Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 23.02.2006, Az.: 3 A 2018/04
Verpflichtung eines Angestellten zu einer Gegenleistung für die Zusicherung einer Anwartschaft auf spätere Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften (Stellenzulage); Erstattungsanspruch eines Beamten hinsichtlich der Rückzahlung einbehaltener Gehaltsbestandteile; Einstellung eines Lehrers mit dem Ziel einer späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe; Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund der Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft; Untrennbarer Zusammenhang zwischen Verbeamtungszusage und Einbehalt der Gegenleistung; Selbstständige Bedeutung einer Nebenabrede bzgl. der Konsequenzen für die Beitragspflicht zur Rentenversicherung
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 23.02.2006
- Aktenzeichen
- 3 A 2018/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 19688
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2006:0223.3A2018.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI
- § 35 Abs. 3 LBesG,NI
- § 12 Abs. 2 BBesG
- § 56 Abs. 1 VwVfG
- § 40 Abs. 1 VwGO
- § 75 VwGO
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 3. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2006
durch
den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Schulz,
den Richter am Verwaltungsgericht Fahs,
die Richterin Dr. Drews sowie
die ehrenamtlichen Richter Frau C. und Herrn D.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 3.300,- Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2004 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Erstattungsanspruchs die Rückzahlung einbehaltener Gehaltsbestandteile.
Die Klägerin ist Lehrerin. Sie wurde auf der Grundlage des Vertrages vom 24.07./ 29.08.2000 mit Wirkung ab dem 21.08.2000 als ( Teilzeit-) Angestellte in den niedersächsischen Schuldienst eingestellt. § 6 des geschlossenen Vertrages lautet wie folgt:
"Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:
Zwischen den Arbeitsvertragsparteien besteht Einigkeit darüber, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Ziel einer späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe geschlossen wird.
Der Arbeitgeber sichert zu, dass er d. Angestellte(n) spätestens zu Beginn des Schulhalbjahres, in dem sie/er sich vier Jahre in diesem Arbeitsverhältnis befindet, bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen in das Beamtenverhältnis berufen wird.
Der Arbeitgeber gewährleistet d. Angestellte(n) mit dem Tage der Begründung des Arbeitsverhältnisses eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Auf Grund der Gewährleistung dieser Versorgungsanwartschaft besteht Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, sodass insoweit Arbeitnehmeranteile von d. Angestellten nicht zu entrichten sind.
Für diese Zusicherungen ( Vollzeitbeschäftigung als Beamtin/Beamter und entsprechende Altersversorgung unter Anrechnung der Beschäftigung im Angestelltenverhältnis ) verpflichtet sich d. Angestellte zu einer Gegenleistung in Höhe von 270,- DM monatlich. Dieser Betrag wird mit den laufenden Vergütungsansprüchen verrechnet.
Diese Nebenabrede kann nicht gesondert gekündigt werden."
Diesen Bestimmungen entsprechend wurde in der Folgezeit verfahren. Zum 01.08.2002 wurde die Klägerin zur Lehrerin z.A. ernannt; die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit erfolgte zum 01.08.2003.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.12.2004 wies die Klägerin auf die zu der genannten Nebenabrede zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des BVerwG vom 20.03.2003 ( 2 C 23/02 ), hin und forderte die Bezirksregierung Lüneburg auf, die in Umsetzung der Nebenabrede einbehaltenen Beträge zurückzuzahlen. Dem widersprach die Bezirksregierung mit Schreiben vom 07.12.2004 und wies darauf hin, dass es sich um eine in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit fallende Streitfrage handeln würde, sodass für den Erlass eines Bescheides kein Raum sei; zudem hätte die Arbeitsgerichtsbarkeit in vergleichbaren Fällen bestätigt, dass ein Rückzahlungsanspruch nicht bestehe.
Mit ihrer am 17.12.2004 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der einbehaltenen Gehaltsbestandteile. Eine Untätigkeitsklage sei zulässig, weil die Beklagte sich weigere, einen Bescheid zu erlassen. Nach den Entscheidungen insbesondere des Nds. OVG und des BVerwG sei die Klage auch im Übrigen zulässig und begründet, denn die Nebenabrede stelle eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung dar, die sich auf Grund eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot als nichtig erweise, sodass Leistungen auf der Grundlage dieser Nebenabrede, hier 3.300,- Euro, zurückgewährt werden müssten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 3.300,- Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass es sich vorliegend um eine Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Land Niedersachsen und der Klägerin handelt, für die die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gegeben sei. Jedenfalls gebe es im Hinblick auf die hier streitige Frage der Zuständigkeit unterschiedliche Auffassungen zwischen der Arbeits- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wie sich an den Entscheidungen auch des BVerwG und des BAG zeige, sodass eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe herbeizuführen sei.
Dessen ungeachtet sei die Klage auch unbegründet. Die von der Klägerin erbrachte Gegenleistung sei nämlich nicht deswegen erfolgt, weil beabsichtigt gewesen sei, sie in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Vielmehr sei der Klägerin auch eine beamtenähnliche Versorgung zugesagt worden, die die Konsequenz der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nach sich ziehe. Der damit einhergehende Vorteil der ersparten Arbeitnehmerbeträge sei mit der vereinbarten Gegenleistung teilweise kompensiert worden, was die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zum Teil verkannt hätten. Allerdings habe in der insoweit jüngsten Entscheidung auch das OVG Koblenz ( Urt. vom 11.11.2005, 2 A 10701/05.OVG ) auf den ausschließlichen Zusammenhang zwischen der Übernahme des Versorgungsrisikos durch den Arbeitgeber und der Zahlungspflicht auf Grund des Arbeitsvertrages hingewiesen, gegen den rechtliche Bedenken nicht bestünden.Im Übrigen erweise sich der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch jedenfalls teilweise als verjährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Rückzahlung in der geltend gemachten Höhe beanspruchen.
Die Klage ist zulässig.
Der Verwaltungsrechtsweg ( § 40 Abs. 1 VwGO ) ist gegeben, denn Kernstück der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung ist die Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin als Beamte einzustellen. Dieser maßgebliche Vertragsgegenstand, mit dem alle weiteren Vereinbarungen untrennbar verbunden sind, ist dem Beamtenrecht und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen, wie das BVerwG in seiner Entscheidung vom 20.03.2003 - 2 C 23/02 - und nochmals ausdrücklich mit seinem Beschluss vom 27.01.2005 - 2 B 94/04, zitiert nach juris und ergangen auf den Beschluss des Nds. OVG vom 31.08.2004, 5 OB 247/04 - entschieden hat. Dieser Rechtsprechung, die sich auf eine mit der hier gegebenen identische Vertragsgestaltung bezieht, schließt die Kammer sich an. Eine Verweisung an das zuständige Arbeitsgericht - ausdrücklich ist dieser Antrag, der an den geschlossenen privatrechtlichen Arbeitsvertrag anknüpft, nicht mehr gestellt worden - kommt daher nicht in Betracht. Für die von der Beklagten angesichts sich widersprechender Sachentscheidungen in den Rechtswegen der Arbeits- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit ( vgl. die oben zitierte Rechtssprechung einerseits und zuletzt etwa das Urteil des BAG vom 07.12.2005, 5 AZR 254/05, andererseits ) im Laufe des Verfahrens angeregte Befassung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit der Rechtswegfrage ist ebenfalls kein Raum, zumal der Antrag auf Herbeiführung einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats nur von einem Senat eines Bundesgerichts gestellt werden kann, vgl. § 11 RechtsprEinhG.
Die Klage ist auch als Untätigkeitsklage zulässig, denn die Beklagte hat sich bislang geweigert, eine inhaltliche Entscheidung zu treffen, weil sie von einer auf der Grundlage des Arbeitsverhältnisses beruhenden zivilrechtlichen Streitigkeit ausging. Dessen ungeachtet liegen die Voraussetzungen des § 75 VwGO jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor.
Die Klage ist auch begründet.
Die Beteiligten haben einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ( Austauschvertrag ) im Sinne des § 56 Abs. 1 VwVfG geschlossen, der sich wegen eines Verstoßes gegen das sog. Koppelungsverbot ( die als Zahlung vereinbarte Gegenleistung steht nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der zugesicherten Ernennung und zudem darf - Stichwort "Verkauf von Hoheitsakten" - die Entscheidung der Behörde nicht von einer wirtschaftlichen Gegenleistung abhängig gemacht werden, wenn dafür keine gesetzliche Grundlage vorliegt ) als fehlerhaft erweist und daher zurück abzuwickeln ist. Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die den Beteiligten bekannten Ausführungen in der Entscheidung des BVerwG vom 20.03.2003, 2 C 23/02 , denen die Kammer folgt.
Demgegenüber kann sich die Beklagte auch nicht auf die Entscheidung des OVG Koblenz vom 11.11.2005 ( 2 A 10701/05.OVG ) berufen, indem sie meint, dass der einbehaltene Vergütungsanteil lediglich einen Billigkeitsausgleich für ersparte Aufwendungen im Bereich der Sozialversicherung darstellte. Dem ist nicht zu folgen. Zum einen ist der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar, als dass der Arbeitsvertrag und die Nebenabrede in dem vom OVG Koblenz entschiedenen Fall in unterschiedlichen Urkunden niedergelegt worden sind, was ggf. als Umstand für die Annahme einer Trennung zwischen der Verbeamtungszusage (nur im Arbeitsvertrag) und der Gewährleistung der Versorgung bzw. der Zahlung des späteren Beamten (nur in gesondertem Schriftstück ) gewertet werden mag; Entsprechendes ist hier nicht gegeben.
Zum Zweiten stellt das OVG Koblenz auf ein Anschreiben der Schulverwaltung im Hinblick auf die Verbeamtungszusage ab, in dem im Übrigen der Hinweis auf den freiwilligen Abschluss der Nebenabrede enthalten ist. Auch insoweit weicht der hier zu beurteilende Sachverhalt ab, denn die Verbeamtungszusage mag zwar vergleichbar sein. Weiter heißt es jedoch im Anschreiben vom 24.07.2000 an die Klägerin:
"Für diese Zusicherung ( Vollzeitbeschäftigung als Beamter... und Altersversorgung ) müssen Sie sich jedoch im Wege einer Nebenabrede zu einer Geldleistung in Höhe von 270,- DM monatlich verpflichten."
Mit diesem "Zwang" wird der untrennbare Zusammenhang zwischen Verbeamtungszusage und Einbehalt der Gegenleistung deutlich.
Schließlich gilt als Drittes, und diesen Gesichtspunkt hat das OVG Koblenz, wie sich aus den entsprechenden Erwägungen zu den sozialversicherungsrechtlichen Fragen ergibt, zwar gesehen, aber nicht abschließend umgesetzt, dass die Nebenabrede, soweit sie das Arbeitsverhältnis mit entsprechenden Konsequenzen auf die Beitragspflicht zur Rentenversicherung gestaltet, keine selbstständige Bedeutung hat, sondern ausschließlich dem Ziel untergeordnet ist, später ein Beamtenverhältnis zu begründen ( so BVerwG, Beschluss vom 27.01.2005, a.a.O. ). Nur vor diesem Hintergrund ist diese Abrede überhaupt denkbar, wovon auch die Beklagte ausgeht und was sich aus dem Runderlass des MF und der übrigen obersten Landesbehörden vom 30.12.1991 ergibt ( vgl. hierzu S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 23.12.2004 ). Dies folgt aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI, denn wenn die beabsichtigte Verbeamtung nicht in Rede steht, ist die Gewährleistungserklärung, also die Erklärung, dass u.a. insbesondere die Altersversorgung gewährleistet ist, nicht denkbar mit der Folge, dass keine Versicherungsfreiheit besteht; dass der Dienstherr eine Gewährleistungserklärung entgegen den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften und damit auch zu Lasten des Sozialversicherungsträgers abgibt, ist ausgeschlossen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass die von der Beklagten vorgetragenen Erwägungen der Billigkeit, anknüpfend an die ersparten Sozialversicherungsabgaben für die angehenden Beamten, die den Einbehalt rechtfertigten, auch für den Dienstherrn gelten, der die entsprechenden Arbeitgeberanteile ebenfalls einspart.
Hiernach bleibt es bei untrennbaren Verbindung zwischen Verbeamtungszusage und Gegenleistung, sodass bei Rückabwicklung der geschlossenen Vereinbarung der Zahlungsanspruch, der der Höhe nach nicht bestritten wird, besteht.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Zur Frage der Verjährung in einer entsprechenden Fallgestaltung hat die Kammer mit ihrem rechtskräftig gewordenen Urteil vom heutigen Tage ( 3 A 414/05 ) ausgeführt:
"Für den hier allein in Betracht kommenden Rückzahlungsanspruch - lediglich zur Verkürzung der Leistungswege wurde ein Teil des Gehaltes schlicht einbehalten - galt vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 ( BGBl. I S. 3138 ) die 30-jährige Verjährungsfrist. Das BVerwG geht - bezogen auf den genannten Zeitraum - in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass "für beamtenrechtliche Besoldungs- und Versorgungsansprüche die nur vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 197 BGB maßgebend ist (vgl. BVerwGE 23, 166 (167)[BVerwG 26.01.1966 - VI C 112/63]; Urteile vom 26. September 1962 - BVerwG 6 C 140.60 - (Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 1), vom 26. Januar 1971 - BVerwG 6 C 66.65 - und - BVerwG 6 C 71.65 - (Buchholz 232 § 155 BBG Nr. 4) sowie BVerwGE 42, 353 (356), 57, 306 (307) [BVerwG 09.07.1973 - VIII C 4/73]und Beschluss vom 12. August 1982 - BVerwG 2 B 129.81 -). Um einen derartigen Anspruch handelt es sich jedoch bei einem auf § 35 Abs. 3 LBesG bzw. auf § 12 Abs. 2 BBesG gestützten Erstattungsanspruch nicht, auch wenn er die Kehrseite eines auf eine regelmäßig wiederkehrende Leistung (hier: eine Stellenzulage) gerichteten Anspruchs darstellt. Dieser Rückforderungsanspruch ist nicht - wie in der Regel die Besoldung und Versorgung - von vornherein nach Maßgabe eines zu Grunde liegenden einheitlichen, auf Gesetz oder Vertrag beruhenden Rechtsverhältnisses (Stammrechts) auf eine zu fest bestimmten Terminen regelmäßig wiederkehrende Leistung gerichtet. Er entsteht von Fall zu Fall mit der rechtsgrundlosen Zahlung und stimmt lediglich in der Höhe mit dem Überzahlungsbetrag von Dienst- und Versorgungsbezügen überein. Er ist - aus welchem Grunde es zu der Überzahlung gekommen sein mag - ein rechtlich selbstständiger Anspruch, der mit dem der Rückforderung zu Grunde liegenden vermeintlichen Anspruch zwar in tatsächlichem, nicht aber in rechtlichem Zusammenhang steht. Der Gesetzgeber hat ihn als Bereicherungsanspruch ausgestaltet. Da für ihn - anders als in einigen Landesgesetzen (u.a. Art. 124 BayAGBGB, jetzt Art. 71 AGBGB vom 20. September 1982 (GVBl. S. 803)) - keine einschlägige besoldungsrechtliche oder bereicherungsrechtliche Verjährungsvorschrift besteht, gilt für ihn ebenso wie für bürgerlich-rechtliche Bereicherungsansprüche die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB (vgl. BGHZ 32, 13 (15)[BGH 14.01.1960 - II ZR 146/58]; BAG, Urteil vom 20. September 1972 - 5 AZR 197/72 - (JZ 1973, S. 27); Fürst, GKÖD I, K vor § 82 Rz 42 und K § 87 Rz 24, GKÖD III, K § 12 Rz 28; Schwegmann" ( so BVerwG, Urt. vom 25.11.1982, 2 C 14/81; ebenso im Urt. vom 13.09.2001, 2 A 9/00 ).
Die entsprechende Erwägung gilt im Zivilrecht; der Gehaltsanspruch eines angestellten Lehrers, für den - nach altem Recht - die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Nr. 8 BGB galt, ist von einem Erstattungsanspruch zu unterscheiden, für den grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt. Dieser Grundsatz ( vgl. dazu Palandt, 61. Auflage 2002, § 195 RdNr. 3 und 7 ) findet zwar dann keine Anwendung, wenn der Ersatzanspruch an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt, denn in diesem Fall gilt auch für den Ersatzanspruch die kurze Verjährungsfrist; eine derartige Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor, denn nicht der gesamte Arbeitsvertrag erweist sich als unwirksam, sondern im Sinne einer Teilnichtigkeit lediglich die in § 6 enthaltene Nebenabrede.
Hiernach galt, entgegen der Auffassung der Beklagten, für einen Bereicherungsanspruch des Klägers zunächst eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Diese Frist war mit In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 noch nicht abgelaufen. Allerdings hat das genannte Gesetz durch die Änderung des § 195 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 auf lediglich 3 Jahre verkürzt. Die rechtlichen Konsequenzen für einen Anspruch, für den zunächst die 30-jährige Verjährungsfrist galt, ergeben sich aus der Überleitungsvorschrift des Art 229 § 6 Abs. 4 EGBGB. Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt, dass in Fällen, in denen die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung kürzer ist als in der bis zu diesem Tage geltenden Fassung, die kürzere Frist ab dem 01.01.2002 berechnet wird. Damit war ein dem Kläger zustehender Anspruch mit Ablauf des 31.12.2004 und mithin vor Klagerhebung im März 2005 verjährt."
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass in den Fällen, in denen - wie hier - die die Verjährung hemmende Klagerhebung ( vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ) im Jahr 2004 erfolgt ist, die Einrede der Verjährung nicht durchgreift. Daher war antragsgemäß zu entscheiden.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB analog. Der Beginn der Verzinsung bestimmt sich nach § 187 Abs. 1 BGB analog.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein Grund, die Berufung zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Kammer weicht nicht von Entscheidungen des Nds. OVG oder des BVerwG ab; auf die Abweichung vom Urteil des OVG Koblenz kommt es nicht an ( § 124 Abs. 2 Nr. 4 ). Die Frage nach dem Vorliegen der Verjährung rechtfertigt die Zulassung ebenfalls nicht, und schließlich hat das Verfahren allein auf Grund der Tatsache, dass finanzielle Belastungen auf den Dienstherrn zukommen, nach den ergangenen Entscheidungen sowohl des BVerwG als auch den Vorentscheidungen des Nds. OVG auch keine grundsätzliche Bedeutung mehr.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 3.300,-- Euro festgesetzt.
Fahs
Dr. Drews