Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 16.07.1973, Az.: 4 T 171/73

Bestellung einer Briefgrundschuld ; Ausstellung einer vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
16.07.1973
Aktenzeichen
4 T 171/73
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1973, 13565
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:1973:0716.4T171.73.0A

Verfahrensgegenstand

Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung.

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 16. Juli 1973
gegen
die Entscheidung des Beschwerdegegners vom 4. Juli 1973
hat die 4. Ferienzivilkammer des Landgerichts Lüneburg
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...
den Richter am Landgericht ... und
den Richter ...
am 30. August 1973
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beschwerdegegner erwachsenen außergerichtlichen Kosten.

Beschwerdewert 3.000,- DM.

Gründe

1

Der Beschwerdegegner beurkundete am 19. August 1958 zu Nr. 218 seiner Urkundenrolle für das Jahr 1958 die auf Bestellung einer Briefgrundschuld in Höhe von 600.000,- DM zugunsten der ... werfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gerichteten Er- und seiner Ehefrau .... Die Eheleute ... erklärten in der Urkunde weiterhin u.a.:

"Die Erschienenen ermächtigen die amtierenden Notar, der vorgenannten Gläubigerin auf deren Antrag jederzeit eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde zu erteilen, und zwar ohne Vorlage des Grundschuldbriefes. ..."

2

Eine vollstreckbare Ausfertigung wurde von der Gläubigerin nicht beantragt. Die Gläubigerin trat die Grundschuld, die unter Bildung von Teilbriefen in zwei Teilgrundschulden von 394.625,- DM und 2.05,375- DM aufgeteilt worden war, an die damals noch als "..." firmierende Beschwerdeführerin ab. Die Abtretung wurde am 8. April 1968 in das Grundbuch des mit dem Gesamtrecht belasteten Grundbesitzes eingetragen.

3

Mit Schreiben des von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwalts vom 8. Juni 1973 erklärten die ... gegenüber dem Beschwerdegegner, sie widerriefen die in der Urkunde vom 15. August 1953 ausgesprochene Ermächtigung zur Erteilung der Vollstreckbaren Ausfertigung, Demgemäß lehnte der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 4. Juli 1973 den an ihn gerichteten Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. Juni 1973, ihr eine vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde zu erteilen, ab. Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde vom 16. Juli 1973 beantragt die Beschwerdeführerin, den Beschwerdegegner zur Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung zu verpflichten. Der Beschwerdegegner beharrt auf dem von ihm eingenommenen Standpunkt.

4

Die Beschwerde ist gemäß § 54 des Beurkundungsgesetzes vom 28. August 1969 (BeurkG) eulassig. Beschwerdeverfahren ist auch anwendbar, wenn die Urkunden vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes errichtet worden sind, § 60 Abs. 1 (BeurkG).

5

In der Sache selbst ist die Bescherde nicht begründet. Der Beschwerdegegner hat mit Recht die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Verhandlung vom 15. August 1958 abgelehnt, weil die ... die hierauf gerichtete Ermächtigung des Beschwerdegegners vorher widerrufen haben.

6

Auszugehen ist von § 52 BeurkG, nach dem vollstreckbare Ausfertigungen notarieller Urkunden "nach den dafür bestehenden Vorschriften erteilt werden". Dieser Hinweis bezieht sich jedenfalls auf §§ 724, 725 ZPO, die daß Verfahren bei Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen regeln. Vollstreckbare Ausfertigungen ist eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Urteils bzw. der notariellen Urkunde. Kontrovers wird im Schrifttum die Frage beantwortet, ob der Notar dem die Vollstreckung beabsichtigenden Gläubiger die Vollstreckungsklausel nur dann erteilen darf, wenn der Gläubiger ihm eine bereits früher erteilte Urkundenausfertigung vorlegt, zumindestens aber selbst einen eigenen Anspruch auf Erteilung einer solchen einfachen Ausfertigung hat, oder ob allein die Tatsache der von dem Schuldner erklärten Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung an den Gläubiger rechtfertigt. Dies beruht auf § 51 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BeurkG. Hiernach kann nur der eine einfache Urkundenausfertigung verlangen, dessen Erklärung beurkundet worden ist, ausser dieser hat etwas anderes bestimmt. Da der Gläubiger in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle an der Errichtung der Grundschuldbestellungsurkunde nicht als Erklärender mitwirkt, ist er auf eine solche anderweitige Bestimmung des zum Empfange der Ausfertigung Berechtigten angewiesen. Der Erklärende kann diese Ermächtigung an den Notar bis zur Aushändigung der Ausfertigung an den Gläubiger widerrufen. Dies ist einhellige Ansicht (vgl. Jansen FGG Band III Beurkundungsgesetz, 2. Aufl., Randnote 7 zu § 51; Keidel-Winkler, FGG 10. Aufl., Randnote 16 zu § 51 BeurkG.). Hiervon ausgehend meinen Jansen a.a.O. Randnote 23 zu § 52 BeurkG. und Ertl in DNotZ 1967, 562 ff, der Notar dürfe dem nicht im Besitze einer einfachen Ausfertigung befindlichen Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde nur bei Fortbestehen einer dahingehenden wirksamen Ermächtigung des Schuldners erteilen. Andererseits vertritt Keidel-Winkler a.a.O., Randnote 27 zu § 52 BeurkG., die Auffassung, aufgrund der Unterwerfungsverhandlung des Schuldners sei ein Anspruch des Gläubigers auf Erteilung einer vollständigen vollstreckbaren Ausfertigung begründet, auch wenn diese erst aus eine von dem Notar herzustellendeneinfachen Ausfertigung gefertigt werden müßte (Dazu auch Roll, DNotZ 1970, 144 ff zu Nr. 5). Eine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage liegt, soweit ersichtlich bisher, nicht vor.

7

Die Kammer schließt sich der von Jansen a.a.O. vertretenen Auffassung an.

8

Wie auch Keidel-Winkeler a.a.O. Randnote 28 zu § 52 BeurkG anerkennt will § 51 BeurkG den Erklärenden davor schützen, daß ein Dritter ohne seinen Willen und sein Wissen was von der Erklärung erfährt. Für den Fall einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung kann nichts anderes gelten. Dem Erklärenden muß es überlassen bleiben, ob und wann er selbst dem aus der Urkunde materiell begünstigten künftigen Vollstreckungsgläubiger Rechte aus der Urkunde einräumen will. Die in § 52 BeurkG, ausgesprochene Verweisung auf die Vorschriften der ZPO geht nicht soweit, dem Gläubiger wie dem obsiegenden Kläger eines bürgerlichen Rechtsstreits einen Anspruch auf Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung zu verschaffen. Jansen weist a.a.O. mit Recht darauf hin, daß die Interessenlage im Bereich des Beurkundungswesens völlig anders als im Rechtsstreit ist. Der Rechtsstreit ist auf zwangsweise Erwirkung eines Vollstreckungstitels, damit auch auf alsbaldige Befriedigung des Zahlungsanspruchs des Gläubigers gerichtet. Die Errichtung einer vollstreckbaren Urkunde hingegen beruht auf dem freien Villen des Schuldners. Diesem muß dann auch die Möglichkeit Offenbleiben, die Voraussetzungen und den Zeitpunkt für die Verschärfung des Vollstreckungstitels an den Gläubiger zu bestimmen. Der Hinweis von Keidel-Winkler a.a.O., der Vollstreckungsanspruch des Gläubigers würde bei Beachtung der strengen Formvorschriften des § 51 Abs. 2 BeurkG, vereitelt, verkennt, daß ein solcher Vollstreckungsanspruch erst durch den Willen des Schuldners zur Entstehung gelangt.

9

Der Beschwerdegegner war nach allem an den ihm von den Eheleuten Witt erklärten Widerruf der Ermächtigung zur Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung an die Beschwerdeführerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin gebunden. Die Beschwerde mußte ohne Erfolg bleiben.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a. Abs. 1 Satz 2 FGG, [...].

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert 3.000,- DM.

[D]ie Wertfestsetzung [beruht] auf § 30 Abs. 2 Satz 1 Kostenordnung. Genügend Anhaltspunkte für ein Abweichen vom Regelwert haben sich nicht ergeben.