Landgericht Hildesheim
Urt. v. 22.01.2018, Az.: 22 KLs 5433 Js 80623/15

Anstiftung zum Bankrott; Strafbare Verschärfung einer Liquiditätskrise; Untreue durch Auskehrung des Stammkapitals

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
22.01.2018
Aktenzeichen
22 KLs 5433 Js 80623/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74674
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 06.02.2019 - AZ: 3 StR 239/18

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Strafbare Bankrotthandlungen liegen auch vor, wenn Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit einer Handeslgesellschaft durch Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen beschleunigt wird, sofern diese Auszahlungen keine unmittelbaren Gegenleistungen gegenüberstehen.

  2. 2.

    Zentrales Kriterium ist hierbei die Frage, ob durch die Auszahlungen der Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen der später insolventen Gesellschaft deutlich erschwert wird.

  3. 3.

    Ein Kontobevollmächtigter ist der Untreue schuldig, wenn er die Auskehrung des Stammkapitals einer überschuldeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung veranlasst. Die Zustimmung der Gesellschafter ändert hieran nichts

In der Strafsache
gegen: B.,
..,
wegen Bankrott, Insolvenzverschleppung und Untreue
hat die Strafkammer 11 - 4. große Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Hildesheim auf Grund der vom 28. August 2017 (1. Hauptverhandlungstag) bis zum 22. Januar 2018 (24. Hauptverhandlungstag) andauernden Hauptverhandlung, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht Martin
als Vorsitzender
Richter am Landgericht Dr. Becker,
Richter am Landgericht Heinemann,
als beisitzende Richter
..,
..
als Schöffen
Erster Staatsanwalt Lassen,
Oberstaatsanwalt Kochheim,
Oberstaatsanwalt (HAL) Kukla
als Beamte der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt .., D.
und sein amtlich bestellter Vertreter, Assessor ..,
Rechtsanwalt .., D.
und sein amtlich bestellter Vertreter, Assessor ..,
Rechtsanwalt .., Mö.,
als Verteidiger
Justizhauptsekretärin Seller
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 22. Januar 2018 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte wird wegen Anstiftung zum Bankrott in 26 Fällen sowie wegen Untreue in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

A. Feststellungen

I. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse des Angeklagten

1. Der Angeklagte studierte nach einer abgeschlossenen Schlosserlehre später Rechtswissenschaften. Ende der 1980er Jahre wurde er als Rechtsanwalt zugelassen. Im vorliegenden Tatzeitraum (Herbst 2006 - Frühjahr 2007) war er als Rechtsanwalt in der ".. Rechtsanwaltsgesellschaft" mit Sitz in R. tätig.

Am 05.02.2003 widerrief die Rechtsanwaltskammer D. die Zulassung des Angeklagten zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls. Rechtskräftig wurde dieser Widerruf der Zulassung jedoch erst nach den hier abgeurteilten Taten (Beschluss des Bundesgerichtshofs, Senat für Anwaltssachen, vom 14.05.2007, Az.: AnwZ (B) 55/04).

Der auch heute weitgehend vermögenslose Angeklagte bezieht vom Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande No. monatlich Rente in Höhe von 929,33 €, nachdem ihm bescheinigt wurde, dass er gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, den Beruf des Rechtsanwaltes auszuüben.

Der Angeklagte ist in zweiter Ehe verheiratet. Er lebt jedoch von seiner Frau, mit der eine gemeinsame Tochter hat, getrennt. Weder dieser Tochter noch seinen beiden anderen Kindern aus erster Ehe ist der Angeklagte unterhaltsverpflichtet.

In den letzten Jahren lebte der Angeklagte teilweise in Frankreich, vor allem aber auf der spanischen Insel Mallorca. Dort befand er sich seit längerem bei dem Neurologen Dr. Ne. in fachärztlicher Behandlung. Der Angeklagte leidet unter einem vielschichtigen Krankheitsbild, primär aus dem Bereich der psychiatrischen Erkrankungen. Hinzu kommt ein nicht unerhebliches Tinitusleiden, welches die Konzentrationsfähigkeit des Angeklagten beeinträchtigt. Eine sich mehrere Stunden hinziehende intellektuelle Arbeit ist ihm nicht mehr möglich, zumal auch seine Erinnerungsfähigkeit in den letzten Jahren Einbußen erfahren hat. Von verschiedenen Ärzten ist dem Angeklagten zudem diagnostiziert worden, dass er unter Depressionen leide. Der vom Gericht zur Frage der Verhandlungsfähigkeit bestellte Sachverständige Dr. Dr. W. spricht davon, dass der Angeklagte ihm unliebsame Entscheidungen depressiv verarbeitet. Eine (eingeschränkte) Verhandlungsfähigkeit ist aber gegeben.

Zur Abklärung der Verhandlungsfähigkeit ist das Verfahren gegen den Angeklagten von dem Ursprungsverfahren 22 KLs 5544 Js 49003/07 abgetrennt worden (s. i. E. unter D. IV. 4).

2. Der Angeklagte ist einmal - nach den hier abgeurteilten Taten - strafrechtlich in Erscheinung getreten. Das Amtsgericht D. verurteilte ihn am 29.10.2013 im Verfahren 116 Cs 120 Js 1174/13 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 12 € wegen Steuerhinterziehung. Die Geldstrafe ist inzwischen vollständig vollstreckt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte bei seiner Einkommensteuererklärung für 2006 Einkünfte aus der vorgenannten Rechtsanwaltsgesellschaft nicht angegeben hatte.

II. Feststellungen zur Sache

Gegenstand der Verurteilung ist die Beteiligung des Angeklagten an dem Beiseiteschaffen von insgesamt gut 500.000 € aus dem Vermögen von zwei ohnehin nicht profitabel arbeitenden Logistik-GmbH & Co. KGs und deren Komplementär-GmbHs.

1. Vor- und Firmengeschichte

a) Der große Logistikkonzern A. unterhielt bis Anfang 2006 unter anderem in der W., Kreis H., Ko., Kreis L., W. und S., Kreis We., unselbstständige Betriebsstätten, in denen Stückgutsendungen eingesammelt und zu Frachtaufträgen für den Fernspeditionsverkehr zusammengestellt wurden. Die Speditionsleistungen erfolgten durch selbstständige Subunternehmer; die eigenen Mitarbeiter erbrachten hingegen die Dispositions- und Umschlagsleistungen.

Vermutlich aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit dieser Betriebsstätten veräußerte A. zum 1. Mai 2006 ihren Geschäftsbetrieb. Den Geschäftsbetrieb der Betriebsstätte W. erwarb die D. H. GmbH & Co KG, den Geschäftsbetrieb der Betriebsstätte Ko. die D. Ko. GmbH & Co. KG.

Diese beiden Gesellschaften waren ebenso wie ihre jeweilige Komplementär-GmbH (D. H. Verwaltung GmbH beziehungsweise D. Ko. Verwaltung GmbH) Anfang 2006 zunächst mit anderem Namen als Vorratsgesellschaften gegründet worden. Das Stammkapital beider Komplementär-Gesellschaften und die Kommanditeinlage der Betriebs-GmbH & Co. KGen hielt ab Mai 2006 - über die zwischengeschaltete Holdinggesellschaft .. D. Holding GmbH - zunächst ein Familienkonzern aus dem Raum München.

Obschon die D. H. GmbH & Co. KG mit der vorherigen Betriebsstätte W. einen funktionsfähigen Geschäftsbetrieb mit festem Kundenstamm übernahm, erzielte sie von Anfang an nur Verluste. Diese lagen in den Monaten Mai bis Oktober 2006 in einer Größenordnung von jeweils über 100.000 €. Die monatlichen Umsatzerlöse deckten regelmäßig die Materialkosten, aber nie die Personalkosten.

Auch die D. Ko. GmbH & Co. KG arbeitete nie profitabel.

b) Mit jeweils gesonderten Anteilsverkaufs- und abtretungsverträgen vom 27. Oktober 2006 veräußerte die D. Holding GmbH die Kommanditanteile der D. H. GmbH & Co. KG und der D. Ko. GmbH & Co. KG sowie die Stammeinlagen an der D. H. Verwaltung GmbH und der D. Ko. Verwaltung GmbH an die später als C. M. AG - im Folgenden C. M. - firmierende Z. Vermögensverwaltungs AG. Hierbei handelt es sich um eine im Handelsregister des Kantons Z. eingetragene Aktiengesellschaft Schweizer Rechts.

Alle Aktien der späteren C. M. die über kein eigenes Vermögen und nur über einen Schweizer Revisor in Z. über eine Anschrift verfügte, hatte zeitgleich für insgesamt 75.000 € G. W. erworben.

Diesen hat die erkennende Wirtschaftsstrafkammer mit Urteil vom 9. November 2015 (Az.: 22 KLs 5544 Js 49003/07) wegen Beihilfe zu 42 Fällen des Bankrotts sowie wegen Beihilfe zu zwei Fällen der Untreue in Tateinheit mit Bankrott zu einer, zur Bewährung ausgesetzten, Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. G. W.' Revision gegen dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 28. Juni 2016 (Az.: 3 StR 66/16) als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte firmierte jedenfalls ab Januar 2007 in Schriftsätzen als alleiniger Direktor der C. M., - vergleichbar dem (Allein-)Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft. Erst am 1. Oktober 2007 erfolgte seine entsprechende Eintragung im Handelsregister des Kantons Z.

Die Veräußerungen der Anteile an den D.-Gesellschaften erfolgten formal zu einem symbolischen Kaufpreis von jeweils 1 €. Die Verkäuferin verpflichtete sich aber zugleich zur Leistung erheblicher Restrukturierungsbeiträge (175.000 € in drei Raten bei der D. H. GmbH & Co. KG und 50.000 € in drei Raten bei der D. Ko. GmbH & Co KG) sowie zum vollständigen Ausgleich bestehender Kreditlinien bei der C-bank in Höhe von 700.000 € (D. H.) und 1.000.000 € (D. Ko.).

Ferner ist in den (KG-)Anteilskaufverträgen ausdrücklich festgestellt, dass der (späteren) C. M. die wirtschaftliche Situation der erworbenen Gesellschaften genau bekannt sei.

G. W. ließ den inzwischen verstorbenen früheren Mitangeschuldigten H. W. zum Geschäftsführer der übernommenen D. H. Verwaltung und D. Ko. Verwaltung GmbH bestellen.

Der Angeklagte wurde von G. W. Ende Oktober 2006 zunächst zur Rechtsberatung für die C. M. beziehungsweise die übernommenen D.-Gesellschaften mandatiert. Er erhielt aber auch Vollmacht für die Konten aller übernommenen D.-Gesellschaften und beschränkte sich nicht auf eine rechtsberatende Tätigkeit, sondern nahm erheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung, zeichnete unter anderem Zahlungsanweisungen von H. W. gegen und erteilte selbst auch Einzelanweisungen im Zahlungsverkehr, etwa an die Buchhalterin I.

Der Angeklagte rechnete unter dem Briefkopf seiner Anwaltskanzlei verschiedene anwaltliche Tätigkeiten für die D.-Gesellschaften diesen gegenüber ab. Diese detaillierten und durchaus in regelmäßigen Abständen an die einzelnen D.-Gesellschaften verschickten Rechnungen wurden von den Gesellschaften zeitnah beglichen.

Es ist nicht auszuschließen, dass G. W., H. W. und der Angeklagte ursprünglich die Hoffnung hatten, dass die übernommenen D.-Gesellschaften möglicherweise ertragreich fortgeführt werden konnten.

Spätestens kurz vor den ersten hier abgeurteilten Taten wurde aber auch dem Angeklagten bewusst, dass diese Hoffnung nicht begründet war und die Gesellschaften weiterhin Verluste schreiben würden. Er entschloss sich dennoch, sich an der möglichst langen Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs zu beteiligen, um auch selbst von den zugesagten Restrukturierungsmitteln und weiteren Vermögenswerten der übernommenen Gesellschaften zu profitieren.

2. Taten 1. - 26. Überweisungen der D. H. und D. Ko. GmbH & Co. KG (Fälle 1 bis 26 der Anklageschrift vom 4. Mai 2011 - 22 KLs 5433 Js 104797/10 - sowie Fälle 1 bis 15 und 17 der Anklageschrift vom 22. September 2010 - 22 KLs 5544 Js 49003/07)

a) Taten 1. - 25. Überweisungen an die P.

Ab Anfang November 2006 wurden auf gemeinsame Veranlassung des Angeklagten und H. W.' gemäß entsprechenden Rechnungen die nachfolgenden 40 Zahlungen von Geschäftskonten der D. H. GmbH & Co. KG und der D. Ko. GmbH & Co. KG auf ein bei der Sparkasse A. geführtes Girokonto der P. gesellschaft mbH - im Folgenden P. - ohne Rechtsgrund oder Gegenleistung getätigt:

TatP.-RechnungsnummerDatumBetragzahlende D. GmbH & Co. KG
1200611300103.11.200681.200 €Ko.
1200611300403.11.200681.200 €H.
2200611300909.11.200634.800 €H.
2200611301209.11.200634.800 €Ko.
3200611301317.11.200634.800 €Ko.
3200611301617.11.200634.800 €H.
4200611301725.11.200634.800 €H.
4200611302025.11.200634.800 €Ko.
5200611302213.12.20065.800 €Ko.
5200611302413.12.20065.800 €H.
6200611302515.12.20065.800 €H.
6200611302615.12.20065.800 €Ko.
7200611302920.12.20065.800 €H.
7200611303120.12.20065.800 €Ko.
8200611303328.12.20065.800 €H.
8200611303528.12.20065.800 €Ko.
92007000102.01.20075.950 €H.
92007000202.01.20075.950 €Ko.
92007000502.01.200711.600 €H.
102007000610.01.20075.950 €H.
102007000710.01.20075.950 €Ko.
112007000617.01.20075.950 €H.
112007000917.01.20075.950 €Ko.
1220070001324.01.20075.950 €H.
1220070001524.01.20075.950 €Ko.
1320070001801.02.20075.950 €Ko.
1420070002106.02.20075.950 €H.
1420070002206.02.20075.950 €Ko.
1520070002916.02.20075.950 €Ko.
1620070003221.02.20075.950 €H.
1620070003521.02.20075.950 €Ko.
1720070003802.03.20075.950 €Ko.
1820070003908.03.20075.950 €Ko.
1920070004415.03.20075.950 €Ko.
2020070004723.03.20075.950 €Ko.
2120070005030.03.20075.950 €Ko.
2220070005303.04.20075.950 €Ko.
2320070005612.04.20075.950 €Ko.
2420070005919.04.20075.950 €Ko.
2520070006224.04.20075.950 €Ko.

b) Tat 26. (Fall 26. der Anklage 5433 Js 104797/10)

Am 06.11.2006 sorgte der Angeklagte unter H. W.' Mitwirkung dafür, dass ohne Rechtsgrund eine Zahlung in Höhe von 46.980 € von dem Geschäftskonto der Firma D. Ko. GmbH & Co. KG auf das Geschäftskonto der G. GmbH & Co. KG (s. u. d) mit der Kontonummer .. bei der P-bank erfolgte.

Eine dieser Überweisung zugrunde liegende Leistung oder wenigstens eine Rechnung der G. gibt es nicht, sondern nur eine weiteren Rechnung der P. über den Überweisungsbetrag (Rechnungsnummer 2006113006).

c) Insgesamt handelt es sich in Bezug auf die D. H. GmbH & Co. KG um 174.900 € und bezüglich der D. Ko. GmbH & Co. KG um 275.730 €.

Weitere insgesamt 637.900 € flossen in gleicher Weise von den - ebenso von der C. M. übernommenen - Gesellschaften D. W. GmbH & Co. KG und D. S. GmbH & Co. KG an die P. Die entsprechenden Überweisungen erfolgten auf die Rechnungen, deren (fortlaufende) Nummern in der oben genannten Aufstellung fehlen.

Insofern sind nach § 154a Abs. 2 StPO, soweit die Überweisungen der D. W. und S. jeweils zeitgleich zu den vorgenannten erfolgten, im Übrigen gemäß § 154 Abs. 2 StPO Verfahrensbeschränkungen vorgenommen worden (siehe hierzu i. E. unten C.IV.).

d) Wie gerade dem Angeklagten bewusst war, unterhielt die P. keinen Geschäftsbetrieb und erbrachte entgegen dem Text der vorgenannten Rechnungen keine (Beratungs-) Leistungen. Die P. wurde vielmehr als reine Abrechnungsgesellschaft von ihm genutzt. Alleinige Gesellschafterin war die N. Limited, deren director wiederum der Angeklagte war.

Eingetragener Geschäftsführer der P. war I. K. Er war für das Konto der P. bei der Sparkasse A. allein zeichnungsberechtigt. Seine Tätigkeit erschöpfte sich darin, auf Anweisung des Angeklagten die auf dem Konto der P. eingehenden Zahlungen an Dritte weiter zu überweisen, dem Angeklagten und H. W. vom Konto der P. bar abgehobene Geldbeträge zu übergeben sowie der Angestellten des Angeklagten, N. B., Kontoauszüge zu übermitteln. Die vorgenannten Rechnungen der P. sind auch im Rechtsanwaltsbüro des Angeklagten verfasst worden.

I. K. hatte sich zu dieser, ihm nicht vergüteten, Tätigkeit vor dem Hintergrund bereit erklärt, dass er umfangreiche Rechtsanwaltsgebühren des Angeklagten aus den 90er Jahren (etwa 60.000 DM) nicht hatte bezahlen können.

Im Einzelnen erhielten die nachfolgenden Empfänger über die P. Gelder der D.-Gesellschaften:

NameGesamtbetrag
C. M.275.124,00 €
M. C. GmbH & Co. KG195.600,56 €
G. W.25.000,00 €
U&S .. GmbH & Co. KG, Geschäftsführer der Komplementär-GmbH: H. W.94.000,00 €
Der Angeklagte und Angehörige85.981,31 €
N. Ltd., director der Angeklagte123.470,00 €
FHB . Ltd., verfügungsberechtigt der Angeklagte5.568,00 €
G. GmbH & Co. KG, Komplementärin G. C. GmbH29.000,00 €
G. C. GmbH, Geschäftsführer T. K.10.000,00 €
T. K. persönlich45.000,00 €
C. Wohn und Gewerbebau GmbH, Geschäftsführer D. B.50.500,00 €
E. M.52.951,85 €
L. P. F. GmbH69.162,18 €
P. Z.5.000,00 €

Auch diesen (Weiter-)Zahlungen lagen überwiegend keine wirtschaftlichen Leistungen zu Grunde:

Einer der beiden Kommanditisten der G. GmbH & Co. KG war die N. Ltd., der andere Kommanditist der weitere Zahlungsempfänger T. K. Der an ihn direkt geflossene Betrag diente der Rückzahlung eines Darlehens, das T. K. über den Angeklagten G. W. zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises der Aktien der C. M. zur Verfügung gestellt hatte. Den Verbleib der Zahlungen an die C. M. selbst hat die Kammer nicht aufklären können.

Der C. Wohn und Gewerbebau-Geschäftsführer D. B. war zur Tatzeit als Rechtsanwalt neben dem Angeklagten an der .. Rechtsanwaltsgesellschaft beteiligt.

Anhaltspunkte dafür, dass die vorgenannten Gesellschaften Leistungen für die D.-Gesellschaften erbracht haben könnten, gibt es nicht.

H. W. erhielt für seine Geschäftsführungstätigkeiten monatlich 5.000 € von der D. W. GmbH & Co. KG; diese Zahlungen sollten zwischen den vier übernommenen D.-KGen verrechnet werden. Die oben genannten (weiteren) Zahlungen an die U&S .. GmbH & Co. KG betrachte H. W. als zusätzliche Gehaltszahlungen; eine (förmliche) Vereinbarung zwischen ihm und den D.-Gesellschaften gab es dazu nicht.

E. M. hingegen erbrachte über ihre Kommunikationsagentur .. Analyse- und Coachingleistungen für die D.-Gesellschaften.

Die L. P. F. GmbH hatte nach Ausscheiden des vorherigen Betriebsleiters für einige Monate zwei Logistikfachleute als Berater (K.) beziehungsweise (N.) als kommissarischen Betriebsleiter der D. H. GmbH & Co. KG gestellt. Die entsprechenden Vereinbarungen hatte G. W. vermittelt; auf dessen Wunsch rechnete die L. P. F. GmbH die Personalgestellung gegenüber der P. und nicht direkt gegenüber der D. H. GmbH & Co. KG ab.

P. Z. war für Anfang 2007 pro forma zum Geschäftsführer der D. W. und D. S. Verwaltung GmbH bestellt worden. Hierfür erhielt er die oben genannte, von ihm auch abgerechnete, (Einmal-)Zahlung.

Auch G. W. war in gewissem Umfang im IT-Bereich - insbesondere der Betreuung und Umstrukturierung der EDV-gestützten Buchhaltung - tatsächlich für die D.-Gesellschaften tätig. Diese Tätigkeiten G. W.', ferner die Bereitstellung von Sekretariats- und Aquiseleistungen rechnete die M. C. GmbH & Co. KG gegenüber der P. ab. Ferner übernahm die P. einmal die Gehaltszahlungen für die Angestellten der M. C. GmbH & Co. KG, ohne dass diese Zahlungen später erstattet oder verrechnet wurden.

G. W. war weder eingetragener Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der M. C. GmbH & Co. KG noch bei ihr angestellt. Er war aber der einzige Kontobevollmächtigte und entnahm aus den dort eingehenden Überweisungen nicht unerhebliche Beträge von bis zu 5.000 € monatlich als Vergütung für seine vorgenannten Tätigkeiten.

e) Spätestens Mitte 2008 war die P. selbst vermögenslos.

Nach den letzten Zahlungen der D. W. GmbH & Co. KG und der D. S. GmbH & Co. KG an die P. am 16. Mai 2007 wies deren Sparkassenkonto ein Guthaben von 103.155 € auf. Auf Drängen I. K.s, der die Geschäftsführerstellung nicht mehr innehaben wollte, verlegte die P. kurz danach ihren Sitz von seiner Wohnanschrift in .. nach B. H. (Kreis Nw.).

Das Guthaben auf dem Sparkassenkonto sank bis zum 2. November 2007 auf 2,37 €. Mitte April 2008 wurde das Konto endgültig aufgelöst.

f) Durch die von dem Angeklagten und H. W. veranlassten Zahlungen an die P. verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der von der C. M. erworbenen D.-Gesellschaften, die sich ohnehin schon in der Krise befanden, weiter, so dass die Gesellschaften nach kurzer Zeit überschuldet waren und sodann auch zahlungsunfähig wurden. Dies war auch dem Angeklagten bewusst.

Die Zahlungen an die P. waren nur unter Verwendung der im November und Dezember 2006 von der D. Holding gezahlten Restrukturierungbeträge und unter - zunehmender - Zurückstellung anderer fälliger Zahlungsverpflichtungen möglich, vor allem gegenüber den Subunternehmern (Spediteuren) der D.-Gesellschaften.

aa) Im November 2006 erwirtschaftete die D. H. GmbH & Co. KG ein negatives Betriebsergebnis von knapp ./. 200 T€ ohne Berücksichtigung der Überweisungen an P.

Im Ergebnis standen zum 30. November 2006 einem Vermögen von 1,2 Millionen € (Betriebs- und Geschäftsausstattung 345 €, Forderungen aus Lieferung und Leistung 326.666 €, sonstige Vermögensgegenstände einschließlich der überwiegend noch nicht erfüllten vereinbarten Restrukturierungs- und Ausgleichsansprüche 871.400 €, Kassenbestand & Guthaben bei Kreditinstituten 2.276,58 €) Schulden in Höhe von 1.249.000 € gegenüber (91.692 € Rückstellungen, u. a. für Pensionsverpflichtungen, 877.332 € Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, 280.647 € Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung/sonstige Verbindlichkeiten).

Einen Monat zuvor hatte das Vermögen mit 1.383.000 € noch die Schulden von 1,01 Millionen € rechnerisch abgedeckt. Bilanzielle Überschuldung war bereits eingetreten.

Zum 31. Dezember 2006 reduzierte sich das Vermögen nach weitgehender Erfüllung und Verbrauch der Restrukturierungs- und Ausgleichsansprüche weiter auf 211.602 € (Betriebs- und Geschäftsausstattung 284 €, Forderungen aus Lieferung und Leistung 26.751 €, sonstige Vermögensgegenstände 137.031 €, Kassenbestand & Guthaben bei Kreditinstituten 47.535,26 €); die Schulden betrugen 610.948,67 € (96.419 € Rückstellungen, 52.880 € Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, 365.545 € Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung/sonstige Verbindlichkeiten, 47.000 € Eventualverbindlichkeiten aus Avalen, 49.103 € passive Rechnungsabgrenzungsposten).

Im Dezember 2006 wurde die Gesellschaft zahlungsunfähig.

Schon die nunmehr fälligen Verbindlichkeiten von 227.014 € überstiegen den nur noch vorhandenen geringen Kassenbestand um ein Vielfaches. Bis auf die Zahlungen an P. leistete die Gesellschaft - wenn überhaupt - nur noch á-conto-Zahlungen.

bb) Bei der D. Ko. GmbH & Co. KG standen zum 30. November 2006 einem Vermögen von 1.279.019,80 € (Betriebs- und Geschäftsausstattung 208 €, Forderungen aus Lieferung und Leistung 141.823 €, sonstige Vermögensgegenstände einschließlich der überwiegend noch nicht erfüllten vereinbarten Restrukturierungs- und Ausgleichsansprüche 1.135.728 €, Kassenbestand & Guthaben bei Kreditinstituten 942,89 €, aktive Rechnungsabgrenzungsposten 318 €) Schulden in Höhe von 1.561.467 € gegenüber (162.723 € Rückstellungen, u. a. für Pensionsverpflichtungen, 960.052 € Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, 438.692 € Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung/sonstige Verbindlichkeiten).

Einen Monat zuvor hatte das Vermögen mit 1.195.522 € noch die Schulden von 1.147.734 € rechnerisch abgedeckt. Bilanzielle Überschuldung war bereits eingetreten.

Anfang 2007 war auch die D. Ko. GmbH & Co. KG zahlungsunfähig.

cc) Erst mit Schreiben vom 15. Februar 2007 stellte H. W. für die D. H. GmbH & Co. KG Insolvenzantrag, weswegen ab März 2007 von dieser Gesellschaft keine Zahlungen an die P. mehr erfolgten. Für die D. Ko. GmbH & Co. KG erfolgte die Antragsstellung erst mit Schreiben vom 17. April 2007.

Das Amtsgericht H. (908 IN 163/07) eröffnete am 21. März 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. H. GmbH & Co. KG und das Amtsgericht L. (1 IN 142/07) am 1. Juni 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. Ko. GmbH & Co. KG.

3. Auskehrung des Stammkapitals der D. H. und D. Ko. Verwaltung GmbH (Fall 19 der Anklage vom 22.09.2010 (Az.: 22 KLs 5544 Js 49003/07) und Fall 28 der Anklage vom 19.11.2010 (Az.: 22 KLs 5544 Js 66206/10)

Auch die Komplementär-GmbHs waren - wie auch der Angeklagte wusste - schon im Hinblick auf ihre jeweilige uneingeschränkte Mithaftung (§§ 161, 128 HGB) für die Verbindlichkeiten der D. H. bzw. Ko. GmbH & Co. KG - zum gleichen Zeitpunkt wie die KGs überschuldet und zugleich zahlungsunfähig. An Vermögen verfügten sie im Wesentlichen nur über das eingezahlte Stammkapital von jeweils 25.000 €. Diese Beträge - abzüglich der Gründungskosten - wurden als (einziges) Guthaben jeweils auf einem bei der M. Bank in M. geführten Girokonto verwahrt.

Der Angeklagte war von H. W. auch für diese Girokonten bevollmächtigt worden. Er wies - jedenfalls mit Kenntnis von G. W. - die M. Bank mit einem Schreiben am 13. Februar 2007 erfolgreich an, jeweils 20.000 € von den dort geführten Konten der D. H. Verwaltung GmbH und der D. Ko. Verwaltung GmbH auf ein Schweizer Konto der C. M. zu überweisen.

Der Angeklagte wusste, dass diesen Überweisungen keine Gegenleistungen der C. M. zugrunde lagen. Wem das Geld im Einzelnen zugutekam, ließ sich nicht aufklären.

Über das Vermögen der D. H. Verwaltung GmbH eröffnete das Amtsgericht H. (908 IN 164/07) am 21. März 2007 das Insolvenzverfahren und das Amtsgericht L. (1 IN 143/07) am 26. Juli 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. Ko. Verwaltung GmbH.

B. Grundlage der Feststellungen

I. Die Feststellungen zum Werdegang und den wirtschaftlichen Verhältnissen (A I) beruhen auf den verlesenen Urkunden (wie etwa dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14.05.2007 und dem Rentenbescheid des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in No.), den Angaben I. K.s, sowie auf den Angaben des Sachverständigen Dr. Dr. W. zur Anamnese des Angeklagten.

Die Feststellungen zu der Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht D. beruhen auf der in der Hauptverhandlung verlesenen Auskunft des Bundesamts für Justiz vom 09.10.2017 und dem gleichfalls verlesenen amtsgerichtlichen Urteil nebst dem (Vollstreckungs-)Kontoauszug der Staatsanwaltschaft D., aus dem sich die vollständige Zahlung der Geldstrafe in Raten ergibt.

II. Feststellungen zur Sache (A II)

1. Der Angeklagte hat sich im Wesentlichen nicht zur Sache eingelassen. Er hat nur den Inhalt eines Telefonats mit dem verstorbenen früheren Mitangeschuldigten H. W. am 20. August 2009 geschildert, der dort erklärt habe, dass er ihn (den Angeklagten) "fertig gemacht" habe, weil dieser ihn (H. W.) hintergangen habe.

In seinem letzten Wort hat der Angeklagte hervorgehoben, nur legal rechtsberatend tätig gewesen zu sein; er sei kein Fachmann für Insolvenzrecht. In einer in der Hauptverhandlung verlesenen E-Mail an den Kammervorsitzenden vom 8. Dezember 2017 hatte er eine Tatbeteiligung pauschal in Abrede genommen.

2. Zu den Feststellungen unter A.II. ist die Kammer aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung, maßgeblich aufgrund der verlesenen Urkunden, gelangt.

a) Gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO sind die Protokolle über die polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen des verstorbenen H. W. verlesen worden. Dieser hat erklärt, dass die Insolvenz der D.-Gesellschaften nicht von Anfang an beabsichtigt gewesen sei, er selbst Geschäftsführer geworden sei, G. W. Tätigkeiten im Bereich der EDV und der Buchhaltung ausgeführt und E. M. Beratungsleistungen erbracht habe. H. W. hat nach seinen protokollierten Aussagen auch eingeräumt, dass er neben dem von der D. W. gezahlten Gehalt über die P. und seine eigene Gesellschaft U & S . GmbH & Co. KG weitere - mit den D. Gesellschaften so bewusst nicht vereinbarte - erhebliche Zahlungen bekommen habe; im Ergebnis 15.000 €/Monat.

Auch hat er von einem maßgeblichen Einfluss des Angeklagten auf die Geschäftsführung der übernommenen D.-Gesellschaften und dessen Stellung als Verantwortlicher der C. M. berichtet.

H. W. hat auch eingeräumt, dass jedenfalls Ende 2006 die übernommenen Gesellschaften überschuldet und später zahlungsunfähig gewesen seien, wobei ihre Liquidität von Anfang an schlecht gewesen sei und sich diese durch die Zahlungen an P. - für die der Angeklagte verantwortlich gewesen sei - weiter verschlechtert habe und darüber hinaus die Rechnungen der P. in der Anwaltskanzlei des Angeklagten verfasst worden seien.

Entsprechende Textdateien mit P.-Rechnungen sind auch im EDV-System der Anwaltskanzlei am 5. Februar 2009 bei deren Durchsuchung aufgefunden worden, wie sich aus dem diesbezüglichen, in der Hauptverhandlung verlesenen, polizeilichen Durchsuchungsbericht ergibt.

H. W. hat sich ferner dahingehend eingelassen, dass es keine Gegenleistung der C. M. für die vom Angeklagten veranlasste Überweisung des Stammkapitals der Komplementär-GmbHs gegeben habe. Entsprechend lässt sich auch die Aussage des Zeugen G. W. interpretieren, der schilderte, dass man (nur) überlegt habe, wie man das Stammkapital der Komplementär-GmbHs nutzen könne (s. a. unter f).

Soweit H. W. hingegen die Stellung von G. W. und dem Angeklagten bei den übernommenen Gesellschaften als gleichrangig und ihm selbst übergeordnet beschrieben hat, geht die Kammer davon aus, dass er hier die beiden unberechtigt zu stark belastet hat, um seine eigene Rolle zu relativieren, zumal er sich - warum auch immer - von dem Angeklagten wohl hintergangen fühlte. Deswegen dürfte H. W. wohl auch behauptet haben, auf Veranlassung des Angeklagten (und nicht von G. W.) zum Geschäftsführer der D.-Gesellschaften bestellt worden zu sein.

Diese Einschätzung deckt sich mit der Schilderung des Angeklagten zu dem Telefonat mit H. W. nach dessen Beschuldigtenvernehmung, den entsprechenden Angaben der Zeugen G. W. und L. Letzterer hatte als Chauffeur für H. W. gearbeitet. Auch die Zeugen N. und K. haben bekundet, dass H. W. die Aufgabe als Geschäftsführer der D.-Gesellschaften durchaus selbst wahrgenommen habe; ähnlich lassen sich die gleichfalls gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO verlesenen Angaben des verstorbenen H. E. W., der einige Monate als Betriebsleiter der D. Ko. GmbH & Co. KG tätig war, verstehen.

Hieraus folgt aber nicht, dass den übrigen Aussagen H. W.' nicht gefolgt werden dürfte. Diese durchaus schlüssigen Angaben werden - wie dargelegt - weitgehend durch andere Beweismittel bestätigt.

b) Der als Zeuge vernommene I. K. hat seine Tätigkeiten als Geschäftsführer der P. und seine diesbezügliche Motivation so wie festgestellt beschrieben (A II 2 d), insbesondere - auf Vorhalt entsprechender Rechnungen - erklärt, dass er die Rechnungen nicht verfasst habe, sondern sie aus dem Büro des Angeklagten stammen dürften, das auch die Buchhaltung der P. erledigt habe. Seine Aufgabe habe sich im Wesentlichen im Ausführen der Überweisungen erschöpft, die ihm vom Angeklagten aufgetragen worden seien. Eigene Entscheidungen habe er nie getroffen. Zur eigenständigen Führung einer Beratungsgesellschaft, als welche ihm die P. vom Angeklagten vorgestellt worden sei, sei er schon aufgrund fehlender entsprechender Ausbildung nicht in der Lage.

I. K. hat auch ausgesagt, dass er Mitte 2007 die "Geschäftsführung" der P. niedergelegt und auf die Sitzverlegung weg von seiner Wohnanschrift gedrungen habe. Ihm sei die Sache zunehmend fragwürdig vorgekommen; er sei in einem späteren Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Insolvenzverschleppung bezüglich der P. freigesprochen worden, weil festgestellt worden sei, dass er ab Mitte 2007 für die Gesellschaft nicht mehr verantwortlich gewesen sei.

Die Kammer hat keinen Anlass, dieser Aussage nicht zu folgen.

Sie wird in weiten Teilen durch im Wege des Verlesens eingeführte Urkunden (Ausdrucke von E-Mails mit Überweisungs- und Auszahlungsanforderungen des Angeklagten an I. K., bei der vorgenannten Durchsuchung am 5. Februar 2009 auf dem Schreibtisch des Angeklagten in seiner Anwaltskanzlei aufgefundenes, in der Hauptverhandlung verlesenes Schreiben I. K.s, mit dem er eine Aufstellung der - praktisch nur aus den Zahlungen der D.-Gesellschaften bestehenden Eingänge auf dem Sparkassenkonto der P. und der Weiterverteilung dieser Eingangszahlungen übersandte, E-Mail-Korrespondenz I. K.s mit N. B. zu Kontoauszügen und anderen Unterlagen der P., sowie die Kontoverdichtungen des Girokontos der P. bei der Sparkasse A.) bestätigt.

Aus diesen Urkunden, vor allen den Zahlungsaufforderungen und den E-Mails teilweise angehängten Rechnungen, ergibt sich auch, dass der Angeklagte gemeinsam mit dem Rechtsanwalt D. B. die ..Rechtsanwaltsgesellschaft unterhielt. Für diese Anwaltskanzlei war ausweislich verschiedener verlesener Rechnungsschreiben allein Rechtsanwalt D. B. Kontoinhaber. Zudem ergibt sich aus den vorgenannten Urkunden, dass der Angeklagte erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gehabt haben dürfte.

Äußerst markant ist, dass der Angeklagte immer wieder in E-Mails an I. K. die Aushändigung von fünfstelligen Bargeldbeträgen forderte. Genauso ließ er beispielsweise seinem Sohn 2.500 € überweisen und reichte Rechnungen über PKW-Leasingraten und Reparaturen - auch am Fahrzeug seiner Ehefrau - an I. K. zur Bezahlung über das P.-Konto weiter. Sämtliche dieser Posten tauchen in den offiziellen, detaillierten Rechnungen, die der Angeklagte unter seinem Anwaltsbriefkopf an die D.-Gesellschaften sandte, nicht auf.

Dass die P. keinen eigenen Geschäftsbetrieb als Beratungsgesellschaft unterhielt, sondern nur als "Abrechnungsgesellschaft" genutzt wurde, haben auch die Zeugen G. W. und K. bekundet. Der verstorbene H. E. W. hat sich in seiner verlesenen polizeilichen Zeugenvernehmung in ähnlicher Weise dahin gehend geäußert, dass die P. die Sache H. W.' und des Angeklagten gewesen sei und es von Anfang an aufgefallen sei, dass die hohen Rechnungen der P. abgebucht worden seien.

Auch I. K.s Bekundungen zur weiteren Entwicklung der P. (A II 2 e) lassen sich aus den verlesenen Urkunden (weitere Kontoverdichtungen, Handelsregisterauszug, Löschungsantrag des Finanzamts Ge. vom 18. Juni 2008) nachvollziehen.

c) Die Feststellungen zur Vor- und Firmengeschichte ergeben sich aus verlesenen Handelsregisterauszügen und den Darstellungen der Firmenentwicklung in den gleichfalls so eingeführten Anteilskaufverträgen vom 27. Oktober 2006 (A II 1 a). Anhand der letztgenannten Unterlagen hat die Kammer auch den genauen Inhalt der Veräußerungsverträge festgestellt (A II 1 b).

Das mutmaßliche Veräußerungsmotiv und die genaue wirtschaftliche Entwicklung der D. H. GmbH & Co. KG ergeben sich aus dem in der Hauptverhandlung erstatteten betriebswirtschaftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Kfm. A., Wirtschaftsreferent bei der Staatsanwaltschaft Hannover - Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen.

Die Kammer konnte die entsprechenden, auch von keinem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogenen, Ausführungen gut nachvollziehen. Auch die in den Veräußerungsverträgen vereinbarten Restrukturierungs- und Ausgleichsbeiträge sprechen für ein entsprechendes Veräußerungsmotiv und für eine schlechte wirtschaftliche Lage der übernommenen D.-Gesellschaften.

G. W.' Erwerb der Aktien der C. M. für 75.000 € und deren organschaftliche Verhältnisse (A II 1 b) ergeben sich aus seiner Zeugenaussage und zudem aus den verlesenen Unterlagen (Kaufvertrag, Urkunde zur Bestellung des Revisors .., Belege zur Bareinzahlung des Kaufpreises durch G. W., Handelsregisterauszüge des Kantons Z. für die C. M.). G. W. hat auch eingeräumt, dass er - und nicht etwa der Angeklagte - für die Bestellung von H. W. zum Geschäftsführer der D.-Komplementär-GmbHs verantwortlich gewesen sei; sein Steuerberater habe H. W. gekannt und vorgeschlagen.

Dass der Angeklagte spätestens ab Januar 2007 regelmäßig als Direktor der C. M. auftrat, folgt aus mehreren verlesenen E-Mails, in denen er sich so bezeichnet. Zudem hat der verstorbene H E. W. in seiner verlesenen polizeilichen Aussage bekundet, dass sich der Angeklagte als Verantwortlicher der C. M. vorgestellt habe; entsprechend hatte sich H. W. in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung geäußert.

d) Anhand der im verlesenen, fortlaufend durchnummerierten, P.-Rechnungen und der Kontoverdichtungen über das Sparkassenkonto der P. sowie den ergänzend verlesenen Buchungsbelegen hat die Kammer die einzelnen Zahlungen feststellen können (A II 2 a +b). Auch die Bevollmächtigung des Angeklagten für die - bei der C-bank in M. geführten - Geschäftskonten der D. H. GmbH & Co. KG und der D. Ko. GmbH & Co. KG ergibt sich aus den verlesenen Vollmachtsurkunden.

Die einzelnen Feststellungen zur Weiterverteilung dieser Geldbeträge (A II 2 d) folgen aus den verlesenen Kontoverdichtungen des Sparkassenkontos der P., der bereits erwähnten E-Mail-Korrespondenz des Angeklagten mit I. K. und den - ebenfalls verlesenen - Handelsregisterauszügen und gesellschaftsvertraglichen Urkunden der Zahlungsempfänger, soweit es sich hierbei um juristische Personen und Handelsgesellschaften handelt. Auch die Rechnungen von E. M., der M. C. GmbH & Co. KG und der L. P. F. GmbH - nebst intensiver E-Mail-Korrespondenz ihres Geschäftsführers und weiterer Mitarbeiter mit G. W. - sowie die Abrechnung P. Z.' sind verlesen worden. Zu den Rechnungen der L. P. F. GmbH konnte auch deren Angestellte K. und N. entsprechende Angaben machen.

Neben den Angaben G. W.' ergibt sich aus diesen Rechnungen und diversen E-Mails, die E. M. beziehungsweise G. W. mit H. W. und dem Angeklagten sowie Betriebsleitern und anderen Mitarbeitern der übernommenen D.-Gesellschaften austauschten, dass (nur) insoweit tatsächlich in einem nicht näher aufgeklärten Umfang Leistungen für die D.-Gesellschaften erbracht wurden.

e) Zur Frage der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der beiden D.-Gesellschaften (A II 2 f) sind die von dem für die Gesellschaften beratend tätigen Steuerberater .. Ende 2006 auf den 30. November verfassten Überschuldungsstatus verlesen worden und die weiteren Status, die der - von H. W. ausdrücklich mit einer entsprechenden Prüfung beauftragte - vereidigte Buchprüfer .. auf den 31. Oktober 2006 erstellt hat.

Alle Status weisen eine auch rechtliche Überschuldung der jeweils betrachteten Gesellschaft aus.

aa) Der Sachverständige Dipl.-Kfm. A. hat die Buchführung der D. H. GmbH & Co. KG ausgewertet und sich darüber hinaus mit den vorgenannten Status des Steuerberaters .. und des vereidigten Buchprüfers .. auseinander gesetzt.

Er hat schlüssig dargelegt, dass sie methodisch grundsätzlich richtig vorgegangen sind, aber die vertraglich vereinbarten Kreditfreistellungen nicht berücksichtigt und auch als Eigenkapital zu wertende Zahlungen der D. Holding GmbH von 250.000 € - vor Oktober 2006 - nicht überschuldungsmindernd erfasst haben.

Der Sachverständige ist daher für die D. H. GmbH & Co. KG zu dem Ergebnis gekommen, dass - bei durchweg gegebener bilanzieller Überschuldung - erst am 30. November 2006 die rechtliche Überschuldung eintrat und sich diese in der Folgezeit weiter vertiefte. Er hat ferner gut nachvollziehbar dargelegt, dass im Dezember 2006 zudem die Zahlungsunfähigkeit eintrat. Einen Kreditrahmen hatte die Gesellschaft nach Erfüllung der entsprechenden Ausgleichsansprüche nicht mehr; der Sachverständige hat im Einzelnen aufgrund seiner Auswertung der Buchführung dargelegt, dass gut 227 T€ der insgesamt aufgelaufenen Verbindlichkeiten fällig waren und ersichtlich durch den allein noch vorhandenen Kassenbestand nicht gedeckt werden konnten.

Die Kammer schließt sich der Bewertung durch den Sachverständigen an.

Er hat sein methodisches Vorgehen und die Abweichungen zu den Erkenntnissen des Steuerberaters .. und des Buchprüfers .. überzeugend dargelegt. Zudem lassen sich den verlesenen Mahnungen und (E-Mail)-Beschwerden von Subunternehmern und anderen Gläubigern sowie E-Mail-Hinweisen von Mitarbeitern entnehmen, dass sich die enge Liquiditätslage Ende 2006 dramatisch zuspitzte. Die Kammer konnte anhand eingeführter E-Mail-Korrespondenz mit Spediteuren und entsprechender Angaben des Sachverständigen, der die Buchhaltungsunterlagen ausgewertet hatte, auch feststellen, dass ab Ende 2006 die Gesellschaft - wenn überhaupt - nur noch á-conto-Zahlungen an (tatsächliche) Kreditoren leistete, was ein weiteres deutliches Zeichen einer massiven Liquiditätskrise ist.

Diese Bewertung wird ferner durch die Aussage des Zeugen N. gestützt, der diese für ihn als Niederlassungsleiter (ab November 2006) bis zum Insolvenzantrag im Februar 2007 zunehmend bedrückende Liquiditätssituation im Einzelnen schilderte.

bb) Dass sich auch die D. Ko. GmbH & Co. KG in derselben wirtschaftlichen Situation wie die D. H. GmbH & Co. KG befand, ergibt sich zwanglos aus der methodischen Korrektur der auch für sie vorliegenden Überschuldungsstatus des Steuerberaters .. und des vereidigten Buchprüfers ..

Entsprechend dem Vorgehen des Sachverständigen bei der D. H. lässt sich hier unter Berücksichtigung der sich aus dem Anteilskaufvertrag ergebenden Restrukturierungs- und Freistellungsansprüche berechnen, dass sich auch diese Gesellschaft in einer tiefen wirtschaftlichen Krise befand und zum 30. November 2006 auch rechnerisch überschuldet war.

Nach dem Überschuldungsstatus des vereidigten Buchprüfers .. ergibt sich zum 31. Oktober 2006 eine rechnerische Unterdeckung von 1.002.212 €. Bei Gegenrechnung des vertraglichen Freistellungsanspruchs (1.000.000 €) und des zugesagten Restrukturierungsbeitrages von 50.000 € war mithin noch keine Überschuldung im Rechtssinne eingetreten.

Steuerberater .. hat auf den 30. November 2006 unter Berücksichtigung der vorgenannten Ansprüche über 1.050.000 € eine Überschuldung in Höhe von 282.447,41 € errechnet. Anhaltspunkte dafür, dass diese Berechnung unvollständig sein könnte, gibt es nicht. Zudem ergebenen sich aus den verlesenen Mahnungen, Beschwerden und E-Mails deutliche Hinweise für sich Ende 2006/Anfang 2007 erheblich zuspitzende Liquiditätsenge, die spätestens Anfang 2007 zur Zahlungsunfähigkeit geführt hat. Auch die D. Ko. GmbH & Co. KG leistete dann allenfalls nur noch à-conto-Zahlungen.

Auch der verstorbene H. E. W. hat in seiner verlesenen polizeilichen Aussage geschildert, dass während seiner gesamten Tätigkeit als Niederlassungsleiter in Ko. die Zahlungsfähigkeit nicht gewährleistet war, insbesondere die Spediteure nur schleppend bezahlt wurden und es mehrfache Gespräche mit H. W. zur Insolvenzsituation gegeben habe und er spätestens ab Dezember 2006 das Gefühl gehabt habe, dass "die Firma gegen die Wand fährt". Ferner könne er sich daran erinnern, dass Dr. T., ein leitender Manager der D. Holding GmbH, einmal die "tiefrote Ausgangslage in Ko." erwähnt habe.

Hieraus und aus der Zusage der insgesamt erheblichen Restrukturierungs- und Freistellungsansprüche schließt die Wirtschaftsstrafkammer, dass auch die D. Ko. GmbH & Co. KG in den wenigen Monaten ihrer Eigenständigkeit nie profitabel arbeitete.

cc) Dass der Angeklagte die tiefe Krise der beiden Gesellschaften und die eintretende Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kannte, ergibt sich gleichfalls aus den verlesenen Unterlagen. Ihm sind die Überschuldungsstatus des Steuerberaters .. und des Buchprüfers .. zeitnah nach ihrer Erstellung übermittelt worden und die meisten der vorgenannten Hinweis-E-Mails. Zudem war der Angeklagte etwa durch den Zeugen N. wiederholt auf die prekäre Finanzlage gerade der D. H. hingewiesen worden.

Auch die Zeugin I. berichtete insoweit, dass sie sowohl H. W. als auch dem Angeklagten fast täglich die Kontostände der D.-Gesellschaften zusammen mit Zahlungsvorschlagslisten geschickt habe und gerade der Angeklagte auf die bevorzugte Zahlung von P.-Rechnungen gedrungen habe.

Aus alledem folgt zwanglos, dass dem Angeklagten auch ohne fundierte Rechtskenntnisse im Insolvenzrecht auch von Anfang an bewusst gewesen sein muss, dass sich die angespannte Liquiditätssituation und schlechte wirtschaftliche Lage der D.-Gesllschaften durch die von ihm veranlassten Überweisungen beschleunigt verschlechterte und diesen Überweisungen allenfalls teilweise berechtigte Ansprüche von Zahlungsempfängern zugrunde lagen.

f) Die Feststellungen zu der Tat 27. (Untreue) beruhen neben den bereits dargestellten Angaben von H. W. und G. W. maßgeblich auf diesbezüglich verlesenen Urkunden.

Hieraus ergeben sich sowohl die Bevollmächtigung des Angeklagten für die bei der M.-Bank geführten GmbH-Konten, deren Kontenstände vor Februar 2007 als auch seine Aufträge zur Überweisung von jeweils 20.000 € auf ein Schweizer Konto der C. M.

Weitere im Selbstleseverfahren bzw. durch Verlesung der entsprechenden Ausdrucke eingeführte E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Angeklagten, H. W. und G. W. belegt, dass diese drei Personen in die Übertragung dieser Geldbeträge von Anfang an involviert waren.

g) Das Motiv des Angeklagten, die festgestellten Taten wegen Geldnot zu begehen, schließt die Kammer unter anderem aus dem Umstand, dass ihm wegen fehlender Liquidität im Tatzeitraum wenige Zeit später - am 14.05.2007 - die Anwaltszulassung endgültig wegen Vermögensverfall entzogen wurde. Auch G. W. hat in seiner Aussage anklingen lassen, dass sich der Angeklagte im Tatzeitraum wohl in Geldnot befunden habe.

Zudem hat die Kammer insoweit berücksichtigt, dass der Angeklagte Geldzahlungen über I. K. von der P. für ersichtlich private Aufwendungen, etwa für seinen Sohn bzw. zur Begleichung von Leasingraten für das Kraftfahrzeug seiner Ehefrau anforderte, während er zugleich - anders als etwa G. W., E. M. oder auch die L. P. F. GmbH - seine (rechtsberatenden) Leistungen direkt gegenüber den D.-Gesellschaften abrechnete.

C. Rechtliche Würdigung

I. Zahlungen der Kommanditgesellschaften (A II 2)

1. Die zum 30. November 2006 bei bei der D. H. GmbH & Co. KG und der D. Ko. GmbH & Co. KG eingetretene Überschuldung sowie die wenig später eingetretene Zahlungsunfähigkeit beider Gesellschaften (A II 2) sind durch die bis dahin geleisteten Zahlungen an P. und der weiteren Zahlung an die G. GmbH & Co. KG jedenfalls mit hervorgerufen beziehungsweise deutlich beschleunigt worden (§ 283 Abs. 2 StGB).

Mit den von H. W. und vom Angeklagten veranlassten insgesamt 40 Zahlungen an die P. und die weitere Zahlung an die G. GmbH & Co. KG sind auch erhebliche Bestandteile des Vermögens der D. H. und der D. Ko. GmbH & Co. KG im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft worden.

Dies gilt auch, soweit den Zahlungen von P. an andere Gesellschaften oder natürliche Personen im Ergebnis (abgerechnete Tätigkeiten der L. P. F. GmbH, von E. M. und im gewissen Umfang der M. C. GmbH & Co. KG) tatsächlich Leistungen für die D.-Gesellschaften gegenüber standen. Jedenfalls die - nach abschließender Verteilung der von den D.-Gesellschaften erlangten Zahlungen später selbst vermögenslose - unmittelbare Zahlungsempfängerin P. hat keine Leistungen erbracht. Mithin ist auch insoweit der Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen der D.-Gesellschaften (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums BGH-Urteil v. 29. April 2010, 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 114ff.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 18. Juni 1997, 1 Ws 56/97, NStZ 1997, 551; v. g. Kammerurteil v. 9. November 2015, 22 KLs 5544 Js 49003/07; Fischer, StGB, 65. Aufl., Rn. 4 zu § 283), insbesondere die Prüfung und Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen (§§ 130, 131 InsO) durch den Insolvenzverwalter, deutlich erschwert, vermutlich gänzlich vereitelt, worden.

Durch die spätere Eröffnung der Insolvenzverfahren über das Vermögen der beiden Gesellschaften ist auch die objektive Bedingung der Strafbarkeit (§ 283 Abs. 6 StGB) eingetreten.

Tauglicher Täter dieser vorsätzlichen Bankrotthandlungen war der verstorbene H. W. als bestellter Geschäftsführer der jeweiligen Komplementär-GmbH (§ 14 Abs. 1 StGB, vgl. BGH-Urteil v. 4. April 1979, 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371ff.; Fischer, a. a. O., Rn. 3 zu § 14).

Der Angeklagte hatte weder eine derartige formelle Stellung, noch kann er mangels eines entsprechenden maßgeblichen, gegenüber H. W. deutlich dominierenden, Einflusses auf die Geschäftsführung als sogenannter faktischer Geschäftsführer der Komplementär-GmbHs Täter der Bankrotthandlungen sein.

2. Der Angeklagte war wegen Anstiftung zum Bankrott des tauglichen Täters H. W. in 26 Fällen zu verurteilen (§§ 283 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 6, 26, 53 StGB).

Er hat H. W. zu dessen vorstehend gewürdigten Straftaten angestiftet. Zum einen hat der Angeklagte mit der Einschaltung der von ihm beherrschten P. als (reiner) Abrechnungsgesellschaft erst den Rechtsrahmen für die Straftaten geschaffen. Zum anderen hat er aber - über diese Handlung hinausgehend - die einzelnen Rechnungen der P. an die D. Gesellschaften erstellt und damit jeweils gesondert, H. W. zu den einzelnen strafbaren Überweisungen überhaupt erst bestimmt. Dabei zeichnete er teilweise sogar die Zahlungsanweisungen von H. W. gegen.

Gerade der Angeklagte selbst profitierte in der Folgezeit im erheblichen Umfang von diesen Taten und wirkte zudem an der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs mit.

Er handelte auch vorsätzlich, denn ihm war von Anfang an bewusst, dass die Gesellschaften nicht würden gerettet werden können und es nur noch darum ging, auf die vertraglich vereinbarten Restrukturierungs- und Ausgleichsbeiträge zugreifen zu können und insgesamt den Geschäftsbetrieb möglichst lange zum eigenen finanziellen Vorteil aufrecht zu erhalten.

Die Kammer hat jeweils alle Rechnungen bzw. Überweisungen desselben Tages zu einer Anstiftungshandlung zusammengefasst. Die durchnummerierten Rechnungen dürften, auch wenn sie an verschiedene D.-Gesellschaften gerichtet waren, tageweise unmittelbar nacheinander vom Angeklagten erstellt und versandt worden sein; auch die Freigaben erteilte er regelmäßig für alle Rechnungen eines Tages gemeinsam gegenüber Frau I. oder anderen Mitarbeitern der Buchhaltung aller Gesellschaften.

II.Auskehrung des Stammkapitals der Komplementär-GmbHs (A II 3)

In Bezug auf das Auskehren des Stammkapitals der D. H. Verwaltung GmbH und der D. Ko. Verwaltung GmbH (A II 3) hat der Angeklagte selbst zumindest den Tatbestand der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) verwirklicht, auf den die Kammer mit dem unter IV.1 dargestellten Beschluss insoweit die Verfolgung des Angeklagten beschränkt hat.

Als Kontobevollmächtigter war er rechtsgeschäftlich befugt, über das Vermögen der D. H. Verwaltung GmbH und der D. Ko. Verwaltung GmbH zu verfügen, zumal er als Direktor ihrer Alleingesellschafterin firmierte. Diese Befugnis hat er mit der rechtsgrundlosen Überweisung des Stammkapitals an die Alleingesellschafterin verletzt. Zum einen steht § 30 Abs. 1 GmbHG einer Auszahlung des Stammkapitals an einen Gesellschafter entgegen und zum anderen wurde so die bei den Komplementär-GmbHs im Hinblick auf ihre gesamtschuldnerische Haftung für die Verbindlichkeiten der jeweiligen GmbH & Co. KG bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung weiter vertieft. Dass der Angeklagte als Direktor und G. W. als Alleinaktionär der Alleingesellschafterin die Auskehrung des Stammkapitals vereinbart hatten, ändert in dieser spezifischen Situation an der Tatbestandsverwirklichung nichts (vgl. v. g. Kammerurteil vom 9.11.2015; Fischer, a. a. O., Rn. 96 zu § 266 m. w. N.).

Die Überweisungsaufforderungen bezüglich des Stammkapitals beider Gesellschaften durch den Angeklagten erfolgte mit einem einzelnen Schreiben gegenüber der M.-Bank, sodass die Kammer von einer tateinheitlichen Untreuehandlung ausgeht.

III. Konkurrenzen

Die (tageweisen) Anstiftungshandlungen sowie die Untreuehandlung des Angeklagten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).

IV. Verfahrensbeschränkungen

1. Die Kammer hat das Verfahren in Bezug auf die Vorwürfe der Anstiftung zum Bankrott durch Überweisungen an die P. jeweils auf die aus dem Vermögen der D. Ko. GmbH & Co. KG und aus dem Verfahren der D. H. GmbH & Co. KG tageweise getätigten Überweisungen (Fälle 1 bis 25 der Anklageschrift vom 4. Mai 2011 - 22 KLs 5433 Js 104797/10 - sowie Fälle 1 bis 15 und 17 der Anklageschrift vom 22. September 2010 - 22 KLs 5544 Js 49003/07) beschränkt (§ 154a Abs. 2 StPO).

Ebenso hat sie das Verfahren in Bezug auf die Stammkapitalauskehrungen auf die Vorwürfe der Untreue durch die Auszahlungen aus dem Vermögen der D. Ko. Verwaltung GmbH (Fall 28 der Anklageschrift vom 4. Mai 2011) und aus dem Vermögen der D. H. Verwaltung GmbH (Fall 19 der Anklageschrift vom 22. September 2010) beschränkt.

2. Hinsichtlich der Fälle 26 und 27 der Anklageschrift vom 19. November 2010 (22 KLs 5544 Js 66206/10), der Fälle 25, 26 und 28 der Anklageschrift vom 31. Oktober 2011 (22 KLs 5544 Js 66244/10), der Fälle 16 und 18 der Anklageschrift vom 22. September 2010 (22 KLs 5544 Js 49003/07) sowie des Falls 27 der Anklageschrift vom 4. Mai 2011 (22 KLs 5433 Js 104797/10) hat die Kammer das Verfahren zudem im Hinblick auf die vorgenannten verbleibenden Vorwürfe auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.

3. Die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen hat die Kammer gemäß § 422 StPO zur gesonderten Entscheidung abgetrennt.

D. Strafzumessung

I. Strafrahmenbestimmung

1.Bankrott ist nach § 283 Abs. 1 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Als Anstifter wäre der Angeklagte grundsätzlich gleich einem Täter aus diesem Strafrahmen zu bestrafen. Da er aber nicht tauglicher Täter des Sonderdelikts des Bankrotts ist, fehlen ihm in Bezug auf die Fälle 1 bis 26 besondere persönliche Merkmale im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB.

Dies führt zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Hiernach ergibt sich in jedem Einzelfall ein Strafrahmen von Geldstrafe von bis zu 270 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren und neun Monaten.

2.Untreue ist nach § 266 Abs. 1 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht.

II. Strafzumessung im Einzelnen

1. Generell berücksichtigte Strafzumessungsgesichtspunkte

Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer unter anderem berücksichtigt, dass die Taten mittlerweile mehr als zehn Jahre zurückliegen. Zu diesem lange zurückliegenden Tatzeitpunkt war der Angeklagte auch noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Nicht zu verkennen war im Weiteren, dass der mittlerweile fast fünfundsechzigjährige Angeklagte gesundheitlich nicht unerheblich beeinträchtigt ist. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer von einer besonders erhöhten Strafempfindlichkeit ausgegangen.

Strafmildernd galt es schließlich zu werten, dass sich der Angeklagte an Straftaten zum Nachteil von ohnehin schon in der Krise befindlichen Unternehmen beteiligt hat.

2. Konkret in Bezug auf die Anstiftungen zum Bankrott

Bei der Bestimmung der jeweiligen Einzelstrafen hat die Kammer auf die vorstehend angeführten Gesichtspunkte zurückgegriffen und sich im Übrigen primär an der Schadenshöhe der jeweiligen Tat orientiert.

Bei der Findung der für den Angeklagten tat- und schuldangemessenen Strafe war strafschärfend ferner zu berücksichtigen, dass er in jedenfalls nicht in unerheblichen Umfang finanziell von den Taten profitiert hat. Vor diesem Hintergrund hat sie auf die folgende Einzelfreiheitsstrafen erkannt, die sie für tat- und schuldangemessen erachtet:

Tat 1.1 Jahr
Taten 2.-4.je 7 Monate
Taten 5.-8.je 100 Tagessätze zu 10 €
Tat 9.150 Tagessätze zu 10 €
Taten 10.-14.je 100 Tagessätze zu 10 €
Tat 15. 70Tagessätze zu 10 €
Tat 16.100 Tagessätze zu 10 €
Taten 17.-25.je 70 Tagessätze zu 10 €
Tat 266 Monate.

Bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe hat die Kammer die gegenwärtigen eingeschränkten finanziellen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt. Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe von unter sechs Monaten zur Einwirkung auf den Angeklagten gemäß § 47 Abs. 1 StGB erschien der Kammer nicht unerlässlich.

3. Konkret in Bezug auf die Untreue

Auch im Hinblick auf die Untreue (Tat 27.) galt es die vorstehend unter D.II.1. aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Die Kammer hat zudem gesehen, dass der verursachte Schaden immerhin 40.000 Euro betrug.

Die Kammer hat daher in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten für tat- und schuldangemessen gehalten.

4. Gesamtstrafenbildung

Aus den Einzelfreiheitsstrafen war gemäß § 54 StGB unter angemessener Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe (Tat 1) eine Gesamtstrafe zu bilden. Angesichts des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs hat die Kammer einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen für geboten erachtet. Unter nochmaliger Würdigung der vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und dem Aspekt, dass der Angeklagte an einem Gesamtschaden von gut 500.000 Euro beteiligt war, hat die Kammer daher eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt.

Hierbei hat sie auch bedacht, dass die gegen den Angeklagten nach der Begehung der hier abgeurteilten Taten verhängte Geldstrafe aus dem unter A.I.2. dargestellten Urteil bereits vollstreckt ist. Diese Geldstrafe konnte daher nicht gemäß § 55 StGB in die Gesamtstrafenbildung einbezogen werden. Mithin war dem Angeklagten gesamtstrafenmildernd ein sogenannter Härteausgleich zu gewähren.

III. Strafaussetzung zur Bewährung

Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden.

1. günstige Sozialprognose

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass der erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilte Angeklagte durch das Verfahren und die Verhängung der Strafe allein hinreichend beeindruckt ist und er künftig keine - vorsätzlichen - Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 StGB). Er ist nach den hier abgeurteilten Taten strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten.

Das Urteil des Amtsgerichts D. vom 29.10.2013 erging wegen einer Einkommensteuerhinterziehung für den - auch den hiesigen Tatzeitraum teilweise betreffenden - Veranlagungszeitraum 2006. Zudem gilt es die angeschlagene Gesundheit des Angeklagten zu berücksichtigen, deren damit einhergehende Beeinträchtigungen ebenfalls gegen eine erneute Straffälligkeit des Angeklagten sprechen. Schließlich ist der Angeklagte auch nicht mehr als Rechtsanwalt tätig, sodass Straftaten im Rahmen einer Rechtsberatung ebenfalls unwahrscheinlich sind.

2. Bei dem Angeklagten sind auch besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB gegeben.

Die Kammer hat insoweit unter anderem wiederum in Rechnung gestellt, dass die Taten bereits mehr als zehn Jahre zurückliegen und der nicht vorbestrafte Angeklagte nicht unerheblich in seiner Gesundheit beeinträchtigt ist.

3. Anhaltspunkte dafür, dass zur Verteidigung der Rechtsordnung eine Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe erforderlich wäre, § 56 Abs. 3 StGB, sind nicht ersichtlich.

IV. Kompensation rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen

Obschon die hier abgeurteilten Taten lange zurückliegen, ist das Verfahren gegen den Angeklagten jedenfalls nicht in einem solchen Maß rechtsstaatswidrig im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK verzögert worden, dass im Ergebnis über die Feststellung der Verfahrensverzögerungen hinaus eine (weitere) Kompensation erforderlich wäre.

1. Die Verfahren sind ursprünglich nicht gegen den Angeklagten geführt worden, sondern gegen den inzwischen verstorbenen H. W., teilweise auch gegen I. K. und P. Z.. Konventionsrechtlich relevante Verfahrensverzögerungen kommen aber nur in Betracht, wenn es sich um Verzögerungen nach Kenntnis des Beschuldigten vom Verfahren handelt:

a) Im Ausgangsverfahren (22 KLs) 5544 Js 49003/07 wird der Angeklagte erst seit dem 28. August 2009 als Beschuldigter geführt. Dies dürfte ihm Anfang 2010 durch eine telefonische Vernehmung und eine spätere Ladung zur Beschuldigtenvernehmung bekannt worden sein. Am 5. März 2010 hat sich zunächst Rechtsanwalt .. für ihn legitimiert.

Das Ermittlungsverfahren wurde danach zügig abgeschlossen worden: Die Staatsanwaltschaft ordnete im April 2010 eine Nachvernehmung des Zeugen I. K.an und forderte Unterlagen (Original-Rechnungen P., u. a.) an. Am 13. Juli 2010 ist das Überschuldungsgutachten des Wirtschaftsreferenten A. fertig. Nachdem ergänzende Akteneinsicht an die Verteidiger gewährt wurde, wird die Anklage gefertigt, die am 7. Oktober 2010 beim Landgericht eingeht.

Mithin lassen sich relevante Verfahrensverzögerungen in diesem Ermittlungsverfahren nicht feststellen.

b) Der gleiche Befund ergibt sich für die drei weiteren (Ermittlungs-)Verfahren:

In dem zunächst von der Staatsanwaltschaft W. geführten Verfahren (späteres Aktenzeichen 5544 Js 66206/10 der Staatsanwaltschaft H.) wurde der Angeklagte am 15. März 2010 als Beschuldigter erfasst. Wenig später hat die Verteidigung Akteneinsicht erhalten, was als Zeitpunkt der Bekanntgabe angesehen werden kann. Danach wurde das nicht ganz übersichtliche Verfahren zügig abgeschlossen. Die Beweismittel wurden zur Staatsanwaltschaft H. übersandt. Es erfolgten Verfahrenseinstellungen in Bezug auf P. Z. und I. K. Schließlich übernahm die Staatsanwaltschaft H. im Juli 2010 das Verfahren und erhob nach wenigen, sachgerechten weiteren Maßnahmen (u. a. Anforderungen von Kontoauszügen) am 19.11.2010 Anklage.

Am längsten hatte der Angeklagte im zunächst von der Staatsanwaltschaft S. geführten Verfahren, das die Staatsanwaltschaft H. später unter dem Aktenzeichen 5433 Js 104797/10 übernahm, von den Ermittlungen gegen ihn Kenntnis. In jenem Verfahren erfolgten am 05.02.2009 Durchsuchungen und fünf Tage später wurde er als Beschuldigter telefonisch zur Sache vernommen.

Dieses sehr sorgsam und umfassend geführte Verfahren, in dem viele Asservate aus den Durchsuchungen auszuwerten waren und in dem in der zweiten Jahreshälfte 2009 umfangreiche Zeugenvernehmungen angesetzt wurden, wurde nach diesen Ermittlungsschritten zügig abgeschlossen. In der Folge wurden dem Verteidiger von H. W. diverse Fristverlängerungen bis zum 30.09.2010 für eine etwaige Einlassung gewährt. Danach wurde das Verfahren Ende 2010 an die Staatsanwaltschaft H. abgegeben. Von dort wurden noch weitere Kontoauszüge angefordert. Am 02.03.2011 wurde dem Angeklagten Rechtsanwalt .. beigeordnet. Im Mai 2011 erhob die Staatsanwaltschaft H. schließlich Anklage.

Im zunächst von der Staatsanwaltschaft Du. geführten Verfahren wurde der Angeklagte erst nach der Übernahme des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft H. (Aktenzeichen 5544 Js 66244/10) als Beschuldigter am 2. Dezember 2010 eingetragen und hierüber anschließend informiert. Auch in diesem Verfahren wurde Rechtsanwalt .. beigeordnet (01.03.2011). Im Juni 2011 wurde ihm (ergänzende) Akteneinsicht gewährt, nachdem zuvor weitere Kontoauszüge angefordert worden waren. Die Staatsanwaltschaft H. entfaltete sodann Mitte 2011 zu Recht weitere Ermittlungsaktivitäten und erhob schließlich am 31.10.2011 Anklage.

c) In dem zunächst von der Staatsanwaltschaft D. geführten Verfahren (späteres Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft H. 5433 Js 5114/11) war der Angeklagte zwar schon am 22.12.2008 als Beschuldigter eingetragen worden. Soweit aus den recht unübersichtlichen Akten ersichtlich ist, wurde ihm aber jenes, auch die D. S. betreffende, Verfahren erst im Januar 2011 durch Akteneinsicht/rechtliches Gehör an Rechtsanwalt .. bekannt gegeben. Das Verfahren wurde wegen Doppelverfolgung am 13. September 2011 eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft D. hat anderweitig umfangreich schon ab dem Jahre 2007 gegen den Angeklagten ermittelt (u. a. in Steuerstrafsachen). Da jene Verfahren aber nicht die nunmehr hier abgeurteilten Sachverhalte betrafen, kommt es hierauf nicht an.

2. Auch im Zwischenverfahren kam es zunächst nicht zu konventionsrechtlich relevanten Verzögerungen. Zunächst gab es Schwierigkeiten, dem Angeklagten die Anklagen im Ausgangsverfahren und im zunächst bei der Strafkammer 10 - 3. gr. Wirtschaftsstrafkammer - geführten Verfahren (21 KLs) 5544 Js 66206/10 zuzustellen. Letztlich konnte im Ausgangsverfahren jedoch nach Vorlage einer Zustellungsvollmacht an den Verteidiger am 16.11.2010 zugestellt werden. In dem Verfahren 21 KLs 5544 Js 66206/10 erfolgte die Zustellung der Anklage verzögert am 09.02.2011.

Am 16.12.2010 beantragte H. W.' Verteidiger erfolgreich, die Einlassungsfrist bis zum 16.2.2011 zu verlängern. Am 20.01.2011 wurde Rechtsanwalt .., der sich (anstelle von Rechtsanwalt ..) kurz zuvor legitimiert hatte, dem Angeklagten beigeordnet. Dieser beantragte nach Akteneinsicht mehrfach Fristverlängerung bis einschließlich zum 04.05.2011 und regte unter dem 12.04.2011 die Verbindung mit den weiter anhängigen Verfahren an. Am 13.05.2011 wurde das Verfahren (21 KLs) 5544 Js 66206/10 zur erkennenden 4. gr. Wirtschaftsstrafkammer übernommen.

Am 01.06.2011 ging (unmittelbare Zuweisung an die erkennende Kammer) die Anklage im Verfahren zum Aktenzeichen 22 KLs 5433 104797/10 ein.

Am 04.05.2011 reichte Rechtsanwalt .. eine Schutzschrift ein, in der er beantragte, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. Hierzu nahm die Staatsanwaltschaft H. am 03.06.2011 Stellung.

Die auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft H. abzuwartende vierte Anklage wurde Rechtsanwalt .. am 15.11.2011 zugestellt. Nach Eingang einer Schutzschrift am 28.12.2011 legte die zunächst zuständige Strafkammer 14 - 5. gr. Wirtschaftsstrafkammer - das Verfahren (24 KLs) 5544 Js 66244/10 am 04.01.2012 der erkennenden Kammer zur Übernahme vor.

3. Danach konnte das nunmehr (in Bezug auf den Angeklagten) "komplette" Verfahren wegen anderer, vordringlicher Sachen von der Kammer für einen längeren Zeitraum nicht mehr gefördert werden.

Erst am 22.04.2013 beschloss die Kammer, das von der Strafkammer 14 vorgelegte Verfahren zu übernehmen, wobei von einer ernsthaften Verfahrensförderung erst ab August 2013 gesprochen werden kann, als sich der nunmehrige Vorsitzende als Berichterstatter in das Verfahren einarbeitete. Mithin ist insofern von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von gut anderthalb Jahren auszugehen.

Nachdem dann auch - während der Berichterstatter weitere Aktivitäten entfaltete und Rechtsanwalt .. Verfahrenseinstellung beantragte - das Verfahren gegen G. W. eingegangen und von der zunächst zuständigen Strafkammer 4 - 1. gr. Wirtschaftsstrafkammer - Ende 2013 zur Übernahme vorgelegt wurde, vereinbarte die damalige Vorsitzende nach Übernahme jenes Verfahrens (Beschluss vom 31.01.2014) im Februar mit den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft H. einen Vorbesprechungstermin für den 25.03.2014.

Zu jenem Termin kam es jedoch nicht, weil Rechtsanwalt .. zuvor einem Amoklauf zum Opfer fiel. Rechtsanwalt .. erklärte sich bereit, mit sechs Wochen Vorlauf einen neuen Verteidiger zu finden und beantragte dann am 14.04.2014 seine eigene Beiordnung sowie Akteneinsicht in digitaler Form. Diese ist ihm nach Digitalisierung der umfangreichen Akten am 02.07.2014 gewährt worden.

Mithin wäre nach angemessener Einarbeitungszeit für ihn die Neuansetzung des Vorbesprechungstermins etwa im September 2014 angezeigt gewesen. Dies war aber erst im Dezember 2014 (für den 21.01.15) möglich, weil für ein seit April 2014 erkranktes Kammermitglied erst im Rahmen der Jahresgeschäftsverteilung zum Januar 2015 eine Richterin der erkennenden Wirtschaftsstrafkammer als Ersatz zugewiesen wurde. Mithin ist insoweit von einer weiteren der Justiz zuzurechnenden rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von etwa drei Monaten auszugehen.

4. Nach der Vorbesprechung, die kurzfristig wegen des Wechsels des Verteidigers des damaligen Mitangeklagten G. W. auf den 09.03.2015 verlegt wurde, sind die Verfahren am Folgetag miteinander verbunden und unter Eröffnung des Hauptverfahrens die Anklagen zur Hauptverhandlung zugelassen worden. Zugleich bestimmte die damalige Kammervorsitzende 17 Hauptverhandlungstermine für den Zeitraum vom 08.06. bis 09.09.2015.

Mit Beschluss vom 10.03.2015 sowie einem Ergänzungsbeschluss vom 15.04.2015 hat die Kammer die neurologische Begutachtung des Angeklagten zur Frage seiner Verhandlungsfähigkeit durch PD Dr. Me. in D. angeordnet. Da die Begutachtung nicht bis zum 08.06.2015 abgeschlossen werden konnte, mussten die anberaumten Hauptverhandlungstermine aufgehoben werden.

Neue Hauptverhandlungstermine wurden für die Zeit vom 11.09.2015 bis zum 29.01.2016 angesetzt. Kurz vor Beginn dieser - gegen den vormals Mitangeklagten G. W. dann auch an acht Terminen durchgeführten - Hauptverhandlung wurde das Verfahren gegen den Angeklagten abgetrennt. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass PD Dr. Me. zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Beantwortung der Frage der Verhandlungsfähigkeit - unter der Prämisse, dass kein Selbstleseverfahren durchgeführt wird - die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens erfordere.

Am 03.11.2015 wurde dann eine entsprechende psychiatrische Begutachtung des Angeklagten angeordnet, nachdem zuerst eine geeignete Gutachterin in D. gefunden werden musste. Gegen den Begutachtungsbeschluss erhob der Angeklagte eine Gegenvorstellung, welche die Kammer mit Beschluss vom 22.12.2015 zurückwies.

Die Begutachtung verzögerte sich aus von der Justiz nicht zu vertretenden Gründen; so hat der Angeklagte etwa der Gutachterin gegenüber zunächst erklärt, sich nicht begutachten zu wollen. Später gab es dann - zurückhaltend formuliert - Unklarheiten bezüglich der Beantragung von Reisekostenvorschüssen. Im Ergebnis sind die Explorationsgespräche Ende Juli 2016 durchgeführt worden. Das schriftliche Gutachten ging am 30.09.2016 bei der Kammer ein. Auf Antrag der Verteidigung wurde die Frist zur Stellungnahme hierzu bis zum 15.12.2016 verlängert.

Am 22.12.2016 beraumte der jetzige Vorsitzende Hauptverhandlungstermine für die Zeit ab dem 27.03.2017 an. Hierbei trug er dem Wunsch der Verteidigung Rechnung, nicht früher zu beginnen. Diese Hauptverhandlung ist dann jedoch wegen Nichterscheinens des Angeklagten am dritten Hauptverhandlungstermin am 21. April 2017 unter Erlass eines Haftbefehls ausgesetzt worden.

Nachdem sich der Angeklagte in R. angemeldet hatte, wurde der Vollzug des Haftbefehls gegen eine Meldeauflage ausgesetzt und die nunmehrigen Hauptverhandlungstermine angesetzt. Tatsächlich in Untersuchungshaft genommen wurde der Angeklagte nicht.

Mithin verbleibt es bei einer von der Justiz zu vertretenden Verfahrensverzögerung von insgesamt gut 21 Monaten.

5. Dieser feststellbare Zeitraum rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK ist nicht - über ihre Feststellung hinaus - mit einem Vollstreckungsabschlag zu kompensieren wäre.

Eine derartige weitere Kompensation war nicht angezeigt, weil bereits die konkrete Strafzumessung für den Angeklagten maßgeblich zu dessen Gunsten von der Verfahrensverzögerung geprägt war (vgl. BGH Urt. v. 09.12.2009 - 5 StR 459/09). Ohne die dargestellten Verfahrensverzögerungen und die sich in dieser Zeitspanne weiter verschlechternde Gesundheit des Angeklagten hätte die Kammer auf eine - nicht mehr zur Bewährung aussetzbare - Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt.

E. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.

Martin
Dr. Becker
Heinemann