Amtsgericht Bad Iburg
Urt. v. 22.08.2005, Az.: 4c C 408/05
Bibliographie
- Gericht
- AG Bad Iburg
- Datum
- 22.08.2005
- Aktenzeichen
- 4c C 408/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 43380
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGBADIB:2005:0822.4C.C408.05.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Bad Iburg auf die mündliche Verhandlung vom 05.08.2005 durch den Richter am Amtsgericht Dr. Backhaus
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1 886,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.03.2004 zu zahlen.
- 2.)
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger betreibt ein Optikgeschäft. Die Beklagte bietet als Werbeagentur Bandenwerbung an.
Mit Vertrag vom 19.01.1989 vermietete die Beklagte dem Kläger ein Innenbanden-/Tribünen-Werbefeld auf dem Sportplatz des FC. Als Jahresmiete wurden 795,- DM (= 406,48 EUR) zzgl. MWSt. vereinbart, wobei die Erstellungskosten im Mietpreis enthalten waren. Die Beklagte hatte ihrerseits die Nutzungsrechte an der Innenbande durch Vertrag mit dem Verein erhalten. In diesem Vertrag vom 06.01.1989 war unter anderem vereinbart, dass der Verein hierfür die Hälfte der Mieteinnahmen erhalten sollte. Seit 1994 flössen keine Zahlungen der Beklagten an den Verein mehr.
Nachdem das von der Beklagten erstellte Werbeschild auf dem Sportplatz angebracht worden war, zahlte der Kläger bis zum Jahre 2003 die vereinbarte Miete.
Der Kläger behauptet, die Werbetafel sei schon seit dem Jahr 2000 nicht mehr vorhanden gewesen. Das Fehlen habe er im Jahre 2004 bemerkt. Er verlangt die gezahlte Miete für die Jahre 2000-2003 zurück.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1 886,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, das Schild sei erst seit März 2004 verschwunden. Sie ist im übrigen der Ansicht, der Kläger hätte das Entfernen der Schilder bemerken müssen - wenn er es nicht sogar bemerkt habe -, da er in der Nähe des Stadions wohne.
Die Beklagte beruft sich auf Verjährung.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.08.2005 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger kann Zahlung von 1 886,08 EUR nebst Zinsen aus § 325 a.F. BGB (für die Jahre 2000-2002) und gem. § 280 I BGB (für das Jahr 2003) verlangen, Art. 229 § 5 EGBGB. Er hat Anspruch auf Rückzahlung der für die Jahre 2000-2003 für die Bandenwerbung gezahlten Beträge.
I.
Die Beklagte hat in diesem Zeitraum seine vertraglichen Hauptpflichten nicht erfüllt, so dass wegen Zeitablaufs Unmöglichkeit eingetreten ist (§ 325 a.F. BGB für den Zeitraum bis 2002) bzw. eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 I n.F. BGB (für 2003) vorliegt. Die Parteien haben einen gemischten Werk- und Mietvertrag über ein Innenbanden-/Tribünen-Werbefeld geschlossen. Nachdem die Beklagte den werkvertraglichen Teil des Vertrags erfüllt hatte, verletzte sie ihre mietvertraglichen Pflichten - nämlich die Bereitstellung der Werbetafel an der Innenbande - in den Jahren 2000-2003.
Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass das von der Beklagten erstellte Werbeschild seit dem Jahr 2000 nicht mehr vorhanden war. Nach Aussage der Zeugin waren die Schilder seit dem Jahre 2000 verschwunden. Dies konnte sie anhand von Fotos nachweisen. Die in Augenschein genommenen Lichtbilder ließen sich anhand des Rückseitenaufdrucks sowie der Negativliste eindeutig zeitlich einordnen. Die Zeugin konnte auch nachvollziehbar erklären, wo sich die Werbetafel befunden hatte. Anhand der Stadiontreppe und des Zauns ließ sich der ehemalige Standort der Tafel bestimmen. Es bestehen für das Gericht auch keine Zweifel daran, dass auf den Fotos das richtige Stadion abgebildet ist. Dessen war sich die Zeugin - die Schatzmeisterin des Vereins und fast täglich vor Ort ist - sicher, zumal sie die Bilder selbst aus ihrem Archiv herausgesucht hatte. Das Gericht hält die Aussage in vollem Umfang für glaubhaft. Dies gilt umso mehr, als sie nicht vorteilhaft für den eigenen Verein der Zeugin ist. Immerhin besteht die - wenn auch möglicherweise eher fernliegende - Möglichkeit von Regressansprüchen gegen den Verein. Dennoch räumte die Zeugin freimütig ein, niemand im Verein wisse etwas über den Verbleib der Schilder.
II.
Die Beklagte hat die Nichterfüllung auch zu vertreten (§ 282 a.F. BGB bzw. § 280 I 2 n.F. BGB). Sie konnte den Entlastungsbeweis nicht führen. Zwar hat die Beklagte das Schild unstreitig nicht selbst entfernt. Sie konnte aber auch nicht darlegen, auf welche andere Weise das Schild in Verlust geraten sein soll. Kann die Ursache der Nichterfüllung nicht geklärt werden, muss der Schuldner zumindest darlegen und beweisen, dass er alle ihm obliegende Sorgfalt beobachtet hat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Beklagte hat zu keiner Zeit Kontrollen durchgeführt, ob das Schild noch aushängt. Hierzu ist sie nach ihrem eigenen Vortrag organisationstechnisch gar nicht in der Lage, da sie vielfältige Bandenwerbung im gesamten Bundesgebiet anbiete. Dies entbindet sie letztlich jedoch nicht von ihrer Kontrollpflicht: Zunächst ist sie als Anbieterin einer vertraglichen Leistung nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen dafür verantwortlich, dass diese auch tatsächlich erbracht wird. Bei einer langjährigen Laufzeit - hier fast anderthalb Jahrzehnte - und einer Vergütung von immerhin über 470,- EUR jährlich obliegt es ihr, regelmäßig zu kontrollieren, ob die Werbetafeln noch vorhanden ist. Dies ist ihr trotz ihrer bundesweiten Tätigkeit durchaus auch zuzumuten: Sie kann die Kontrolle delegieren. Hierfür bieten sich insbesondere die Stadionbesitzer- hier der Sportverein - an.
Nach diesen Grundsätzen konnte die Beklagte sich nicht entlasten. Sie hat weder eigene, zumindest stichprobenartige Kontrollen durchgeführt, noch die Kontrolle auf den FC delegiert: Eine solche Übertragung der Kontrollpflicht ist im Vertrag zwischen der Beklagten und dem Verein vom 06.01.1989 nicht vorgesehen. Nach § 3 Nr. 3 des Vertrags war allein die Beklagte dafür verantwortlich, "eine äußerlich einwandfreie materielle Beschaffenheit der Werbeträger zu gewährleisten." Es hätte der Beklagten oblegen, eine Regelung in den Vertrag mit aufzunehmen, nach der der Verein jährlich oder halbjährlich zu prüfen hat, ob das Schild noch vorhanden ist. Hinzu kommt noch folgendes: Selbst wenn man - was aber eher fernliegend ist - davon ausginge, dass der Verein eine regelmäßige Kontrolle als Nebenpflicht aus dem Vertrag schuldete, läge keine wirksame Übertragung der Kontrollpflicht vor, da die Beklagte ihrerseits das dem Verein zustehende Entgelt bereits seit 1994 nicht mehr entrichtet hat, so dass sie - zumindest im Jahre 2000 - auch nicht mehr Erfüllung (der Nebenpflichten) verlangen konnte.
III.
Unerheblich ist, ob der Kläger in der Nähe des Stadions wohnt und die Möglichkeit hatte, selbst im Stadion vorbeizuschauen. Hierzu war er nicht verpflichtet. Für die Behauptung, der Kläger habe sogar vom Fehlen des Schildes gewusst, sich aber fünf Jahre lang nicht gemeldet, hat die Beklagte keinen Beweis angetreten.
IV.
Verjährung ist nicht eingetreten. Die beweispflichtige Beklagte konnte nicht unter Beweis stellen, dass der Kläger vor 2004 vom Fehlen des Schilds - und damit von Schadensersatzansprüchen - wusste.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 709 ZPO.