Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 24.04.2007, Az.: 4 A 17/06
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 24.04.2007
- Aktenzeichen
- 4 A 17/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 62169
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2007:0424.4A17.06.0A
Amtlicher Leitsatz
§ 33b Abs. 2 RindSchafPräV in der Fassung der 10. Änderungsverordnung vom 3. Dezember 2004 ist mit Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 2342/1999 in der Fassung der VO (EG) Nr. 1899/2004 nicht vereinbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Sonderprämie für acht im Februar 2005 geschlachtete männliche Rinder.
Der Kläger ist Landwirt. Er gab am 16. Februar 2005 acht Bullen mit den Ohrmarken "DE 12 692 15616", "DE 13 020 89799", "DE 13 021 19007", "DE 13 021 19012", "DE 13 021 19022", "DE 13 021 19053", "DE 13 021 19059" und "DE 13 022 12462" zur Schlachtung. Am 26. April 2005 ging der vom 9. März 2005 datierende Antrag des Klägers auf Gewährung einer Sonderprämie für die acht am 16. Februar 2005 geschlachteten Bullen bei der Landwirtschaftskammer Hannover, Außenstelle Celle ein. In einem dem Antrag beigefügten Begleitschreiben vom 26. April 2005 teilte der Kläger der Beklagten unter Hinweis auf einen beigefügten Internet- Ausdruck mit, er reiche den Antrag aus dem Grunde verspätet ein, dass er sich auf die Angaben der Internetseite des HI- Tier verlassen habe. Am 9. März 2005 habe er die Internetseite des HI- Tier aufgerufen und den beigefügten Ausdruck erstellen lassen, der eine Antragsfrist für die acht geschlachteten Rinder bis zum 17. August 2005 vorsehe. Auf der ersten Seite des zu verwendenden Antragsformulars auf Gewährung einer Sonderprämie werde auf die alleinige Absicherung aller Daten durch das HI- Tier Programm hingewiesen. Als Landwirt habe er darauf vertraut, dass sämtliche Angaben zur Antragstellung im Programm korrekt verarbeitet und bei geänderter Rechtslage aktualisiert würden. Daher habe er einen Termin bei der Landberatung im April 2005 abwarten wollen. Erst dort habe er am 25. April 2005 erfahren, dass die Antragsfrist am 15. März 2005 abgelaufen sei.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2005 lehnte die Landwirtschaftskammer Hannover die Gewährung einer Sonderprämie für die acht am 16. Februar 2005 geschlachteten Bullen des Klägers ab. Zur Begründung gab sie den Fehlercode 6891 "Antragsfrist Ende Februar um mehr als 25 Kal.tage überschritten" an.
Der Kläger hat hiergegen am 25. Juli 2005 Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, er habe einen Anspruch auf die volle Sonderprämie von 210,-- EUR je Tier für die acht geschlachteten Rinder. Die Antragsfrist für den Prämienantrag sei erst am 15. April 2005 abgelaufen. Dies ergebe sich aus Art. 42 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts sei die abweichende nationale Vorschrift des § 33 b Abs. 2 RindSchafPräV, die eine Antragsfrist bis zum 15. März 2005 vorsehe, nicht anwendbar. Art. 42 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 lege den letzten Antragstag für den Prämienantrag verbindlich auf den 15. April 2005 fest. Die Regelung des Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung finde daneben keine Anwendung.
Zwar sei auch die Antragsfrist bis zum 15. April 2005 durch den Antrag vom 26. April 2005 überschritten worden. Eine Kürzung der Sonderprämie gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 sei dennoch nicht vorzunehmen, da außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 48 dieser Verordnung vorlägen und er, der Kläger, dies der Landwirtschaftskammer Hannover als zuständiger Behörde innerhalb der vorgesehenen Frist, nämlich mit dem Antrag beigefügten Begleitschreiben vom 26. April 2005, mitgeteilt habe. Ein außergewöhnlicher Umstand liege hier darin, dass das Antragsformular 2004 der Beklagten, das nach deren Vorgabe zwingend zu verwenden gewesen sei, hinsichtlich der Antragstellung auf die im HI- Tier erfassten Daten hinweise, indem es dort auf Seite 1 an hervorgehobener Stelle im Fettdruck heiße "Für die Antragstellung sind die im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI- Tier) erfassten Daten maßgeblich!". Das auf der Internetseite des HI- Tier für die acht Rinder ausgewiesene Datum des 17. August 2005 als letztes Datum der Antragstellung sei zwar fehlerhaft. Er, der Kläger, habe sich jedoch aufgrund des Hinweises auf dem Antragsformular der Beklagten auf diese Angabe verlassen können.
Unabhängig davon sei ihm aufgrund der vorgenannten Umstände gemäß § 32 VwVfG Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Zuwendungsbescheides der Beklagten vom 30. Juni 2005 die Beklagte zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 26. April 2005 Rindersonderprämie in Höhe von 1.680,-- EUR nebst 6 % Zinsen jährlich seit Rechtshängigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, der Antrag auf Gewährung der Sonderprämie vom 26. April 2005 sei gemäß Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 aufgrund der Fristüberschreitung von mehr als 25 Kalendertagen zu Recht abgelehnt worden. Das Fristende des 15. März 2005 ergebe sich aus § 33 b Abs. 2 RindSchafPräV. Mit dieser Regelung habe das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft von der Ermächtigung des Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 Gebrauch gemacht. Hiernach könnten die Mitgliedsstaaten unbeschadet der vorgenannten Frist die Zeiträume und Daten für die Stellung der Prämienanträge sowie die Zahl der Anträge, die ein Erzeuger je Kalenderjahr stellen dürfe, festlegen. Nach Art. 42 Abs. 4 der Verordnung blieben die Vorschriften des Art. 35 Abs. 1 Unterabsätze 1 und 2 unbeschadet.
Ein in dem Katalog der außergewöhnlichen Umstände des Art. 48 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 erfasster oder gleichzustellender Fall liege nicht vor. Der in den Antragsunterlagen befindliche Hinweis, für die Antragstellung seien die im HI- Tier erfassten Daten maßgeblich, gehe darauf zurück, dass sie, die Beklagte, als bewilligende Behörde nur die in der HI- Tierdatenbank gespeicherten anspruchsbegründenden Daten überprüfe. Die Angaben zur potentiellen Antragstellung seien lediglich als zusätzliche Service- Leistung zu werten. Sie, die Beklagte, habe keinen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Angaben in der HI- Tierdatenbank. Die Angaben zu den potentiellen Prämienanträgen in der Datenbank seien auch nicht irreführend gewesen. Es sei ausdrücklich in roter Schrift der Hinweis "Sonderregelung 2005, wichtige Hinweise zur Antragstellung klicken Sie hier" erfolgt. In den Hinweisen zu den potentiellen Prämienanträgen auf der Internetseite des HI- Tier werde als Antragsfristende für die Sonderprämie 2005 der 15. März 2005 genannt. Es werde außerdem darauf hingewiesen, dass die Liste "Potentielle Prämientiere" lediglich ein unverbindliches Instrument sei.
Die nationale Vorschrift des § 32 VwVfG sei nicht einschlägig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet die Kammer ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 30. Juni 2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), soweit damit Rindersonderprämien für die acht am 16. Februar 2005 geschlachteten männlichen Rinder des Klägers versagt wurden. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Rindersonderprämien für die acht Rinder, allerdings lediglich in Höhe von insgesamt 1.562,40 EUR. Der Anspruch ist mit der Schlachtung der Rinder am 16. Februar 2005 entstanden.
Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr. L 160/21) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1512/2001 des Rates vom 23. Juli 2001 (ABl. Nr. L 201/1) - VO (EG) Nr. 1254/1999 -. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1254/1999 können Erzeuger, die in ihrem Betrieb männliche Rinder halten, auf Antrag eine Sonderprämie erhalten. Die Sonderprämie wird gemäß Absatz 2 der Vorschrift höchstens einmal im Leben eines Bullen ab dem Alter von neun Monaten gewährt. Nach Art. 4 Abs. 6 Satz 1 VO (EG) Nr. 1254/1999, Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 der Kommission vom 28. Oktober 1999 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch hinsichtlich der Prämienregelung (ABl. Nr. L 281/30) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1899/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004 (ABl. Nr. L 328/67) - VO (EG) Nr. 2342/1999 - können die Mitgliedstaaten beschließen, die Sonderprämie zum Zeitpunkt der Schlachtung zu gewähren. Von dieser Option hat die Bundesrepublik Deutschland in § 17 der Verordnung über die Gewährung von Prämien für männliche Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2588) in der hier maßgeblichen Fassung der Änderung durch die Zehnte Verordnung zur Änderung der Rinder- und Schafprämien- Verordnung vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3193) - RindSchafPräV - Gebrauch gemacht.
Das Vorliegen der im Einzelnen in Art. 4, Art. 21 VO (EG) Nr. 1254/1999 und in den nationalen Bestimmungen der RindSchafPräV geregelten Voraussetzungen der Prämienfähigkeit der acht Rinder des Klägers steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass durch § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) in der Bundesrepublik Deutschland die einheitliche Betriebsprämie ab 1. Januar 2005 auf regionaler Ebene eingeführt worden ist und damit ab diesem Zeitpunkt der Übergang von den Direktzahlungen - wie der Rindersonderprämie - zum Betriebsprämiensystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 (ABl. Nr. L 270/1) vollzogen worden ist. Gemäß Art. 42 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 kann unbeschadet des Artikels 35 Abs. 1 Unterabsätze 1 und 2 in den Mitgliedstaaten, die beschließen, die Betriebsprämienregelung gemäß Titel III der Verordnung (EG) Nr. 1782/2002 ab 1. Januar 2005 anzuwenden, im Rahmen der Option des Art. 8 Abs. 1 eine Sonderprämie gewährt werden, wenn das Tier während eines Zeitraums geschlachtet wird, der vom Mitgliedstaat innerhalb der Spanne vom 1. Januar und 31. März 2005 festgesetzt wird und wenn der Prämienantrag für dieses Tier auf Ersuchen des Erzeugers spätestens am 15. April 2005 für das Kalenderjahr 2004 gestellt wird. Hintergrund dieser Regelung war die Befürchtung einer Überlastung der Schlachthöfe Ende des Jahres 2004 und ein darauf folgender Rückgang der Schlachtungen Anfang 2005 dadurch, dass Erzeuger beschließen könnten, in Abwartung der Einführung der Betriebsprämienregelung die Schlachtung von Tieren für die Gewährung der Sonderprämie Ende 2004 zeitlich vorzuziehen, wenn diese Prämie zum Zeitpunkt der Schlachtung gewährt wird [s. Erwägungsgründe Nr. 1 und Nr. 2 der Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1899/2004]. Nach § 33 b Abs. 1 RindSchafPräV beginnt der in Art. 42 Abs. 4 VO (EG) Nr. 2342/1999 genannte Zeitraum mit dem 1. Januar 2005 und endet mit Ablauf des 28. Februar 2005. Die Schlachtung der acht Rinder des Klägers am 16. Februar 2005 fällt in diesen Zeitraum.
Der Anspruch entfällt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus dem Grunde, dass der Antrag des Klägers vom 26. April 2005 verspätet eingereicht worden ist. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zu dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/1992 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. Nr. L 327/11) - VO (EG) Nr. 2419/2001 - ist der Beihilfeantrag Tiere als unzulässig anzusehen, wenn die Fristüberschreitung bei der Einreichung des Antrags mehr als 25 Kalendertage beträgt. In diesem Fall ist der Antrag abzulehnen. Der Antrag des Klägers hat die maßgebliche Frist nicht um mehr als 25 Kalendertage überschritten. Das maßgebliche Fristende ist hier gemäß Art. 42 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 der 15. April 2005. Die abweichende nationale Regelung des § 33 b Abs. 2 RindSchafPräV, die vorsieht, dass der Antrag auf Sonderprämie für Tiere, die in dem in Absatz 1 genannten Zeitraum geschlachtet worden sind, spätestens bis zum 15. März 2005 zu stellen ist, gelangt aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht zur Anwendung. Das Gemeinschaftsrecht zeichnet sich durch einen Anwendungsvorrang gegenüber entgegenstehendem innerstaatlichen Recht aus, der fordert, dass das entgegenstehende nationale Recht ohne Weiteres außer Acht gelassen wird. Hierbei kommt den nationalen Gerichten und Behörden ein Prüfungs- und Verwerfungsrecht zu (vgl. EuGH, Urt. v. 25.3.1978 - 106/77 - NJW 1978, 1741, Urt. v. 22.11.2005 - C-14/04 -, NJW 2005, 3695; BVerwG, Urt. v. 25.5.2005 - 2 C 14/04 - NVwZ 2005, 1080).
Die Vorschrift des § 33 b Abs. 2 RindSchafPräV ist nicht mit der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 vereinbar. Diese regelt das Fristende für die Antragstellung abschließend. Die abweichende Bestimmung des § 33 b Abs. 2 RindSchafPräV findet keine gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlage, insbesondere nicht - wie die Beklagte meint - in Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1, Satz 2 der VO (EG) Nr. 2342/1999. Nach Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 sind Beihilfeanträge "Tiere" nach der Schlachtung des Tieres oder, im Falle der Ausfuhr, nach dem Tag zu stellen, an dem die Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen, und zwar innerhalb einer vom Mitgliedstaat festzusetzenden Frist, die sechs Monate nicht überschreiten darf und die spätestens Ende Februar des Folgejahres ablaufen muss, außer in dem von dem betreffenden Mitgliedstaat zu entscheidenden Ausnahmefällen im Rahmen der Ausfuhr oder des Versands. Nach Satz 2 können die Mitgliedstaaten unbeschadet der vorgenannten Frist die Zeiträume und Daten für die Stellung der Prämienanträge sowie die Zahl der Anträge, die ein Erzeuger je Kalenderjahr stellen darf, festlegen. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Bestimmung des Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung die Rindersonderprämie betrifft. Zwar ist in Art. 8 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 2342/1999 bestimmt, dass die Gewährung der Sonderprämie von der Einhaltung der Bestimmungen dieses Abschnitts und der entsprechend geltenden Bestimmungen der Art. 34 und 35 Absätze 1 und 2 abhängig gemacht wird, wenn die Sonderprämie - wie in der Bundesrepublik Deutschland - gemäß Abs. 1 der Vorschrift zum Zeitpunkt der Schlachtung gewährt wird. Jedoch wird die Regelung des Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung speziell für die Sonderprämie inhaltsgleich bereits in Art. 30 Abs. 2 der Verordnung getroffen. Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 ist ausweislich des Erwägungsgrunds Nr. 4 der Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1042/2000 der Kommission vom 18. Mai 2000 (ABl. Nr. L 118/4) eingeführt worden, um die für die Sonderprämie und die Mutterkuhprämie durch Art. 30 VO (EG) Nr. 2342/1999 bereits bestehende Regelung auf die Schlachtprämie auszudehnen. Dies legt den Schluss nahe, dass der bereits zuvor bestehende Verweis in Art. 8 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 2342/1999, soweit er Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung umfasst, keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Die Frage der Einschlägigkeit des Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Jedenfalls ist diese Regelung im Rahmen des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 2342/1999, der den Zeitpunkt der spätesten Antragstellung auf den 15. April 2005 festlegt, nicht anwendbar ist. Dies ergibt sich aus Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift sowie aus dem der Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1899/2004 zu entnehmenden Willen des europäischen Gesetzgebers.
Art. 42 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 bestimmt als spätesten Zeitpunkt der Antragstellung den 15. April 2005, gerade ohne die Mitgliedstaaten an dieser Stelle zu abweichenden Bestimmungen zu ermächtigen. Eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Festsetzung eines konkreten Zeitraums innerhalb der Spanne vom 1. Januar und 31. März 2005 spricht die Vorschrift ausdrücklich nur hinsichtlich des Zeitraums, während dessen die Tiere geschlachtet werden müssen, aus. Etwas anderes folgt auch nicht aus der einleitenden Wendung des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung, in der es heißt: "Unbeschadet des Artikels 35 Abs. 1 Unterabsätze 1 und 2 [...]". Dies ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten auch im vorliegenden Zusammenhang ein Ermessen zur Festlegung des Datums für die Antragstellung hätten, wie es in Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung vorgesehen ist. Es bedeutet vielmehr, dass die in Art. 35 Abs. 1 Unterabsätze 1 und 2 der Verordnung für den Zeitraum des laufenden Systems der Tierprämienzahlungen getroffenen Regelungen von den abweichenden Bestimmungen des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung für das auslaufende System der Tierprämienzahlungen beim Übergang zur Betriebsprämienzahlung unberührt bleiben. Für die Rinder, die nach Inkrafttreten des durch die Verordnung (EG) Nr. 1899/2004 eingeführten Art. 42 Abs. 4 VO (EG) Nr. 2342/1999 am 6. November 2004 noch im Jahr 2004 geschlachtet werden, sollen weiterhin im vollen Umfang die Regelungen des Art. 35 Abs. 1 Unterabsätze 1 und 2 der Verordnung gelten. Die Vorschrift des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung hat dagegen gegenüber der Regelung des Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung den Charakter einer speziellen Regelung für das auslaufende alte System der Prämienzahlungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung nicht auf den in Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung geregelten Sachverhalt passt, wenn er bestimmt, dass Beihilfeanträge "Tiere" nach der Schlachtung des Tieres oder, im Falle der Ausfuhr, nach dem Tag zu stellen sind, an dem die Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen, und zwar innerhalb einer vom Mitgliedstaat festzusetzenden Frist, die sechs Monate nicht überschreiten darf und die spätestens Ende Februar des Folgejahres ablaufen muss. Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung hingegen sieht vor, dass ein Antrag bis zum 15. April 2005 für Tiere möglich ist, die während eines Zeitraum geschlachtet werden, der vom Mitgliedstaat innerhalb der Spanne vom 1. Januar und 31. März 2005 festgesetzt wird.
Auch die Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1899/2004, durch die Art. 42 Abs. 4 VO (EG) Nr. 2342/1999 eingeführt worden ist, zeigt, dass nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers die Bestimmung der Antragsfrist nicht den Mitgliedstaaten überlassen, sondern verbindlich festgelegt werden sollte. So finden sich in der Präambel Ausführungen zur Notwendigkeit, den Mitgliedstaaten die Bestimmung des Zeitraums der erforderlichen Schlachtungen zu überlassen, während entsprechende Ausführungen zu der spätesten Antragsfrist fehlen (s. Erwägungsgrund Nr. 3 der Präambel).
Schließlich gebietet der Wortlaut der französischen und englischen Fassungen des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 die Auslegung, dass die Bestimmungen des Art. 35 Abs. 1 (Unterabsätze 1 und 2) der Verordnung für das laufende System der Tierprämienzahlungen weiterhin uneingeschränkte Geltung beanspruchen, für den Sachverhalt des Übergangs zum Betriebsprämiensystem im Jahr 2005 in Art. 42 Abs. 4 der Verordnung jedoch spezielle abweichende Regelungen getroffen werden sollen. So hat die zitierte einleitende Wendung in der französischen Fassung den - von der deutschen Fassung abweichenden bzw. darüber hinausgehenden - Wortlaut "Sans préjudice des premier et deuxième alinéas ainsi que de l‘article 35, paragraphe 1, [...]", das heißt "Unbeschadet des ersten und zweiten Absatzes sowie des Art. 35 Abs. 1 [...]". Nach dem hiermit neben Art. 35 Abs. 1 genannten Art. 42 Abs. 1 der Verordnung ist maßgeblich für das Jahr, auf das die unter die Sonder-, Mutterkuh-, Saisonentzerrungs- und Extensivierungsprämienregelung fallenden Tiere angerechnet werden, und für die Zahl der Großvieheinheiten (GVE), die bei der Berechnung des Besatzdichtefaktors zugrunde zu legen ist, der Tag der Antragstellung. Nach Absatz 2 der Vorschrift wird jedoch der Prämiensatz gewährt, der am 31. Dezember des Jahres gültig war, in dem die Schlachtung bzw. Ausfuhr stattgefunden hat, wenn die Sonderprämie nach einer der Optionen gemäß Art. 8 gewährt wird und das Tier spätestens am 31. Dezember geschlachtet bzw. exportiert worden ist und der Prämienantrag für dieses Tier nach diesem Stichtag gestellt worden ist. Art. 42 Abs. 4 der Verordnung trifft aber gerade eine von diesen Bestimmungen zum Jahr der Anrechnung inhaltlich abweichende Regelung für den Sonderfall eines Antrags auf Sonderprämie für 2004 für im Jahr 2005 geschlachtete Tiere. Hierin liegt der mit der Regelung des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung durch den europäischen Gesetzgeber verfolgte Sinn und Zweck. Denn nach Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung wäre die Gewährung einer Prämie für im Jahr 2005 geschlachtete Rinder nicht möglich. Ausweislich der Erwägungsgründe 1 und 2 der Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1899/2004 war es die Intention des europäischen Gesetzgebers bei der Einführung des Art. 42 Abs. 4 VO (EG) Nr. 2342/1999, bei dem Übergang zum Betriebsprämiensystem eine durch die Regelungen zum Jahr der Anrechnung in Art. 42 der Verordnung verursachte Überlastung der Schlachthöfe Ende 2004 zu vermeiden.
In der englischen Fassung des Art. 42 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 fehlt eine das Verhältnis zu Art. 35 Abs. 1 der Verordnung regelnde Bestimmung gänzlich. Dies macht ebenfalls deutlich, dass durch Art. 42 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung eine abschließende Regelung eines neuen Sachverhalts getroffen werden soll, die den Rückgriff auf Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung verbietet.
Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Sonderprämien für seine acht am 16. Februar 2005 geschlachteten Rinder besteht jedoch nur in gekürzter Höhe von insgesamt 1.562,40 EUR. Nach Art. 4 Abs. 7 lit. a) 3. Spiegelstrich VO (EG) Nr. 1254/1999 wird der Prämienbetrag für prämienfähige Bullen festgesetzt auf 210,-- EUR/ Tier für das Kalenderjahr 2002 und die folgenden Kalenderjahre. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 verringern sich außer in Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Art. 48 bei Einreichung eines Beihilfeantrags Flächen oder eines Beihilfeantrags Tiere nach den in den einschlägigen sektorspezifischen Vorschriften festgesetzten Fristen die Beihilfebeträge, auf die der Betriebsinhaber im Fall rechtzeitiger Einreichung Anspruch hätte, pro Arbeitstag der Verspätung um 1 % der Beträge. Der Antrag des Klägers vom 26. April 2005 überschritt die Frist vom 15. April 2005 um sieben Arbeitstage (18. bis 22. April und 25. bis 26. April 2005). Für den Kläger ergibt sich hiernach eine Kürzung des vollen Prämienbetrages für acht Rinder in Höhe von 1.680,-- EUR um 7 % auf 1.562,40 EUR.
Ein Fall von höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Art. 48 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, der die Kürzung entfallen lassen würde, liegt nicht vor. Von höherer Gewalt im gemeinschaftsrechtlichen Sinne sind alle ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignisse erfasst, auf die derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluss hat und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (EuGH, Urt. v. 5.10.2006 - C-105/02 - juris, Urt. v. 22.1.1986 - C-266/84 -, juris). Unter außergewöhnlichen Umständen im Sinne des Art. 48 VO (EG) Nr. 2419/2001 sind nur solche Fälle zu verstehen, die denen höherer Gewalt gleichstehen. Dies machen bereits der Regelungszusammenhang in Absatz 1 der Vorschrift und die aufgezählten schwerwiegenden Beispiele in Absatz 2 der Vorschrift deutlich. Zudem ergibt sich dies aus der Zusammenschau mit Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 3887/1992 der Kommission vom 23. Dezember 1992 (ABl. Nr. L 391/36) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1678/1998 der Kommission vom 29. Juli 1998 (ABl. Nr. L 212/23), die durch die VO (EG) Nr. 2419/2001 ersetzt worden ist. Dort sind die in Art. 48 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 als Fälle außergewöhnlicher Umstände aufgezählten Fälle als Fälle von höherer Gewalt aufgeführt.
Der Umstand, dass in der elektronischen Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HI- Tier) auf dessen Internet- Seite für die acht Rinder des Klägers der 17. August 2005 als letztes Antragsdatum ausgeworfen wurde, stellt kein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis dar, aufgrund dessen das Fristversäumnis für den Kläger unvermeidbar gewesen wäre. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass sich auf dem nach Vorgabe der Beklagten zu verwendenden Antragsformulars 2004 der Hinweis auf die im HI-Tier erfassten Daten befand. Zwar kann - jedenfalls nach innerstaatlichem Recht - höhere Gewalt in besonders gelagerten Fällen auch in einer irreführenden Anregung oder Auskunft der zuständigen Behörde zu sehen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1997 - 8 C 38.95 -, NJW 1997, 2966). Auch im Fall der gemeinschaftsrechtlichen Regelung des Art. 48 der Verordnung (EG) Nr. 2429/2001 ist dies nicht durch den Katalog von Fällen außergewöhnlicher Umstände in Art. 48 Abs. 2 der Verordnung grundsätzlich ausgeschlossen. Hierbei handelt es sich lediglich um Beispielsfälle, die sämtlich nicht die Überschreitung der Antragsfrist, sondern das Zurückbleiben der bei der Kontrolle festgestellten beihilfefähigen Flächen bzw. Tiere hinter den Angaben im Antrag im Blick haben (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.4.2004 - 3 C 27.03 - BVerwGE 121, 10). Die Beklagte hat jedoch auf dem Antragsformular 2004 nicht auf die in der Datenbank ausgeworfenen Angabe zu der Frage, wann Prämienanträge spätestens gestellt werden können, verwiesen. Der vom Kläger zitierte Hinweis "Für die Antragstellung sind die im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) erfassten Daten maßgeblich!" bezieht sich nicht auf die von der elektronischen Datenbank automatisch ermittelten und ausgeworfenen Daten für die Antragsfristen. Er bezieht sich vielmehr auf die im HI-Tier erfassten und für die Antragstellung und den Prämienanspruch maßgeblichen Daten der Rinder wie etwa Geburtsdatum und Datum der Schlachtung. Dies ergibt sich daraus, dass auf die im HI-Tier "erfassten" Daten verwiesen wird.
Das HI- Tier ist das deutsche System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und geht auf die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/1997 des Rates - VO (EG) Nr. 1760/2000 - zurück. Auf nationaler Ebene enthalten die Vorschriften der § 24 d bis § 24 i der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. März 2003 (BGBl. I S. 381), zuletzt geändert durch Art. 411 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) - ViehVerkV - weitere Regelungen zur Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht. Nach Art. 3 lit. b) der VO (EG) Nr. 1760/2000 beruht das gemäß Art. 1 der Verordnung von jedem Mitgliedstaat zu schaffende System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern auf Ohrmarken zur Einzelkennzeichnung von Tieren, elektronischen Datenbanken, Tierpässen und Einzelregistern in jedem Betrieb. Nach Art. 5 der Verordnung erstellen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eine elektronische Datenbank gemäß den Artikeln 14 und 18 der Richtlinie 64/432/EWG, die bis spätestens 31. Dezember 1999 voll betriebsfähig ist und von diesem Zeitpunkt an alle aufgrund der vorgenannten Richtlinie erforderlichen Daten enthält. Nach Art. 14 Abs. 3 Buchst. C. Nr. 1 der Richtlinie 64/432/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen (ABl. Nr. P 121/1977) in der Fassung der Richtlinie 97/12/EG des Rates vom 17. März 1997 (ABl. Nr. L 109/1) sind in der elektronischen Datenbank für jedes Tier mindestens Kenncode, Geburtsdatum, Geschlecht, Rasse oder Farbe, Kenncode des Muttertiers, Kennnummer des Geburtsbetriebs, Kennnummer aller Betriebe, in denen das Tier gehalten wurde, sowie das Datum für jede Verbringung und das Datum des Todes oder der Schlachtung zu speichern. In Deutschland wird die nach diesen Vorschriften eingerichtete Datenbank im Rahmen des HI-Tier auf der Basis der Vereinbarung der Länder über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung einer zentralen Datenbank zur Registrierung von Rindern vom 30. September 1998 in der Fassung der Bund-Länder-Vereinbarung vom 25. April 2005 vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betrieben (s. RdErl. d. Nds. ML v. 28. Juni 2005, Nds. MBl. S. 543) und von Landwirten, Schlachtbetrieben, Händlern etc. gemäß §§ 24 f, 24 g ViehVerkV mit den relevanten Daten beliefert (www.hi-tier.de).
In der elektronischen Datenbank des HI-Tier ist neben der gesetzlich vorgegebenen Funktion der Datenerfassung als Service für die Landwirte die Möglichkeit gegeben, auf der Basis der erfassten Daten eine Liste mit potentiellen Antragstieren erstellen zu lassen, auf der für jedes Tier auch das Datum für die (späteste) Antragstellung angegeben wird. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um im HI-Tier "erfasste" Daten, sondern um von der Datenbank auf der Basis der dort erfassten Daten, die von Landwirten, Schlachtbetrieben und anderen Stellen eingegeben worden sind, anhand eines Programms erstellte Angaben zum spätesten Antragsdatum.
Die Bedeutung des Hinweises auf dem Antragsformular auf die im HI-Tier "erfassten Daten" musste für den Kläger auch zu erfassen sein, da er den Inhalt und die Funktionsweise der Datenbank aufgrund der eigenen Nutzung zur Dateneingabe und aufgrund bereits in der Vergangenheit gestellter Prämienanträge (Anträge vom 21. Juni und 23. Dezember 2004) kannte.
Offenbleiben kann, ob die falsche Auskunft hinsichtlich des Antragsfristendes in der zentralen Datenbank des HI-Tier bei dem Kläger ein schützenswertes Vertrauen begründet hat, auch ohne dass die Beklagte auf sie verwiesen hätte. Denn jedenfalls hätte der Kläger die Fristüberschreitung als Folge der falschen Datumsangabe bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vermeiden können. Auf der Internet- Seite der elektronischen Datenbank der HI-Tier erschien bei Aufruf der Liste der potentiellen Antragstiere über den Eingabefeldern des Menüs zur Erstellung der Liste in rotem Fettdruck der Hinweis: " Achtung: Sonderregelung 2005, wichtige Hinweise zur Antragstellung klicken Sie hier!", wie auf dem mit dem Antrag vom 26. April 2005 vom Kläger bei der Beklagten eingereichten Internet- Ausdruck zu sehen ist. In den Hinweisen zu den potentiellen Prämienanträgen der Datenbank findet sich für die Sonderprämie der Hinweis: "Für männliche Rinder, die in der Zeit vom 01.01.2005 bis spätestens 28.02.2005 geschlachtet werden, kann die Sonderprämie mit den Vermarktungsformen ‚Schlachtung Inland‘ und ‚Hausschlachtung‘ beantragt werden. Die Antragsfrist endet für diese Tiere am 15.03.2005." Unter der Überschrift "Rechtliche Verbindlichkeit der Listen" findet sich der Hinweis: "[...] Die Liste ‚Potentielle Prämientiere‘ ist daher lediglich ein unverbindliches Instrument, das den Betriebsinhaber über die grundsätzlichen Antragsmöglichkeiten für ein Tier informiert bzw. auf Fehler bei einem Tier hinweist. Sie entbindet ihn nicht von seiner ausschließlichen Verantwortlichkeit für den Nachweis der Einhaltung der Prämienvoraussetzungen." Von dem Kläger hätte im Rahmen der gebotenen Sorgfalt verlangt werden können und müssen, den durch rote Farbe und Fettdruck hervorgehobenen Link mit der Information über die Sonderregelung 2005 zu öffnen. Darunter verbarg sich zwar die ebenfalls falsche Information des Fristendes am 15. März (anstatt 15. April) 2005. Hätte der Kläger diese Information am 9. März 2005, als er den Internet- Auftritt der HI-Tier besuchte und die Liste seiner potentiellen Prämientiere erstellen ließ sowie ausdruckte, zur Kenntnis genommen, so hätte er aber eine Fristüberschreitung vermeiden können. Im Übrigen hätte dem Kläger aufgrund der Hinweise zu den potentiellen Prämienanträgen in der Datenbank bekannt sein müssen, dass die Liste "Potentielle Prämienanträge" lediglich ein unverbindlicher Service der HI-Tier ist. Die gebotene Sorgfalt hätte daher verlangt, dass der Kläger sich im Zweifelsfall (Widerspruch zwischen der Datumsangabe für den spätesten Antrag in der Liste "Potentielle Prämientiere" und in den Hinweisen zur Sonderregelung 2005) bei der Beklagten informiert.
Dem Kläger kann in die Antragsfrist auch keine Wiedereinsetzung nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 32 VwVfG gewährt werden. Die nationale Vorschrift des § 32 VwVfG ist vorliegend nicht anwendbar. Zum einen ist die in Rede stehende Frist für die Einreichung des Prämienantrags keine Verfahrensfrist, sondern eine materielle Frist. Ihre Einhaltung ist Voraussetzung für die Gewährung der (vollen) Tierprämie. Dies ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001. Zudem sieht das Gemeinschaftsrecht in dieser Vorschrift als Ausnahme von der Rechtsfolge der Kürzung des Prämienanspruchs ausdrücklich nur Fälle von höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Art. 48 der Verordnung vor. Diese spezielle gemeinschaftsrechtliche Regelung des Falles der Unbeachtlichkeit einer Überschreitung der Antragsfrist kann nicht durch die Anwendung der nationalen Regelung des § 32 VwVfG umgangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.2004 - 3 C 27.03 - BVerwGE 121, 10).
Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 14 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1847), geändert durch Artikel 34 des Gesetzes vom 13. April 2006 (BGBl. I S. 855) - MOG - i.V.m. § 238 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) - AO - . Nach § 14 Abs. 2 MOG sind Ansprüche auf besondere Vergünstigungen und im Rahmen von Interventionen ab Rechtshängigkeit nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 AO zu verzinsen. Nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO betragen die Zinsen für jeden Monat einhalb Prozent, wobei gemäß § 238 Abs. 2 AO für die Berechnung der Zinsen der zu verzinsende Betrag auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet wird. Der dem Kläger zustehende Prämienbetrag von 1.562,40 EUR war dementsprechend auf 1550,-- EUR abzurunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4, 124a Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.