine finanzielle Beteiligung an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten des jeweiligen Jahres.

Im Streitfall hat sich daher der Kläger durch die Einmalzahlungen vom 7. Dezember 2015 (rückwirkende Beteiligung an den Hauskosten; Beteiligung an der Fensterrenovierung) mit 1.750 € und die belegten Lebensmitteleinkäufe (insges. 1.410,47 €) finanziell an den Lebensführungskosten des elterlichen Haushalts beteiligt. Als unerheblich erachtet der Senat, dass der Kläger insbesondere die Zahlung zur Beteiligung an der Fenstererneuerung ohne rechtliche Verpflichtung erbracht hat. Entscheidend ist allein die tatsächliche finanzielle Beteiligung, ohne dass es darauf ankäme, ob ein zugrundeliegender Vertrag besteht oder ein solcher einem Fremdvergleich standhielte (so zutr. Köhler in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Stand: April 2019, § 9 Rz. 1030). Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist ebenfalls ohne Belang, ob die Einkäufe allein für den Kläger (etwa für seine eigene Geburtstagsfeier), für sich und seinen Bruder oder für den gesamten Haushalt bestimmt waren. Aus Sicht des Senates kann es keinen wirtschaftlichen Unterschied machen, ob der Kläger z.B. seine Mutter die Einkäufe machen lässt und ihr im Anschluss einen Teil der Kosten (etwa soweit sie auf ihn entfallen) erstattet oder ob er gleich für sich selber einkauft.

Der Senat hat auch keine Zweifel, dass der Kläger mit seinen Einkäufen den Haushalt in X. finanziell entlastet hat. Hierfür sprechen eindeutig die vorgelegten Kreditkarten- und Einkaufsbelege, die als Ort der Zahlung Läden/ Märkte in X. ausweisen, sowie die Daten der Einkäufe (im Wesentlichen an Wochenenden). Die in 2016 geleisteten Zahlungen auf das Haushaltskonto sind dagegen nicht zu berücksichtigen, da sie keinen wirtschaftlichen Bezug zum Streitjahr 2015 haben.

Im Ergebnis kann der Senat im Streitjahr daher eine finanzielle Beteiligung an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten in Höhe von insgesamt 3.160,47 € feststellen.

(5) Mit diesen finanziellen Beiträgen (insgesamt: 3160,47 €, entspricht mtl. 263,37 €) hat sich der Kläger auch vom Umfang her in ausreichendem Maße an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten (geschätzt mtl. 1.866 €, siehe oben) beteiligt.

Der Gesetzestext gibt keine Auskunft über den vom Gesetzgeber geforderten Umfang der finanziellen Beteiligung. Lediglich die Gesetzesbegründung spricht vom Erfordernis einer "angemessenen" finanziellen Beteiligung (BT-Drucks. 17/10774, S. 13, 14).

Da nach der hier vertretenen Auffassung des Senats die zuvor ergangene BFH-Rechtsprechung nicht in Gänze überholt ist, kann auch in diesem Punkt auf diese zurückgegriffen werden. Danach darf die finanzielle Beteiligung "nicht erkennbar unzureichend" sein (etwa Urteil vom 16. Dezember 1983 VI R 3/81, BStBl II 1984, 521). Der Senat folgt der Auffassung der Finanzverwaltung, dass insoweit nicht jede noch so kleine finanzielle Beteiligung ausreichen kann, sondern finanzielle Beiträge oberhalb einer Bagatellgrenze, die die Finanzverwaltung zu Recht mit 10 v.H. der gesamten haushaltsbezogenen Lebensführungskosten annimmt, gefordert werden müssen, damit die Gesetzesfassung nicht ins Leere läuft und ihren Gesetzeszweck erfüllen kann. Ohne eine quantifizierbare Bagatellgrenze wäre die gesetzliche Regelung im Übrigen weder praktikabel handhabbar noch justiziabel. Für die Annahme einer Bagatellgrenze in dieser Höhe spricht, dass diese Quantifizierung auch ansonsten im Ertragsteuerrecht als maßgebliche Grenze für die Bemessung geringfügiger Beiträge angesehen wird (etwa bei gemischten Aufwendungen; Grenze zur Bestimmung des notwendigen Privatvermögens in Abgrenzung zum gewillkürten Betriebsvermögen; Grenze zur Bestimmung der nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen des § 7g EStG, vgl. hierzu Kulosa in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 38. Auflage 2019, § 7g Rz. 19 m. w. N.).

Danach muss die Beteiligung des Klägers im Streitjahr mindestens durchschnittlich 186,60 € im Monat betragen, um als wesentliche finanzielle Beteiligung angesehen zu werden.

Im Streitfall hat der Kläger mit seinen finanziellen Beiträgen von monatlich durchschnittlich 263,37 € diese Bagatellgrenze erkennbar überschritten.

c. Auch der Höhe nach sind die geltend gemachten Aufwendungen für die beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung anzuerkennen.

Die Kosten der doppelten Haushaltsführung (Miete/Nebenkosten/AfA Einrichtungsgegenstände: insges. 6.746 €) und die in diesem Zusammenhang angefallenen Aufwendungen für 47 Familienheimfahrten (x 85 km einfache Entfernung x 0,30 € = 1.199 €) sind zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitig. Die Unterkunftskosten liegen im Übrigen unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze von 1.000 € im Monat. Die Anzahl der Familienheimfahrten liegt ebenfalls unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 5, 6 EStG.

Nach alledem hat die Klage in vollem Umfang Erfolg.

2. Die Neuberechnung der bzw. Neufestsetzung der Einkommensteuer 2015 wird dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO übertragen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

5. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 Alt. 1 FGO). Die Rechtsfrage, in welcher Weise und in welcher Höhe sich der Steuerpflichtige an den Kosten der Lebensführung am Hauptwohnsitz beteiligen muss, ist bislang - soweit ersichtlich - nicht Gegenstand einer finanzgerichtlichen Entscheidung gewesen und bedarf der höchstrichterlichen Klärung.