Landgericht Hildesheim
Urt. v. 12.03.2018, Az.: 22 KLs 5524 Js 44712/12

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
12.03.2018
Aktenzeichen
22 KLs 5524 Js 44712/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74572
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 13.11.2018 - AZ: 3 StR 289/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Soweit wertlose Geldanlagen über gutgläubige Vermittler vertrieben werden, stellen alle von demselben Vermittler erreichten Vertragsabschlüsse für den (Anlage-)Betrüger nur jeweils eine Tat in mittelbarer Täterschaft dar.
2. Das Anbieten von "Kooperationsverträgen" mit der Zusage eines festen Zinssatzes für den Anlagezeitraum ist ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft (Einlagengeschäft). Gesellschaftsbeteiligungen, auch in Form von Genussrechtsvereinbarungen, stellen hingegen trotz Zusage eines festen Zinssatzes jedenfalls dann kein Einlagengeschäft dar, wenn ausdrücklich eine Gewinn- und Verlustbeteiligung vereinbart wird.
3. Entschädigt ein gutgläubiger Vermittler oder ein sonstiger Dritter die Opfer des Anlagebetrügers, erlischt deren Schadensersatzanspruch nicht im Sinne des § 73e StGB, sondern geht auf den Dritten über. Er ist daher im Rahmen der Wertersatzeinziehung (weiter) zu berücksichtigen.
4. Soweit aber ein doloser Tatbeteiligter Zahlungen an die Tatverletzten leistet, erlischt strafrechtlich deren Anspruch aus der Tat. Es ist nicht Aufgabe der Strafjustiz, einen Gesamtschuldnerausgleich zwischen Tatbeteiligten durchzuführen.

Kein Erlöschen der Ansprüche der Tatverletzten aus der Tat bei deren Entschädigung durch einen Dritten, aber bei Zahlungen eines dolosen Tatbeteiligten;
Kein "Binnenausgleich" bei der Wertersatzeinziehung zwischen mehreren Tatbeteiligten;
Konkurrenzen bei Anlagebetrug über gutgläubige Vermittler

Tenor:

Der Angeklagte wird wegen Betruges in elf Fällen, davon in sechs Fällen tateinheitlich mit unerlaubtem Betreiben von Bankgeschäften, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Von der Gesamtfreiheitsstrafe werden zwei Monate als vollstreckt erklärt.

Gegen ihn wird die Einziehung des Wertersatzes in Höhe von 1.377.104,23 Euro, davon 250.000 Euro gesamtschuldnerisch mit dem gesondert verfolgten N., angeordnet.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

A. Feststellungen

I. Persönliche Verhältnisse des Angeklagten

[..] Im Jahr 1997 meldete er dann behördlich auf seinen Namen und unter seiner Wohnanschrift ein Gewerbe mit der Tätigkeit „Vermittlung von Versicherungen, Immobilien, Kapitalanlagen, Finanzierungen“ an. Im Rahmen dieser Tätigkeit knüpfte der Angeklagte viele Kontakte nicht nur zu Kunden, sondern auch zu anderen Vermittlern. So lernte er unter anderem den nunmehr gesondert verfolgten N. kennen, der ebenfalls Versicherungen und Geldanlagen vermittelte.

[..] Von seiner Ehefrau, der vormals Mitangeklagten, lebt der Angeklagte inzwischen getrennt. Gemeinsam mit ihr hat der Angeklagte einen mittlerweile erwachsenen Sohn, den ebenfalls ursprünglich Beschuldigten P.

Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher nicht in Erscheinung getreten.

[..]

II. Feststellungen zur Sache

1. Generelle Darstellung

Zusammen mit N. tat sich der Angeklagte im Spätherbst 2009 zusammen, um - zumindest teilweise gemeinsam - verschiedene vorgeblich gewinnbringende und sichere Geldanlagen an Privatkunden zu verkaufen. Zur Organisation bedienten sie sich dabei verschiedener Gesellschaftsbezeichnungen. Allerdings hatten weder der Angeklagte noch eine der Gesellschaften, in deren Namen er auftrat, eine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften. Dies war dem Angeklagten bewusst. An die Kunden trat der Angeklagte überwiegend durch Vermittler heran, die für ihn als Handelsvertreter fungierten.

Dem Angeklagten war dabei von Anfang an bewusst, dass mangels ertragreicher Anlagen der eingeworbenen Gelder die Ausschüttung von Zinsgewinnen und Rückzahlungen nicht im größeren Umfang möglich sein würde. Deshalb betrieb er ein Schneeballsystem: Soweit er die eingeworbenen Gelder nicht für seinen eigenen Lebensunterhalt, den seiner Frau sowie seines Sohnes verwandte, nutzte er das von neuen Anleger eingezahlte Geld zu (über-)fälligen Zinszahlungen und auch zu Rückzahlungen an vor längerer Zeit geworbene Kunden. Er investierte keinerlei Gelder in der den Kunden vertraglich zugesicherten Form. Auch die vertraglich zugesicherten Garantien Dritter für die Beteiligungssumme bestanden tatsächlich nicht. Der Angeklagte hatte auch nie vor, eine solche Absicherung einzurichten.

[..]

2. Genutzte Gesellschaften

Der Angeklagte trat gemeinsam mit N. im Zusammenhang mit den geahndeten Taten 1.-10. unter drei Gesellschaften auf:

a) E.. GbR

Gemeinsam mit N. schloss der Angeklagte am 21.10.2009 einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung der E.. GbR. Ziel war laut Vertrag die Beteiligung an Handelsgeschäften. Einen Tag später meldete der Angeklagte die neue Gesellschaft als Gewerbe an. Auf das Geschäftskonto der Firma haben zahlreiche der Geschädigten später ihre Gelder überwiesen. Faktisch nutzte die E.. GbR außerdem noch ein weiteres Konto der E.. UG. Für alle Konten besaßen der Angeklagte und N. Verfügungsmacht.

b) E.. UG

Mit Gesellschaftsvertrag vom 25.11.2010 errichteten der Angeklagte und N. die E.. UG mit einem Grundkapital von 500 Euro. Gegenstand des Unternehmens sollte die Vermittlung von genehmigungsfreien Beteiligungen jeglicher Art im In- und Ausland sein. Am 17.02.2011 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister. Mit notariellem Vertrag vom 21.04.2011 übertrugen der Angeklagte und N. die bis dahin von ihnen gehaltenen Gesellschafteranteile an die E.. Inc.

c) E.. Inc.

Im Juni 2010 hatten der Angeklagte und N. die E.. Inc. als Firmenmantel erworben. Als Zielkonto, auf das die Vertragspartner der Firma ihre Beteiligungssummen überweisen sollten, fungierte ein formell der E.. UG gehörendes Konto, für das der Angeklagte und N. verfügungsberechtigt waren.

3. Vom Angeklagten vertriebene Anlagemodelle

Der Angeklagte präsentierte seinen Kunden insgesamt drei verschiedene Anlagemodelle. Ende 2009 erarbeitete er zusammen mit N. das Modell der sogenannten „Kooperationsverträge“ (nachfolgend unter a)). Verträge dieses Typs schlossen Kunden im Zeitraum vom November 2009 bis zum August 2011 ab. Im  Zeitraum vom November 2009 bis zum Juli 2010 bot er den Kunden auch eine „Beteiligung an S.-gesellschaften“ an (nachfolgend unter b)). Wiederum gemeinsam mit N. gestaltete er das Modell der sogenannten „Genussrechtsscheine“ aus (nachfolgend unter c)), welche verschiedene Kunden im Jahr 2012 zeichneten.

a) „Kooperationsverträge“

Vertragspartner der Geschädigten bei den „Kooperationsverträgen“ war größtenteils die E.. GbR. Zu einem späteren Zeitpunkt - ab Mai 2011 - schloss der Angeklagte die Verträge im Namen der E.. Inc.

aa) Die Vertragsschlüsse zwischen den Geschädigten und der E.. GbR erfolgten ausnahmslos unter Verwendung eines vom Angeklagten im Vorfeld erstellten Vordrucks. Unter dessen Ziffer 1. ist eingangs festgehalten, dass sich der Handelspartner über diesen Kooperationsvertrag an (im Weiteren nicht näher definierten) Handelsgeschäften beteiligt, die von der E.. getätigt werden. Im Weiteren ist unter der folgenden Ziffer die standardisierte Vertragslaufzeit von 12 Monaten genannt, die aber durch den Handelspartner um weitere 12 Monate verlängert werden kann. Unter Ziffer 3. heißt es, dass sich der Handelspartner mit einem Kapital in Höhe eines jeweils individuell bestimmten Betrages beteiligt. Ziffer 4. des Vertragsvordrucks führt zu den Erträgen Folgendes aus: „Der Handelspartner erhält auf seine Beteiligung einen Ertrag von _____ p.a. Dieser Ertrag wird sechs Wochen vor Ablauf des Vertrages ausgezahlt.“ Mit Ziffer 5. sichert die E.. GbR (vorgeblich) zu, dass sie das Beteiligungskapital nur in Handelsgeschäfte investieren werde, bei denen eine Absicherung des Kapitals von mindestens 100% vorhanden ist. Ziel sei es dem Handelspartner die Sicherheit seines Beteiligungskapitals zu gewährleisten. Die zugesagte Zinsspanne wurde individuell vereinbart. Zumeist bewegte sie sich um knapp 10% jährlich.

Lediglich im Fall der Geschädigten I. (Tat 2.) verwendete der Angeklagte, der bei dieser Tat ohne Vermittler an die Geschädigte herantrat, einen Vordruck mit leicht abweichendem Wortlaut hinsichtlich Ziffer 4. (Erträge). Hier heißt es, dass der Handelspartner auf seine Beteiligung einen Ertrag von 400 € p.a. erhalte. Dieser werde nach Ablauf des Vertrages zusammen mit dem Beteiligungskapital ausgezahlt.

In den einzelnen Verträgen wurden die in den Vordrucken hierfür vorgesehenen Felder für Vertragsbeginn, Kapital und Ertrag durch handschriftliche Eintragungen ergänzt.

bb) Auch für die Verträge mit der E.. Inc. verwendete der Angeklagte Vordrucke. Den einzelnen Vertragskonditionen ist eine Präambel vorangestellt. In dieser heißt es u.a., dass die E.. auf eine internationale Betätigung ausgerichtet sei und ihr Geschäftsgegenstand im Wesentlichen in der Beteiligung an Handelsgeschäften, der Vermittlung von Großfinanzierungen und Beschaffung dafür erforderlichen Eigenkapitals sowie der Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen liege. Im der Präambel nachfolgenden Abschnitt ist die Vertragspflicht des Handelspartners aufgeführt, welcher der E.. eine im Einzelfall zu bestimmende Beteiligungssumme zur Verfügung zu stellen habe. Nach der Regelung über die mindestens einjährige Vertragslaufzeit ist unter dem Punkt I.2. bestimmt, dass der Handelspartner für sein Beteiligungskapital einen individuell zu vereinbarenden Ertrag pro Jahr erhalten solle. Dieser Ertrag bewegte sich im Rahmen von knapp 3-4% bis zu im Einzelfall 45%.

Dem Handelspartner wird in dem Vertragsformular insoweit zugesichert, dass diese Erträge jeweils nach Ablauf eines Jahres auch im Falle der Verlängerung des Vertrages ausgezahlt würden. Unter II.1. heißt es im Weiteren, dass die Beteiligung zweckgebunden sei und nur zur Finanzierung des bereits in der Präambel skizzierten Investitionsvorhabens eingesetzt werden dürfe. Im nachfolgenden Abschnitt wird dem Handelspartner schließlich ausdrücklich zugesichert, dass die Beteiligungssumme durch die Übernahme von Garantien Dritter abgesichert werde.

b) „S-gesellschaften“

Mit dem Abschluss nahezu wortgleicher Gesellschaftsverträge warb der Angeklagte Privatanleger für Einlagen in insgesamt zehn „S-Beteiligungsgesellschaften“ bürgerlichen Rechts, die von eins bis zehn durchnummeriert waren und jeweils 100.000 € Gesellschaftereinlagen aufwiesen. Immer wenn genügend Anleger - die sich jeweils zu  einer Mindesteinlage von jeweils 10.000 € zuzüglich eines Agios verpflichteten - für eine Gesellschaft geworben worden waren, wurde diese formal gegründet. Sodann wurde mit der Einwerbung von Anlegern für die nächste Gesellschaft begonnen.

Als Gesellschaftszweck bestimmten die Gesellschaftsverträge in § 1 lediglich die gemeinsame Beteiligung an Handelsgesellschaften, ohne deren Inhalt näher zu erläutern. § 2 sah eine Mindestlaufzeit von einem Jahr vor. Die Führung der Geschäfte war in § 5 der Gesellschaftsverträge zunächst dem Sohn des Angeklagten übertragen worden. Zum 01.01.2011 wurde der Angeklagte zum neuen Geschäftsführer bestellt.

Die Gesellschaftereinlagen waren nach Abschluss der Verträge auf das Konto der E.. GbR zu zahlen; der Angeklagte hatte als grundlegendes Konzept der S.-Beteiligungsgesellschaften behauptet, dass bis zur formellen Gründung jeder S-Beteiligungs-GbR, was nach Ansammlung des jeweiligen Gesellschafterkapital von 100.000 Euro geschehen sollte, die bereits von interessierten Anlegern geleisteten Einlagen bei der E.. GbR angelegt und verzinst werden sollten.

Tatsächlich wurden zumindest bei den SechsS.-, SiebenS.-, AchtS.- und NeunS.-Beteiligungsgesellschaften die auf das Konto der E.. GbR geleisteten Zahlungen der Gesellschafter binnen weniger Tage vollständig für Zwecke der E.. GbR verbraucht und standen in der Folge nicht mehr zur Verfügung. Dies offenbarte er den Gesellschaftern nicht. Vielmehr schrieb er als Geschäftsführer der E.. GbR den Anlegern zunächst in scheinbarer Übereinstimmung mit dem nach außen dargestellten Konzept für die zeitweise Überlassung der Einlagen Zinsen in Höhe von 4% je 10.000 Euro gut. Nach der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit zum 01.01.2011 veranlasste der Angeklagte Anfang 2011 anteilige Ausschüttungen an die Gesellschafter der SechsS.-, SiebenS.- und AchtS. -Beteiligungsgesellschaften in Höhe von jeweils insgesamt 4.000 Euro. Die hierfür erforderlichen Mittel hatte er den S-Gesellschaften vom Konto der E..-GbR zur Verfügung gestellt, die das Geld ihrerseits von anderen Anlegern erhalten hatten.

c) „Genussrechtsscheine“

Die Vertragsabschlüsse erfolgten schriftlich und unter Verwendung eines standardisierten Formulars, in das lediglich unter anderem der Name und die Bankverbindung des Anlegers sowie die Höhe der Einlage handschriftlich einzutragen waren. Ferner bestand die Möglichkeit durch Ankreuzen eine Laufzeit von einem Jahr zu wählen. Als wesentlichen Vertragsinhalt bestimmten die Vertragsurkunden die Übernahme von Genussrechtsanteilen der E.. Inc. Der Nennwert dieser Anteile war mit „je $/€ 10,-" bezeichnet. Die Mindestanzahl der Anteile betrug 500 Stück, sodass sich im Ergebnis rechnerisch eine Mindesteinlage von 5.000 € ergab.

Zu möglichen Chancen der Anlage enthielt der Vordruck den folgenden Text: „Die Beteiligungssumme wird durch die Übernahme von Garantien Dritter abgesichert (siehe auch Prospektseite 24). Die Gesellschaft beabsichtigt eine Dividenden-Ausschüttung von 8 % p.a.. Die Laufzeit kann durch Sonderkündigungsrecht gem. Vorstandsbeschluss auf 1 Jahr begrenzt werden.“ Der mehr als hundert Seiten starke und extra für diese Anlage mit Hilfe einer [..] Beratungsgesellschaft für knapp 30.000 Euro erstellte Prospekt wurde bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hinterlegt.

4. Vermittler und deren Instruktion

Der Angeklagte kontaktierte ab dem Herbst 2009 verschiedene selbstständige Finanz- bzw. Versicherungsvermittler, die er überwiegend noch aus seiner Zeit als angestellter Versicherungsvertreter kannte. Es handelte sich dabei um B und R .., die damals in der Rechtsform einer GbR Finanzvermittlungen anboten. Als Untervermittler wurde für sie auch Be. tätig. M.., Re.. und Ru. waren als jeweils einzelne selbständige Vermittler von Finanzanlagen und Versicherungen tätig, als sie von dem Angeklagten angesprochen wurden, ebenso .. No.., der sich im Weiteren A. und F. als Untervermittler - mit einem jeweils eigenen Handelsvertretervertrag mit der E.. Inc. - bediente.

Der Angeklagte traf sich teilweise mehrmals, in Gruppen beziehungsweise einzeln mit den vorgenannten Vermittlern. Bei diesen Treffen stellte er ihnen die verschiedenen Geldanlagemodelle vor. Er präsentierte diese dabei mit Mustervertragsunterlagen. Ausnahmslos alle Vermittler waren davon überzeugt, dass es sich um gewinnbringende Anlagemöglichkeiten handeln würde. Aufgrund der Erläuterungen des Angeklagten kamen sie zu dem Schluss, dass die Einlagen von Kunden vollständig abgesichert seien, auch wenn bei den Genussrechtsscheinen der E.. Inc. in den (jedenfalls) den Vermittlern überlassenen Vertragsformularen deutlich, aber auch in widersprüchlicher Weise auf das Verlustrisiko hingewiesen wurde und den Vermittlern bewusst war, dass es sich bei den Einlagen in die S.-Beteiligungsgesellschaften formal um Gesellschaftseinlagen und nicht etwa um Spareinlagen handelte. Auch an der Redlichkeit des Angeklagten, die Kundengelder überhaupt anzulegen, zweifelte niemand.

Der Angeklagte versprach ihnen hohe Provisionen, wenn sie die Anlagen an ihre Kunden verkaufen könnten. Die Vermittler traten ihrerseits an die späteren Geschädigten heran. Diese vertrauten ohne Ausnahme den Angaben der gutgläubigen Vermittler, die mit den vagen Angaben („Anlage in internationale Handelsgeschäfte“) und Vertragsunterlagen warben, die ihnen der Angeklagte überlassen hatte. Die Geschädigten schlossen die jeweiligen Verträge im Vertrauen auf spätere Rückzahlung und Zinsgewinne ab. Wie die Vermittler gingen auch sie entsprechend den mündlich abgegebenen Erklärungen und den schriftlichen Unterlagen davon aus, dass die Einlagen vollständig abgesichert seien.

Soweit der Angeklagte selbst für die Geschädigten, die von den Vermittlern geworben wurden, überhaupt zu erreichen war, vertröstete er die Geschädigten mit zahlreichen Schreiben, in denen er immer neue Termine für weitere Ausschüttungen bzw. für Rückzahlungen in Aussicht stellte. Etliche Anleger erklärten schließlich die Kündigung.

5. Die einzelnen Taten

a) Tat 1. (..)

Das Vermittlerteam B/R und ihr Untervermittler Be. erwirkten folgende Abschlüssen von „Kooperationsverträgen“ (..):

Im Weiteren kam es zu folgenden Abschlüssen von Beteiligungen an S-gesellschaften (..):

Die Anleger der SiebenS.-GbR (..) haben vor dem Landgericht [..] im Verfahren .. O /14 mit dem Sohn des Angeklagten P. am 26.04.2014 einen Vergleich geschlossen. Dieser hat sich verpflichtet, zur Abgeltung der Ansprüche der Geschädigten als Gesamtgläubiger 75.000 € in Raten zu zahlen, wobei ihm (nur persönlich) bei Zahlung von 60.000 € bis zum 30. November 2019 der Restbetrag erlassen werden soll und etwaige - bisher nicht erfolgte - Vollstreckungen gegen den in dem Vergleich als Gesamtschuldner angesehenen Angeklagten vollständig angerechnet werden sollen, soweit sie 10.733,34 € übersteigen, unter diesem Betrag zu 2/3. Bisher hat P. die Zahlungsverpflichtung aus dem Vergleich in Höhe von 36.400 Euro erfüllt.

Subtrahiert man von dem insgesamt investierten Kapital die einzelnen Rückzahlungen bzw. Zinsausschüttungen ergibt sich ein Gesamtschaden von 702.916,62 Euro.

b) Tat 2. (..)

Am 27.11.2009 schloss In., Geschäftsführerin eines Hotels .., nach einem persönlichen Treffen mit dem Angeklagten auf seine Empfehlung einen Kooperationsvertrag über 5.000 Euro ab.

Rückzahlungen oder Gewinnausschüttungen, auf die sie vertraute, erhielt sie nicht.

c) Tat 3. (..)

Der Vermittler M. bewirkte folgenden Abschlüsse von „Kooperationsverträgen“ (..):

Im Weiteren kam es zu folgenden Abschlüssen von Beteiligungen an S-gesellschaften (..):

Subtrahiert man von dem insgesamt investierten Kapital die einzelnen Rückzahlungen bzw. Zinsausschüttungen ergibt sich ein Gesamtschaden von 192.922,86 Euro.

d) Tat 4. (..)

Am 01.03.2010 schloss der Mechaniker Ax. nach einem persönlichen Treffen mit dem Angeklagten auf seine Empfehlung einen Kooperationsvertrag über 5.000 Euro ab.

Rückzahlungen oder Gewinnausschüttungen, auf die er vertraute, erhielt er nicht. Die angelegten 5.000 Euro sind die Dividende, die der Geschädigte als Gesellschafter der DreiS.. GbR zuvor für seine Einlage von 50.000 Euro erhalten hatte. Die Einlage selbst hat der Geschädigte nicht zurückerhalten.

e) Tat 5. (..)

Der Vermittler Re. bewirkte folgende Abschlüsse von „Kooperationsverträgen“:

[..]

Subtrahiert man von dem insgesamt investierten Kapital die einzelnen Rückzahlungen bzw. Zinsausschüttungen ergibt sich ein Gesamtschaden von 58.864,75 Euro.

Aufgrund einer moralisch von ihm empfundenen Verpflichtung hat der gutgläubige Vermittler die Geschädigten [..] mit eigenen privaten Geld entschädigt. Er beabsichtigt, dieses Geld im Klagewege von dem Angeklagten zurückzufordern.

f) Tat 6. (..)

Am 20.02.2012 schloss die Geschädigte Bb. nach einem persönlichen Treffen mit dem Angeklagten auf seine Empfehlung einen Vertrag über den Erwerb eines Genussrechtsscheins in Höhe von 5.000 Euro ab.

Der Geschädigten wurden im Laufe der Zeit einmalig 400 Euro zurückgezahlt. Sie hatte bei Vertragsabschluss auf Rückzahlung und Ertragsausschüttung vertraut; der Angeklagte hatte den Genussrechtsschein als sicher dargestellt.

g) Tat 7. (..)

Ru. vermittelte den Abschluss von zwei Verträgen der Eheleute [..] in Höhe von jeweils 10.000 € über den Erwerb von Genussrechtsscheinen. Der erste Vertrag wurde am 4. März 2012 gezeichnet, die zweite am 7. April 2012.

Zinszahlungen oder Rückzahlungen, auf die die Geschädigten bei der ihnen als sicher vorgestellten Anlage vertrauten, erhielten sie nicht.

h) Tat 8. (..)

Der Vermittler No. erwirkte mit seinen beiden Untervermittlern A. und F. folgende Abschlüsse von  Verträgen zum Erwerb von Genussrechtsscheinen:

[..]

Subtrahiert man von dem insgesamt investierten Kapital die einzelnen Rückzahlungen bzw. Zinsausschüttungen ergibt sich ein Gesamtschaden von 104.200 Euro.

i) Tat 9. (..)

Nachdem der Vermittler R. zuvor an dem Abschluss von Kooperationsverträgen und Verträgen über die Beteiligung an den S-gesellschaften beteiligt war, erhielt nach einer mehrmonatigen Pause von dem Angeklagten Informationen über die Verträge zum Erwerb von Genussrechtsscheinen.

R. schenkte auch dieser Anlageform Glauben und zusammen mit seinem Untervermittler Be. bewirkte er entsprechende folgende Vertragsabschlüsse:

[..]

Zinszahlungen oder Rückzahlungen, auf die die Geschädigten bei der ihnen als sicher vorgestellten Anlage vertrauten, erhielt keiner von ihnen nicht, so dass die Anlagesummen dem Gesamtschaden von 27.000 Euro entsprechen.

j) Tat 10. (..)

Auch der Vermittler M. wurde von dem Angeklagten nach einer mehrmonatigen Pause erstmals die Verträge zum Erwerb von Genussrechtsscheinen vorgestellt.

Auch er nahm aufgrund der Erläuterungen des Angeklagten und der ihm präsentierten Vertragsmaterialien an, dass es sich um eine gewinnbringende und abgesicherte Anlageform handeln würde. In der Folge bewirkte er entsprechende folgende Vertragsabschlüsse:

[..]

Zinszahlungen oder Rückzahlungen, auf die die Geschädigten bei der ihnen als sicher vorgestellten Anlage vertrauten, erhielt keiner von ihnen nicht, so dass die Anlagesummen dem Gesamtschaden von 43.000 Euro entsprechen.

k) Verbleib der eingeworbenen Gelder

Im Zeitraum vom 22.10.2009 bis 04.09.2013 kam es auf den beiden Geschäftskonten der E.. GbR zu Eingängen von insgesamt 2.023.773 Euro. Durch Zahlungen von Anlegern flossen der Gesellschaft insgesamt 1.751 Mio. Euro zu. Dabei handelte es sich sowohl um Anleger, die mit der E.. GbR bzw. E.. Inc. sogenannte Kooperationsverträge geschlossen hatten, als auch um Gesellschafter der S.-Beteiligungs-GbR, die ihre Einlagen auf den Konten der E.. GbR anstelle der hierfür eingerichteten Gesellschafterkonten eingezahlt hatten. Auch die von der E.. UG geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 123.000 Euro stammen aus geleisteten Einlagen von Anlegern, welche die Gelder für den Erwerb von Genussrechtsscheinen zuvor auf das Konto der E.. UG überwiesen hatten. Weitere Zuflüsse auf die Konten erfolgten u.a. durch Überweisungen des Angeklagten und seiner Ehefrau.

In der fraglichen Zeit flossen die Gelder von den Konten auch wieder ab, ohne dass es zu den zugesagten Investitionen in „(internationale) Handelsgeschäfte“, „Beteiligungen an Handelsgesellschaften“ oder anderen Anlagen mit ernsthafter Aussicht auf Renditen oder Rückzahlungen kam.

Mit insgesamt 747.015 Euro wurde ein Großteil der eingenommenen Gelder dazu verwandt, ungesicherte Darlehen an die Ehefrau des Angeklagten, an N. und andere Bekannte (u.a. [..], den Ehemann der Vermittlerin B., und direkt an den Vermittler R.)zu gewähren. Allein der Ehefrau des Angeklagten wurden in diesem Zusammenhang mehr als 550.000 Euro überwiesen; N. erhielt 29.000 Euro. Nennenswerte Rückzahlungen erfolgten von keinem der Darlehensnehmer.

167.097 Euro wurden an Provisionen an die Vermittler B., R., M und Re. ausgezahlt.

Der Angeklagte selbst überwies teilweise Geld an E.. GbR; per saldo erhielt er aber mehr als 77.000 Euro von der Gesellschaft. Ein weiterer Teil der eingenommen Gelder in vergleichbarer Höhe wurde darauf verwandt, den (ersten) Gesellschaften der S..-Beteiligungs-GbR vermeintliche Erträge auszuzahlen. Im Jahr 2011 kam es zudem zu Barabhebungen in einer Gesamthöhe von 47.290 Euro.

29.924 Euro überwies der Angeklagte bzw. N. an die .. Consulting zur Begleichung der Rechnung für die Erstellung des Verkaufsprospekts der Genussrechtsscheine.

Am 26.11. und 03.12.2010 überwies der Angeklagte insgesamt 164.527 Euro an die ausländische Gesellschaft .. Treuhand. Rückzahlungen dieser Gesellschaft auf die Geschäftskonten der E.. GbR erfolgten nicht. Diese überwiesenen Beträge hätten nach Darstellung des Angeklagten die Gebühren dafür abdecken sollen, dass den im Einfluss von dem Bekannten des Angeklagten W stehenden Gesellschaften der U. LLC Kredite gewährt werden. Aus den mit der Kreditsumme erwirtschafteten Erträgen hätten letzten Endes die Gesellschafter der U. LLCs profitieren sollen. Keine der E..-Gesellschaften war aber selbst an einer U. LLC beteiligt.

Dem Angeklagten hielt es von Anfang an zumindest für möglich, dass eine - tatsächlich auch nie erfolgte - Rückzahlung der ohne jede Absicherung überwiesenen Beträge zumindest unsicher war und damit auch diese 164.527 Euro nicht für die den Anlegern der E..-Gesellschaften zugesagte (Rück-)Zahlungen zur Verfügung stehen würden.

l) Verfahrenseinstellungen

[..]

m) Tat 11. (..)

Spätestens Anfang März 2013 fassten der Angeklagte und N. angesichts eigener finanzieller Engpässe und dem sich abzeichnenden Zusammenbruch des von ihnen betriebenen Schneeballsystems den Entschluss, von einem gutgläubigen Anleger einen größeren Geldbetrag zu ertrügen und das Geld anschließend unter sich aufzuteilen.

In der Absicht, die Ausführung dieses Vorhaben dadurch zu erleichtern, dass dem potentiell Geschädigten ein Sicherheit und Seriosität suggerierendes Notaranderkonto als Zielkonto präsentiert wird, trat der Angeklagte am 08.03.2013 an den ihm bekannten Notar T. heran. Er bat diesen, eines seiner Notarkonten für einen Geldeingang von 200.000 - bis 250.000 Euro zur Verfügung zu stellen, das Geld anschließend aufzuteilen und dann an mehrere Empfänger weiterzuleiten. Der Notar T. erklärte sich gegen Hebegebühr einverstanden, sein Treuhandkonto zur Verfügung zu stellen.

Sodann sprach N. im Namen der A. LLC mit angeblichem Sitz in Delaware am 09.03.2013 die ihm bekannte Qualitätsmanagerin G. an. Diese wollte im Auftrag und mit Bevollmächtigung ihrer in Amerika lebender Mutter .. 250.000 Euro, die aus einem Hausverkauf stammten, gewinnbringend anlegen. N. bot G. gegen das Versprechen einer jährlichen Rendite von 10% an, sich im Rahmen eines sogenannten Kooperationsvertrages durch Leistung einer Einlage von 250.000 Euro an deren Handelsgeschäften für die Dauer von einem Jahr zu beteiligen. Die Rückzahlung nach Laufzeitende sowie die Absicherung des Kapitals behauptete er, mit einer Grundschuld zu sichern. Zugleich war in der Vertragsurkunde vermerkt, dass dem Handelspartner zugesichert werde, dass die Beteiligungssumme durch die Übernahme von Garantien Dritter abgesichert werde. Die von Krieg vorbereitete Vertragsurkunde bestimmte als Zielkonto das Geschäftskonto des Notars T., der - wie N. gegenüber G. behauptete -für die Absicherung durch die Grundschuld Sorge tragen werde.

Tatsächlich hatte weder der Notar eine solche Anweisung erhalten, noch hatten der Angeklagte und N. die Absicht, ihm einen entsprechenden Auftrag zu erteilen. Vielmehr beabsichtigten sie, das Geld sogleich untereinander aufzuteilen und für eigene Zwecke zu verbrauchen. Gemäß dieser Absicht wies N., nachdem die Geschädigte G. im Vertrauen auf dessen Redlichkeit und die Richtigkeit der ihr gegenüber abgegebenen Zusicherungen den Vertrag am 09.03.2013 unterzeichnet hatte, den Notar T. am 11.03.2014 zu Zahlungen an. Von dem eingehenden Betrag sollte T. seine Forderungen gegen den Angeklagten aus vorangegangenen Mandaten einbehalten dürfen. Den Restbetrag sollte er auf zwei Konten des Angeklagten überweisen.

Nachdem G. am 12.03.2013 die Überweisung der 250.000 Euro auf das Konto des Notars T. veranlasst hatte, verfuhr dieser entsprechend den zuvor von N. erteilten Anweisungen. Er überwies am 15.03.2013 nach Einbehalt von 4.366,43 Euro für eigene Forderungen 163.348,27 Euro auf ein für den Angeklagten .. geführtes Konto. Jenes Geld nutzte der Angeklagte binnen kurzer Zeit zur Tilgung von Bankschulden (Ablösung von Grundpfandrechten) für sich und seine Ehefrau. Die weiteren 82.285,30 Euro überwies T. verabredungsgemäß auf Konto des Angeklagten bei der ... Von diesem Geld überwies der Angeklagte insgesamt 50.000 Euro an N. und dessen Gläubiger. Den Restbetrag brachte er binnen weniger Tage durch verschiedene Abbuchungen für eigene Zwecke vollständig auf.

G. erwirkte später ein Versäumnisurteil gegen N. und den Angeklagten. Vollstreckungsversuche sind allerdings bisher fruchtlos geblieben.

Auch die A. hatte, wie der Angeklagte wusste, keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften.

B. Grundlage der Feststellungen

Das Urteil beruht auch auf einer - auf Anregung der Verteidigung zustande gekommenen - Verständigung (§ 257c StPO).

I. Die Feststellungen zum Werdegang und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten (A I 1) beruhen auf seinen entsprechenden Angaben. [..]

..

II. Feststellungen zur Sache (A II)

1. Der Angeklagte hat sich nach dem Zustandekommen der Verständigung zur Sache eingelassen und dabei vollumfänglich die mit den Anklagen erhobenen Vorwürfe eingeräumt. [..]

2. Die Kammer folgt der Einlassung des Angeklagten. Sie hat nach dem Zustandekommen der Verständigung einer Beweisaufnahme durchgeführt und hierbei die Angaben des Angeklagten bestätigt gefunden.

[..]

C. Rechtliche Würdigung

Der Angeklagte war wegen Betruges in elf Fällen, davon in sechs Fällen tateinheitlich mit unerlaubtem Betreiben von Bankgeschäften, zu verurteilen (§§ 263 Abs. 1, 3 S. 2 Nrn. 1 und 3 StGB, 1 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG, 25, 52 und 53 StGB).


I.

1. In allen Fällen war der Angeklagte wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) zu verurteilten. Er hat zur Erlangung rechtswidriger Vermögensvorteile durch die bewusst wahrheitswidrige Behauptung, die eingeworbenen Gelder würden nur für abgesicherte Investitionen verwendet, die Anleger direkt bzw. über die ebenso gutgläubigen Vermittler über Tatsachen getäuscht. Nur aufgrund dieser Täuschung erhielt er bzw. die E..-Gesellschaften die eingeworbenen Gelder, die damit - zumindest weitgehend - für die Anleger verloren waren, weil sie der Angeklagte verbrauchte oder im Schneeballsystem für andere Anleger einsetzte. Dies gilt auch für die an .. Treuhand überwiesenen Beträge und die ausgereichten Darlehen an Freunde und Bekannte; diese Zahlungen sind jeweils - entgegen den gegenüber den Anlegern zugesagten Verfahrensweise ohne jede Absicherung erfolgt.

2. Konkurrenzrechtlich ist jeweils das Einwirken des Angeklagten auf einen gutgläubigen Vermittler als eine tateinheitliche Betrugshandlung in mittelbarer Täterschaft zu werten (§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 2, 25 Abs.1 Alt. 2., 52 StGB).

Bei Tätigwerden eines Vermittlers begründet nicht jeder von diesem getäuschter Geschädigter einen rechtlich selbstständigen Betrug. Anders war dies nur für die Fälle zu beurteilen, in denen der Angeklagte selbst - ohne Einschaltung eines Vermittlers - die Geschädigten zum Vertragsabschluss veranlasste. Diese Betrugsstraftaten in unmittelbarer Täterschaft stehen untereinander und zu den Taten in mittelbarer Täterschaft im Verhältnis der Tatmehrheit (§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 25 Abs. 1 Alt. 1, 53 StGB).

Soweit die Vermittler selbst und ohne aktive Unterstützung durch den Angeklagten beziehungsweise sogar ohne dessen Kenntnis ebenfalls gutgläubige Untervermittler eingesetzt haben (..) sind diesen ersteren zuzurechnen. Eigenständige (tatmehrheitliche) Betrugstaten für den Angeklagten werden durch sie nicht begründet. Die Vermittler B. und R. sind aufgrund ihrer internen Kooperation im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als ein Vermittlerteam anzusehen, deren Vermittlungen für den Angeklagten zu einer Straftat zusammenzufassen sind.

Die grundsätzliche Zusammenfassung von Tätigkeiten eines Vermittlers beziehungsweise eines Vermittlerteams zu einer Tat findet allerdings eine Grenze bei der Werbung für die Anlage „Genussrechtsscheine“ ... Diese sind jeweils pro Vermittler gesondert zu betrachten. Der Verkauf der „Genussrechtsscheine“ erfolgte deutlich mehr als ein Jahr nach den Verkäufen der anderen Anlagen. Dieser Zeitablauf ist als relevante Zäsur zu sehen, zumal nur die Vermittler R. und M. sowohl „Genussrechtsscheine“ als auch „Kooperationsverträge“ und Beteiligungen an den S-gesellschaften verkauften.

Vor der Vermittlung der „Genussrechtsscheine“, für welche im Gegensatz zu den beiden anderen Anlagemodellen extra Prospektmaterial zusammengestellt wurde, hat der Angeklagte erneut zu diesen beiden Vermittlern Kontakt aufgenommen, auf sie eingewirkt und daher insoweit jeweils eine weitere Betrugsstraftat in mittelbarer Täterschaft begangen.

II.

Bei jeder Tat, mit der „Kooperationsverträge“ veräußert wurden (Taten 1.-5.), ist tateinheitlich zum Betrug auch von vorsätzlichem unerlaubten Betreiben von Bankgeschäften auszugehen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 32 Abs. 1 S. 1 KWG). Das gleiche gilt auch für die Tat 11. Auch in diesem Fall ist - mit nahezu derselben rechtlichen Ausgestaltung - der Anlegerin G. eine unter den Begriff der nicht verbrieften Einlage im Sinne des § 1 Nr. 1 KWG fallende Festzinsanlage mit bestimmter Laufzeit angeboten worden (zum Begriff der Einlage vgl., BGH Beschl. v. 24.08.1999, 1 StR 385/99, wistra 2000, 25f.).

Die weiteren Fälle (Beteiligungen  an den S.-Gesellschaften und die „Genussrechtsscheine“) unterfallen diesem Begriff im Hinblick auf die insoweit ausdrücklich vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung der Anleger bzw. den Umstand, dass es sich um Gesellschaftseinlagen handelte, nicht (vgl. BGH Beschl. v. 09.02.2011, 5 StR 563/10, wistra 2011, 230f.; KG Beschl. v. 13.12.2011, 1 Ss 139/11, zitiert nach Juris).

Dass der Angeklagte zugleich die vollständige Absicherung auch dieser Anlagen behauptete, ändert daran nichts.

D. Strafzumessung

I. Strafrahmenbestimmung

Betrug ist nach § 263 Abs. 1 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht.

Der Angeklagte hat bei allen Taten das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 1 Var. 1 StGB (gewerbsmäßiges Handeln) verwirklicht. Nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl der Taten ist die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels - auch bei Zugrundelegung der unten aufgeführten, zugunsten des Angeklagten sprechender Strafzumessungsgesichtspunkte - nicht widerlegt.

Der Strafrahmen für den vorliegend jeweils angenommenen schweren Fall des Betruges liegt bei Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren; aus diesem Strafrahmen hat die Kammer im Ergebnis alle Einzelstrafen entnommen. Das in den Fällen 1 bis 5 und 11 zugleich verwirklichte vorsätzliche unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften ist nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 S. 1 KWG  mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und damit mit einem milderen Strafrahmen bedroht.

II. Strafzumessung im Einzelnen

1. Generell berücksichtigte Strafzumessungsgesichtspunkte

Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer zuvörderst sein umfassendes Geständnis berücksichtigt. Zugleich hat sie maßgeblich den Umständen Rechnung getragen, dass die Taten jeweils mehrere Jahre zurückliegen und, dass der Angeklagte strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten ist. Nicht zu verkennen war im Weiteren, dass bei dem Angeklagte aufgrund seines Lebensalters von einer erhöhten Haftempfindlichkeit auszugehen ist. Berücksichtigt hat die Kammer schließlich auch, dass der Angeklagte mit seinen beiden Überweisungen an die ausländische Gesellschaft .. Treuhand in einer Gesamthöhe von 164.527 Euro weder direkt das Schneeballsystem betrieb, noch sich unmittelbar persönlich bereicherte.

2. Einzelstrafen

Bei der Bestimmung der jeweiligen Einzelstrafen hat die Kammer auf die vorstehend angeführten Gesichtspunkte zurückgegriffen und sich im Übrigen primär an der Schadenshöhe der jeweiligen Tat orientiert. Insoweit galt es ferner zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass bei den Taten zu den Ziffern 1., 3., 5., 8. und 11. mit einer Schadenshöhe von jeweils mehr als 50.000 Euro neben dem Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 S. 2. Nr. 1. Alt. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit) auch das Regelbeispiel von § 263 Abs. Abs. 3 S. 2. Nr. 2. Alt. 1 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) verwirklicht ist. Hinzukommt, dass der Angeklagte mit den Taten zu den Ziffern 1. - 5. sowie 11. tateinheitlich auch jeweils - zumindest soweit es die E..-Kooperationsverträge betrifft - die weitere Straftat des unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften vorsätzlich verwirklicht hat.

Vor diesem Hintergrund hat die Kammer auf die folgende Einzelfreiheitsstrafen erkannt, die sie für tat- und schuldangemessen erachtet:

Tat 1.

3 Jahre

Tat 2.

7 Monate

Tat 3.

2 Jahre

Tat 4.

7 Monate

Tat 5.

1 Jahr

Tat 6.

6 Monate

Tat 7.

8 Monate

Tat 8.

1 Jahr und 4 Monate

Tat 9.

10 Monate

Tat 10.

11 Monate

Tat 11.

2 Jahre und 3 Monate

Für die Tat 11. (Betrug zu Lasten der Geschädigten W. und tateinheitlich verwirklichtes unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften) hat die Kammer hierbei ferner strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt Anfang März 2013 aufgrund seiner Hausdurchsuchung am 11.10.2011 bereits über die gegen ihn geführten Ermittlungen informiert war. Hiervon hat er sich offenkundig nicht beeindrucken lassen, sondern sich vielmehr weiter bereichert und durch die Zwischenschaltung eines Notars eine deutlich über die Verwirklichung des Straftatbestandes hinausreichende kriminelle Energie eingesetzt.

3. Gesamtstrafenbildung

Aus den Einzelfreiheitsstrafen war gemäß § 54 StGB war unter angemessener Erhöhung der höchsten Einzelstrafe (Tat 1) eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Angesichts des engen zeitlichen und vor allem sachlichen Zusammenhangs hat die Kammer einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen für geboten erachtet. Unter nochmaliger Würdigung der vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und dem Aspekt, dass auf die Einsatzstrafe knapp die Hälfte des von dem Angeklagten angerichteten Gesamtschadens von 1.420.327 Euro entfällt, hat die Kammer daher auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten erkannt.

IV. Kompensation rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen

Die Kammer hat ferner bedacht, dass es zu rechtsstaatswidrigen und kompensationswürdigen Verfahrensverzögerungen im Sinne des Artikels 6 Abs. 1 MRK gekommen ist:

1. Die Ermittlungen sind angesichts des umfangreichen Verfahrensstoffes hinsichtlich aller vier Anklagen in angemessener Zeit abgeschlossen worden...

Wesentliche Verfahrensverzögerungen lassen sich in diesem Abschnitt (Ermittlungsverfahren) nicht feststellen. Durchsuchungsmaßnahmen, Auswertung der sichergestellten Unterlagen und eine Vielzahl von Zeugenvernehmungen sind zeitgerecht durchgeführt worden.

2. Die Anklage zum Aktenzeichen 5524 Js 44712/12 ging am 08.01.2014 beim Landgericht Hildesheim ein. Nach der Aufhebung des Haftbefehls den Zustellungen der Anklageschrift mit vierwöchiger Einlassungsfrist sowie der Verteidigerbestellung für den vormals Mitangeschuldigten N. am 09.04.2014 wurde das Verfahren wegen vordringlich zu bearbeitender Verfahren und längerfristigen Erkrankung eines Kammermitglieds zunächst nicht mehr gefördert. ..

Am 19.01.2015 begann die damalige Berichterstatterin mit der Einarbeitung ..

Mithin ist zunächst eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von gut neun Monaten für den Zeitraum von Mitte April 2014 bis zum 19.01.2015 festzustellen.

..

Die Eröffnung des Verfahrens beziehungsweise die Terminierung einer Vorbesprechung hätte dann unter Würdigung des (damaligen) Umfangs der mittlerweile drei bzw. vier Verfahren nach den schriftlichen Anfragen bei den Geschädigten im März und April 2015 spätestens im Sommer 2015 erfolgen können. Dies erfolgte jedoch erst ein Jahr später nach einer Neubesetzung der Kammer.

Unter Inrechnungstellung dessen hat die Kammer eine weitere berücksichtigungsfähige Verzögerung von einem Jahr für die Zeitspanne von (etwa) Juni 2015 bis Juni 2016 angenommen.

Nach der Aussetzung der Hauptverhandlung im allseitigen Einverständnis im Dezember 2016 wegen einer Erkrankung des vormals Mitangeklagten N. und dessen Begutachtung durch einen Sachverständigen hätte ohne eine andere Haftsache die Hauptverhandlung zumindest fünf Wochen früher beginnen können.

Insgesamt geht die Kammer vor diesem Hintergrund von einer insgesamt knapp zweijährigen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung aus.

3. Die Kammer ist bei der Entscheidung über die Bestimmung einer angemessenen Kompensation dieser Verfahrensverzögerung zu dem Ergebnis gekommen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zwei Monate als vollstreckt zu erklären sind.

V. Einziehungsentscheidung

Nach den auch rückwirkend anzuwendenden §§ 73 Abs. 1, 73c StGB n. F. war der Wert des von dem Angeklagten durch die Straftaten Erlangten einzuziehen.

Das Erlangte entspricht im Ausgangspunkt der Gesamtsumme der vorstehend festgestellten Schadenssumme (= 1.413.504,23 €). Hierbei sind etwaige                            (Teil-)Rückzahlungen oder Zinsen bereits abgesetzt worden. Die Kammer hat ferner bedacht, dass im Fall 11 der Angeklagte gemeinschaftlich mit dem nunmehr gesondert verfolgten N. gehandelt hat und daher insoweit die gesamtschuldnerische Mitverpflichtung zum Wertersatz ausgesprochen.

1. Diese Berechnung gilt auch für die Tat 5., bei welcher der Tatmittler Re. aus eigenen Mitteln einen Teil der von ihm geworbenen Anleger entschädigt hat.

Insoweit ist dieser vergleichbar einem Versicherer als Rechtsnachfolger der Geschädigten (vgl. hierzu Reitemeier/Koujouie: Das neue Recht der Vermögensabschöpfung, Celle 2017, S. 34f., Rhode, wistra 2018, S 67 m. w. N.) an deren Stelle getreten. Mit der Entschädigung der Verletzten aufgrund einer angenommenen eigenen (moralischen) Verpflichtung hat er einen der Legalzession bei Entschädigungsleistung des Versicherers wertungsmäßig vergleichbaren Anspruch gegen den Angeklagten durch zumindest konkludente Abtretung (§§ 398ff. BGB) der Schadensersatzansprüche der Geschädigten erworben.

2. Anderes gilt aber, soweit sich die Anleger der Sieben-S-GbR (..) im Verfahren .. O ../14 vor dem Landgericht G. mit dem Sohn G. des Angeklagten am 26. September 2014 verglichen haben und dieser die Ansprüche aus dem Vergleich (bisher in Höhe von 36.400 €) erfüllt hat.

Nach § 73e StGB ist die (Wertersatz-)Einziehung ausgeschlossen, soweit der Schadensersatzanspruch des Geschädigten erloschen ist. Anders als in dem oben genannten Fall der Rechtsnachfolge (bloßen Gläubigerwechsels) führt neben der (vollständigen) Erfüllung durch den Täter auch ein (Teil-)Erlass durch einen Vergleich des Geschädigten mit dem Täter zum Ausschluss der Einziehung (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., Rn. 4 zu § 73e; Reitemeier/Koujouie, a. a. O., S. 10).

Nach Auffassung der Kammer gilt  dies auch dann, wenn - wie hier - nicht der angeklagte Täter selbst den Vergleich abschließt, sondern ein anderer Tatbeteiligter, auch wenn gegen diesen das Verfahren (bisher) nicht zur Anklage gelangt ist oder dieser nur zivilrechtlich für die Ansprüche der Geschädigten aus der Tat mithaftet.

Bei einem solchen Vergleich zur Abgeltung der Ansprüche der Geschädigten aus der Tat ist für die Annahme einer konkludenten Abtretung dieser Schadensersatzansprüche und damit eine Rechtsnachfolge in die Verletztenstellung kein Raum. Dies wird in dem Vergleich vom 26. September 2014 auch daran deutlich, dass dort die Erfüllung und gerade nicht die Abtretung von Ansprüchen vereinbart wurde; auf die vom Sohn des Angeklagten übernommene Zahlungsverpflichtung soll vielmehr (überwiegend) angerechnet werden, was die vorgenannten Geschädigten aus einem gesondert erwirkten Vollstreckungsbescheid gegen den Angeklagten selbst erlangen.

Der dem vergleichsschließenden Tatbeteiligten wohl zivilrechtlich gegen den angeklagten Täter zustehende, hier auch aufgrund der differenzierten Regelungen des vorgenannten Vergleichs nicht ganz einfach zu berechnende, Gesamtschuldnerausgleich ist außerhalb der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung geltend zu machen. Die Lösung eines solchen Binnenausgleichs zwischen Tatbeteiligten bzw. zumindest zivilrechtlich Mithaftenden ist nicht Sinn und Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung.

Mithin hat die Kammer den von P. geleisteten Teilbetrag bei der Bezifferung der Wertersatzeinziehung 36.400 € abgesetzt.

F. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.